Volker Langner  sendete uns Seine sehr interessanten und umfassenden Erinnerungen an die 18Monate Grundwehrdienst bei der NVA. Wo Licht da Schatten, jeder hatte seine ganz persönliche Sicht zu seinem Grundwehrdienst. Lest selber, entdeckt bekannte Situationen, schmunzelt, werdet nachdenklich und vielleicht erinnert Ihr Euch ja mal selber.......
Vielen Dank Volker!

 18 Monate Wehrdienst in der NVA! Oder der sozialistische Schwejk !
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Sicher glaubten viele, ebenso wie meine Person, das ihnen der Gang zum Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee erspart bleibt können aber genaue wie ich täuschten sich wohl die Meisten. Im Staate der Arbeiter und Bauern wurde keiner vergessen. Wer, aus welchen Gründen auch immer, nicht dienen wollte kam ins Gefängnis oder hatte als Alternative die Möglichkeit seine Dienstzeit bei den Spatenpionieren zu leisten. Das waren aber auch schon alle alternativen Möglichkeiten. Auch ich gehörte zu denen die der trügerischen Hoffnung erlegen waren und hofften dem System der sozialistischen Steuerung zu entgehen. Heute frage ich mich wie man nur so naiv sein konnte. War man doch in diesem sozialistischen System aufgewachsen. Wo sollte man sich denn auch verstecken? Die Grenzen waren dichter als eine Filtertüte. Meine Hoffnung beruhte auf der Annahme dass man als politisch vorbestrafter den Fängen des Systems entgehen könnte. Ich hätte es besser wissen müssen.
1968 wegen staatsfeindlicher Hetze zu einen Jahr und 4 Monaten Gefängnis verurteilt und als Staatsfeind verschrien glaubte ich um den Wehrdienst herum zu kommen. Mein mir noch bis heute anhaftendes tiefes Rechtsempfinden hatte mich in diese Situation gebracht.
Ich besuchte die Abendschule um meinen Hauptschulabschluss nachzuholen als die Truppen des Warschauer Vertrages in der CSSR einmarschierten um den „ Prager Frühling „ nieder zu schlagen. Bis heute weiß ich nicht warum ich dies tat aber irgendetwas musste man doch gegen diese Ungerechtigkeit tun. Also schrieb ich auf meine Schulbank: „Nieder mit Ulbricht, Russen raus aus Deutschland und der CSSR, hängt Ulbricht auf!“
Ein etwa 12 Jahre alter Schüler der am anderen Morgen Unterricht hatte meldete es pflichtbewusst seinem Klassenlehrer. Der Junge aus Auerstedt musste später auch zur Verhandlung erscheinen. Man kann nur hoffen dass er das schlechte Gewissen nach der Wende geplagt hat. Aber er kann beruhigt schlafen denn ich lege keinen Wert auf Rache. Nun war es nur noch eine Frage der Zeit bis sich die Stasi bei mir melden würde. Mir hätte auch auffallen müssen das unser Deutschlehrer Genosse Peterlein bereits zum dritten Male das Diktat: „Krabat wird Zauberlehrling!“ schreiben ließ. Das hatten die Genossen von der Staatssicherheit so angewiesen um von mir genügend Schriftproben zu bekommen.
An Hand genau dieser Schriftproben wurde ich auch überführt .Direkt vom Arbeitsplatz weg wurde ich dann auch verhaftet und in die Kreisdienststelle der Stasi in Apolda gebracht.
Die Genossen ließen keinen Zweifel daran dass sie Mittel und Wege wüssten, falls ich leugnen sollte, mir zur Wahrheit zu verhelfen. Sie hatten sich gründlich auf meinen Empfang vorbereitet. Das Protokoll wurde aufgesetzt und ich durfte es sogar selber unterschreiben. Als der Genosse Heubach anordnete sich zur abschließenden Beratung zurück zu ziehen befahl er dem Genossen Köditz auf
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mich gut zu achten damit ich keine Dummheiten mache. Er antwortete: „ Ich soll wohl das dreckige Schwein zertreten Genosse Major!“ Das erstellte Protokoll wurde gleich zur Kriminalpolizei mitgeschickt so dass der dortige Beamte es nur sinngemäß abzuschreiben hatte. Ich konnte ihm sein schlechtes Gewissen förmlich anmerken angesichts dieses lächerlichen Vergehens. Genossin Kerber, ihres Zeichens Kreisstaatsanwältin, erließ Haftbefehl wegen der angeblichen Flucht und Verdunklungsgefahr. Was für ein Irrsinn ! Wohin hätte man denn bitte schön fliehen können war doch die DDR ein einziges Gefängnis. Allein dies schon bewies mir wie verdorben, dumm und ignorant die sogenannten Genossen waren wenn es darum ging eine andere als die ihre Meinung zu tolerieren. Danach wurde ich mit einem Wartburg direkt in die Untersuchungshaftanstalt in Weimar gefahren. Dort wurde ich an einen schon etwas älteren Beamten übergeben der mir, als die Genossen aus Apolda gegangen waren, zuflüsterte:“ Nimm es nicht so schwer mein Junge!“ Später war es auch er der mir ein paar Zigaretten zu kommen lies. Es gab also auch Menschen mit einem Gewissen in dieser von Diktatur
geprägte Gesellschaft . Oder wollte er nur sein eigenes Gewissen beruhigen? Nach etwa drei Wochen wurde ich dann mit mehreren anderen politischen Gefangenen nach Erfurt überstellt um unseren Prozess entgegen zu gehen .Nach weiteren drei Wochen war es dann soweit . Man hatte extra eine Schulklasse eingeladen um die Macht des Staates am Objekt darzustellen. Das dürfte meiner Meinung nach gründlich daneben gegangen sein. Das war aber gewiss nicht das Verdienst meines alten glatzköpfigen Pflichtverteidigers denn der wagte ja überhaupt nicht den Mund auf zu machen. Selbst der sogenannte gesellschaftliche Ankläger, mein Arbeitskollege Alfred Gräbner einer der wenigen ehrlichen Kommunisten, hatten bei der Urteilsverkündung Tränen in den Augen .Ich wagte es mich auf die in der Verfassung garantierte freie Meinungsäußerung zu berufen. Man teilte mir mit das dies nur im Rahmen der sozialistischen Gesetze gelte. Somit war auch dieses Thema abgeschlossen.
Das Urteil war ohnehin schon vor dem Prozess gesprochen. Also kam ich nach Gräfentonna in das aus einer alten Wasserburg in eine Jugendstrafanstalt umfunktionierte Gefängnis.
Aber schon nach kurzer Zeit wurden wir dort wieder auf Bewährung entlassen.
Doch nicht etwa aus Gutmütigkeit kam es zu dieser Amnestie. In Berlin hatte man Kinder von bekannten Persönlichkeiten die wegen des gleichen Vergehens einsaßen auf Bewährung entlassen. Viele Eltern von anderen Betroffenen, auch meine Mutter, wandten sich an die dafür zuständigen Stellen mit der Anfrage ob Kinder von Prominenten etwas besseres sein als Kinder von Arbeitern. Als Antwort kam ein Schreiben das ich ja nun aus der Haft entlassen sei und damit die Sache erledigt wäre .All diese Ereignisse schürten in mir die trügerische Hoffnung das ich nicht zum Wehrdienst eingezogen würde zumal ich ja nun auch schon verheiratet war und schon ein Kind da war .Aber ich hätte es besser wissen sollen Familie und die Entfernung zu dieser spielten für die greisen und
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an der Parkinsonschen Krankheit erkrankten Genossen keine Rolle. Die in der Öffentlichkeit über alles gestellte sozialistische Familie interessierte sie einen Scheißdreck wurde nur zu Propagandazwecken benutzt.
Eines Morgens hatte auch mich die Realität eingeholt. Die sonnst immer sehnsüchtig erwartete Briefträgerin hätte ich am liebsten erschlagen allein sie konnte ja auch nichts dafür.
Es war die Aufforderung zur Nachmusterung die sie überbrachte. Also unterschrieb ich ihr, wenn auch widerwillig, die Empfangsquittung. So ein Mist! Ausgerechnet jetzt wo es finanziell etwas aufwärts ging .Mit 19 Jahren hatte ich den Führerschein für LKW gemacht und im VEB Kohlehandel einen Job als Kraftfahrer angefangen. Es war am Anfang gar nicht leicht für mich dort Fuß zu fassen. Mein Vater war seid vielen Jahren Schichtmeister und Parteisekretär und weil er sich an den sogenannten Nebenverdiensten nicht beteiligte nicht gerade beliebt. Er war, so glaube ich, der Einzige welcher ein reines Gewissen hatte in dieser Firma. Nach langer Zeit hatte ich mir das Vertrauen der mir wichtigen Kollegen erworben und wurde auch bei den zusätzlichen Einkünften bedacht. Das sollte ausgerechnet jetzt unterbrochen werden weil ich meinen „Ehrendienst“in der NVA antreten muss.
Der Tag der Nachmusterung war gekommen und just zu diesem Anlas bekam man auch einen Tag Freigestellt von der Arbeit. Auf dem Weg zum Musterungsstützpunkt traf ich viele Bekannte die auf allerlei Weisen versucht haben aus gesundheitlichen Gründen ausgemustert zu werden. Einige versuchten es mit Schlafentzug andere mit Unmengen Bohnenkaffe und Zigaretten. Genützt hat das alles wohl keinem. Wer hier gewinnen wollte musste seinen Kopf unterm Arm tragen .Als die angeblich kranken das Untersuchungszimmer verließen war nichts mehr von der vorausgegangenen Aufgekratztheit zu spüren. Sie mussten alle zur NVA.
Nun war die Reihe auch an mir denn ich wurde in das Untersuchungszimmer gebeten.
Genau an dieser Stelle setzt mein Schwejksyndrom ein. Nach dem der Arzt meine Senk – Spreiz – und Plattfüße diagnostiziert hatte befand er mich doch tauglich als Motschütze meinen Ehrendienst in den Reihen der NVA zu leisten. Er vermerkte dies auch gründlich in meinem Gesundheitsbuch. Das war nun eine Angelegenheit die ich mir so gar nicht recht vorstellen konnte und wollte. Ich verspürte nicht die geringste Lust meinen Hintern jeden Tag und bei jedem Dreckwetter durch den Dreck zu schleifen und mir das unqualifizierte Geplapper der Genossen Offiziere anzuhören. Der Arzt wurde aus dem Zimmer gerufen und diese Gelegenheit nutzte ich nahm den auf dem Tisch liegenden Füllhalter und versah das Wort Motschütze mit einem Bindestrich. Dahinter schrieb ich, die Schrift des Arztes so gut es ging nachzuahmen, Kraftfahrer .Man hatte schon im Vorfeld gehört das bei der NVA Bäcker zu Kraftfahrern Schlosser zu Köchen wurden. Was das für Ergebnisse hatte kann man sich wohl ausmalen und mir sollte das tunlichst nicht passieren .Nach dem Besuch beim Arzt musste an noch
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zu einer so genannten Musterungskommission die einem auf seine Treue zum Arbeiter und Bauernstaat und politische Festigkeit befragte. Dieses dreiköpfige Gremium nahm sich auch meiner an. Diese netten Genossen klärten mich über die Vorzüge des Sozialismus und der Waffenbrüderschaft auf. Wir , die Jugend der DDR , hätten die Verpflichtung unseren Staat gegen die Aggressionen der Bonner Ultras zu schützen .Da ich die Vorzüge des Arbeiter und Bauernstaates schon kennen gelernt hatte berührte mich das Geschwätz nicht sonderlich . Ob sie das wohl alles auch selber geglaubt haben? Noch bis heute sehe ich einen Offizier, aus meiner Nachbarschaft, der fast täglich betrunken aus dem Wehrkreiskommando kam. War er das große Vorbild? Auf jeden Fall wollten sie nun wissen ob ich meinen Onkel, der in der BRD beim Zoll beschäftigt war, im Falle einer Grenzverletzung am antifaschistischen Schutzwall festnehmen oder auf ihn schießen würde!? Nur einen kurzen Augenblick überlegte ich und teilte dann den Genossen mit das ich in der DDR bei den „ Jungen Pionieren „ zum Pazifisten erzogen worden bin und überhaupt nicht daran denke überhaupt auf irgend jemand zu schießen. Totenstille herrschte im Raum .Das Summen einer Fliege war zu hören .Das hatten sie wohl nicht erwartet. Deutlich konnte man die schwellenden Zornesadern auf der Stirn des Majors sehen. Das Blut schoss ihm in den Kopf und er drohte fast zu platzen. Er holte tief Luft um dann mit einem langgezogenen Rauuuus das Gespräch zu beenden .Mir war es recht und mit einem freundlichen Grüß Gott verließ ich die ungastliche Stätte .Auf diese Weise blieb mir mit Sicherheit der Dienst bei den Grenztruppen der NVA erspart .Aber sie hätten mich ohnehin nicht zu diesem Verband der Grenztruppen Eingezogen denn meine Stasiakte war ihnen mit Sicherheit bekannt . In sofern war dieses Frage und Antwortspiel auch nicht ohne Risiko für mich. Nun hatte ich doch wieder ein klein wenig Hoffnung dem Wehrdienst zu entgehen. Nichts Böses ahnend ging ich wieder auf Arbeit und dem normalen Alltag in meiner sozialistischen Heimat nach. An einem Morgen bestellte mich der Lagerleiter des VEB Kohlehandel zu sich und wollte wissen ob ich nicht meinen mir zustehenden Resturlaub nehmen wolle. Spätestens jetzt war klar dass ich eingezogen würde. Schon am nächsten Tag bekam ich Post, natürlich nur gegen Unterschrift, vom Wehrkreiskommando Apolda. Auf dem Einberufungsbefehl stand Eggesin – Karpin. Auch das noch . Gerade ans Ende der Welt für DDR Bürger wollte man mich schicken .Das war ja fast Polen. Von dieser Gegend war im Vorfeld nicht viel Gutes zu hören. Ein Bekannter, Karl Heinz Schnitzer, war ein halbes Jahr vor mir eingezogen worden und berichtete von übelster Schleiferei und knüppelharter Ausbildung .Das machte mir wenig Hoffnung. Auf dem Einberufungsbefehl hatte man vorsorglich gleich alle die wichtigen Dinge vermerkt welche man mitzubringen hatte. Seife, Rasierzeug, Schuhputzzeug und Zahnpasta all das auch noch in doppelter Ausführung. Die Tasche sollte unbedingt schwarz sein. Das gestaltete sich etwas schwierig da es im Land der begrenzten Möglichkeiten nicht alles in ausreichender Menge gab. Hunderte ja Tausende suchten gerade jetzt eine schwarze Tasche. Zum Glück
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kannte man die eine oder andere Verkäuferin. Beziehungen schaden eh nur dem der keine hat. Alle Sachen hatte ich beieinander und wartete nun auf den großen Augenblick. Zog sich sonnst ein Arbeitstag mitunter unverschämt in die Länge vergingen die letzten Tage wie in Fluge .Noch ehe man sich versah war die Stunde des Abschieds gekommen. Für 18 Monate . Dies ist eine lange Zeit in der Entwicklung eines Kindes und der Familie und längst nicht alle stehen das durch. Es ist eine Zeit die man nie wieder aufholen kann. Verschenkte Zeit . Im Flur unserer kleinen Wohnung, die über einer Strickerei lag, Toilette über den Hof , stand meine gepackte Tasche . Es ist schon ein seltsames Gefühl zu gehen. Ich bin kein Freund von großen Abschiedszeremonien und bat deshalb meine Frau mich nicht zum Sammelplatz am Wehrkreiskommando zu begleiten. Noch einmal ging ich in unser Schlafzimmer streichelte meinen Sohn über den Kopf küsste meine Frau und dann fiel die Tür ins Schloss. Für vier Monate bis zum ersten Urlaub wie sich noch heraus stellen sollte. Ich hatte nicht einmal zwei Minuten Weg von der Straße der DSF (Deutsch sowjetische Freundschaft) bis zum Wehrkreiskommando der NVA. Dort angekommen meldete ich mich bei dem verantwortlichen Offizier der meinen Namen in einer Liste suchte und abhakte. Danach hatte ich mich , auf dem Vorplatz der Lutherkirche , zu den bereits zahlreichen anderen Rekruten zu stellen .In kleineren Gruppen standen die Rekruten beieinander und unterhielten sich angeregt über die Dinge die uns erwarten sollten .Alle hatten große Pläne wie sie ihre Zeit gestalten wollten was nicht mehr hieß als sich vor so vielen Dingen wie möglich zu drücken . Aber im Prinzip wusste niemand etwas genaues und die Geschichten derer die es hinter sich hatten konnte man auch nicht immer Glauben schenken. Mitten in diese anregenden Gespräche hörte man das laute Singen, oder sollte ich besser Grölen sagen, eines Rekruten der deutlich angeheitert auf das Wehrkreiskommando zu schwankte. Rekrut Krause hatte im Hotel Adler Abschied gefeiert .Schon lief ein Offizier auf ihn zu und forderte ihn mit Nachdruck zur Ruhe auf. Normaler Weise war bekannt das man nüchtern seinen Dienst anzutreten hat. Krause schien sich dem Ernst der Lage nicht ganz bewusst zu sein und setzte seinen furchtbaren Singsang unerschütterlich fort. Der Offizier lief in das Wehrkreiskommando und kam einen Augenblick später mit zwei in weißes Koppelzeug gekleideten Soldaten wieder heraus. Diese zerrten ihn, unter Aufbietung aller Kräfte, in das Wehrkreiskommando. Noch schien sich Rekrut Krause sehr zu belustigen denn er winkte fröhlich den anderen Rekruten zu. Nach etwa 10 Minuten kam er völlig still
Merkwürdig in sich gekehrt und mit einem Veilchen versehen in unsere Reihen zurück. Merkwürdiger Weise verspürte er auch keine Lust mehr zum Singen. War auch nicht so schlimm. Sollte noch genug Gelegenheit haben in den ihm bevorstehenden 18 Monaten die Heldenlieder der NVA mit freudigen Herzen und um Gleichschritt zu trällern.
Nach kurzer Zeit kam ein Offizier, von dem später noch öfter die Rede sein wird mit einem Trupp Soldaten auf uns zu. Mit dem Befehl in dreier Reihen antreten
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hatte er wohl nun endgültig begonnen. Der Ehrendienst ! Der Wehrdienst ! Zu dem doch niemand wollte doch jeder musste. Toll antreten in dreier Reihen dachte ich so. Das auch noch vor der Lutherkirche . Fast wie zu Kaisers Wilhelms Zeiten. Der Hauptmann baute sich breitbeinig vor der Front der Rekruten auf und teilte uns mit geschwollener Brust mit das wir ab sofort Angehörige der Bewaffneten Organe der DDR sind. Auf dem Weg zum Bahnhof bäte er sich Ruhe und Disziplin aus. Er habe die Genossen vom Begleitkommando angewiesen hart durchzugreifen. Sie unterstehen ab sofort der Militärgerichtsbarkeit der NVA. Taschen aufnehmen! Links um ! Ohne Tritt Marsch ! Gut beschützt von unseren mit Kalaschnikow ausgerüsteten Bewachern machten wir uns auf den Weg zum Bahnhof. Das ganze glich er einem Gefangenentransport als überzeugten sozialistischen Bürgern. Schnell waren die fröhlichen Mienen gespannten Gesichtern gewichen. Die Anspannung nach dem Abschied von den Angehörigen war jedem anzumerken .Nur gut das ich mir das erspart hatte denn so hart wie tat war ich nicht. Als wir dann durch die Bahnhofstraße liefen kamen wir an der Ventilkegelfabrik vorbei in der ich noch bis vor kurzer Zeit gearbeitet hatte. Meine ehemaligen Kollegen hatten gerade Pause und konnten als sie mich erkannten nicht umhin einige spöttische Bemerkungen vom Stapel zu lassen. Die hatten gut Lachen mussten sie doch nicht zu diesem Verein der im Volksmund auch Hoffmanns Trachtentruppe genannt wurde nach dem gleichnamigen Armeegeneral. Sprüche wie sie hüllten sich in seltsame Gewänder und irrten planlos umher waren zu hören. Am Antifaschistischen Denkmal in der Bahnhofstraße vorbei wurde der Rest des Weges in tiefen schweigen zurück gelegt was unsere Bewacher sehr zu freuen schien. Am grauen Bahnhofsgebäude angekommen , an dem sich seid seiner Fertigstellung nichts groß geändert hatte , außer das man die Kabinen in denen früher ein Beamter stand um die Fahrkarten zu lochen , waren es nur die sozialistischen Wettbewerbslosungen an den Wänden die ihm von der Kaiserzeit unterschieden . Nicht einmal durch die schmuddelige Bahnhofshalle durften wir mehr laufen.
Sie führten uns durch einen Nebeneingang, welcher direkt neben einem Kiosk
lag, an dem sich zu DDR Zeiten die Werktätigen schon sehr früh am Morgen mit Zigaretten und die Alkoholabhängigen mit dem ersten Schnaps des Tages versorgten.
Wir gingen zum Bahnsteig 3 wo unser Luxuszug schon für uns bereit stand. Die Türen wurden von unseren Begleitern aufgeschlossen und wir bestiegen , natürlich nicht ohne das obligatorische Dalli dalli , die Waggons und jeder versuchte nun einen Fensterplatz zu erhaschen um noch einen letzten Blick auf die Heimatstadt zu werfen . Ein Blick aus dem Fenster gab die Sicht frei auf den schmutzig grauen Bahnhof von Apolda der einen aber gerade in diesem verklärten Moment als der schönste Bahnhof der Welt erschien . Einerlei wie schlecht oder gut die Zeit im Staat der Arbeiter und Bauern war es war doch unsere Heimat. Mit einem Blick auf den Güterbahnhof, wo meine Kollegen
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gerade dabei waren die Kohlewaggons zu leeren, überkam mich schon ein wenig Wehmut. Hier in dieser Stadt hatte ich eine zumeist glückliche Kindheit in der Straße „ Roter Oktober „ ( Alexanderstraße ) verbracht gemeinsam mit vielen Kindern die noch etwas mit ihrer Freizeit anfangen konnten und nicht nur daran dachten wie es ihnen selber wohl am besten gehen könnte. Man kannte sich sprach miteinander und half sich gegenseitig aus manch schwieriger Situation. Oh wie mir das heute fehlt! Richtige Freunde und gute Nachbarn ! Wenn ich da so an meine jetzigen Arbeitskollegen im Westen denke!? Die Vorgesetzten verkaufen alle um sich bei den Vorgesetzten anzubiedern jeder denkt nur an sich. Aber das gehört auf ein anderes Blatt. Das ist eine völlig andere Geschichte. Wir wohnten direkt an der Herressener Promenade die der Fabrikant Max Wiener den Bürgern der Stadt zum Geschenk machte. Ein für Kinder zu jeder Jahreszeit angenehmes Gebiet um ihren Spieltrieb nach zu gehen . Hier war es auch wo man die ersten Mädchen küsste und auch schon mal an die..... faste. Was für schöne Jahre . Marion , Marlies Karin !? Vorbei .
Die Türen wurden zugeknallt und sehr gründlich wieder verschlossen das ja keiner der teuren Genossen verloren ging. Ein schriller, die letzten schönen Gedanken vertreibender, Pfiff aus der Reichsbahntrillerpfeife und mit dem für die Reichsbahn typischen Ruck setzte sich der Sonderzug nach Eggesin – Karpin in Bewegung. Ich glaube nicht nur ich hatte in diesem Moment eine Gänsehaut. Wir fuhren schon eine ganze Weile durch die Gegend und immer noch war es seltsam still im Zug. Jeder schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen.
Richtige Stimmung wollte einfach nicht aufkommen. Nach etwa 90 Minuten quietschten noch einmal die Bremsen. Noch einmal, das letzte mal, sollte der Sonderzug zum stehen kommen. Im Bahnhof von Halle wurden noch einmal die Türen aufgeschlossen. Rekruten aus Sachsen – Anhalt stiegen zu. Wieder wurden die Türen sorgfältig verschlossen vor dem letzten großen Halt. Nach dem sich die erste Unruhe gelegt hatte setzte mit einmal hektische Betriebsamkeit ein. An allen Ecken fingen die Rekruten in ihren Taschen zu kramen an. Was sie da wohl suchten!? Die meisten der angehenden Genossen wurden auch fündig.
Da nun jeder Mensch andere Geschmäcker hat war es eine ziemliche Bandbreite an schöngeistigen Getränken die da ans Neonlicht kamen. Eine Flasche nach der anderen machte die Runde. Alle bekamen etwas ab auch die welche aus Angst nichts mitgenommen hatten. Dies war auch später ein ehernes Gesetz. Es wurde alles und immer unter den Kameraden aufgeteilt. Die Luft in den Abteilen war von Alkohol und Rauchfahnen geschwängert aber die Stimmung wurde immer besser. Ich war gerade aufgestanden um das Fenster ein wenig zu öffnen als ich durch einen lauten bellenden Knall vor Schreck zurück auf meinen Platz geworfen. Auf einen Schlag war es totenstill und alle sahen sich fragend an.
Keiner wagte es aber das Abteil zu öffnen. Erst als es auf dem Gang immer lauter wurde öffneten auch wir unser Abteil und traten auf den Gang. Zu sehen
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war nicht viel. Es herrschte ein heilloses Durcheinander. Mitten in einer Traube von wild um sich schlagenden Rekruten sah man den Hauptmann Barthels ( Spitzname Muckerbarthels ) im nach oben ausgestreckten Arm immer noch die Makarow haltend mit der er durch die Waggondecke eines Nachbarabteils geschossen hatte .Erst nach etwa 10 Minuten erfuhren wir was geschehen war. In einem Abteil hatte ein Rekrut furchtbare Bauchschmerzen bekommen und seine Mitreisenden hatten den Hauptmann bedrängt den Zug zu Stoppen und einen Arzt kommen zu lassen. Doch das lehnte Mucker – Barthels strickt ab da er hinter allem etwas vermutete das sich gegen seine Person oder die NVA richtete. Er hielt den Rekruten für einen Simulanten und lehnte es deshalb ab den Zug zu stoppen. Darauf hin wurde er von den Rekruten immer mehr in die Enge getrieben. Immer mehr Abteile öffneten sich und er wusste sich in seiner Angst nicht mehr zu helfen und unter großer Bedrängnis zog er seine Makarow und schoss durch die Waggondecke. Doch auch dies konnte die Meute nicht von ihrem Vorhaben abbringen. Nur widerwillig ging er nun zum Zugtelefon um einen Krankenwagen zu rufen. Irgendwo in der Nähe von Berlin hielt der Zug auf einen Bahnsteig an dem schon ein B-1000 Krankenwagen stand um den Kranken zu übernehmen. Mit einer Trage kamen sie direkt zum Waggon. Der Notarzt fand nicht gerade nette Worte für den allseits beliebten Hauptmann der sich wie ein trotziges Kind auf die Stiefelspitzen schaute. Im Dunkel der Nacht sahen wir in einem Gewirr aus Gleisen das Blaulicht des Krankenwagens verschwinden. Hoffentlich geht das auch gut für den Bengel dachte ich. Nun begannen sich auch so langsam die Gemüter der aufständischen Rekruten zu beruhigen. Nun setzte der Sonderzug, nach dem unfreiwilligen Zwischenstop, wieder in Bewegung dem Endziel Mecklenburg Vorpommern entgegen .Mucker – Barthels zog es vor sich für den Rest der Reise nicht mehr sehen zu lassen. Zwei Wochen nach diesem Vorkommnis traf ich den Rekruten wieder. Er hatte wirklich Glück. Ihm blieben nicht nur 14 Tage der Grundausbildung erspart sondern dank der unbeugsamen Mitreisenden am Leben. Ein paar Stunden später wäre ihm der Blinddarm geplatzt.
Mecklenburg ist sicher einer der schönsten Gegenden unserer deutschen Heimat aber als Soldat der Nationalen Volksarmee fünfhundert Kilometer entfernt von der eigenen Heimat war es absolut das Letzte zumal man in 18 Monaten nur ganze 18 Tage Urlaub bekam . Allein für die Heimfahrt dauerten 11 bis 12 Stunden. Bei einem Kurzurlaub freitags nach Dienst (17 Uhr) bis zum Dienstbeginn am Montag (6 Uhr) gingen allein schon 24 Stunden für die Reise drauf. Dabei sind die oft übermäßigen Verspätungen in den Wintermonaten nicht einmal berücksichtigt. So nach und nach wurde es immer stiller im Zug. Der Schnaps, die Aufregung zeigten Wirkung und forderten ihren Tribut . Einer nach dem Anderen suchte sich seine Schlafstellung und auch ich richtete es mir so gut es ging meinen Platz ein. Ich kann nicht sagen wie lange ich geschlafen habe als ich von dem eintönigen Tak tak tak der Räder auf den unebenen Gleisen und dem Haarwurzelkatarr vom Goldbrand geweckt wurde .Ein Blick
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aus dem Fenster brachten auch keine neuen Erkenntnisse. Draußen graute der Morgen und uns graute es vor dem was uns erwartete. Man hatte schon vieles über Hoffmanns Trachtentruppe gehört. Aber eben nur gehört und sicher war das meiste übertrieben. Mit den Jahren verwischen auch die Grenzen über das geschehene. Nach vielen Jahren bleiben nur die guten Geschehnisse haften. Das schlechte verdrängt man. Gespenstige Nebelschwaden umschlossen den die Strecke säumenden Wald und das Gleis auf dem unser Zug fuhr. Gesprochen wurde immer weniger je näher wir unserem Ziel kamen. Ein Blick aus dem Fenster brachte auch keine neuen Erkenntnisse sondern nur eine Ahnung. Nichts als Sand , Kiefern und Birken ............! Später hieß es dass man hier die Krankheit Namens Sakima bekäme. Die sogenannte Sand und Kiefermacke . Plötzlich immer noch mitten im Wald
wurde es heller. Unser Zug fuhr in eine Art Schlauch aus Stacheldraht der den Bahnsteig umschloss. Bundesbürger oder die wenigen DDR Bürger die nach dem Westen fahren durften werden dieses Bild noch gut kennen. Bei diesem Anblick konnten einen schon komische Gefühle beschleichen .Wenn es jetzt auch noch Soldaten mit Hunden auf diesem Bahnsteig gestanden hätten konnte man meinen es ginge in ein KZ. Auf einem Behelfsbahnsteig, der im Wesentlichen aus Betonplatten bestand, war ein Schild zu sehen auf dem stand zu lesen Torgelow – Drögeheide. Sollte dies der Ort sein an denen wir die nächsten 18 Monate verbringen ( gefangen ) sein sollten? Eigentlich hatten wir uns ja seelisch und moralisch schon auf Eggesin - Karpin eingerichtet. Wir hatten wohl unser Ziel erreicht. Draußen stand ein hagerer Major der rief im zackigen Kommandoton: „Alles raus ihr trüben Tassen Endstation „! Müde und von der langen Fahrt und geschwächt vom Alkohol waren die Füße nicht sofort bereit ihren Dienst zu versehen. Jeder griff nach seinen Sachen und mehr torkelnd als laufen zwängten wir uns aus den Waggons. Ein Oberfeldwebel brüllte: „ Schneller, schneller meine Herren wir sind hier kein Sanatorium für Zivilisten! In Linie zu drei Gliedern angetreten aber dalli, dalli!“ Na das kann ja heiter werden! Das fängt ja schon gut an. Es dauerte schon eine ganze Weile bis sich die Neuen Genossen gefunden hatten und endlich so angetreten waren wie es die Herren gern hatten. Selbst dann noch brüllten sie noch umher und waren nur schwer zufrieden zu stellen. Sicher wollten sie sich auf diese harsche Vorgehensweise bei uns Respekt zu verschaffen was ihnen auch bei einigen gelungen war. Ich gehörte auch dazu. Als nun endlich einigermaßen Ruhe im Glied eingekehrt war baute sich vor der Front ein hagerer Major, mit Namen Juschkeit, auf um uns offiziell zu begrüßen. Dies tat er sehr eindrucksvoll in dem er die Beine spreizte. Er holte tief Luft und rief:“ Berufsmusiker, Bürokaufleute und Akademiker drei Schritte nach vorn! Ausführung !“ Aha ! Also auch hier schien das gute alte sozialistische Prinzip zu funktionieren. „ Beziehungen schaden nur dem der keine hat!“ Oder man denke an das Parteiabzeichen der SED mit den verschränkten Händen über denen nur der

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Wasserhahn vergessen wurde! Eine Hand wäscht die andere, zwei das ganze Gesicht!
Einige der Neuen Genossen machten die drei geforderten Schritte nach vorn. Sie wurden sofort auf einen gesondert stehenden LKW verladen. Am Ende des Bahnsteiges standen, wie an einer Schnur aufgefädelt, einige LKW russischen Ursprungs und eine Gruppe Soldaten die diese seltsamen Gefährte betrieben. Zu diesem Zeitpunkt hielt ich diese Fahrzeuge noch für sehr ungeeignet was sich später genau ins Gegenteil kehren sollte. Irgendetwas schienen wir an uns zu haben das sie unheimlich zu amüsieren schien. Major Juschkeit, der später für die Grundausbildung der Militärkraftfahrer zuständig sein sollte, gab den Befehl zum aufsitzen auf den bereitgestellten LKW. „ Gepäck aufnehmen und aufsitzen!“: kommandierte er. Jetzt setzte ein Gedränge und Geschiebe ein das es einen Angst und bange werden konnte. Man hatte den Eindruck das manche Sorge hatten zu spät zu kommen. Ich hatte es nicht sonderlich eilig und lies die Genossen gewähren. Im hohen Bogen warfen sie ihre Taschen auf die LKW und sprangen hinterher. Trotz allem schien das Ganze den Genossen nicht schnell genug zu gehen. Der Oberfeldwebel brüllte: „ Bewegt euch ihr Tagesäcke! Ihr seid hier nicht zur Kur!“ Viele wollten die Ersten sein aus dem einfachen Grunde die Besten Plätze auf diesen Fahrzeugen zu erhaschen. Alle wollten die Plätze am Ende der Ladefläche um gut sehen zu können. Sie wurden aber von den Nachdrängenden immer wieder nach vorne geschoben. So verging eine ganze Weile bis die ersten riefen die Fahrzeuge seien voll obwohl etwa noch ein Drittel der Rekruten nach einer Mitfahrgelegenheit suchten. Nun war auch schnell klar warum sich die Fahrer so sehr amüsiert hatten. Wir waren nicht die Ersten die sie fuhren und sicher saßen auch sie irgendwann einmal da wo wir jetzt saßen. Nun sollte sich bald eine der besonderen Qualitäten des Ural beweisen. Auch ich sollte später ein solches Fahrzeug fahren und seine
guten Leistungen schätzen lernen. Mit würdigem Schritt ging der Genosse Major auf den letzten LKW zu. Zu einem Gefreiten sprach er:“ Genosse Gefreiter auf ihrem Fahrzeug soll kein Platz mehr sein!? Sorgen sie dafür das auf allen Fahrzeugen soviel Platz geschaffen wird das wir alle neuen Genossen mitnehmen können!“ Mir blieb der merkwürdige Unterton des Majors nicht verborgen konnte mir aber noch keinen Reim darauf machen.
Die angesprochenen Kraftfahrer stiegen grinsend in ihre Autos. Die Motoren wurden angelassen. Der Konvoi setzte sich kurz in Bewegung um kurz danach mit heftigen Bremsen wieder zum stehen zu kommen. Wenn die Bremsen am Ural funktionierten taten sie das in einer unheimlich brutalen Härte. Alle Genossen flogen mit samt Gepäck an die Stirnwand des LKW. Nun passten tatsächlich noch einmal 10Mann auf jeden Ural und in diesem Fall waren die letzten die Ersten. Wir hatten die Plätze um die sich noch kurz zuvor die Anderen gestritten hatten. Nach dem der letzte Rekrut seinen Platz eingenommen hatte stieg das Empfangskommsite in die Fahrerhäuser und ab ging die Reise in die für die nächsten 18 Monate neue Heimat. Meine so
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abweisende Haltung gegenüber dem Ural sollte später noch in Begeisterung umschlagen. Mag sein das dabei auch ein kleines Gefühl von Freiheit, die man als Kraftfahrer bei der NVA hatte, eine nicht unwesentliche Rolle spielte. So fuhren wir mit gemischten Gefühlen auf diesem herrlichen Fahrzeug in Richtung MSR 9 (MOTSCHÜTZEN REGIMENT 9) welches später noch den Namen eines aus dieser Gegend stammenden Antifaschisten erhielt „ Rudolf Renner „ erhielt. Lange sollte die Fahrt nicht dauern denn schon nach wenigen Minuten standen wir vor dem Eisentor (KdL), der Einfahrt zum Regiment. Der Wachhabende Unterfeldwebel Salutierte und öffnete den Schlagbaum und wir verließen nun endgültig die Freiheit. Der Konvoi bog gleich hinter dem Tor nach rechts ab wobei wir schon einmal einen ersten Blick auf die Sturmbahn werfen konnten.
Als wir das erste Gebäude erreicht hatten öffnete sich wie auf Kommando die Fenster aus denen begleitet von furchtbarem Geschrei das allseits bekannte Aluminiumbesteck auf die mit Basaltpflaster versehene Regimentsstraße geworfen wurde. Das war ein furchtbares geschepper das von Rufen wie Sauspritzer oder Tagesäcke begleitet wurde. Das hinterlies zunächst einmal einen nachhaltigen Eindruck bei uns. Manche der Rekruten waren ganz bleich im Gesicht. Zum Glück hatte ich keinen Spiegel um mein eigenes zu sehen. An allen Fenstern schauten die neuen EK ( Entlassungskandidaten ) und Mittelpisser (zweites Diensthalbjahr) heraus um uns auf diese freundliche Weise willkommen zu heißen. Ja sie waren es die uns den überaus herzlichen Empfang bereiteten der seine Wirkung auf uns sicher nicht verfehlt hatte. Vor dem Regimentsclub kam die Kolonne dann wieder, natürlich nicht ohne die Bremsprobe, zum stehen. Wieder flogen alle durcheinander. Am härtesten traf es wieder die welche schon an der Stirnwand saßen. Nur mit Mühe gelang es uns unser Eigentum zu finden um dem Kommando „ Absitzen „ folgen zu können. Immer wieder durch die verbalen Äußerungen unserer Begleiter angetrieben mussten wir in den Regimentsclub einrücken. Im Inneren dieses sozialistischen Musentempels angekommen jagte man uns in den großen Kinosaal. Jeder suchte sich wie befohlen einen Platz auf dem er seine müden Knochen und das verunsicherte Gemüt setzen konnte. Die große Bühne war mit einem Vorhang bedeckt vor denen sich einige Offiziere nebst den Müttern aller Kompanien, den Hauptfeldwebeln (auch Spieß genannt), tummelten. Sie alle schienen guter Dinge zu sein aber uns beschlich immer mehr ein mulmiges Gefühl. Dieser Anblick konnte einen schon nachdenklich stimmen. Die elegant geschwungenen Mützen, Stiefelhosen erinnerten mehr an einen schlechten DEFA Film der in der Nazizeit spielte. Tatsächlich fehlte nur der Adler auf der Brust die Armbinde und die Uniform wäre perfekt gewesen.Um der Wichtigkeit ihrer Person und der durch sie vertretenen Sache Ausdruck zu verleihen kommandierten sie laut und forsch . Ich gebe gerne zu das dies selbst bei mir zunächst einen sehr nachhaltigen Eindruck hinterlies. So saß man mit innerer Unruhe auf seinen Platz die
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Gedanken was einen wohl hier erwartet vor sich her schiebend . Ich dachte daran wo ich wohl die nächsten 18 Monate verbringen würde. Würde der Trick mit dem geänderten Gesundheitsbuch etwas bringen? Ich verspürte immer noch nicht die geringste Lust meinen Arsch bei einer Muckerausbildung bei Wind und Wetter durch den Dreck zu schleifen. Ein Hauptfeldwebel nach dem Anderen bekam seine Rekruten zugeteilt übernahm sie und zog von dannen. Der Kinosaal hatte sich schon bedenklich geleert als der Hauptfeldwebel der Transportkompanie aufgerufen wurde. Viel blieb ohnehin nicht mehr übrig. Alle meiner Meinung nach guten Posten waren schon vergeben. Wieder war ich nicht dabei und so langsam machte sich Enttäuschung in mir breit. Der Saal hatte sich bedenklich geleert und ich war immer noch kein Kraftfahrer. Ganze sieben Rekruten waren übrig geblieben. Nun war die Reihe an dem letzten Hauptfeldwebel .Hatte dies etwa zu bedeuten? Der letzte Spieß! Stumpe hieß er und gehörte zur Pionierkompanie. Ach du dickes Ei ! Pioniere ! Das konnte ja nur Schinderei bedeuten. Jetzt wurden die letzten Rekruten aufgerufen. Grille , Wolfgang ; Tappe , Detlef ; Jäger , Roland ; Dräger , Wolfgang ; Arendt , Harald , Rapp , Ernst und als Letzter meine Wenigkeit .“ Hauptfeldwebel übernehmen sie die jungen Genossen!“: kommandierte ein Hauptmann. „ Taschen aufnehmen und mir ohne Tritt folgen!“: kommandierte daraufhin der Hauptfeldwebel .Was mir sofort auffiel war der unmilitärische Schritt vom Spieß. Er wirkte nicht nur völlig lustlos, nein er war es. Nun war es unabänderlich soweit und es gab kein zurück mehr für uns. Für uns begann der 18 Monate währende Ehrendienst im immer währenden Kampf für Frieden und Sozialismus und im täglichen Kampf gegen die Klassenfeinde in der BRD und der Nato. Ich habe das wohl nie so gesehen aber wenn man heute hört das einige Leute die Mauer wieder haben wollen fange ich jetzt so langsam daran zu glauben. Die meisten der Gebäude waren in den fünfziger Jahren erbaut und genau so sahen sie auch 1974 noch aus. Als ich 1995 nach einem Urlaub an der Ostsee dort vorbei kam waren alles noch in dem gleichen hässlichen Grau wie zu meiner Dienstzeit .Unterhalb des Exerzierplatzes standen zwei Baracken. Eine davon diente den Pionieren die andere den Aufklärern als Unterkunft. Beides waren Notunterkünfte die aus sogenannten Wohnraumzellen zusammengesetzt waren. Gleich am Eingang, zu dieser Baracke, wurden wir vom Spieß an den Diensthabenden UvD ( Unteroffizier vom Dienst ) übergeben. Dieser hatte den Auftrag uns in die jeweiligen Stuben einzuweisen. Man konnte dem Spieß anmerken das er seine Arbeit wohl nur als notwendiges Übel betrachtete. In der Kompanie waren nur wenige Soldaten anwesend aber diese musterten uns eindringlich als wären wir Außerirdische. Meine Stube lag links den Gang entlang war die Letzte auf der rechten Seite .Der Flur war in einem sehr guten Zustand und glänzte wie eine Speckschwarte.
Es war die Stube des Kompanietrupps. Nahm unsere Pionierkompanie eine Sonderstellung innerhalb des Regimentes ein nahmen die Genossen des Kompanietrupps eine noch einmal höhere Sonderstellung ein. Wir unterstanden
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einzig und allein dem Kompaniechef Hauptmann Küster dessen besondere Lieblinge wir waren . Bis zu einem bestimmten Zeitraum galt das auch für mich. Die Stube war denkbar einfach aber zweckmäßig eingerichtet. Es war ein total hässlicher schmuckloser Raum. Zwischen den, mit hässlichen gelben Vorhängen versehenen Fenstern, stand ein Tisch mit einem Aschenbecher und vier einfachen Hockern. An den Wänden rechts und links des Einganges standen je ein Doppelstockbett und gleich neben dem Eingang rechts zierten vier Spinde die Wand aus Pappe. Die Bettdecke und das Kopfkissen wurde mit blau weis karierter Bettwäsche bezogen. In den Muckerkompanien war es durchaus üblich dass die Karos wagerecht und senkrecht nachgezählt wurden um die Genauigkeit des Bettenbaus zu überprüfen. Besonders in der Kompanie von Mucker- Barthels lagen solche Schikanen an der Tagesordnung. Solche
Umtriebe fanden zum Glück in unserer Kompanie in der 18 Monaten währenden Dienstzeit nicht einmal statt. Im Zimmer war außer mir und dem Unteroffizier Hron niemand anwesend und da drei der Betten bereits bezogen waren blieb für mich nur das links oben. So durfte ich das erste Mal unter der Anleitung des Unteroffiziers mein Bett bauen. Besser gesagt er zeigte es mir. Als wir das Experiment das dritte Mal ausgeführt hatten zupfte er immer noch scheinbar nicht ganz zufrieden an der Bettdecke herum. Schnell fand ich einige Lobende Worte solch Wunderwerk noch nie gesehen zu haben. Da war auch er zufrieden und verließ sichtlich geschmeichelt das Zimmer. Ich hatte endlich meine Ruhe. Am schlimmsten für mich war das flache Kopfkissen. Viele male knüllte ich es zusammen um wenigstens einigermaßen schlafen zu können .Der Fußboden im Zimmer war mit demselben Belag wie der Flur ausgelegt. Braunes Lenolium . Dieses hatte man regelmäßig zu Bohnern. Mit einer Bohnerkeule ( Blocker ) wurde ihm dann der gewünschte Glanz verliehen. Zusätzlich zu unserer Stube hatten wir noch eine Hälfte des Flures und einen der beiden Waschräume sauber zu halten. Alle diese schönen Einrichtungen hießen hier Reviere.
Diese drei Revier musste ich mir jeden Tag mit dem Mittelpisser Kilian, auch genannt der Lange, teilen. Die beiden Genossen EK Andriof als Stubenältester und Rieck hatten das Privileg im letzten Diensthalbjahr nichts mehr tun zu müssen. War einer von uns beiden im Urlaub oder aus anderen Gründen verhindert musste einer allein alle drei Reviere reinigen.
Der Lange wie gesagt Mittelpisser im zweiten Diensthalbjahr hatte den Waschraum ich Flur und Stube. Der Lange hatte nicht sehr viel von seiner Vormachtstellung denn später war ich oft mit dem Alten unterwegs und kam spät zurück. War es einmal etwas früher wusch ich solange das Auto auf dem Park bis es kurz vor Zapfenstreich war. Hoffentlich nimmt mir das der Lange nicht übel sollte er diese Zeilen je zu lesen bekommen. Natürlich waren die Möglichkeiten in den ersten sechs Wochen der Grundausbildung äußerst beschränkt sich vor dem Reviereinigen zu drücken aber die waren schnell vergangen und von dem Tag an dem ich den Leergefechtsural übernommen hatte gelang es mir immer häufiger mich vor den ungeliebten Aufgaben zu
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drücken. Der Lange hatte alles geputzt und ich musste bloß beim Stubendurchgang die Stube vorschriftsmäßig abmelden.
Dafür war ich ihm auch sehr dankbar und selbst als er ein halbes Jahr später Stubenältester wurde hat er sich nie dafür Gerächt. Er war ohnehin ein ruhiger Zeitgenosse und überhaupt nicht nachtragend. Pünktlich um 17 Uhr kamen meine drei Zimmergenossen von ihrer Arbeit vom Gefechtspark. Andriof der Stubenälteste, ein nicht sonderlich intelligenter Mensch vom Lande was ihn besonders gefährlich machte, rief:“ Sie mal an der Sprilli hat auf anhieb heraus gefunden wo sein Bett ist!“ „ War nicht sonderlich schwer zu erraten bei vier Mann und drei bezogenen Betten!“: gab ich ihm zur Antwort .Für diese freche Antwort erntete ich sofort erst einmal ein paar böse Blicke. Deutlich konnte ich sehen wie sich die Blicke der beiden EK trafen. Andriof zog es aber vor erst einmal nichts zu sagen obwohl das Rieck sicher erwartet hätte. Am Abend nach dem Stubendurchgang, der in der Regel nur stattfand wenn einmal ein Offizier anwesend war, holte er sogar eine Flasche Schnaps aus dem Spind und gemeinsam wurde diese geleert. Schon die ersten Geschichten über das Leben in dieser Kompanie brachten mir wichtige Erkenntnisse für mein weiteres Verhalten in der Zukunft.
Wir hatten einigen Luxus um den uns sicherlich viele Mucker beneideten. So waren unsere Zimmer im Winter mit je zwei elektrischen Eisenbahnheizkörpern ausgestattet. Die armen Mucker hatten Kohleöfen. Aus diesen musste im Winter vor jedem Stubendurchgang das Feuer entfernt werden. Es war offiziell verboten die Zimmer über Nacht zu heizen. Das ganze machte nicht nur sehr viel Schmutz sondern nach dem Stubendurchgang hatten die Sprillis mit den Kohlen die sie für den nächsten Morgen geholt hatten sofort wieder den Ofen anzubrennen. Die Genossen EK hatten es gern warm und hatten Angst in ihren unten liegenden Betten zu erfrieren. In den unteren Betten schliefen immer nur EK das war ein ungeschriebenes Gesetz bei der NVA .Solche unschönen Dinge wie Holz spalten oder Kohlen schaufeln bleiben uns auf diese Weise erspart. Später als wir unsere Neue Unterkunft, die wir wie es sich für Pioniere gehört mit einem großen Anteil an Eigenleistungen erbaut hatten, waren wir an das Heizhaus des Regimentes angeschlossen und somit aus dem Schneider.
In der Pionierkompanie hatte man mir den Traumposten eines LG – Fahrers zugedacht. Das hieß in Friedenszeiten dem Alten zu fahren und jeden Wunsch von den Lippen abzulesen.
Im Übungs- oder Ernstfall gehörte ich, mit Munition und Verpflegung für die Kompanie, dem Spieß. Als mein Stubenältester, der Gefreite Andriof, mich in meine Aufgabengebiete eingewiesen hatte sagte er zu mir:“ Wenn du deinen Kram hier ordentlich machst sollst du keinerlei Probleme haben. Klappt das nicht und der Alte sollte mir wegen irgendwelchen Mist auf den Sack gehen, den du verzapft hast, lasse ich dich Tag und Nacht rotieren! „
Ich spürte sofort wessen geistiges Kind er war. Aber das half einen hier recht wenig. Diese Ordnung hatte sich über viele Jahre bewährt und keiner der
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Vorgesetzten dachte auch nur im Traum daran dies zu ändern. Der UvD gab den Befehl zur Nachtruhe. Stubendurchgang viel an diesem Tag aus Mangel an Offizieren aus . Das schien auch keinen zu beunruhigen.
Vielmehr schien mir dass dieses öfter der Fall war. Nach der ersten Nacht, die ich völlig traumlos im neuen Bett verbracht hatte, hörten wir Neuen Spritzer das aller erste mal den furchterregenden Weckruf des UvD. Es traf einen wie ein Hammer.“ Kompanie Nachtruhe beenden! Fertig machen zum Frühsport! Raustreten in fünf Minuten ! „ Dem Herrn sei Dank galt es an diesem Tag noch nicht für uns. Wir sollten erst im laufe des Tages unsere Ausrüstung aus der PA – Kammer erhalten. Trotzdem war ich mit einem Satz aus dem Bett gesprungen. Aber ich war auch der Einzige in der Stube der diesen Weckruf gehört haben muss. Die Anderen Zimmergenossen schien das Ganze nicht zu betreffen. Andriof quittierte den Weckruf nur mit einen lauten knurren drehte sich um und schlief weiter. Erst als sich Oberleutnant Giller persönlich im Zimmer zeigte stiegen sie unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte aus dem Bett. Erst als der Oberleutnant nach einer Reihe von dummen Sprüchen, der Genossen EK, mit Sanktionen drohte mühten sie sich in ihre Sportkleidung und zogen murrend durch den Korridor dem Ausgang entgegen. So mussten die Herren EK und Mittelpisser auf unsere Begleitung verzichten. Das ihnen dies nicht gefiel konnte man an ihren grimmigen Gesichtern ablesen. So hatten wir das Erste und Letzte mal warmes Wasser zur Morgentoilette. Das alle Spritzer vor den Genossen EK fertig waren für das Frühstück blieb auch das Letzte mal. Am anderen Tag sollte uns der Alltag einholen. Ich hatte mein Bett so gut es ging gebaut als die Genossen vom Frühsport zurückkamen. Ehe ich mich versah hatte mein Stubenältester die Matratze mit samt Bettzeug aus dem Bett geworfen. Angeblich war der Bettenbau nicht in Ordnung. Ich aber glaube vielmehr das es die Wut war das wir nicht am Frühsport teilnehmen mussten. Kaum war man so einigermaßen in die Reihe gekommen mit seinen Geschäften rief doch dieser unmögliche Mensch von UvD schon wieder:“ Kompanie fertig machen zum Frühstück! Raustreten in fünf Minuten ! „
Aus irgendeiner Stube kam der Ruf: „ Halts Maul du Tagesack! „ (Einer der noch viele Tage zu dienen hatte!) Das ist ja ein toller Verein. Wie die hier mit den Vorgesetzten Unteroffizieren umspringen. Was können die dann erst mit uns anstellen!? Vorsichtig öffnete ich die Tür und sah auf den Flur. Ich hatte die Tür noch nicht ganz geöffnet als laut polternd eine 7 Kilo schwere Eisenkugel auf mich zu donnerte. Gerade schaffte ich es noch rechtzeitig meine Füße in Sicherheit zu bringen. Die Kugel schlug am Ende des Flures gegen die Tür. Da diese nicht gerade die stabilste, aus DDR Produktion stammende, war wunderte ich mich das nur die Glasscheibe aus derselben viel. Zum Glück viel sie nach außen und überlebet den Sturz aufgefangen durch den weichen gepflegten Sandboden des Außenreviers.
Die EK machten sich lustig über die dummen Gesichter von uns Sprillis. „ Noch keine EK- Kugel gesehen ihr Tagesäcke!? „ Ihr werdet noch viele andere schöne
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Dinge sehen und erleben! „: sagte einer der EK und sie wandten sich immer noch sehr belustigt dem Ausgang zu. Mit ein paar Nägeln, die sich leicht in die Pappwände der Tür drücken ließen, setzten wir die Scheibe an ihren alten Platz. Die meisten der Kompanien marschierten mit
Exerzierschritt und Heldengesang zu den Mahlzeiten . Unsere Nachbarkompanie war ein Musterbeispiel dafür. Die Aufklärer hatten eine der härtesten Kompaniechefs. Bei denen lief alles nur im Laufschritt ab. Eine solche Art der Fortbewegung war in unserer Kompanie aufs Äußerste verpönt. Nur zu besonderen Anlässen oder wenn einer der Genossen Vorgesetzten mal schlechte Laune hatte kam es auch einmal bei uns zu solchen Exzessen. Bei unseren Sauhaufen hieß es meist „ ohne Tritt Marsch „. Das Wort Marsch wurde immer ohne das M
gesprochen ergo Arsch. Dadurch wurde dieser Befehl viel lauter und wirkungsvoller ausgesprochen. Obwohl ich nicht den Eindruck hatte das diese Art zu kommandieren viel Wirkung zeigte in unserer Kompanie. In den bisher beschriebenen Vorgängen, oder sollte ich besser sagen Vorkommnisse, zeigte sich die Ausnahmestellung unserer Kompanie innerhalb des Motzschützenregimentes Nummer 9. Dies lag sicherlich auch darin begründet das unser Kompaniechef Hauptmann Küster, mit zweifelhafte Beziehungen oder Geschäften zu anderen Offizieren des Regimentes, sich eine gewisse Immunität geschaffen hatte. Doch darauf komme ich später noch einmal und häufiger zurück. Der sogenannte Tischdienst ging immer etwas früher zum Speisesaal um die Tische einzudecken. Beim Antreten vor der Kompanie standen die EK immer in der hinteren Reihe, die Mittelpissser in der Mittleren und wir Sprillis in der vorderen Reihe. Das war nicht nur ungünstig beim Morgenpappel, wo auf Ordnung und Sauberkeit kontrolliert wurde, sondern auch nicht ohne Auswirkung beim Essenempfang .Als wir das erste Mal in den Speisesaal, auf das Kommando Reihe rechts einrücken mussten wussten wir noch nicht was dies bedeuten sollte. Auf diese Weise waren die Genossen EK immer die Ersten am Futtertrog. Wir Sprillis immer die Letzten . Zu dieser Zeit bekamen wir das Essen noch in Thermosbehältern an die Tische gestellt. Es herrschte Selbstbedienung im wahrsten Sinne des Wortes. Im Ergebnis sah das so aus das wir nie ein Stück Fleisch zu sehen bekamen außer auf den Tellern der Genossen EK und eventuell einige Fleischreste auf den Tellern der Mittelpisser . War ein Teil der Kompanie zur Wache hatte ich die Aufgabe ihnen das Essen zu bringen. Da kam es auch schon mal vor das die Genossen EK kein Fleisch bekamen. Sie gingen leer aus. Das musste dann der Tischdienst oder der Sprilli welcher auf der Stube des Betroffenen EK lag schwer büßen. Was sonnst sauber genug war wurde von den Stubenkältesten bemängelt. Es wurde ein verschärftes Stuben und Revierreinigen durchgeführt. Nicht selten musste dann Kamerad Grille mit einer Zahnbürste und einer Unmenge P3 ( Scheuerpulver ) seinen Revieren zu Leibe rücken. Er hatte es am schwersten von uns allen. Seine EK waren wohl die übelsten Dummköpfe der ganzen Kompanie die ihn bei jeder
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Gelegenheiten schikanierten. Sicher spielte auch die „ Bezirkszugehörigkeit „ eine nicht unwesentliche Rolle .Er galt als Fischkopf und hatte einen Thüringer und einen Sachsen – Anhaltiner als EK und Stubeältesten. Da hatte ich alles in allem noch großen Glück mit meinem geistig etwas unterernährten Stubenältesten. In der Beliebtheitsscala wurden die Fischköpfe nur noch von den Sachsen übertroffen. Ich persönlich konnte das überhaupt nicht verstehen denn meiner Meinung nach gibt es keinen gemütlicheren Menschenschlag, unter den germanischen Stämmen, als die Sachsen. Soweit ich mich nach 24 Jahren noch erinnern kann gab es zum gab es zum ersten Frühstück Brötchen, Brot, Butter, Margarine, den unvergleichlich guten Kunsthonig, Wurst und den köstlichen Stinkerkäse aus dem Harz .Da dieser schon einen sehr hohn Reifegrad erreicht hatte wurde er mit großer Freude und eleganten Schwung an die Decke des Speisesaals befördert. Dort blieb er zu meiner großen Verwunderung sehr gut kleben. So kam es vor das man ihn schon wenige Tage später wieder auf dem Tisch hatte. Da konnte er zum Teil schon selber aufs Brot kriechen. Zu welcher Mahlzeit dies geschah war dem Zufallsprinzip überlassen und der Rechtsweg war ausgeschlossen. Kaum hatte man das Frühstück heruntergeschlungen, von dem auch der Zugführer Oberleutnant Giller 8 Tage vor dem
Zahltag gern etwas nahm, hieß es fertig werden, aufstehen und ausrücken. Zurück in die Unterkunft wurde in gelockerter Atmosphäre marschiert oft unter den bewunderten Blicken
anderer Kompanien . Von denen konnte keiner verstehen was da vor sich ging. War es ein Unteroffizier der uns zu den Mahlzeiten führte waren oft nur die Sprillis die er geschlossen in die Kompanie zurück brachte. Die Genossen der älteren Diensthalbjahre gingen in kleinen Gruppen selbständig in die Unterkunft. Ein Unteroffizier galt einfach ein nichts in der Pionierkompanie .In der Unterkunft angekommen hatten die Sprillis noch einmal schnell ihre Reviere zu säubern und sich dann gemeinsam mit dem Rest der Kompanie auf den Morgenappell vorzubereiten. So dauerte es auch nicht lange bis der UvD rief:“ Kompanie fertig machen zum Morgenappell! Raustreten in fünf Minuten ! „ Immer diese scheiß fünf Minuten dachte ich so bei mir .Fällt dem Ochsen von UvD mal nicht etwas anderes ein. So langsam wie möglich rückten wir aus unseren Stuben. Die Genossen EK kamen, sich immer noch fröhlich unterhaltend, als Letzte aus dem Bau. Sie schien das alles nicht sonderlich zu berühren aber in Wirklichkeit steckte dahinter eine gewisse Taktik. Hier zählte jede Minute die man ohne Ausbildung oder Arbeit verbrachte. Die Kompanie stand nach langen hin und her endlich zum Morgenappell angetreten. Wir Neuen immer noch in Zivil . Heute Morgen gab sich unser Spieß, Hauptfeldwebel Stumpe, die Ehre den Morgenappell abzuhalten.
Es wurde auf Sauberkeit der Stiefel, Kragenbinden, Haarschnitt und Koreeckteer Rasur kontrolliert. Der Tagesablauf wurde für alle Genossen in Form eines Tagesbefehls ausgegeben. Die älteren Diensthalbjahre gingen, nicht ohne zu murren, den befohlenen Aufgaben nach. Die Neuen Genossen mussten
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angetreten vor der Kompanie stehen bleiben. Da standen wir nun und Detlef Tappe hatte immer noch sein schulterlanges Haar. Der Spieß kam wieder zu uns um uns mitzuteilen das er jetzt erst einmal vernünftige Menschen aus uns machen würde die den sittlichen Moralvorstellungen eines Soldaten der Arbeiter und Bauernmacht entsprachen. Alles rechts um und ohne Tritt Marsch zum Regimentsfrisör . Da halfen auch alle Einwände das man doch erst vor einigen Tagen sich hatte die Haare schneiden lassen nichts .Da gab es kein Pardon. Der Einzige der bei der ganzen Angelegenheit etwas gut machte war Genosse Tappe. Er hatte zumindest erst einmal die 1,25 Mark gespart die wir trotz vernünftigen Haarschnittes noch einmal bezahlen mussten. Mann konnte fast glauben das unser Spieß eine Provision bekam das er uns zu dieser Schlachtbank führte. Nachdem uns der Frisör, nach Meinung unseres Hauptfeldwebels, ein Menschliches Ansehen verliehen hatte führte er uns zur PA – Kammer. ( Persönliche Ausrüstung ) . Dort angekommen bekamen wir als erstes die gut bekannte Zeltplane. Aus dieser hatten wir einen Seesack zu knüpfen. Dort hinein sollten wir alle, unser Meinung nach nutzlosen, Ausrüstungsgegenstände werfen. Zwei Dienstuniformen ein Strich kein Strich , eine Ausgangsuniform , die Pferdedecke aller Volksarmisten den Wintermantel , zwei Koppel , ein Paar Knobelbecher , ein Paar Paradestiefel , drei mal Unterwäsche natürlich lang , Teil 1 , Teil 2 , Bajonett , zwei Käppis , eine Schildmütze , Trainingsanzug , rote Turnhose , gelbes Sporthemd , Sportschuhe ( DDR ADIDAS ) , Stahlhelm , Socken grau wie die ganze Kaserne , Feldflasche , Notpäckchen , Taschenlampe , Tragegestell , Klappspaten und nicht zu vergessen die Atomplane auch Nudelrolle genannt . Diese hatten wir im Falle eines atomaren Erstschlages des Klassenfeindes überzuziehen um auf diese Weise einige Tage länger am Leben zu bleiben. Dies alles aus einem einfachen Grund . Die Greisen Genossen des Zentralkommites im atomsicheren Bunker wollten doch schließlich die von Schalk Golodkowski beschafften Pornofilme zu Ende sehen. Einzig und allein die Verlängerung
ihres Lebens stand dabei im Vordergrund. Aber all zu große Sorgen machte ich mir deswegen nicht. Mein Hautfeldwebel Stumpe pflegte immer zu sagen das wir im Ernstfall einfach die Mützen nach hinten drehen würden und zu versuchen so gut wie möglich aus der Scheiße heraus zu kommen .Ein toller Genosse. Der Sack hatte ein stattliches Gewicht erreicht und wir machten uns wankend und schwankend, wie betrunkene Seemänner, auf den Weg zur Kompanie. In jede Stube auf der sich ein Neuer Genosse befand wurde ein Unteroffizier befohlen. Sie hatten uns zu erklären wie man den Schrank richtig militärisch exakt, wie unser Kompaniechef immer zu sagen pflegte, einzuräumen hatte.
Dabei hatte ich das Glück wieder den netten Unteroffizier aus dem Vogtland zu bekommen. Er hatte mir auch schon beim Bettenbau sehr gut assistiert .Unteroffizier Hron hatte die Ruhe weg. Alles hektische schien ihm fremd, ja zuwider, zu sein . Schon nach dem er mir das vierte mal gezeigt hatte wie der
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Schrank einzuräumen sei gab er sich zufrieden. Er sagte mir noch dass es keinen Sinn mache mir etwas zu erklären da ich eh zu taub (blöd) sei. Auch ich war zufrieden und wollte ihn auch nicht wegen der einen oder anderen Kleinigkeit kritisieren. Mein Stubenältester war voll des Lobes für meinen guten Schrank und Bettenbau. Selbst Oberleutnant Giller, der sonnst immer etwas zu bemängeln hatte, fand beim Stubendurchgang nichts daran auszusetzen .17 Uhr war Abendappell bei dem uns mitgeteilt wurde das wir nach dem Morgenappell zur Grundausbildung zu gehen hätten. Alle neuen Genossen, bis auf Genossen Ernst Rapp, gehen zur Kraftfahrzeug Typenschulung. Diese beinhaltete auch gleichzeitig die Grundausbildung für Motschützen. Ernst hatte sich zur Grundausbildung in einer Muckerkompanie zu melden. Der arme Hund hatte die einzige Niete unseres Diensthalbjahres gezogen. Gegen seine Ausbildung war die unsere der reinste Spaziergang. Fast wie Urlaub. Einer fehlt an dieser Stelle noch von unserem Diensthalbjahr. Der Sachse Wolf Udo Hänichen . Er weilte zu dieser Zeit noch auf einer Unteroffiziersschule denn er hatte sich zunächst auf 3 Jahre verpflichtet. Dort muss ihm die Erleuchtung gekommen sein. Er entpflichtete sich noch auf der Unteroffiziersschule zurück auf die Grundwehrdienstzeit. Das wurde natürlich nicht gern gesehen in unserer sozialistischen Armee. Er sollte es im lauf seiner Dienstzeit auch sehr oft zu spüren bekommen.
An dieser Stelle sei mir gestattet mitzuteilen das ich nach 24 Jahren alle meine Kameraden gefunden habe .Bei einigen war das nicht so einfach. Das hätte ich mir aber auch denken können den die wo ich am längsten gesucht habe waren schon während der Zeit vor 24
Jahren, ich will es mal vorsichtig ausdrücken, keine dem System angepassten Menschen.
Am längsten suchte ich nach Rapp, Arendt, und Hänichen .Mit Hilfe des Computers und einer Telefon CD –Rom nahm ich das fast unmöglich erscheinende Unternehmen auf. Arendt fand ich erst nach langen suche über ein Einwohnermeldeamt in Berlin. Schon beim ersten telefonischen Kontakt konnte ich feststellen dass er noch genau so ein merkwürdiger Kunde war wie zur Zeit unseres gemeinsamen Ehrendienstes bei der NVA. Den Sachsen fand ich über die Firma Melkus in Dresden. Dort hatte sein Vater wohl als Fahrlehrer gearbeitet.
Zum Glück war einer der Angestellten aus dieser Zeit noch tätig in dieser Firma. Von ihm bekam ich die Telefonnummer. Er wohnt im Allgäu. Am längsten dauerte es bei Ernst Rapp.
Dieser hatte zu DDR Zeiten einen Ausreiseantrag gestellt. Er wurde nach Westberlin abgeschoben und alle Eintragungen aus den Registern getilgt. Es gab in Deutschland 42-mal den Namen Ernst Rapp. Allein da habe ich 60 Mark Telefonkosten investiert bis ich ihn endlich gefunden hatte. Arbeitslos, die gleiche verkrachte Existenz wie damals. Eine Unmenge von Postkarten habe ich verschickt und zum Teil bekam ich Antworten von Menschen die wohl den
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gleichen Namen trugen aber nicht identisch waren mit dem Gesuchten. Einer war Unteroffizier im zweiten Weltkrieg wünschte mir aber viel Erfolg bei meiner weiteren Suche. Ein paar Hunnis sind sicherlich drauf gegangen bei dieser Aktion.
Aber ich hatte Erfolg. Natürlich tat es mir dann besonders weh das drei Kameraden nicht zu unserem Treffen im Mai 1998 nicht kommen wollten oder konnten. Rapp Arbeitslos, von Jäger bekam ich einen mit zittriger Hand und vielen Fehlern versehen Brief mit einer Absage.
Wolf Udo Hänichen war eine Weinprobe an der Mosel wichtiger als seine alten Kameraden.
Ich möchte behaupten dass er schon völlig im System der westdeutschen Mentalität aufgegangen ist. Er lebt wohl auch am längsten in dieser Ellenbogengesellschaft wo jeder nur auf seinen Vorteil bedacht ist. So waren wir noch fünf die sich trafen und mit der freundlichen Genehmigung des jetzigen Truppenübunsplatzkommandeur unser altes Regiment, geführt von einem ehemaligen Stabsoffizier des MSR 9, besichtigen konnten. Die Unterkünfte der Pionierkompanie gibt es nicht mehr aber die Sturmbahn steht noch.
Stabsfeldwebel Meikies war der einzige unserer Vorgesetzten der das Kreuz hatte sich mit uns zu treffen. Hochachtung ! Am nächsten Morgen war es dann auch für uns soweit. Der ungeliebte Weckruf des UvD galt auch für alle Spritzer. Mit dem wohlbekannten Rot – Gelb und den original NVA - Adidas bekleidet traten wir ins Freie. War noch tüchtig kalt für den Wonnemonat Mai. Mit verschränkten Armen vor, Kälte zitternd, standen wir vor der Unterkunft und warteten auf die Genossen EK. Schließlich hatten auch diese es geschafft den Ausgang zu finden. Mit verschlafenen Blicken sich die Augen noch reibend stellten sie sich zu den bereits Angetretenen. Bei der NVA wurden die Jahreszeiten befohlen und richtete sich nicht nach der Wettersituation. Nicht nach Thermometer sonder per Datum . Ab 15 . April wurde das Heizen eingestellt und Sommer befohlen. Genau so ging es im Oktober zu da wurde der Winter befohlen. Als nach langen hin und her endlich etwas Ruhe eingekehrt war gab der UvD den Befehl: „ Kompanie im Laufschritt Marsch!“ Nur zögerlich setzte sich die Truppe in Bewegung. Um nur ja nichts falsch zu machen lief ich geradewegs meinen Zimmergenossen hinterher. Wir waren noch keine 50 Meter gelaufen als zu meiner großen Verwunderung meine Zimmergenossen ausscherten und über die Kellertreppe des Sozialgebäudes im Kartoffelkeller verschwinden wollten. Dieses Gebäude wurde gerade saniert und deshalb standen auf der dem Appellplatz zugewandten Seite 10 Feldküchen in denen das Essen der Soldaten des gesamten Regimentes zubereitet wurde .Wir dachten zu dieser Zeit schon öfter was das wohl für ein scheiß Fraß ist. Aber zum Gegensatz des Essens nach der Renovierung aus der Küche war es noch wie ein Festmahl. Am bekanntesten war wohl die Speise die wir im Soldatenjargon „ Tote Oma „ nannten. Gebratene Blutwurst Kartoffeln und Sauerkraut . Davon bekam man reichlich weil nur wenige in der Lage waren
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selbige Speise zu essen . Für mich war es ein Festessen und die seltene Gelegenheit sich mal richtig satt zu essen. Als sich mein Stubenältester auf der Treppe noch einmal umsah und mich erblickte holte er tief Luft , das ist bei dummen immer so weil sie vor dem Reden erst das Gehirn mit Sauerstoff versorgen müssen , und begann wie vom Donner gerührt ein furchtbares Geschrei : „ Seh sich einer diesen Sausprilli an kaum drei Tage gedient will er sich schon vorm Frühsport drücken . Mach ja das du zur Kompanie kommst und deine Runden drehst sonnst mache ich dich rund wie einen Buslenker du verdammter Tagesack!“ Die Wal seiner Worte und die Art sich auszudrücken missfiel mir sehr und am liebsten hätte ich dem Spargeltarzan mal gehörig die Schnauze poliert. Aber nach kurzem Nachdenken lies ich dies sein da es mir wohl bei der zahlenmäßigen Überlegenheit der Genossen EK schlecht bekommen wäre. Also was soll’s sind eh nur noch 2000 Meter zu laufen. Als unsere Truppe vorbei kam schloss ich mich hinten an und meisterte den Rest des Frühsportes mit Bravour. Ich muss zu meiner Schande gestehen das ich in meiner 18 Monate währenden Dienstzeit bei der NVA nur viermal Wache, zwei mal Küchenzug einmal davon im Offizierskasino, gestanden habe und allerhöchstens 40-mal Frühsport betrieben habe. Das ist doch eine tolle Leistung. Das muss man unter so schwierigen Umständen erst einmal fertig bringen. Davon war die Hälfte auch noch Gymnastik. Dies hatten unsere diensthabenden Unteroffiziere sehr gern waren sie doch selber zu faul um 3000 Meter zu laufen. Nach dem Frühsport ging es für die welche ins Schwitzen gekommen waren erst einmal Waschen, wie immer kalt, und dann zum Frühstück. Nach dem Frühstück war es Zeit für den Morgenappell den der Alte , aber nur bei schönen Wetter ,gern persönlich abhielt zumal er es gern sah wenn sein Lieblingsoberleutnant Giller ihm im Exerzierschritt entgegen kommen musste um ihm die Meldung zu erstatten . Der Oberleutnant war wohl nicht mit allen einverstanden was der Alte trieb und hatte, wohl noch ohne Erfolg, versucht dem Alten ans Bein zu pinkeln. Geistig war er dem Alten weit überlegen aber der Alte hatte die Besseren Beziehungen und war viel gerissener. Aber er war ja noch jung und konnte warten. Oberleutnant Giller soll später, mit Erfolg in der UDSSR auf die Militärakademie gegangen sein und das war mit Sicherheit kein Kindergarten. Nun wurde der Kompanie der Tagesablauf bekannt gegeben. Wir Spritzer hatten uns an der Sturmbahn einzufinden um an der Schulung für Militärkraftfahrer teilzunehmen und unser armer Ernst musste zur 11 Muckerkompanie zur Muckerausbildung. Er war der Einzige von uns Neuen der von sich mit Fug und Recht behaupten konnte eine richtige Grundausbildung erhalten und absolviert zu haben. Er war weis Gott ein armer Hund. Am letzten Tag der Ausbildung durfte er noch unter Beweis stellen was er in den sechs Wochen gelernt hatte. Einen 60 Kilometer Marsch , davon 10 Kilometer unter Vollschutz . Wie er am Ende dieses Marsches aussah kann sich wohl jeder vorstellen. Das Gesicht Rot mit dem Ruß einer verbrannten Zeitung

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geschwärzt und großen Blasen an beiden Füßen. Die Kameraden Langner, Arendt, Grille, Tappe, Jäger und Dräger ginge zur Typenschulung für Kraftfahrer. Langner – Arend für Ural ; Grille und Jäger für Krass ( LKW ) ; Tappe und Dräger für SPW ( Schützenpanzerwagen ) .
Der Rest der Kompanie ging ganz in Schwarz gekleidet zum Park um die ihnen vom Arbeiter und Bauernstaat anvertraute Technik zu warten. Das Neuste und beste Fahrzeug unserer Kompanie sollte Detlef Tappe bekommen. Ein Eisenschschwein (152 er) Baujahr 1943 mit dem an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon unsere Befreier in Hitlers Berlin einmarschiert waren um uns zu befreien und uns Deutschen endlich Kultur zu bringen.
Die Kupplung dieses Fahrzeugs war oft nur unter heftigen Tritten von Detlef davon zu überzeugen ihrer eigentlichen Bestimmung nachzukommen. Manchmal hatte man den Eindruck er wollte das Stahlmonster zusammen treten. Es liegt mir aber fern die sowjetische Technik nur schlecht zu machen. Sie hatte sicherlich auch viele Vorteile. Im schweren Gelände war sie einsame Spitze. Aber auch beim Verbrauch von Treibstoff .
So brauchte der Ural bei Straßenbetrieb 1,5 Liter Benzin auf einen Kilometer im schweren
Gelände konnte es leicht das Doppelte sein. Aber er war im Gelände unschlagbar. Die Achsen gesperrt und das Getriebe untersetzt war ihm kein Dreckloch zu tief und kein Hang zu steil er packte einfach alles. Die Luft der Bereifung konnte man über im Fahrerhaus befindliche Ventile währen der Fahrt aufpumpen oder ablassen. An der Sturmbahn angekommen schien erst einmal ein heilloses Durcheinander zu herrschen. Mit lautem Geschrei der Vorgesetzten versuchten man uns davon zu überzeugen in Form eines U in dreier Reihen anzutreten. Um wenigstens ein Minimum an Ordnung zu erreichen wurden nun alle Rekruten erst einmal namentlich aufgerufen. Die Aufgerufenen hatten sich zu dem jeweiligen Zugführer zu stellen. Das lief auch soweit ganz reibungslos nur als der Major Juschkeit bei dem Namen Müller keine Antwort bekam kam die ganze Angelegenheit ins Stocken. Einen Soldaten mit Namen Müller schien es nicht zu geben obwohl ihn der Major schon zweimal aufgerufen hatte. Eigentlich ist doch dieser Name gar nicht so selten. Oder ?
Trotz dem wieder keine Antwort. Die Gesichtszüge des Majors schienen zu entgleisen und die zunehmende Röte im Gesicht war ein untrügliches Zeichen für seinen gestiegenen Blutdruck. Jetzt verlor er ganz und gar die Fassung lief auf einen neben mir stehenden Soldaten zu, der ebenso wie ich aus Apolda stammte, und schrie ihn an: „ Sie sind doch Genosse Müller? Warum machen sie nicht ihr Maul auf Genosse Soldat?“ „ Genosse Major mein Name ist Müller- Hollenhorst!“: gab der befragte ganz ruhig zur Antwort. Ein lautes sehr lang anhaltendes Gelächter folgte auf diese Antwort. Die Truppe konnte sich gar nicht mehr beruhigen. Dem Major schien es vor Wut schier zu zerreißen. Als er endlich wieder zu Worte kam sagte er: „ In Zukunft melden sie sich wenn der Name Müller aufgerufen wird Verstanden!?“ „ Nein Genosse Major mein Name
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ist Müller- Hollenhorst und nur mit diesem meinem vollständigen Namen fühle ich mich auch angesprochen.“ Der Major rang schwer nach Luft und war einem Herzinfarkt nahe. Aber was sollte er machen? Diesen Krieg gegen
den einfachen Soldaten „ Müller- Hollenhorst “ hatte er verloren. Der Rekrut wurde von dieser Stunde an immer mit vollem Namen aufgerufen aber nicht ohne jedes Mal eine allgemeine Volksbelustigung auszulösen.
Ich hatte schon wieder Glück. Der Zug dem wir Pioniere zugeteilt wurden stand unter der Leitung eines Unterfeldwebels dessen Name schon allein Belustigung auslöste. Trotz allen Übels bei diesem Trachtenverein sollte sich der Unterfeldwebel „ Schniefke „ als tatsächlicher Glückstreffer erweisen. Natürlich war mir sofort aufgefallen das er bei der ersten Nennung seines Namens allen tief in die Augen schaute. Zum Glück hatten wir ja kurz zuvor genug gelacht und konnten uns beherrschen. Dieser nette Unterfeldwebel war also ab sofort dazu verurteilt uns die Vorzüge der sowjetischen Waffentechnik und die nötige Grundausbildung zu vermitteln. Unterfeldwebel Schniefke hielt es in der sechswöchigen Grundausbildung nicht einmal für nötig uns ernsthaft zu beanspruchen. Er schien zu wissen dass er es mit ausgeschlafenen Jungs zu tun hatte. Alles erklärte er mit der ihm eigenen Ruhe und unendlicher Geduld. Ob er es wohl tatsächlich nicht gemerkt hat dass wir ihn mit vielen unbegründeten ja sogar dämlichen Nachfragen die Ausbildungszeit stahlen? Natürlich rissen sich alle am Riemen wenn ein Offizier auftauchte. Wir wollten auf keinen Fall einen anderen Ausbilder. Selten kommt etwas Besseres nach.
Na ja ist auch egal wir hatten unser Ziel erreicht. Sowenig Anstrengung wie möglich !
Für den theoretischen Teil der Ausbildung zogen wir uns in einen Raum im Regimentsclub zurück. Stundenlang erklärte er uns dort die Funktionsweise der Kalaschnikow. Das war für manche Genossen so anstrengend das sie erst durch den heftigen Aufschlag des Kopfes auf der Tischplatte wieder zu sich kamen. Die Handhabung dieser Waffe war ziemlich einfach und schnell zu erlernen. Man musste sie, wie in jeder Armee der Welt, mit verbundenen Augen auseinander und wieder zusammensetzen können.
Allerdings waren nicht alle Tage der Ausbildung so lustig. An einem wunderschönen Morgen hatten wir uns an der Sturmbahn versammelt. Unterfeldwebel Schniefke gab sich alle Mühe und erläuterte uns zunächst die von allen Soldaten so geliebte Sturmbahn erst einmal in jeder Station theoretisch. Jetzt ging es an die praktische Ausführung. Über das erste Hindernis klappte alles noch ganz Prima aber schon an der Eskaladierwand blieben all meine ernsthaften Bemühungen kläglich stecken. Was der gute Schniefke auch versuchte es war alles vergebens. Ich sprang gegen die Wand und lies mich wie ein nasser Sack wieder herunterrutschen. Der Unterfeldwebel raufte sich vor Verzweiflung die Haare stellet aber nach einer weiteren halben Stunde seine Bemühungen ein mich über dieses Hindernis zu bringen. Zu meiner Schande ( Freude ) muss ich gestehen das ich in den verbleibenden 17 Monaten nicht
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einmal diese Hindernisstrecke gelaufen bin. Am Nachmittag dieses Tages wurde Exerziert und die Heldenlieder der NVA geprobt. Mann war der eine Mist. Immer wieder Knochen hoch Arme durchschlagen bis zum Koppelschloss. Die Füße kamen ganz schön ins Schwitzen auf dem Basaltpflaster und man war am Abend heil froh wenn man sie unters kalte Wasser halten konnte. Gott sei Dank hielt sich Schniefke mit allen sehr zurück was nicht nur unsere Füße schonte sondern auch dem Regimentsschuster das besohlen manchen Knobelbechers ersparte. Natürlich musste er auf ein Minimum an Ausbildung bestehen schließlich wollte er sich zur Vereidigung nicht blamieren. Zur Gefechtsausbildung zogen wir uns immer in dem gleich neben dem Regiment beginnenden Wald zurück.
Dort übten wir das Tarnen und so schöne Dinge wie Sprung auf, Marsch Marsch oder Häschen hüpf. Peinlichst wurde auf die Einhaltung der erforderlichen Raucherpausen geachtet natürlich unter aller gebotenen Vorsicht im Wald .Keine Frage dass wir nach einer derart harten Rangerausbildung immer total fertig in unsere Unterkunft zurückkamen. Doch alles Jammern half da nichts. Jeder hatte seine Aufgaben wie Küchenzug, Tischdienst oder seine Reviere zu bewältigen. Wenn alles gut lief hatte man nach dem Mittagessen etwas Zeit um abzukeimen ( Schlafen ). Dazu wurden nicht einmal die Stiefel ausgezogen. Vielmehr steckte man die Füße zwischen den Gittern am Bettende hindurch so sparte man sich das ausziehen der Stiefel. Bis zum Abendessen ging es dann wieder zur Ausbildung mit Unterfeldwebel Schniefke. Nach dem Abendessen und dem Abendappell, der Dank unserer fleißigen Offiziere nicht sehr oft stattfand, gingen wir Spritzer daran unsere Reviere zu reinigen. Mit viel Schwung und Elan schwang ich die Bohnerkeule durch den Flur und meine Stube. Die Restliche Zeit des Abends bis zum Stubendurchgang , für den das Gleiche galt
wie für den Abendappell, verbrachten wir Sprillis damit uns gegenseitig Mut zu zusprechen. Dabei ging es meist um die Dummheit unser EK. Nach Dr. Hengolins Gesundheitstee, Bahndamm dritter Hieb, zum Abendessen konnte man auch auf keinerlei andere dummen Gedanken kommen. Ich tat alles um meine Reviere zur Zufriedenheit meines Stubenältesten
zu reinigen und hatte deshalb auch kaum Probleme mit ihm. Ein besonders negatives Beispiel der Spezies EK war der welcher die Kompanieeigene PA – Kammer verwaltete. Schon sein rein Äußeres war ein einziges Vorkommnis. Er war mit einem phänomenalen Pferdegebiss
ausgestattet und auch der in alle Richtungen verbogene Zinken der das Gesicht zierte trug nicht gerade dazu bei sein Selbstwertgefühl zu steigern. Wenn einer dann im vorübergehen wieherte, nicht nur Spritzer, war er immer sehr erregt. Genau wie er aussah war auch sein Charakter. Böse . Auch ich sollte später auch noch in Schwierigkeiten kommen wegen diesem menschenähnlichen Wesen. Keinem wurde gesagt das man die Wäsche bevor sie zur Wäscherei kam mit einem Wäschestift zu kennzeichnen ist . So brachte er es fertig unsere neue
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Unterwäsche gegen die Alte der EK zu vertauschen. Natürlich war man erst einmal verärgert aber ich sollte da bald Abhilfe schaffen können. An dem Tag als ich meinen Ural übernahm fuhr ich die Wäsche konnte dann alles wieder rückgängig machen.
Beschwerden bei Vorgesetzten brachten in der Regel nichts ein da durch die bestehende Hackordnung ein geregelter Ablauf sowie Ordnung und Sauberkeit garantiert waren.
Zudem hatte der Kompaniechef ohnehin nichts übrig für Spritzer. Also war aus dieser Richtung nicht mit Hilfe zu rechnen und man musste zusehen wie man über die Runden kam.
Ich sollte es noch am gleichen Abend zu spüren bekommen. Es war ein schöner lauer Frühlingsabend und wir Spritzer saßen auf einer Bank vor der Kompanie als der UvD aus der Tür trat. „ Soldat Langner zum Spieß!“: kommandierte er . Nichts Schlimmes ahnend schlenderte ich den Gang hinunter bis ich an dem Zimmer des Hauptfeldwebels angekommen war. Ich zupfte noch einmal an der Uniform alles gerade klopfte an, soviel Anstand hatte man schließlich, und auf seine Aufforderung betrat ich das Zimmer des Hauptfeldwebels Stumpe. Ohne groß zu überlegen fragte ich, immer noch im Türrahmen stehend, den Hauptfeldwebel: „ Was ist denn los Spieß?“ Irgendetwas schien hier nicht zu stimmen das konnte ich deutlich am Gesicht des Hauptfeldwebels ablesen. Wie ein Donnerschlag traf mich der Schrei des Alten den ich in einer Ecke des Zimmers sitzend übersehen hatte. Er schrie: „ Hör sich einer diesen Sauspritzer an!
Noch nicht gedient und den Hauptfeld schon Spieß nennen! Bist wohl verrückt geworden du Tagesack!? So eine Frechheit habe ich in meiner ganzen Dienstzeit noch nicht erlebt! Mach das du raus kommst und leg erst einmal eine vorschriftsmäßige Meldung hin du Hülsensack !“
Mein Gott warum brüllt den der so? Es sagen doch alle zum Hauptfeldwebel Spieß.
Ganz verdattert verließ ich das Zimmer des Hauptfeldwebels und begann die ganze Prozedur noch einmal von vorn .Ich gebe gern zu das mir vor Schreck die Knie weich geworden sind. Natürlich standen nach diesem Geschrei alle Genossen im Gang. Die Schadenfreude konnte man deutlich erkennen. Die Überraschung war dem Alten gelungen. Also Anklopfen . Auf die Aufforderung eingetreten . Grußerweisung und den Alten nach Dienstvorschrift gefragt: „ Genosse Hauptmann gestatten sie das ich den Hauptfeldwebel in einer dienstlichen Angelegenheit spreche?“ Bevor der Alte antwortete schob er in einer für ihn typischen Manier die Mütze, die er meist aufhatte wegen der begrenzten Anzahl seiner Haare, ins Genick und sagte: „ War schon besser aber ich glaube wir werden das noch ein wenig üben damit es in deinem dummen Spritzerschädel auch hängen bleibt und somit die erzieherische Wirkung etwas erhöhen !“ Noch dreimal durfte ich das ganze Prozedere wiederholen. Um ganz sicher zu gehen wirst du übermorgen Früh 6 Uhr das gesamte Außenrevier der
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Kompanie ordentlich harken!“ „ Aber das ist ja am Sonntag?! „: wagte ich einzuwerfen. „ Das spielt für einen Sauspritzer wie dich überhaupt gar keine Rolle! Ich werde den UvD anweisen die ganze Angelegenheit zu überwachen und mir Vollzug melden lassen! Weggetreten! „:sagte er mit dem Arm zur Tür weisend. Grußehrweisung ! Kehrtwende und nichts wie weg von diesem ungastlichen Ort . Der Hauptfeldwebel war bei diesem heillosen Durcheinander nicht zu Wort gekommen.
Er folgte mir in den Flur um mir mitzuteilen dass ich ihm ab sofort im Alarmfall als Fahrer unterstellt sei. Für die normalen Einsätze aber erst nach Abschluss der Ausbildung zum Militärkraftfahrer . Er beschrieb mir noch was ich im Falle eines Alarmes zu tun hätte und entlies mich dann wohlwollend .Als ich in meine Stube kam standen dort meine Zimmergenossen in Ausgangsuniform. Sie gingen an diesen Abend gemeinsam in den Ausgang. Oh wie gerne wäre ich doch mit ihnen gegangen. Nun hatte ich außer der Stube und dem Flur auch noch den Waschraum vom langen Kilian am Hals. Danke Genossen!
20 .30 Uhr begann ich mit dem Flur um auch ja pünktlich um 22 Uhr zum Zapfenstreich fertig zu sein. 21.45 Uhr hatte ich alles geschafft und zog die Uniform an um beim Stubendurchgang einen guten Eindruck zu hinterlassen. Mir war aufgefallen das im Zimmer des Alten immer noch Licht brannte. Deshalb schaute ich alles sicherheitshalber noch einmal nach .Das zusätzliche Training vom Abend hatte mir eigentlich gereicht. Aber ich hätte es Wissen müssen. Wenn man etwas finden will...! Pünktlich wie ein Uhrwerk lies auch dann der UvD seinen Ruf erschallen: „ Kompanie fertig machen zur Nachtruhe! Stubendurchgang in fünf Minuten !“
Nun stand ich da in voller Dienstuniform. Allein ! Das erste Mal musste ich die Stube abmelden. Jetzt setzte das klappen von Türen ein und nach und nach kam es bedrohlich näher. Eine Stube nach der Anderen wurde abgenommen und mir wurde immer schlechter. Ich hatte mich nicht getäuscht. Der Alte persönlich war es der die Stuben begutachtete.
Auch das noch . Entweder hatte er kein Geld zum Saufen oder Krach mit seiner Alten .Egal was ich hatte es auszubaden. Meine Stube war die letzte im Gang und Punkt 22.15 ging die Tür auf und ich bekam das grinsende Gesicht des Alten zu sehen. Der UvD stand hinter ihm und konnte seine Schadenfreude nur schwer verbergen. Als erstes machte ich eine vorschriftsmäßige Meldung und glaubte wohl auf diese Art den Alten milde zu stimmen. „ Genosse Hauptmann Stube Kompanietrupp belegt mit vier Mann, drei im Ausgang! Stube gelüftet und gereinigt!
Zum Stubendurchgang bereit! Es meldet Soldat Langner „: schnurrte ich herunter.
Ich nahm die Hand vom Käppi und der Alte erwiderte die Ehrenbezeugung. Schleichend wie ein hungriger Tiger lief der Alte durch alle Winkel des Zimmers. Immer auf dem Sprung um im richtigen Moment zuschlagen zu können . Als Erstes nahm er sich die Gardienenstange vor. „ So , so gelüftet und
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gereinigt!?: brummelte er in seinen Bart. Mit dem Zeigefinger fuhr er über die Gardienenstange hielt den Finger vor den Mund blies dagegen und fragte: „ Sehen sie mich noch Genosse Langner? Sollten sie diesen Saustall richtig sauber haben machen sie mir Meldung! Ich bin in meinem Dienstzimmer! „ Er verschwand im halbdunkel des Flures. Aus dem Nachbarzimmer kam ein Kamerad und wollte wissen was denn los sei. Durch die dünnen Wände hörte man auch jeden Pfurz. Ich erzählte ihm was am Abend im Zimmer des Hauptfeldwebels vorgefallen war. Er klopfte mir auf die Schulter und sagte:“ Nimm es nicht so schwer! Es ist kurz vorm Zahltag und wenn die Knüppler (Berufssoldaten) dann keine Kohle mehr zum Saufen haben gehen sie unsereinen auf den Sack. Als o fügte ich mich in das Unvermeidbare und putzte die Gardienstange das sie aussah wie neu. Ein schneller Blick noch einmal in alle anderen Ecken und dann ging ich zum Dienstzimmer des Alten machte eine vorschriftsmäßige Meldung. Er lies mich wegtreten und sich sehr viel Zeit bis er in meiner Stube auftauchte. Als er endlich eingetroffen war schien ihm die Gardienenstange überhaupt nicht mehr wichtig zu sein. Er lies mich vielmehr die Matratzen der Betten an den Enden anheben fuhr mit dem schon bekannten Finger zwischen den Gitterstäben hin und her hielt den Finger vor den Mund. Richtig ! Er blies wieder und stellte die gleiche Frage: „ Sehen sie mich noch Genosse? So sieht ein Schweinestall aus aber nicht die Unterkunft eines Soldaten der NVA! Sie wissen ja wo ich zu finden bin?! „: sagte er und entschwand in bekannter Weise. Alle Matratzen raus ! Betten putzen und wieder bauen! Meldung beim Alten .
Genau wie beim ersten Mal sah er nicht nach dem beanstandeten Betten. Er griff den erst besten Spind rückte ihn von der Wand und fuhr mit dem Finger über die Scheuerleiste. Richtig wieder die gleiche Frage . Augentest . So rückte ich alle Spinde von der Wand nahm die Sturmgepäcke herunter um auch oben alles abzuwischen da ich vermutete das er dort als
nächstes kontrollieren würde. Dann, wieder nach Vorschrift, Meldung gemacht. Dieses Mal hielt er es nicht einmal für nötig die Ausführung seines Befehles zu überprüfen sondern entlies mich mit einem wohlwollenden Blick zur Nachtruhe. Dieser Menschenschinder .
Ich zog mich aus und ging schlafen denn nach der anstrengenden Strafarbeit war ich redlich müde. Ich konnte noch nicht lange geschlafen haben als ich durch heftige Tritte unter meine Matratze geweckt wurde. Mein Stubenältester, Gefreiter Andriof, grölte total besoffen: „ Kannst du nicht schlafen du Tagesack? Komm steh auf du Spritzer wir haben etwas zu trinken mitgebracht! Normalerweise kriegen Spritzer nichts aber wir machen mal eine Ausnahme!“ Ausnahme ! Das ich nicht lache! Der wusste doch genau das nur ich als LG-Fahrer in der Lage war außerhalb des Ausgangs Schnaps zu besorgen
Also wieder raus aus dem Bett und an den Tisch gesetzt um eine Flasche Alk (Schnaps ) zu vernichten . Der folgende Samstag verging wie im Fluge. Einzig und allein das große Stuben und Revierreinigen verdarb uns Spritzern den Tag .
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Wenigstens die DDR Oberliga, kommentiert von Heinz Florian Örthel, konnten wir sehen. Am Sonntagmorgen weckte mich der UvD erst um 7 Uhr. Eine Stunde später wie vom Alten befohlen . Er war halt doch ein guter Mann der Genosse UvD .Mit einer Harke bewaffnet verlies ich die Kompanie um meinen Klassenauftrag zu erfüllen. Ich bearbeitete das gesamte Außenrevier mit aller mir zur Verfügung stehender Kraft und man kann mir glauben dass dies nicht gerade viel war. Ein Glück das es hier nur Sandboden gab so war die Arbeit nicht all zu schwer. Nach einer Stunde entlies mich der UvD in die Unterkunft. Ich kam in die Stube und Andriof öffnete seine vom Alkohol geröteten Augen und wollte wissen wo denn das Frühstück sei. Ich habe das Außenrevier harken müssen teilte ich ihm mit. Das würde ihn überhaupt nicht interessieren er habe Hunger und ich Spritzer wäre dafür da ihm am Sonntag sein Frühstück ans Bett zu bringen. Nun durfte ich auch noch diesen Arschlöchern das Essen mitbringen. Also marschierten alle Spritzer der Kompanie zum Speisesaal nahmen das Essen in Empfang und brachten es auf die Stuben. Eigentlich war dies ja verboten. Wurde man erwischt und hatte keine gute Ausrede konnte das dumm ausgehen. Auch für die EK . Einmal wurden wir erwischt. Dann hieß es alles zurück und die Kompanie musste zum Speisesaal marschieren und das am Sonntag. Natürlich ernteten wir aus allen Fenstern höhnisches Gelächter.
Aber an diesem Sonntag ging alles gut und als ich in die Kompanie kam hatten die Genossen immerhin schon Kaffee gekocht. Das Frühstück lief in aller Ruhe ab. Gleich danach mussten die Genossen EK ihre Betten wieder aufsuchen denn Sie waren einfach noch zu schwach für irgendwelche Aktivitäten. Die meisten Sonntage verliefen so eintönig wie der Heutige. Mit schlafen und endloser Langeweile verbrachte man diesen Tag. Um eventuell einmal mehr in den Ausgang zu gehen reichte der Wehrsold nicht. Es waren einfach zu viele trostlose Tage die an den Nerven zehrten.Manchmal warst du froh wenn Stabsfeldwebel Meikies, der sonnst ein Sacktreter war, am Wochenende Dienst hatte. Bis tief in die Nacht spielten wir dann Canasta mit ihm. Eigentlich hatte er ja eine nette Frau. Weis der Teufel warum er als einziger seine Sonntagsdienste bei uns verbrachte . Vielleicht hatte er eine Schwiegermutter in seinem Haus die etwas mehr zu sagen hatte wie er!? Am Montagmorgen bekamen wir Spritzer zum ersten Mal den allseits so beliebten Kompleckte Tag zu spüren. Das war die Art Verpflegung die uns im Falle eines Krieges verabreicht werden sollte .Diese bekamen wir ein halbes Jahr vor dem Verfallsdatum und die Bestände wurden wieder ergänzt. An einem solchen Tag gab es nicht einmal die wunderbaren Gummibrötchen der Konsumbäckerei .Man reichte zu dieser Gelegenheit das allseits verhasste Atombrot. Dieses Brot wurde sofort nach dem Backen in Spiritus getaucht und so für ein Jahr haltbar gemacht. Es schmeckte scheußlich und zerkrümelte beim schneiden. Wer noch etwas Geld hatte holte sich lieber ein paar Brötchen im Laden der MHO ( Militärische Handelsorganisation ) . Morgens bekam man drei Dosen zu je 125 gr . Zwei mit Wurst eine mit

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Schmelzkäse . Natürlich auch Marmelade , Kunsthonig und Margarine . Dies musste dann zum Frühstück und Abendessen reichen. Hatte man aus
Unkenntnis alles am Morgen gegessen gab es im besten Fall noch Atombrot mit Schweineschmalz zum Abendessen.
Zum Mittagessen gab es dann eine Suppe aus getrockneten Zutaten ähnlich der von Maggi. Die finanziell besser gestellten gingen in die Soldatenkantine um dort Schnitzel oder Spiegeleier mit Kartoffelsalat zu essen .Schon während der kaum zu ertragenden Grundausbildung begann auch die praktische und theoretische Ausbildung zum Militärkraftfahrer. Beide Arten der Ausbildung stellten für mich kein Hindernis dar hatte ich doch schon, wenn auch nur auf einen Phänomen oder W50, einige tausend Kilometer LKW Fahrpraxis auf dem Buckel .Als erstes brachten wir die theoretische Prüfung, natürlich mit null Fehlern, hinter uns. Bereits einen Tag später hatten unsere Ausbilder beschlossen uns auf die Menschheit loszulassen und die praktische Fahrausbildung zu beginnen.
Ich für meinen Teil freute mich schon sehr darauf hatte man dann endlich mal die Möglichkeit etwas anderes zu sehen als das graue Einerlei von Mauern der Kaserne .
Nach dem Morgenappell machten wir uns auf den Weg an den Tags zuvor ausgegebenen Sammelplatz. Dort angekommen wurden wir in Gruppen zu je 8 Soldaten eingeteilt und einem Fahrzeug zugewiesen. Die ersten Kilometer fuhren wir nur Kolonne und ausschließlich im Gelände. Das war weis Gott kein Vergnügen. Wir flogen auf der Ladefläche hin und her als es über die Panzerstrecke ging .Immerhin waren die Löcher dort so tief das der ganze Ural darin verschwand. Es war nicht nur anstrengend sondern auch sehr langweilig musste man doch 5 ½ Stunden warten um eine ¾ Stunde fahren zu können .Als wir später nur noch mit unserem Hilfsfahrlehrer , einem Gefreiten , unterwegs waren wurde man doch für viel erlittene Qualen entschädigt .Bei Fahrten durch die kleinen Mecklenburgischen Ortschaften sah man die Eine oder Andere Schönheit im bunten Kleid oder kurzen Rock sehen was natürlich mit einem lauten Pfeifkonzert quittiert wurde .
Man war fast wie geblendet davon dabei war es noch gar nicht so lange her als man selber noch in Zivil umher lief .So schnell können Menschen vergessen . Es gab auch während der Fahrausbildung Dinge die man sehr schnell in Vergessenheit geraten lies. Man neigte ohnehin dazu je weiter man sich Zeitlich von den Geschehnissen bei der NVA entfernt all die negativen Vorkommnisse zu verdrängen und was haften bleibt sind die schönen Stunden. Hatte man als Beispiel den Ural beim Anfahren abgewürgt durfte man auf das Kommando
„ Gas „ seinen Schnuppersack ( Gasmaske ) aufsetzen und 10 runden um das Fahrzeug laufen.
Natürlich im Laufschritt! Solch ein Unglück wiederfuhr einmal einen Rekruten dreimal hintereinander. Er mag wohl schon damals um die einhundert Kilogramm gewogen haben.
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Der war ganz schön fertig nach den dreißig Runden und gab von diesem Tag an immer etwas mehr Gas als notwendig was der Motor mit einem lauten Heulen quittierte .am nächsten Tag gleich nach dem Frühstück führte unser Weg wieder in das weitverzweigte Gelände rund um das Regiment . Heute war ausgerechnet ich als Erster an der Reihe. Wieder Berg und Talbahn
fahren wo sich die Genossen hinten mit eisernen Griff festklammerten um das ganze einigermaßen unbeschadet zu überstehen. Trotz allem liebte ich es im schweren Gelände mit diesem Auto zu fahren. Es ist einfach ein kaum zu beschreibendes Gefühl wenn der Kampf der Maschine mit den Unbilden der Natur ausgetragen wird. In solchen Momenten hörte sich das helle Singen des Motors wie eine Symphonie an. Es jaulte in den höchsten Tönen nur ab und zu unterbrochen von laut bellenden Fehlzündungen. Was ist gegen dieses Erlebnis der etwas höhere Spritverbrauch von 1,5 Liter Benzin. Pro Kilometer !
Kein Hang war zu steil kein Modder zu tief er fraß einfach alles. Auf einen Sandberg fuhr er nicht er wühlte sich nach oben und wenn du dann als Fahrer nur noch den Himmel sehen kannst das ist schon Geil. Ich liebte dieses Ungetüm von der ersten Minute an und wäre wohl der Glücklichste Mensch wenn ich noch einmal so ein Auto fahren könnte .Heute hatte sich zusätzlich zu unserem Hilfsfahrlehrer ein Stabsfeldwebel zu uns gesellt. War mir gar nicht so Recht verkürzte es doch unsere Zigarettenpausen. An einer Lichtung wo sich einige
Waldwege kreuzten befahl er mir das Auto zu stoppen. Ich solle doch einmal zeigen was ich könne. Hatte mich aushorchen lassen was für ein guter Kohlefahrer ich war.
Fahren sie einmal Rückwärts in den links von uns liegenden Waldweg. So war sein Begehren und ich seltendämliches Rindvieh falle auch noch darauf rein. Wie bei der Kohle öffnete ich die Fahrertür lehnte mich mit dem Oberkörper heraus und fuhr mit einem Ansatz in den befohlenen Waldweg. Als ich stand schlug ich stolz die Tür zu und erwartete jetzt die Belobigung für meine Leistung. Erwartungsvoll blickte ich in das Gesicht des Stabsfeldwebels von dem aber zu meiner Verwunderung keine Reaktion abzulesen war.
Nach einer mir endlos scheinenden Denkpause holte er tief Luft und sagte: „ Das war gar nicht so schlecht Genosse Soldat! Hat bestens geklappt! Dafür darfst du nun erst einmal auf das Kommando Gas deine Maske aufsetzen und die üblichen zehn Runden laufen! Mir ist nicht bekannt das man das Gebot des Einweisens beim rückwärts fahren bei der NVA aufgehoben hat. Man hat es doch euch in der theoretischen Ausbildung vermittelt nur ist es bei dir etwas in Vergessenheit geraten und um dein Wissen etwas aufzufrischen läufst Du!“:
sagte er und gab gleichzeitig den Befehl Gas .Alles Jammern half nichts den Schnuppersack auf und die zehn Runden abgespult. Nicht zur Freude des Hauptfeldwebels nein auch die Anfeuerungsrufe und das Lachen der Kameraden war deutlich zu hören unter dem Schnuppersack .Man hatte mich der verdammte alte Hund reingelegt dachte ich voller Wut. Ich der sich einbildete einer der Besten zu sein . Aber das beweist nur das die Besten nicht
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immer auch die schlausten sind .Am anderen Morgen, ich traute meinen Augen nicht, kam ausgerechnet dieser alte Hund von Stabsfeldwebel auf mich zu. Was der wohl vorhat. Will mich sicher wieder reinlegen. Zugegeben ich habe manchmal ein gottloses Mundwerk aber er hatte mich gestern doch weis Gott genug bestraft. Zu meinem Erstaunen begrüßte er mich fast schon Väterlich und allein dies hätte mich schon misstrauisch machen müssen. Er sagte: „ Auf die Einteilung brauchst du nicht zu warten! Major Juschkeit hat dich mir für die nächsten Tage zur Ausbildung persönlich unterstellt .Aufsitzen und Fahrzeug anlassen!“
Ach du heiliger Strohsack was mag denn der mit mir vorhaben? Doch bestimmt nichts Gutes!? Am Ende will er mich fertig machen weil ich ihm Gestern widersprochen habe.
Egal muss ich es eben aushalten wird schon nicht so schlimm werden. Zunächst fuhren wir einmal immer der Kolonne hinterher. Doch schon wenig später bogen wir in Torgelow ab und fuhren in eine ganz andere Richtung als der Konvoi. Jetzt waren wir beiden Schönen allein und mir gingen alle Möglichkeiten durch den Kopf was er sich für mich ausgedacht haben mag. Ich konnte seine Blicke direkt auf mir spüren. Aber es half doch nichts wenn man sich deswegen den Kopf zerbrach es kommt eben wie es kommen muss. Nach einer Weile begann er in seiner Brusttasche zu kramen. Er zog eine Schachtel F6 heraus und schnippte eine Zigarette geschickt mit dem Finger nach vorn. Dann hielt er mir sie unter die Nase. Das hättest du wohl gern? Dieses mal nicht mein lieber! Noch einmal legst du mich nicht rein! Militärkraftfahrern war das Rauchen während der Fahrt verboten. Als er mein Zögern bemerkte lachte er und sagte: „ Kannst sie ruhig nehmen! Ist doch keiner da der uns sehen kann! Wir sind unter uns und du darfst mir glauben das ich dich nicht herein legen will.“Also nahm ich sein freundliches Angebot an. Eine Zigarette der Marke bück dich bekommt man schließlich nicht jeden Tag von einem Vorgesetzten angeboten. Die F6 zählte in der DDR zur bück dich Ware weil sie oft nur unter dem Ladentisch zu haben war. Dies nur zur Erklärung für Leser der alten Bundesländer denen eine derartige Mangelwirtschaft sicher unbekannt sein durfte . Schweigend rauchten wir beide unsere Zigarette und mir wurde die Stille schon langsam peinlich. Plötzlich lies er mich auf einen Feldweg einbiegen an dessen Ende mir seine Großzügigkeit mit einem Schlag klar wurde .vor uns tat sich ein tiefes Loch auf das voller Sand war. Eine Sandgrube . Nun war mir auch klar warum der Ural den ich fuhr als einziger keine Plane hatte .Bevor er ausstieg gab er mir noch eine Zigarette und sagte das ich warten solle. Er ging dann auf eine am Ende der Grube stehende Baracke zu aus der
ihm ein Arbeiter entgegen kam der schon auf ihn zu warten schien. Er begrüßte ihn wie einen guten alten Bekannten mit Handschlag worauf die Hand des Mannes sofort in
der Hosentasche verschwand. Bei dieser Art und Weise zu bezahlen sah die Volkswirtschaft sicher keinen Pfennig von der Kohle. Aber das war sehr oft so
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wenn etwas seinen sozialistischen Gang ging. Durch die kleine Spende in seinem Arbeitseifer angestachelt lief er zu seinen Bagger und lud mir den Ural randvoll mit Sand. Scheiße dachte ich noch so bei mir der Ural ist doch kein Kipper!? Er wird doch nicht mir allein die Ehre des Abladens zu teil werden lassen .Von nun an sagte er nur noch etwas wenn es galt die Richtung zu wechseln. So kamen wir endlich zu der Eigenheimbaustelle des Stabsfeldwebels. Dort stand auch schon ein Geräteschuppen zu dem er lief und mit einer (1) Schaufel zurückkam. Spätestens jetzt würde ich teuer für die beiden F6 bezahlen müssen. Als er mir sie wohlwollend übereichte war mir sofort klar dass hier nur einer arbeiten würde und das war
ich . Während ich im Schweiße meines Angesichtes den Sand vom Ural schaufelte erklärte er mir gestenreich wie er sich sein Haus im fertigen Zustand vorstellte. Von einer Terrasse und einen kleinen Wintergarten war da die Rede aber was mich das in diesem Moment interessierte kann man sich wohl denken .Als ich mit Schaufeln fertig war bekam ich noch einen Besen um alle Spuren unseres Tuns zu beseitigen. Als kleines Dankeschön bekam ich noch eine F6 und eine Flasche Selterwasser (12 DDR Pfennige). Wahnsinns Profit ! So ging das noch ein paar mal weiter .Sand , Kies oder Steine eben Sachen die man beim Bau eines Eigenheimes gut gebrauchen konnte .Die Bezahlung war wie immer karg und erfolgte nur schleppend in Naturalien . Trotz all dieser beschriebenen widrigen Umstände war man froh einige Stunden dem „ normalen „ Alltagstrott der Kaserne zu entfliehen. Man fühlte sich stundenweise als Zivilist. Schon wenn man mit dem Auto das Kasernentor passiert hatte schien es als sei man in einer ganz anderen Welt. So manches weibliche Geschöpf, das man im Normalfall sonst nicht einmal beachtet hätte, wurde allein durch das Tragen eines bunten Kleides zur Schönheit. Am letzten Tag unseres gemeinsamen sozialistischen Aufbauwerkes lies mich der Stabsfeldwebel, auf der Rückfahrt zur Kaserne, vor einem Konsum halten. Er verschwand darin und ich hatte brav zu warten. Als er wieder aus dem Konsum kam hatte er eine dieser für den Konsum der DDR typischen braunen Papiertüten in der Hand. Er stieg wieder ein und lies sich bis direkt vor das Stabsgebäude des Regimentes fahren. Noch bevor er ausstieg versicherte er mir wie dankbar er mir doch sei für die geleistete Hilfe und übergab mir die Tüte mit der Bemerkung dem Inhalt erst nach Dienstschluss zu verwenden. Vor allem sollte ich mich nicht erwischen lassen. Noch ehe ich mich bei ihm bedanken konnte war er im Stabsgebäude verschwunden .Ich fuhr zum Park um das Auto zu waschen die Plane wieder
aufzuziehen und an dem vorgeschriebenen Platz abzustellen. Nun hatte ich nur noch das Problem mit meiner Fracht am OvP ( Offizier vom Park ) ohne dass er mich erwischte. Also klemmte ich die Tüte unter die linke Achselhöhle unter der Drillichjacke. Zielstrebig lief ich auf den Kontrollposten zu der zum Glück gerade mit einer Kontrolle befast war. Eine zackige Grußerweisung, die sogar dem diensthabenden Oberfeldwebel zu schmunzeln brachte, öffnete mir das Tor

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zum Rückweg zur Kompanie. Ja immer schön Grüßen und keinen übersehen sonnst konnte es immer noch im letzten Moment schief gehen. Ging alles glatt.
In der Kompanie angekommen versteckte ich meinen Schatz in einem der beiden Paradestiefel. Mit der Kompanie ging ich nach dem Abendappell zu Abendessen. Anschließen etwas Freizeit die mit dem Reinigen der Reviere endete. Als wir nach dem Stubendurchgang noch am Tisch saßen weil die Genossen EK wieder mal nicht schlafen konnten holte ich die Flasche aus dem Stiefel und gemeinsam ist es uns gelungen den Geist aus der Flasche zu vertreiben. Natürlich ist ein dreiviertel Liter Torwächter nicht gerade viel für vier Mann aber er war wenigstens eine gute Einschlafhilfe. Am nächsten Morgen fuhr ich wieder auf meinem alten Auto gemeinsam mit den alten Genossen und dem Hilfsfahrlehrer durch die Gegend. Man konnte nun endlich wieder mal in Ruhe der einen oder Anderen Schönheit hinterher schauen oder pfeifen obwohl das nicht gern gesehen aber toleriert wurde.
Da es den Ural bei der NVA ausschließlich mit Benzinmotoren ausgestattet waren hatte man die Möglichkeit die Zündung auszuschalten den Motor mit eingelegten vierten Gang und etwas Gas schieben zu lassen und dann die Zündung wieder einzuschalten . Mit einem furchtbaren Schlag meldete der Motor sich mit einer Fehlzündung zurück. Dann sprangen die Passanten auf der Straße furchtbar erschrocken zur Seite was uns ein höllisches
Vergnügen bereitet. Manche wagten es sogar uns mit geballter Faust zu drohen. So eine Frechheit wo wir doch für sie den Frieden bewahrten . Hatte man Pech und erwischte die Frau eines Berufssoldaten und sie schrieb sich die taktische Nummer des Fahrzeuges auf musste man schon mal zu einem Vortrag antreten .Da aber diese Fehlzündungen an der Tagesordnung waren hatte man immer eine gute Chance ungeschoren davon zu kommen.
Meistens blieb es bei einer Ermahnung in Zukunft etwas mehr darauf zu achten das die Zündung richtig eingestellt würde. Nach etwa sechs Wochen ging die Grundausbildung für uns Spritzer dem Ende entgegen. Wir angehenden Militärkraftfahrer hatten die theoretische Prüfung abgelegt und alle mit sehr gut bestanden. Nun hieß es noch mit Anstand die praktische hinter sich zu bringen. Das war ein Kinderspiel im Gegensatz was unser armer Ernst Rapp bei den Muckern abliefern musste. Er hatte es schon vom ersten Tag der Ausbildung ungleich schwerer als wir. Wir kamen locker und entspannt von der Prüfung zurück als unser armer Ernst mit wunden Füßen zur Kompanie humpelte. Die schon erwähnten 60 Kilometer hatten ihre Spuren hinterlassen. Er war der Einzige unseres sieben Mann starken Diensthalbjahres der von sich behaupten konnte eine echte Grundausbildung genossen zu haben. Ich gönne ihm diesen Erfolg von Herzen möchte aber keinesfalls mit ihm tauschen. Als wir Kraftfahrer an diesem Tag die praktische Prüfung hinter uns hatten lies der Hilfsfahrlehrer das Auto in einer kleinen Ortschaft, ich glaube sie hieß Sandförde 10 Häuser und 11 Spitzbuben mögen dort wohl gewohnt haben , direkt vor einem Konsum
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halten. Wer noch im Besitz von etwas Geld war durfte sich eine Flasche Alk kaufen. Geld hatten Alle. Die ganz cleveren unter uns kauften eine Flasche „ Prima Sprit „ der es immerhin auf 96 Volumen % brachte. Der war natürlich pur überhaupt nicht genießbar. Deshalb kaufte man noch eine Flasche Colasirup dazu. Diese Zutaten kamen dann in die NVA – Teekanne und der Rest wurde mit Wasser aufgefüllt. Das ergab etwa drei Liter einer im Normalfall tödlichen Mixtur. Das waren immerhin vier Flaschen zu einem Preis von 19,60 Mark für den Sprit und 2 Mark für den Sirup. Die ungeheuere Wirkung dieses Getränkes blieb niemals aus. Nicht nur das man einen anständigen Vollrausch hatte nein auch der Kater und die Kopfschmerzen am anderen Tag waren von besonderer Qualität und Güte. Mit dem notwendigsten versorgt machten wir uns daran die erworbenen Schätze in die Plane zu wickeln oder in den seitlich angebrachten Werkzeugkästen zu verstecken. Die Flaschen in den Werkzeugkästen wurden noch mit Putzlappen umwickelt damit es auf keinen Fall zu einem Klappern kam das unser unredliches Tun verraten konnte. Später hatte ich mir von den Regulieren einen Bowdenzug von der 250 er MZ geben lassen an denen ich die Flasche festmachte sie mit dem Tankdeckel verband und im Tank versenkte. Auch dieses mal hatten wir Glück und kamen unbehelligt mit unserer Fracht im Regiment an .Als wir am selben Abend in den Stuben beieinander saßen gab es viel Lob für die bestandene Prüfung aber noch mehr für den mitgebrachten Schnaps der natürlich sofort vernichtet wurde . Einerlei wer etwas hatte auf der Stube es wurde unter allen Kameraden aufgeteilt. Wurst, Schnaps oder andere Dinge kamen auf den Tisch zur Freude aller. Völlig anders lief es mit den Päckchen die man von Eltern oder Ehefrauen geschickt bekam. Im Normalfall holte der GuvD ( Gehilfe vom UvD ) die Post und man versuchte die Seine möglichst vor dem Spieß zu erhaschen gelang dies nicht musste man sie beim Hauptfeldwebel holen. Aber nicht immer hatte man Glück. Als meine Eltern Silberhochzeit hatte durfte ich nicht in den Urlaub fahren weil mein
Onkel aus dem Westen zu Besuch in Apolda war. Zu allem Unglück waren er auch noch beim Zoll der Bundesrepublik und die DDR Behörden natürlich informiert. Meine Mutter schickte mir also ein Paket mit Kuchen, Zigaretten, Wurst und auch eine Flasche Korn.
An diesem Tag war ich unterwegs mit meinen Ural und als ich von der Fahrt zurück kam war hatte der GuvD die Post schon Beim Hauptfeldwebel abgeliefert. Ich hatte mich so auf das Paket gefreut zumal es kurz vorm Zahltag und ich ziemlich blank waren. Aber unsere Genossen Vorgesetzten leider auch . Ich musste also mein Paket nach Dienstschluss persönlich beim Hauptfeldwebel abholen. Schon das stimmte mich nachdenklich denn sonnst waren die Knüppler ( Berufssoldaten ) doch nicht so lange in der Kaserne .Ich hatte mich schon höflich bedankt und wollte gerade mit dem Paket verschwinden als der Hauptfeldwebel missbilligend
den Kopf schüttelte . Also ! Also! Ich hatte verstanden! Ich durfte das Paket in Gegenwart des Hauptfeldwebels öffnen. Natürlich blieb den gierigen Blicken
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des Hauptfeldwebels die Flasche „ Nordhäuser Doppelkorn „ nicht verborgen. Nachdenklich schüttelte er seinen Kopf beim Anblick der Flasche. eine Weile hielt er mit in Falten gelegte Stirn die Flasche Korn in der Hand und sagte schließlich: „ Du weißt doch das ich dazu verpflichtet bin diese Flasche zu vernichten und das Vorkommnis zu melden!?“ „ Ist mir bekannt Genosse Hauptfeldwebel bitte sie aber zu bedenken das ich aus bekannten Gründen nicht zur Silberhochzeit meiner Eltern fahren durfte !“: gab ich zur Antwort .Einen Moment strich er sich über das glatt rasierte Kinn die Flasche immer noch in der anderen Hand und sagte schließlich :“ Tut mir alles sehr leid für dich das kannst du mir glauben aber Vorschrift ist nun mal Vorschrift ! Aber wenn du möchtest kannst du mir beim Vernichten dieses verbotenen Stoffes behilflich sein!? : sagte er. Ich stimmte dem zu immer noch in der Hoffnung etwas von dem kostbaren Nass retten zu können. „ Hol mir mal den zweiten Ordner von rechts oben aus dem Aktenschrank!: sagte er murrend . Ich lief zum dem Schrank zog den Ordner heraus und wollte ihm dem Hauptfeldwebel geben. Zu meinem großen Erstaunen war dieser leer und auf der Stelle wo er im Schrank stand waren zwei gut gewaschene Gläser zu sehen. Die Füllmenge hatte russischen Standart genau Sto ( Einhundert ) Gramm.
Jetzt war mir alles klar. Die Gläser wurden so lange gefüllt bis auch der letzte Tropfen Korn vernichtet war. Nach einer Stunde machte ich mich schwankend mit dem Rest meines Päckchens auf den Weg zu meiner Stube. Ich legte alles auf den Tisch und teilte es unter meinen Kameraden auf. Die waren natürlich ganz schön sauer auf den Spieß. Viel schlauer stellten sich die Eltern meines Zimmergenossen Kilian in so einer Sache an. Er stammte vom Dorf und hatte zu Hause eine Maschine mit der bei der Hausschlachtung die Blechdosen verschlossen wurden .Mit Schnaps gefüllt umschlossen mit Etiketten von Pfirsich , Erbsen oder Erdbeeren versehen kamen diese dann nach Torgelow . Zwar plagten den Hauptfeldwebel da immer einige Zweifel, vor allem kurz vorm Zahltag, aber er durfte diese Dosen nicht öffnen. An dieser Stelle halte ich es für angebracht all den netten Verkäuferrinnen ein „ Dankeschön „ auszusprechen die uns trotz des bestehenden Verbots immer ein Fläschchen verkauften. Auch an die netten Küchenfrauen vom „ Goldenen Adler „ in Torgelow soll mein Dank gehen . Sie gaben uns immer ein Bierchen zum Küchenfenster hinaus auf den unbeleuchteten Hof .Mit immer länger anhaltender Aufenthaltszeit in dieser Gegend bekam man schnell mit wo man etwas holen konnte und welche Verkaufsstellen man zu meiden hatte .Die nächsten tage verbrachten wir in der Hauptsache mit exerzieren und Gesangsstudium für die bevor stehende Vereidigung . Immer wieder hieß es auf die Kleiderordnung achten und die Arme durchschlagen bis zum Koppelschloss. Vorbeimarsch mit und ohne Gesang .Am Abend hatte man auch noch den Fahneneid auswendig zu lernen .Zum Glück wurden alle Soldaten nur Abschnittsweise abgefragt. „ Ich schwöre! Der Deutschen Demokratischen Republik meinem Vaterland allzeit treu zu dienen ...!“ Man ging einem das auf
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den Sack. Schon am kommenden Sonntag sollte es soweit sein. Noch einmal den Fahneneid aufsagen; noch einmal marschieren und singen damit auch ja alles
klappt. Wer fällt schon gern bei seinen Vorgesetzten auf!? Schon am frühen Sonntagmorgen reisten die ersten Verwandten an um an der feierlichen Veranstaltung teilzunehmen. Diese Menschen kamen zu 90% nicht wegen der Vereidigung sondern um ihre Söhne oder Ehemänner endlich einmal nach sechs langen Wochen wiederzusehen. Der kleine Parkplatz vor dem Regiment war schnell mit Trabis, Wartburg und der Luxusklasse der Proletarier dem Lada gefüllt .Wer jetzt noch kam musste entlang der Straße von Torgelow nach Pasewalk sein Fahrzeug parken. Viele hatten einen schönen Spaziergang bis zum Appellplatz des Regimentes zurück zu legen. Für die meisten war es der Erste persönliche Kontakt nach sechs Wochen mit ihren Familienangehörigen entsprechend tränenreich verlief das Wiedersehen. Mir blieb das zum Glück erspart. Zu mir kam keiner. Konnte man auch nicht verlangen bei 24 Stunden Bahnfahrt für zwei Stunden die man sich im Anschluss sehen konnte von Sex gar nicht zu reden. Man führte das Dasein eines Eunuchen bei diesem Verein. Genug Ehen sind an diesem starren System gescheitert. Aber obwohl all diese Probleme bekannt waren kümmerte das die Genossen vom Politbüro herzlich wenig. War ja auch kein Wunder bei einem Durchschnittsalter von 75 Jahren. Bei denen war die Geistige Potenz ebenso hoch wie die Sexuelle. Die Nationale Volksarmee hatte keine Kosten und Mühen gescheut um der ganzen Sache einen würdigen Rahmen zu verleihen. Alle möglichen Leute wurden mit Bussen zu dieser Veranstaltung gekarrt. Junge Pioniere , Antifaschistensowjetische Soldaten mit ihren Offizieren und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens . Die Division hatte einen Ikarus Bus mit einer Militärkapelle geschickt die uns den Marsch blasen sollte. Alle Rekruten hatten die Ausgangsuniform an und marschierten mit glänzenden Stiefeln zum Exerzierplatz. Angetreten! Stillgestanden! Zur Meldung die Augen rechts! Es wurden heroische Reden gehalten von Sozialismus, Waffenbrüderschaft und der Wichtigkeit unsers Wehrdienstes zum Schutze der Heimat und im Kampf gegen das schowinistische Machtstreben der Nato das besonders von den Bonner Ultras geschürt würde. Wer mag wohl angesichts der Tatsachen die einem täglich umgaben an diese hohlen Sprüche geglaubt haben. Einzelne vielleicht aber die Masse wusste es besser .Dan kam der historische Moment des Fahneneides .Ein Oberleutnant als Fahnenträger eskortiert von zwei Leutnants mit gezogenen Paradesäbel brachten die Truppenfahne .Angesichts des Fahnenträgers musste ich mir auf die Lippen beißen um nicht laut loszulachen. Der hatte bestimmt Modell gesessen für den Kasperkopf in Sonneberg. Ein so markant vorstehendes Kinn unter dem Stahlhelm das war schon ein grausiger Anblick. Die Musik die zu solchen Gelegenheiten gespielt wurde hat man auch schon 30 Jahre früher gespielt. Eben so richtig preußisch . Der Regimentskommandeur schritt gemeinsam mit dem Divisionskommandeur die Ehrenfront ab. Auch das glich mehr einer Volksbelustigung. Der Regimenter war etwa 1,60 Meter groß und
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der Divisioner 1,90 Meter . Machte der Divisioner einen Schritt musste Oberst Hamm zwei machen um nicht den Anschluss zu verlieren .Danach kam es zum großen Vorbeimarsch mit Gesang. Mit Exerzierschritt, Gesang zu den Klängen des preußischen Develiermarsches ging es vorbei an der Tribüne. Hinter der Pa – Kammer löste sich der ganze Zirkus auf. Nach der Vereidigung durften alle die Genossen welche Besuch hatten für drei Stunden in den Ausgang. Der Rest ging in das absolut Alkoholfreie Regimentskaffee um sich dort zu Vergnügen. Wer jedoch die Chefin gut kannte bekam auch schon einmal einen Schnaps in den Kaffee .Ansonsten sah man die gute Frau viel rauchen und wenig arbeiten. Ein guter Schumacher wäre durchaus in der Lage gewesen ihr während dem Laufen die Schuhe zu besohlen. Das gemeinsame Festessen für alle Spritzer fand im Speisesaal statt. Zur Feier des Tages gab es Broiler mit Kartoffeln, Erbsengemüse Soße. Endlich einmal ein Stück Fleisch das man in Ruhe , ohne Angst zu haben das es einen von den Herren EK weggefressen wird , essen . Nach dem Festmenü ging es zurück in die Kompanie wo uns der sicherlich durstige Hauptfeldwebel schon dringend erwartete. Er hatte noch unsere AK 47 Sturmgewehre (Kalaschnikow) in der Waffenkammereinzuschließen. Der Rest des so ungeheuer wichtigen Tages der Armeeangehörigen wurde standesgemäß vergammelt. Man kann wohl annehmen das die Genossen Offiziere den Tag in
einen würdigen Rahmen gefeiert haben. Prost. Von diesem Tag an gehörten wir endgültig zur Kompanie blieben aber immer noch die Sauspritzer. Nun bekamen wir Spritzer immer öfter die Masbänder der Genossen EK zu sehen. Sie hatten sie unter unendlichen Mühen in stundenlanger Feinarbeit bemalt. Es waren genau 150 Zentimeter. Für jeden Tag einen Zentimeter . Normale Tage gelb Samstage halb Gelb halb rot, Sonn und Feiertage ganz rot, die Nummer 111 und alle Doppelzahlen als Schnaps oder Bierzahlen blau. Gehalten wurde das Ganze in Plastikklammern die eigentlich zur Kennzeichnung von Reservekanistern gedacht waren. Diese Rollen wurden dann im Regiment untereinander gezeigt und Kontrolle gesagt. Wer dann keines vorweisen konnte wurde als Tagesack verhöhnt. Ich hatte mir sofort als die EK fort waren eines angefertigt um nicht immer dieser blöden Anmache schutzlos ausgeliefert zu sein. Wurde man dabei erwischt nahmen die Knüppler das Maßband weg und die ganze Arbeit ging von vorne los. Deshalb hatten die Meisten gleich mehrere angefertigt. Ich hatte das meine später sogar am Zündschlüssel hängen und es hat nie jemanden gestört von unseren Offizieren. Als die letzten 150 Tage angebrochen waren wurde jeden Tag ein Zentimeter abgeschnitten. Das erste Stück, der eiserne Heinrich so genannt weil das Maßband an dieser Stelle mit einem Stück Blech eingefasst war, wurde immer in einer würdigen Zeremonie abgeschnitten. Dies war der Tag des Anschnitts. Da mussten die Spritzer in Unterwäsche gekleidet mit dem Stahlhelm auf den Kopf, der von einer brennenden Kerze geziert war, antreten und den Genossen EK den ersten Zentimeter abschneiden. Dies war mit mir nicht zu machen. Ich war schließlich schon etwas älter als meine Zimmergenossen. Als sie keine Ruhe geben wollten sagte ich ihnen wenn ich
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meine Drillichhose nicht anbehalten dürfte könnten sie mich mal und ihren „ Eisernen Heinrich“ allein abschneiden. Dann brachte ich das erste Mal meinen angeblichen Onkel, Oberst Schinner, ins Spiel. Er war im Stab in Strausberg stationiert und diesen wollte ich verständigen wenn es zu keiner gütlichen Einigung kam. Den Oberst gab es wirklich nur ich kannte ihn nicht. Er hatte nach dem Krieg mit meinem Vater bei der Kasernierten Volkspolizei gedient die mein Vater verlassen musste weil er in englischer Gefangenschaft war. Trotzdem haben sie sich immer wieder getroffen und so manches Fläschchen geleert. Nach langen hin und her waren wir in meinem Sinne einig und ich war bereit den feierlichen Anschnitt zu vollziehen. Ich durfte die Drillichhose anbehalten und nahm dafür die Kerze auf dem Stahlhelm in kauf. Meine Drohung hatte an diesem Tag nicht zum letzten Mal geholfen. Auf einem Kopfkissen legte ich die Schere mit der ich den ersten Schnipsel abschneiden sollte.
Die Kerze auf dem Stahlhelm brannte und die Party konnte beginnen. Die eisernen Anschnitte waren gefallen bei Andriof und Rieck. Jetzt wurden aus allen Verstecken die üblichen Zutaten geholt die uns das Fest verschönen sollten. Cola Sirup, Prima Sprit wurden in die Alukanne geschüttet und mit Wasser aufgefüllt .Es kam zu einem wüsten Saufgelage in dessen Folge einige Ausfälle zu verzeichnen waren. Es wurde viel getrunken und geraucht. Alle wussten noch ein paar Storys zu erzählen .Dann sang ich noch ein paar Lieder. Zu dieser Zeit sang ich noch einen guten Tenor was mir später noch manchen Vorteil einbringen sollte. Nun traten die Ersten von der Bühne des Geschehens ab denn selbst die Beine wollten ihren Dienst nicht mehr tun. Auch ich quälte mich kurz nach Mitternacht hinauf in meine etwas höher liegende Schlafstelle. In folge einer kleinen Unpässlichkeit sollte ich in dieser Nacht dreimal im Sturzflug aus dem Bett stürzen. Das erste Mal schaffte ich es nicht einmal bis zum Fenster. Es landete alles auf dem frisch gebohnerten Fußboden. Als ich das Korpus Delikti aufgewischt hatte glänzte an dieser Stelle ein großer weißer Fleck der dokumentierte wie scharf unsere Getränke waren. Die beiden anderen male schaffte ich es wenigstens bis an das Fenster und übergab mich ins Außenrevier zur Freude der Regimentstauben die alle verräterischen Spuren beseitigten. Am Morgen nach dem ich das Frühstück für alle geholt
hatte wurde der Fleck mit Bohnerwachs überzogen und das Kerzenwachs vom Stahlhelm entfernt. Zum Glück war Sonntag und man konnte in Ruhe seinen Kater auskurieren.
Am darauf folgenden Montag ließ uns Genosse Stabsfeldwebel Meikies nach dem Morgenappell das erste Mal in Schwarzkombi antreten und wir marschierten zum Gefechtspark des Regimentes wo er uns die jeden zugedachten Fahrzeuge übergeben wollte. Jeder musste vor seinem Fahrzeug antreten und warten bis die Reihe an ihm war. Alles lief streng nach Vorschrift ab. Endlich kam er auch zu mir. Ich stand schon eine ganze Weile bis er mir das Fahrtenbuch, Werkzeug und anderen nutzlosen Plunder, natürlich gegen
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Unterschrift, übergab. Mit großer Freude nahm ich meine Russenschleuder in Besitz und noch heute, nach 24 Jahren, weis ich die Nummer dieses Fahrzeuges. 26884 Leergefechtsural der Pionierkompanie . Nach etwa einer Stunde, ich war gerade damit fertig alles wieder an seinen Platz zu räumen, erschien der Alte auf dem Park. Eine Hand in die Jacke gesteckt, gerade wie Napoleon, lief er auf den Stabsfeldwebel zu und redete auf diesen ein. Der aber schien nicht gerade glücklich zu sein über das was er da zu hören bekam.
Dann kam er auf mich zu und ich wollte natürlich gleich eine vorschriftsmäßige Meldung machen doch er winkte nur ab. Den Ärger den wir vor kurzen noch hatten schien vergessen und er war wie umgewandelt. Es war gerade so als hätten wir uns heute zum ersten Mal gesehen. Er verlangte von mir mein Fahrtenbuch trug eine Fahrt ein die er vom Stabsfeldwebel, der die Dienststellung eines Majors hatte, gegenzeichnen lies .Es war Vorschrift das immer zwei Vorgesetzte den Einsatz des Fahrzeuges bestätigen mussten. Aber schon nach zwei Wochen war dies nicht mehr erforderlich da man meine nachgemachten nicht mehr von den Echten Unterschriften unterscheiden konnte. Natürlich blieb das auf die Dauer dem Alten nicht verborgen aber er quittierte das Ganze nur mit einem Grinsen.
Von diesem Tag an war ich allein verantwortlich und oft ging es auch gar nicht anders weil niemand da war der eine Eintragung hätte vornehmen können. Oft war es so das mir der UvD ausrichtete das ich den Alten am anderen Morgen früh um 5 Uhr zu Hause abholen solle aber er hatte nichts im Fahrtenbuch eingetragen. Also was tun? Mann wollte doch auch nicht auffallen. Also selbst ist der Mann. Er stieg auf den Beifahrersitz und schon ging die Post ab. Er hielt dem Posten vom Park persönlich das Fahrtenbuch entgegen und ohne weiter belästigt zu werden durften wir den Park verlassen. Genau so lief es auch am Kasernentor, dem Tor zur Freiheit, ab. Meine erste Fahrt mit dem Alten führte uns über Torgelow, Eggesin, Ahlbeck in das kleine verschlafene Örtchen Hintersee. Das liegt ziemlich knapp an der polnischen Grenze. Dort scheint die Zeit, auch noch heute, stehen geblieben zu sein.
Hier bestehen die Straßen immer noch zur Hälfte aus grobem Pflaster und zur anderen Hälfte aus Sand. Der Alte lotste mich bis vor die Gaststätte des kleinen Ortes und befahl dann zu halten. Er stieg aus warf die Tür zu und ging ein paar Schritte auf die Kneipe zu. Plötzlich drehte er sich um und rief mir zu:“ Schließ den Bock ab du kommst mit rein!“ Noch ehe ich etwas einwenden konnte war der Alte in der Tür Verschwunden. Streng den Befehl befolgend lief ich ihm hinterher betrat die Gaststube grüßte nach Vorschrift. Der Alte saß schon an einen der äußerst schlichten Tische und winkte ich zu sich. Man ich durfte sogar an seinen Tisch sitzen. Er bekam ein Bier und ich wegen meiner Anhänglichkeit eine Fassbrause spendiert ( 23 DDR Pfennig ) und eine Zigarette der schon bekannten Marke F6 und schon das allein konnte einen nachdenklich stimmen.
Die kleine Wirtschaft wurde von einer älteren Dame geführt die alle Tante Anna nannten.
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Sie mochte wohl da schon die siebzig Jahre überschritten haben. Die gesamte Einrichtung schien noch aus den Tagen der Eröffnung zu stammen die so um 1910 gewesen sein mochte.
Einfache Holzstühle und Tische ohne Tischdecken mit nur zwei Zapfhähnen an der Theke aber frisch geölten Dielen. Überhaupt machte das ganze Lokal trotz seiner Einfachheit einen
sauberen Eindruck . Am Stammtisch saß ein Förster mit ein paar Bauern denen der Alkohol Gesicht und Nase schon leicht gerötet hatte. Er begrüßte den Alten wie einen guten Bekannten und der verschmitzte Gesichtsausdruck den er dabei machte lies mich so einiges vermuten. Auch die Bauern am Tisch des Försters schienen ihn gut zu kennen. Alles grinste. Nur ich tappte noch völlig im Dunkeln. Nach dem der Alte eine Weile an seinem Bier genuckelt hatte bestellte er noch eine Fassbrause um im gleichen Augenblick durch die Tür neben der Theke zu verschwinden .Nun saß ich da mit meinem Talent . Wie ein sitzen gelassener Bräutigam. Zum Glück hatte ich auch noch eigene Zigaretten, Salem Gelb, sonnst wäre ich vor langer Weile wohl eingegangen .Am Stammtisch steckten sie immer wieder die Köpfe zusammen um dann zu mir zu schauen und zu lachen. Nach einer Stunde tauchte der Alte ebenso unvermittelt wieder auf wie er verschwunden war. Er zahlte die Rechnung bei Tante Anna und machte einen sehr aufgekratzten Eindruck. Wir waren eine Weile gefahren als er sich zwei F6 in den Mund steckte und anzündete. Eine davon steckte er mir zwischen die Lippen und sagte zu mir gewandt:“ Wo wir heute waren und was du gesehen hast geht niemanden etwas an! Sollte es dir einfallen darüber zu quatschen bist du die längste Zeit mein Fahrer gewesen! Dann ist Schluss mit dem schönen Leben und du gehst Minen vergraben! Weil wir schon einmal dabei sind alles Notwendige zu klären sage ich dir wenn ich jemals meine Mütze verliere während der Fahrt gilt das Gleiche! Verstanden!? „ „ Jawohl Genosse Hauptmann!“: gab ich zur Antwort. Er hatte die dumme Angewohnheit währen der Fahrt die Tür zu öffnen und sich auf das Trittbrett zu stellen dabei war es ihm wichtig das die Mütze auf dem Kopf blieb damit niemand seinen spärlichen Haarkranz sehen konnte. Eitler Gockel ! Zum Glück hatte mein Ural keine Dachluke zu der er hinausschauen konnte. Ansonsten war er mit meiner Fahrweise sehr zufrieden. Pünktlich zum Mittagessen waren wir zurück im Regiment und ich durfte den Alten gleich am Offizierskasino absetzen .Ich ging in die Unterkunft und machte erst einmal etwas Ordnung in der Stube. Zum Mittagessen gab es wieder einmal Gulasch von dem wir Spritzer wie immer nur noch Soße bekamen was die Genossen EK auch noch lustig fanden. Sofort wurden wir darauf hingewiesen das es ihnen auch nicht besser ergangen sei. Wieder zurück in der Kompanie teilte mir der UvD mit das ich mich ab 14 Uhr zur Verfügung des Hauptfeldwebels zu halten hätte .Nach einem kurzen Nickerchen klopfte ich pünktlich 14 Uhr an die Tür des Hauptfeldwebels. Auf das Herein betrat ich vorsichtig sein Zimmer und schaute erst in alle Ecken des Raumes. Es wäre ja möglich das wieder irgend Jemand in einer Ecke übersehen
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werden konnte. Noch einmal an einem Sonntag das Außenrevier zu harken verspürte ich keine Lust. Der Spieß grinste als er mein vorsichtiges Auftreten bemerkte. Er erteilte mir den Auftrag zum Park zu gehen und den Ural nebst Feldküche zu holen. Ich solle ihn an der Rückseite der Kompanie genau unter dem Waschraumfenster abstellen. Also marschierte ich zum Park hängte die Feldküche an und stellte das Auto wie befohlen ab. Er sagte mir das er mir zeigen wolle was wir im Falle eines Alarmes alles zu tun hätten. Wie im Ernstfall musste ich alle Behälter der Feldküche mit Wasser füllen und er selber überwachte den Kammerbullen und einige andere Genossen bei der Verladung von Munition sowie der Verpflegung der Kompanie. Bei einem richtigen Alarm ging es mit der gesamten persönlichen Ausrüstung zur Waffenkammer um die Kalaschnikow zu holen. Dann im Laufschritt zum Park und wieder zurück zur Kompanie mit dem Auto . Nach der Bestückung des Fahrzeuges mussten wir dann die Kompanie suchen und uns in die Kolonne einreihen. Einmal im Monat wurde dieses Spiel mehrfach am Tag geprobt. Man musste sich im Schlafanzug ins Bett legen und auf den Alarm warten. Da hatte ich schon bald keine Lust mehr mitzuspielen. Jedes mal das ganze Gelumpe zum Park schleppen und wieder zurück war mir einfach zu blöd. Also lies ich nach dem Alarm bis auf die Kalaschnikow einfach alles auf dem Auto hatte so nur die Knarre zu holen und war verdammt schnell .Im Normalfall wussten wir schon ein Tag vorher wenn eine Übung oder ein Alarm anstand und
waren immer sehr gut vorbereitet. Die gesamte Führung der Kompanie war daran interessiert mit guten Ausrückzeiten zu glänzen. Auf keinen Fall wollten sie bei ihren Vorgesetzten auffallen. Das schadet immerhin der Kariere. Das Auto wurde zu 90 % am Tag vor dem Alarm geladen so zählten wir immer zu den Besten. Am Abend wurde ich zum Kompaniechef gerufen der mir mitteilte das die Kompanie am nächsten Tag zum Schiessen nach Stahlberg gefahren werden muss und ich sollte das Auto 9 Uhr vor der Kompanie bereit stellen. Damit war ich schon wieder entlassen. Ich ging in meine Stube hatte ja schließlich noch den Flur und die Stube zu säubern bis zum Stubendurchgang. Am anderen Morgen lief ich noch vor dem Frühstück zum Park um das Auto zu holen. Dort angekommen machte ich eine furchtbare Entdeckung .Unter dem Ural war eine große Pfütze. Ich steckte meinen Finger in die Brühe probierte und auf einen Schlag war alles klar. Schmeckt süß wie Österreichischer Wein! Also kein Öl sondert Kühlwasser. Entweder der Kühler oder eine Leitung kaputt .Ich öffnete die Kühlerhaube des Monstrums und da sah ich die Bescherung. Ein Loch im Kühler ! Ich lief sofort in die Kompanie um den Schaden dem Kompaniechef zu melden. Schon am Eingang hörte ich den Alten wie er den Spieß anbrüllte. Das kann ja heiter werden bei der Laune die der Alte wieder hat. Ich ging zum Alten der doch Tags zuvor noch so freundlich war .Gestern ist aber nicht Heute. Ich versuchte ihm die Angelegenheit so schonend wie möglich beizubringen. Das hätte ich mir sparen können. Er holte tief Luft rollte mit den Augen und sein spärlicher Haarkranz war gewiss kein Heiligenschein . „ Wenn
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du den Bock in einer Stunde nicht zum laufen bringst wird die ganze Kompanie eben zu Schießplatz marschieren und du trägst die Munitionskiste!“: brüllte er in seiner unnachahmlichen Art. „ Aber in einer Stunde habe ich höchstens den Kühler ausgebaut!“: antwortete ich ihm. „ Ist mir scheiß egal! Es bleibt dabei! Ich möchte dann nicht in deiner Haut stecken wenn die ganze Kompanie die 6 Kilometer zum Schiessplatz marschieren muss! Und nun raus ! „: brüllte er so laut das schon die ganze Truppe wusste was Sache war. Vor allen die Genossen EK schauten nicht gerade freundlich. Ich lief also zu Park um den Kühler auszubauen. Zu allem Unglück schlug auch noch die Motorhaube herunter und mir genau auf den Kopf. Ich hatte gerade den Kühler herausgehoben als der GuvD um die Ecke kam und mir befahl die Arbeit einzustellen. Ich sollte mich in der Kompanie melden. Als ich dort ankam standen schon alle angetreten vor der Unterkunft. Mir blieb gerade noch Zeit mein Schwarzkombi auszuziehen und meine Kalaschnikow im Laufschritt aus der Waffenkammer zu holen. Das machte dem etwas korpulenten Spieß auch keine Freude den er musste mit laufen. Als ich zurück war und mich ins Glied gestellt hatte gab es plötzlich ein „ Achtung „. Oberleutnant Giller lies die Kompanie stillstehen mich einen Schritt vortreten und sagte dann: „ Laut Dienstvorschrift 10-002 - was wies ich bestrafe ich sie mit einem Tag Arrest! Sie haben ihr ihnen anvertrautes Fahrzeug nicht einsatzbereit gehabt und unsere Kompanie hätte im Ernstfall ihre Aufgabenstellung innerhalb des Regimentes nicht erfüllen können! Zurück ins Glied ! Kompanie rechts um ! Im Gleichschritt Marsch !“Der Soldat Langner durfte sich in der letzten Reihe einordnen und bekam die Munitionskiste in die Hand gedrückt. Sie dürfte so um die 25 Kilo gewogen haben und zum Schiessplatz waren es immerhin 6 Kilometer Wegstrecke. Der Einzige der mir in dieser Situation zur Seite stand war der Pastor – Kobra
Harald Arendt . Ohne ein Wort zu sagen griff er den anderen Henkel und trug die Kiste mit mir gemeinsam bis zum Schiessplatz. Danke Harald. Am Schiessplatz angekommen wurden wir in sogenannte einzelne Rennen eingeteilt .Eine Schiessübung nach der anderen wurde durchgeführt .Als wenn es eine höhere Macht so gewollt hätte waren Arendt und Langner die Einzigen der ganzen Kompanie welche mit der Note 1 diese Übung beendeten. Wir beide hatten als einzige die Kriterien zum schießen der Schützenschnur erfüllt. Die Schützenschnur war neben der Quallispange die einzige Auszeichnung die man nur mit Leistung und nicht durch Arschkriecherei und gutes Wissen über den sozialistischen Friedenstaat bekommen
konnte. Andere wie die Kratzerplatte habe ich nie bekommen weil mir das Lügen immer so schwer fiel. Von Oberleutnant Giller bekamen wir je drei Schuss Munition. Damit hatten wir auf 250 Meter auf eine zehner Scheibe mindestens 27 Ringe zu erreichen. Ich war nicht ein bisschen aufgeregt. Auf das Kommando „ Stellung „ gingen wir zu Boden und donnerten die drei Schuss auf die Scheibe. Dann mussten wir zur Auswertung mit einem Unteroffizier zu den Zielen laufen. Als er dem Alten seine Meldung machte war es für uns die beste
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Nachricht seid langem. Soldat Langner zweimal 10 einmal 9 gesamt 29 Ringe. Soldat Arendt einmal 10 zweimal 9 gesamt 28 Ringe. Jetzt war dem Alten das Lachen vergangen. Wir hatten die Schützenschnur! Die Kompanie musste antreten und das Schiessen war beendet.
Oberleutnant Giller gab das Kommando:“ Kompanie stillgestanden! Soldat Arendt und Soldat Langner einen Schritt vortreten! Ausführen ! Laut Dienstvorschrift 10-02 was weis ich belobige ich den Soldaten Arendt mit einem Tag Sonderurlaub und Soldat Langner mit Streichung einer Strafe! Rührt euch! Nun habe ich noch eine gute Nachricht für alle Genossen! Wir werden vom Ural der Aufklärungskompanie hier abgeholt bis dahin darf geraucht werden! Zur Pause weggetreten !“ Lieber hätte ich den Tag abgesessen und dafür einen Tag Sonderurlaub bekommen. Aber man soll ja nicht undankbar sein. Oder ?
Schon von weitem war das singen des Uralmotors zu hören und die Genossen waren schon nicht mehr so ganz so schlimm Sauer auf mich. Nach der Rückkehr ins Regiment durfte ich noch zum Park um die Gefechtsbereitschaft meines Urals wieder herzustellen. Mit dem Kühler lief ich zur Instandsetzung und ein netter Unteroffizier lötete mir meinen Kühler. Gerade kurz vorm Stubendurchgang war ich zurück in der Kompanie. Ich keulte gleich noch in der Schwarzkombi den Flur. Die Stube und den Waschraum hatte der lange Kilian schon fertig. Zum Glück waren alle Offiziere nach Hause und unsere Unteroffiziere machten es wie immer. Sie ließen den Stubendurchgang ausfallen. Ich ging noch zum Duschen wie immer Kalt denn zwei 10 Liter Boilern und 50 Mann reichte das wasser an keinem Tag für alle.
Am anderen Morgen meldete ich dem Alten die Einsatzbereitschaft des Autos. Er nickte zufrieden und schickte mich zur Instandsetzung wo mich der diensthabende Offizier zu einem Unterfeldwebel schickte mit dem ich Schrott laden sollte und auf der Sammelstelle für SERO
( Sekundärrohstoffe ) abliefern sollte. Auf keinen Fall die Belege für die abgelieferten Mengen vergessen rief er uns noch hinterher. Wir fingen an Blechschrott zu laden. Nach einer Weile zog mich der Unterfeldwebel an die Seite und zeigte auf einen Berg Messingkühler. Ich hatte den Fingerzeig sofort verstanden stellte mich aber erst mal dumm. Da man aber als Soldat ohnehin immer Pleite war lies ich mich nicht lange bitten. Wir warfen ein paar der Messingkühler auf das Auto und deckten diese mit weniger wertvollem Blechschrott ab. Mir war aber immer noch unklar wie er das Zeug verhökern wollte musste man doch bei solchen Metallen seinen Ausweis vorlegen um an das Geld zu kommen. Doch der Unterfeldwebel war bester Laune und so fuhren wir zu SERO Torgelow. Dort angekommen wurde der Unterfeldwebel schon wie ein guter Bekannter begrüßt. Ich durfte das Auto abladen und der Unterfeldwebel verschwand mit dem SERO Mann in einem Büro.
Wie sie die ganze Angelegenheit geregelt bekommen haben weiß ich bis heut nicht. Habe vorsichtshalber auch nicht gefragt .Auf jeden Fall bekam ich einen schönen Pfennig Geld und wurde so für die Unbilden der letzten Wochen
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entschädigt .Schon am nächsten Tag musste ich mich wieder bei demselben Unterfeldwebel melden .Natürlich hatte dieser wieder einen Auftrag bei dem auch ein paar Mark für mich abfallen sollten. Dieses Mal luden wir Karbidschlamm der bei dem Azetylenentwickler, den man zum Schweißen benötigte, anfiel auf und der Unterfeld wusste schon einen Bauern dem er das Zeug für billiges Geld verkaufen konnte. Dieser strich damit die Wände seines Kuhstalls .So vergingen die Tage im grauen Einerlei des NVA Alltags immer wieder unterbrochen durch solche kleinen Freuden. Der
Spieß hatte es nach neun Wochen endlich geschafft für uns Spritzer Ausgangskarten zu beschaffen .So hatten nun auch wir Spritzer endlich die Möglichkeit uns für den Ausgang
einzutragen .Da es unser erster Ausgang sein sollte hatte der Alte angeordnet das wir zunächst einmal unter Aufsicht eines Unterfeldwebels einen Gruppenausgang erhalten sollten .Nun standen wir am Samstag Abend gebügelt und geschniegelt vor der Kompanie.
Der Alte nahm die Ausgangskontrolle persönlich vor .Es hätte ja an ein Wunder gegrenzt wenn er nichts zu bemängeln hatte. Bei einem war es der Haarschnitt beim Anderen die Kragenbinde, Taschentuch oder der Kamm der fehlte .Nach einer halben Stunde hatte der Alte seinen Frust abgebaut und sich entschlossen uns laufen zu lassen. Das man bei dem so reichlich fliesenden Wehrsold keine großen Sprünge machen konnte kann man sich wohl denken aber wir waren froh das wir mal etwas anderes zu sehen. In der Gaststätte Waldfrieden, die im Soldatenjargon „ Wilde Sau, hieß kostete in der Preisstufe 2 ein Bier immerhin 52 Pfennig. Ein Essen bekam man ab etwa 4 Mark. Die Wilde Sau lag dem Regiment am nächsten und uns reichten schon die 4 Kilometer bis dort hin. Bei einem Wehrsold von 90 Mark, von dem auch noch Schuhcreme, Waschutensilien und die berühmte Zeitung der Nationalen Volksarmee kaufen musste, konnte man keine großen Sprünge machen. Vier Mann auf einem Zimmer und jeder musste die gleiche Zeitung kaufen.
So ein Schwachsinn . Für Zigaretten gingen mindestens 50 Mark im Monat drauf. Da hatte man keine große Auswahl. es kamen nur die billigen Marken in Frage. Man Kaufte Salem Rot oder Gelb, Karo, Real oder Jubilar die zwischen 1,60 oder 2Mark kosteten. F6 für 3,20 Mark gab es allerhöchstens an Sonn und Feiertagen. Mehr wie ein Ausgang mit viel Durst war nicht drin im Monat es sei denn man bekam noch eine Spende von seinen Angehörigen. Dieses Mal ging es wegen der guten Nebeneinkünfte einmal mehr. Der vier Kilometer lange Weg war ja im nüchternen Zustand sehr gut zu ertragen. Da hatte man noch flinke Beine. Aber der Heimweg! 2,5 Promille oder mehr waren keine Seltenheit.
Der Heimweg schien zur nicht enden wollenden Odyssee zu werden. Das teure Essen hätte man sich eigentlich sparen können denn es landete ohnehin auf dem Heimweg irgendwo im Gelände. Deshalb habe ich den guten Rat eines EK gern angenommen und machte mir das zur geliebten Angewohnheit. kurz vor Ende des Ausgangs um 24 Uhr sollte man das Tor zur Kaserne passiert haben . Aber
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meist war der Durst zu lang für diese Zeit. Regelmäßig zwischen 22 und 23 Uhr kam die Streife ( Kommandantendienst ) um zu kontrollieren. Ich meldete mich dann beim Streifenführer dem ich erzählte dass ich umgeknickt sei und schlecht laufen könne. Er möge mich doch bitte mitnehmen auf seinen Weg zur Kaserne. Das klappte immer. Ich fuhr fast jedes Mal mit der Streife. Nur einmal meinte ein Oberleutnant:“ Sind wohl zu besoffen um zu laufen?“ „ Na ja Genosse Oberleutnant war wohl etwas zu viel heute Abend und sicher war auch eins der Biere schlecht. Möchte aber auch nicht mein Regiment blamieren „: gab ich zur Antwort. „ Na gut Genosse sitz auf. Musst aber im Käfig sitzen. (Auf dem LO-Robur war wie eine Gitterzelle montiert in der allzu gewalttätige eingesperrt
wurden!) Wenn wir im Regiment sind lassen wir dich wieder raus!“: antwortet er mit einem lächeln. Mir war das egal. So konnte ich wenigstens die den Kameraden versprochene Flasche „ Korn sur „ sicher und unbehelligt mitbringen. Mit der Flasche unterm Arm betrat ich die Stube. Einen nach dem Anderen fragte ich ob er nicht mehr schlafen kann. Mühsam
rappelten sie sich hoch und gemeinsam machten wir der Flasche den Gar aus. Wie es so ist wenn der Löwe erst einmal Blut geleckt hat kann er nicht aufhören. Also wurden die Reserven hervor geholt und bis zum bitteren Ende getrunken. Dafür war das Erwachen am Sonntagmorgen nicht gerade schön .Es schien als hätte man ein ganzes Bergwerk im Kopf und tausend kleine Bergleute hämmerten darin herum .Das stete klopfen und hämmern war selbst mit einer Spalttablette nur in den Hintergrund zu drängen. Auf uns Spritzer wurde in
keiner Lage auch nur etwas Rücksicht genommen. Egal in welchen Zustand man sich gerade befand .So ging es auch mir an diesem Sonntagmorgen. Mir war hundeelend von der letzten
durchzechter Nacht . Trotzdem musste ich mich aufraffen und das Frühstück für alle im Speisesaal holen. Vielleicht tut mir auch die frische Luft gut. Wenn nicht gerade einer der vielen großen Müllcontainer , auf dem sich Möwen und Regimentstauben ( Krähen ) um das Futter zankten , brannte . Zurück in der Kompanie wurde erst einmal so richtig Bohnenkaffee gekocht. Der gute Rondo . Die gut bekannten blauen Plastiktassen der NVA wurden mit Wasser gefüllt und mittels eines Reisetauchsieders zum Kochen gebracht. Drei gehäufte Teelöffel Kaffee auf eine Tasse gab eine sehr starke Brühe. Diese Art türkisch den Kaffe zu brühen hatte den Nachteil das man je näher man dem Tassenboden kam immer mehr Kaffeesatz im Mund .Bis der letzte, ich, seinen Kaffee hatte war der erste bereits fertig mit Frühstücken. Zum Mittagessen lief die gleiche Zeremonie wie am Morgen ab. Ich durfte, während die Genossen EK des verlorenen Schlafs der letzten Nacht nachholten, wieder zum Speiseesaal marschieren um den Herren das Mittagessen mitzubringen. Nach dem Essen
hatte ich die Sauerei die meine Genossen hinterlassen hatten aufräumen. Denen war es egal wenn etwas auf den Boden viel sie hatten ja ihren Spritzer der wieder aufräumte. Oft warfen sie absichtlich alle in der Stube herum um uns zu schikanieren .Der Rest des Tages wurde mit Volleyball , Schach , Canasta oder
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mit Schlafen verbracht .Leider hatten wir es nicht so gut wie unsere Klassenfeinde in der BRD die schon , wie mein Sohn der seid vier Tagen bei der Bundeswehr ist , schon am ersten Wochenende nach Hause durften . Auch wir wären gern am Freitag nach Hause gefahren aber allein die Entfernung hätte das wohl keinen Sinn gehabt. Am Montagmorgen zum Morgenappell wurde ich darauf hingewiesen das ich meine Kragenbinde wieder einmal teeren sollte da so langsam wieder das Weiße durchkäme.
Also wieder in die Stube und die Kragenbinde gewechselt aber nur um die Neue vorzuzeigen.
Nach der Kontrolle kam selbstverständlich wieder die Alte hinein. Nach dem Frühstück schickte mich der UvD zum Hauptfeldwebel. Ich ging den Gang entlang bis zum Zimmer des Hauptfeldwebels , lauschte an der Selben , als nichts verdächtiges zu hören war klopfte ich an und trat nach dem knappen“ Ja“ vom Spieß mit aller gebotenen Vorsicht ein . Gott sei dank wir waren allein. Der Spieß saß an seinen Schreibtisch und bot mir ohne aufzuschauen den Platz ihm gegenüber an und sagte: „ Ich bin gleich soweit dann habe ich etwas Wichtiges mit dir zu besprechen was unbedingt unter uns bleiben sollte ! „ Er schob mir seine Schachtel Zigaretten zu. Ich bediente mich ganz ohne Hemmungen. „ Du weist ja das du dich auf mich verlassen kannst!? Ich bin doch für meine verschwiegene Art bekannt!“: antwortete ich.
„ Ja und gerade deswegen ! „ . sagte grinsend der Spieß. An dieser Stelle muss ich mal erwähnen das wir trotz aller widrigen Umstände bei diesem Verein nicht eines gewissen Stolzes entbehrten. Wir waren Pioniere. Eine Eliteeinheit unter all diesen Muckern . Wir trugen sogar anders farbig geränderte Schulterstücke. Sie waren schwarz und die Mucker hatten weiß. Der Alte hatte uns das wohl verboten da unsere Kompanie zu diesem Motzschützenregiment gehörte sah aber unsere Aktivitäten nicht ohne Freude und sehr oft darüber hinweg. Mussten wir sie zum Morgenappell wechseln, weil es Oberleutnant Giller so wollte, hatten wir spätestens am Mittag wieder die schwarzen dran.
Soviel um das hik hak über die Kleiderordnung. Endlich war der Spieß fertig und ich hatte schon fünf F6 geklaut aus seiner Schachtel als er sagte: „ Also Langner du gehst zum Park holst das Auto mit der Feldküche wie immer unter dem Waschraumfenster parken.
Der Alte will heute Nacht zu einer Kompanieübung raus an die Randow .Dort will er mit den beiden Krassbrücken die Randow überbrücken und die Restlichen Fahrzeuge sollen eine Wasserdurchfahrt durchführen .Wir laden das Auto vor und füllen die Feldküche mit Wasser.
Unsere Sturgepäcke verladen wir auch gleich. Der Alte möchte eine gute Zeit erreichen damit er beim Stab glänzen kann!“ Die Kompanie ging zur Ausbildung und nur ich sowie der hässliche Kammerbulle blieben beim Hauptfeldwebel. Er füllte mir das Fahrtenbuch aus und
ich marschierte damit zum Park. Ich schaute nach dem Ölstand, Wasser und so weiter. Ich fuhr vor an den Schlagbaum des OvP . Dem schien es an diesem Tag
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nicht besonders gut zu gehen denn er nörgelte immer an irgendwelchen Kleinigkeiten herum.
Erst war es eines der sechs Räder das nicht gleichzeitig mit den anderen Bremste dann sollte ich das Auto erst mal waschen. Der hätte mich in drei Stunden nicht vom Park gelassen.
Da man als Ossi aber immer etwas mehr Durchblick und Flexibilität besitzen musste kam mir schon bald ein nicht ganz ungefährlicher Gedanke. Der Alte hatte das letzte Mal seinen Schwarzkombi im Auto liegen lassen . Mir fiel sofort der Hauptmann von Köpenick ein. Vor Dienstgraden und Rangabzeichen hatte man auch hier großen Respekt. Kurzer Hand zog ich dem Alten seine Kombi an. Nun hatte ich mich in einer Minute selber zum Hauptmann befördert. Steile Kariere. Der OvP war in seinem Häuschen verschwunden und ich fuhr daran vorbei auf das Alarmtor zu das direkt neben dem Bahngleis lag an dem unser Sonderzug eingelaufen war. Dieses Tor war natürlich bewacht. Der diensthabende Posten lief mir schon, in einer Hand die Kalaschnikow die andere erhoben, entgegen um mich zu stoppen. Ich hielt an streckte meinen Oberkörper so weit hinaus dass auch die Hauptmannsschulterstücke gut zu sehen waren.
„ Entschuldigen sie Genosse Hauptmann ich konnte ja nicht wissen!“: stammelte er
verlegen. „ Ist schon völlig in Ordnung Genosse jeder hat seine Pflicht zu erfüllen und sie tun das hervorragend!“: antwortete ich ihm wohlwollend. Das schien ihn doch sehr zu befleißigen.
Im Laufschritt lief er zum Tor und öffnete es. Ungehindert verlies ich das Gelände zog die Kombi aus um nach zweimal rechts abbiegen vor dem KdL zu stehen .Der Gefreite der am Schlagbaum stand öffnete scheinbar lustlos den Selben und ich fuhr zur Kompanie. Da stand schon der Spieß und wartete. Er wollte schon Anfangen zu meckern aber ich erzählte ihm was mir passiert war. Er musste sich vor Lachen auf die Bank vor der Kompanie setzen.
Dann ging es an die Arbeit .Arbeit nur für die Soldaten. Der Spieß verstand es sich durch sehr kluges Geschwätz wichtig zu machen. Der Schlauch aus dem Waschraum wurde in die Kessel der Feldküche gehängt und vorsichtshalber drehte ich nicht soweit auf sonnst hätte ich am Ende noch die Sachen aus der PA und Waffenkammer mit aufladen müssen. Bevor wir noch zur Küche mussten verstaute ich noch die persönliche Ausrüstung vom Spieß und mir im Fahrerhaus. In der Küche bekamen wir nun Brot, Konserven und Frischfleisch für drei Tage. Dann sollte ich das Auto wieder zum Park bringen. Beinahe hätte ich dem Spieß einen Vogel gezeigt. Der Feldwebel der mich so streng kontrolliert hatte war noch bis 22 Uhr im Dienst. Also nicht zum Park sondern das Auto eine Häuserreihe weiter hinter der PA- Kammer versteckt. Hätte mich schließlich ein paar Tage Arrest kosten können. Darauf hatte ich überhaupt keinen Bock. Dort wurden besonders widerwärtige Aufgaben vergeben wie Kohleschaufeln und Straße kehren und dann durfte man nicht einmal rauchen .
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Nun brauchte ich nur noch bei Alarm um die Ecke hinter die Pa-Kammer laufen und auf den Weg dorthin in der Waffenkammer meine Knarre holen. In der Kompanie ging an diesem Abend alles seinen gewohnten Gang. Nach dem Abendessen Stuben und Revierreinigen .
Auf den Stubendurchgang wurde an diesem Abend verzichtet .Da hätte sich der UvD auch sicher gewundert denn es war fast kein Sturmgepäck mehr auf den Zimmern.
Ich hatte natürlich alle Genossen informiert und das war es auch was der Spieß eigentlich wollte. Alle waren gerüstet für das was in der kommenden Nacht ablaufen sollte. In dem Sturmgepäck waren Zigaretten und auch ein wenig schöngeistige Getränke versteckt. Der Spieß hatte sich ein Feldbett in seinem Zimmer aufstellen lassen ging gar nicht mehr nach
Hause. Es war alles so gut vorbereitet dass absolut nichts mehr schief gehen konnte. Es wurde nicht das sonnst übliche Päckchen auf dem Hocker gebaut. Die Hosenbeine des Drillichs wurden über die Stiefelschäfte gezogen. Man ging ohnehin in Unterwäsche ins Bett zog bei Auslösung des Alarms nur die Socken an sprang durch die Hosenbeine in die Stiefel zog die Hose hoch die Hoseträger , extra stark , über , die Jacke an , Koppel um , Mütze auf und ab
ging die Post .So richtig Schlaf wollte sich trotz der guten Vorbereitung nicht Einstellen dazu war die Aufregung einfach zu groß. Gerade als ich mich nach langen hin und her Wälzen doch etwas eingeschlafen sein musste nahm der furchtbare Lautsprecher der Alarmanlage seine Arbeit auf. Ekelhaft dieses Bää, bää, bää. Dann der ruf des UvD: „ Kompanie Gefechtsalarm Farbe grün! Alles Raustreten !“ Es traf einen wie ein Hammer. Trotz aller guten Vorbereitung stürzten alle durcheinander .Ich sprang meinen Stubenältesten ins Genick
was dieser mit „ blöde Sau“, quittierte .Rufe wie das sind meine Stiefeln du Arschloch oder hau ab du Spritzer waren zu hören. Licht durfte man ja nicht anmachen.
Man musste sich doch wundern dass bei diesem scheinbaren Durcheinander überhaupt etwas klappte. Lange musste ich mich in diesem Chaos nicht aufhalten. Ich riss das Fenster auf und mit einem eleganten Schwung sprang ich hinaus in die dunkle Nacht. Der Spieß wartete schon in der Waffenkammer gab mir meine Kalaschnikow (Waffennummer B9505) und machte Zeichen das ich es mit dem Tempo nicht übertreiben sollte. So dumm waren unsere Offiziere auch nicht das sie einen Betrug nicht bemerkt hätten. Im Gegenteil die meisten hatten einen hohen Ausbildungsstand. In aller Ruhe lief ich zum Auto schloss beide Türen auf und fuhr vor die Waffenkammer um meinen geliebten Hauptfeldwebel aufzunehmen.
Der war schweißgebadet aber nicht vor Arbeit nein ihn drückten wohl die 40 Kilo Übergewicht die er zu viel mit sich herumschleppen musste. Die anderen Offiziere der Kompanie wurden durch die Alarmbereitschaft des Regimentes geholt. Er stieg zu mir ins Fahrerhaus und eine herrliche Wolke von Florena Rasierwasser und Bier verteilte sich gleichmäßig darin. Vorsichtshalber machte
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ich das Fenster etwas auf . Wir fuhren in Richtung Stabsgebäude und reihten uns an der für uns vorgesehenen Stelle ein und warteten auf den Befehl zur Abfahrt. Um besser sehen zu können stieg ich aus. Nach etwa 5 Minuten konnte man den kreisenden Arm von Stabsfeldwebel Meikies sehen. Das war der Befehl zum Anlassen der Motoren. Die Kolonne setzte sich in Bewegung. Nun war es soweit und wir Neuen hatten die Möglichkeit in der ersten Übung zu zeigen was wir in der Grundausbildung alles gelernt hatten und wie wir uns in die Reihen der Alten einfügen konnten. Das war gar nicht so unwichtig bei der teilweise komplizierten Technik. Mit Tempo dreißig tuckerten wir über die Landstraße .Nur langsam ging es vorwärts und dich drohte dem guten Beispiel des Hauptfeldwebels zu folgen und einzuschlafen. Ein wenig den Kopf aus dem offen Fenster halten brachte zumindest kurzfristig etwas die Müdigkeit zum erliegen. Auf Unterstützung vom Spieß brauchte ich da nicht zu hoffen. Nach dem wir in diesem gemütlichen Tempo eine Weile gefahren waren bogen wir in einen Waldweg ein. Unsere Fahrt endete hier fürs Erste.
Wir waren im Unterziehraum des Regimentes in der Nähe von Jatznik angekommen. Dort hin fuhr das Regiment bei jedem Alarm. Hier wurde durch die Führung das weitere Vorgehen festgelegt und auf eventuelle Nachzügler gewartet die aus welchen Gründen auch immer den Anschluss verloren hatten. Jeder Fahrer kannte diesen Weg und war in der Lage ihn auch selbst zu finden. Alle Militärkraftfahrer wurden nun aufgefordert ihre Fahrzeuge noch einmal eingehend zu überprüfen. Im Dunkel der Nacht ! Was wohl dieser Mist wieder sollte!?
Dann setzte sich die Kolonne nach einer halben Stunde wieder in Bewegung. Nun ging es einen Teil der Strecke zurück in Richtung Übungsgelände an der Randow. Wieder ging es über einen Waldweg und die normale Beleuchtung wurde durch das Tarnlicht ersetzt.
„ Mann ist das eine scheiß Beleuchtung man sieht ja die Hand vor Augen nicht! „: meldete sich der Spieß zurück. Er war wieder zu sich gekommen. „ Da können wir von Glück sagen das wir Vollmond haben sonnst wären wir noch beschissener dran!“: antwortete ich ihm.
Nach einer Stunde erreichten wir unter Mühen aber ohne Verluste das Manövergebiet an der Randow. Alle Fahrzeuge bekamen nach einer kurzen Unterredung der Kompanieführung
einen Platz zugewiesen. Die Besatzungen wurden angewiesen die Gestänge für die Tarnnetze der Fahrzeuge aufzustellen sein. Besatzung hieß in meinem Fall Volker Langner. Der Spieß war schon verschwunden. Das musste so aufgestellt werden das man jederzeit wie in eine Garage ein und ausfahren konnte. Aber schließlich schaffte ich es auch allein und stellte als ich fertig war das Auto unter. Ich musste vorwärts einfahren damit wir zu jeder Zeit an die Ladefläche kommen konnten da wir ja an die Verpflegung kommen mussten. Die


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Feldküche hängte ich ab und stellte sie gleich neben meinen Ural .Als dies fertig war hatten sich immer zwei Soldaten aus ihren Zeltbahnen ein Zelt aufzustellen . Auch das war erledigt.
Vorsichtshalber rückte ich schon ein paar Verpflegungskisten an das Ende der Ladefläche.
Mann wusste ja nicht was einen alles Erwartete.
Nun gingen einige Soldaten daran das Große Sanitätszelt für den Alten und seine Offiziere aufzustellen. Nun wurden die Hocker, ein Ofen, Feldbetten, eine Lampe und ein Tisch mit weißer Tischdecke in das Zelt gebracht.
In gebührender Entfernung zu diesem Zelt wurde von einigen Soldaten eine Grube ausgehoben und ein Donnerbalken aufgestellt. Dies war ein Luxus den sich der Alte auf jeder Übung leistete. Manchmal waren es nur einige Stunden das wir irgendwo in der Taiga standen aber auf das diesen Annehmlichkeiten wollte der Alte nicht verzichten. In seinen Führungs- SPW hatte der Fahrer stets eine Matratze mitzuführen. Ja er hatte schon so einige Schrullen unser Kompaniechef Hauptmann Küster .Es stand alles und die Kompanie wurde zur Ruhe geschickt. Im Sommer wird es ja bekanntlich sehr zeitig hell. Meine Ruhezeit war sehr kurz. Der Spieß weckte mich und ich musste Holz für die Feldküche holen. Als das Wasser kochte brühten wir Tee und richteten das Atombrot und die Wurstkonserven für die noch schlafende Truppe. Der Alte hielt mit seinen Offizieren, während des Frühstücks, eine Lagebesprechung ab bei der er sie informierte wie er sich den Verlauf der Übung vorstellte. Da ich die Herren bedienen durfte bekam ich fast alles mit. So richtig sollte es erst am Abend losgehen .Bis dahin stand ich an der Feldküche um mit dem Spieß ein köstliches Mal zu richten. Einige Soldaten waren dabei ein paar Minen zu verbutteln um sie anschließend wieder auszugraben. Kurz vor dem Abendessen wurde allen Soldaten die Aufgabenstellung mitgeteilt. Es werden Wasserdurchfahrten und das Ablegen der beiden Brückenteile der Krassbrücken geübt. Die Minenschubser sollten anschließend die Zufahrt zur Brücke verminen .Bei allen Fahrzeugen bei denen die Wattiefe zu gering war wurden die Keilriemen des Lüfters der hinter dem Kühler saß soweit entspannt das der Lüfter nicht mehr lief. Hätte man dies nicht getan würde der entsehende Wassersog den Kühler zerreißen und das Fahrzeug wäre nicht mehr gefechtsbereit .Als erstes kamen die Krassbrücken zum Einsatz. Die Stelle an der sie ihre beiden Brückenhälften ablegen wollte wurde mit einem Niviliergerät vermessen. Die Punkte wurden festgelegt und ein Krass nach dem anderen legte seine Hälfte ab. Gute Arbeit die Brücke lag hundertprozentig. Als die Brücke stand traten die Minenschubser in Aktion. Sie verminten den Zugang zur Brücke und legten für unsere Fahrzeuge eine Gasse an. Nun durfte jeder einmal durchs Wasser und einmal über die Brücke fahren. Nach diesem Spiel ging ich zu meinem Hauptfeldwebel wo wir das Abendessen für


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die Kompanie vorbereitete. Ich heizte die Feldküche an, Holz mussten die Anderen holen, kochte den Tee und schnitt die Dauerwurst in gleich große Stücke. Der Spieß stand bei mir und es war schon ziemlich dunkel als der Alte hinter meinem Ural vorbei ging in das angrenzende Gelände. Schnell war er unseren fragenden Blicken entschwunden. Was der wohl wieder vorhat? Sicher glaubt er dass es etwas zu holen gibt.
Das Gelände auf dem wir uns befanden war früher mit einzelnen Bauernhöfen besiedelt. Da es die Nationale Volksarmee benötigte wurden die Bewohner zwangsumgesiedelt. Die
Gebäude hatte man stehen lassen um sie zur Ausbildung im Häuserkampf zu benutzen . Sie waren alle samt in einem trostlosen Zustand und waren dem Verfall preisgegeben. An dieser Stelle muss ich unbedingt einfügen das unser Spieß ein saumäßiger Koch war. Ich erinnere mich dass er einmal Spinat mit Essig würzte weil er keinen Geschmack hinein brachte.
Speck, Pfeffer und Salz schienen ihm ein Fremdwort zu sein. Aber er war stolz auf seine Kochkünste. Er hatte sich extra auf dem zweiten Bildungsweg zum Koch ausbilden lassen.
Ich hätte nur zu gern gewusst wo dieser Lehrgang stattgefunden hat Genosse Stumpe?
Auch ich habe später auf diesem zweiten Bildungsweg den Facharbeiterbrief als Koch abgelegt im Hotel zur Post in Apolda und dort konnte jede Küchenhilfe besser kochen als unser Hauptfeldwebel. Oft habe ich heimlich die Speisen nachgewürzt um sie wenigstens einigermaßen genießbar zu machen .Zu Hause war ich schon in der ehelichen Küche tätig da meine bessere Hälfte nur Nudeln mit Tomatensoße kochen konnte. Mann will ja schließlich nicht verhungern. Oder ? Die Feldküche dampfte und über den Wiesen und Bäumen zogen leichte Nebelschwaden. Ich war gerade damit beschäftigt mir die Weisheiten meines
Hauptfeldwebels anzuhören als aus einer Nebelschwade eine dunkle Gestalt auf uns zukam . Ich sagte zum Spieß:“ Sieh mal da kommt einer auf unser Lager zu gelaufen!“ „ Wo denn ich kann nichts sehen!? „: antwortete der Hauptfeldwebel. „ Tatsächlich jetzt sehe ich es auch aber ich sehe immer noch nicht wer es ist! Da an der Baumgrenze . Der hat aber keine Uniform an!? „: murmelte er .Ich lief zum Ural riss meine Kalaschnikow aus der Halterung ging auf die Gestalt zu und rief: „ Stehen bleiben oder ich schieße! Parole?
„ Halt dein blödes Maul du verdammter Sauspritzer sonnst trete ich dir in den Arsch das du deine Homorieden ausspuckst!“: kam es zurück. Der Stimme nach war es der Alte aber nach dem Geruch zu urteilen war es ein Jauchenfass. Tatsächlich er war es! Nur sah er sich überhaupt nicht mehr ähnlich .Er glaubte wohl in den alten Gehöften noch irgendetwas Brauchbares zu finden und war deshalb dort umhergeschlichen. Aber bei Dunkelheit schien er Schwierigkeiten zu haben mit der Orientierung. Er hatte eine alte mit Bohlen abgedeckte Jauchengrube übersehen die zu seinem Unglück noch voll und die Bohlen morsch waren.
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Die Bohlen brachen durch und der Alte lag in der Scheiße. Die Gase einer Jauchengrube sind sehr gefährlich und der Alte hatte viel Glück das er aus eigener wieder dort heraus kam es hätte sein Tod sein können. „ Langner mach das Auto fertig ich muss sofort nach Hause damit ich diesen Sau Batak los werde!: kommandierte er . Wenn jetzt auch nur einer im Entferntesten annahm das er sich mit seinen verschissenen Klamotten hinten auf die Ladefläche kletterte hatte sich gewaltig getäuscht. Er stieg zu mir ins Fahrerhaus und befahl die Abfahrt nach Drögeheide. Wir waren schon eine ganze Weile unterwegs als er anfing mit den Fingern in seinen Brusttaschen zu kramen. Die dort gefundenen Kotklümpchen warf er aus dem Fenster. Der Gestank war fast nicht mehr auszuhalten obwohl ich das Fenster schon weit offen und den Kopf nach draußen gehalten hatte. Plötzlich unterbrach er das Schweigen und fragte scheinheilig: „ Na Langner stinkst? „ in diesem Moment sah ich ihn mir das erste mal so richtig an. Es war erschreckend welcher Anblick mir sich da bot . Selbst in seinen Ohrmuscheln waren deutlich die kleinen Kotklümpchen zu sehen. Ich antwortete ihm:“ Nein
Genosse Hauptmann ! Überhaupt nicht !“ „ Dann ist es ja gut!“: antwortete er grinsend. Weiter ging die Fahrt Richtung Drögeheide und ich hielt meinen kopf lieber weiter aus dem Fenster um die fahrt wenigstens einigermaßen annehmlich zu gestalten. Nur dem Alten schien das ganze große Freude zu machen denn anders könnte ich mir sein dämliches grinsen nicht erklären. Vor seiner Knüpplerhütte ( Ein Haus das von einem Berufssoldaten bewohnt wurde ) hielt ich den Ural an. Er stieg auf das Trittbrett wandte sich zu mir und sagte: „ Um 6 Uhr holst du mich hier wieder ab!“ Mit einem kurzen „ Jawohl Genosse Hauptmann „ quittierte ich den Befehl. Mit weit geöffneten Fenstern machte ich mich davon .am Lagerplatz der Kompanie angekommen war für diesen Morgen eine neue Parole ausgegeben worden. Ich kannte sie natürlich nicht. Der Posten hielt mich an und fragte nach der Parole.
Mir viel nichts anderes ein als „ Jauchengrube „! Wieherndes Gelächter und das Wort passieren war alles was der Posten antwortete. Schon in diesem Augenblick war mir klar dass der Spieß, nicht wie er es dem Alten versprochen hatte, die Schnauze nicht gehalten hatte. Der Ehrlichkeit halber muss ich zugeben dass ich sie auch nicht gehalten hätte
Dafür war die ganze Angelegenheit viel zu lustig. Um noch ein wenig zu schlafen reichte mir die Zeit nicht mehr. Also machte ich mich nun erst einmal daran die Spuren der Höllenfahrt zu beseitigen. Die Decke auf der mein Kompaniechef, Eckart Küster, gesessen hatte habe ich schon auf dem Rückweg aus dem Fenster geworfen. Auf eine mehr oder weniger kam es bei mir nicht an. Ich hatte mir zur Sicherheit gleich fünf Stück aus der PA- Kammer geborgt
( sozialistisch umgelagert ) zu Deutsch geklaut .Mit einen Eimer Wasser und reichlich Fit (Geschirrspülmittel) machte ich mich daran das ganze Fahrerhaus auszuwaschen. Dem Spieß klaute ich sein Pitralon ( Rasierwasser ) und bespritzte das ganze Fahrerhaus. Die verbleibende Zeit reichte gerade noch um
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etwas zu essen . Die Fahrt zurück machte ich durchs Gelände. Es war doch nicht notwendig in irgendeine Kontrolle zu geraten .Ich machte noch einen kurzen Abstecher in das Regiment. Ich fuhr zur Küche holte mir ein paar Konsumbrötchen und bekam eine ganze Mettwurst vom Furier.
Das Scheiß Atombrot machte einen krank und ein kranker Soldat ist nicht gefechtsbereit. Die Knüpplersiedlung lag entlang der Straße zwischen Torgelow und Drögeheide in einem kleinen Wäldchen. Es sah aus wie ein russisches Dorf. Es waren zum großen Teil Häuser die Massive Keller hatten mit einem Holzaufbau. Ich war gerade um die Ecke gefahren und hatte ein wenig gehupt als das kleine Badezimmer aufflog. Heraus schaute der einen Kopf mit einem spärlichen Haarkranz. Mein Kompaniechef . Er schrie mir entgegen: „ Hör auf mit der blöden Huperei machst mir die ganzen Leute in der Nachbarschaft munter. Ich kann mir dann das blöde Gemecker der Weiber wieder anhören. Verdammter Spritzer !“ Obwohl ich ihn gut verstanden hatte fragte ich noch einmal laut brüllend: „ Was sagten sie gerade Genosse Hauptmann?“ Mit einem wütenden Knurren warf er das Badezimmerfenster zu. Tatsächlich gingen in einigen Häusern die Lichter an was mir natürlich unendlich Leid tat. Der Alte stürzte aus der Tür hinter ihm seine Gattin, noch im Nachthemd, die auch lachen musste. Sicher war auch ihr der Duft nicht verborgen geblieben .Er riss die Beifahrertür auf und befahl sofort loszufahren. „ Tut mir Leid Genosse Hauptmann falls ich ihnen Unannehmlichkeiten gemacht haben sollte“: begann ich ein Gespräch. „ Halt bloß die Schnauze du verdammter Spritzer und mach das wir hier fortkommen, Sau Batak!“: sagte er und musste dabei selber lachen. Am Lagerplatz der Kompanie angekommen sah man wie die ersten verhärmten Gestalten aus den Zelten kriechen. Es war gewiss kein Vergnügen bei der hohen Luftfeuchtigkeit in diesen Zelten zu übernachten. Alle Sachen waren klamm und man freute sich auf die ersten wärmenden Strahlen der Sonne .Daran änderte sich auch nichts nach der Ausgabe des Dosenfutters und dem Wundertee des Hauptfeldwebels. Ich genas meine Konsumbrötchen mit frischer Mettwurst die ich natürlich mit meinem Spieß teilte. Nicht etwa freiwillig . Er hatte mich erwischt. Für solche Delikatessen hatte er ein untrügliches Gespür .Wir waren gerade fertig mit dem Abräumen des Frühstückgeschirrs im Offizierszelt als ich mitbekam das die Kompanie zum Morgenappell antreten sollte. Das betraf mich und den Hauptfeldwebel nicht. Wir waren bei Übungen von solchen Dingen freigestellt. Der Oberleutnant Giller musste diese Aufgabe übernehmen wie immer wenn etwas mit Arbeit verbunden war .Irgendwie schien ihn der Alte besonders zu mögen. Die Kompanie stand bereits angetreten, bis auf den Spieß und meine Wenigkeit, als der Alte in der Manier Napoleons mit der Hand in der Jacke das Zelt verlies und sich vor der Kompanie aufbaute.
Eine gewisse Unruhe machte sich in den Reihen der Soldaten breit. Oberleutnant Giller machte Meldung die immer wieder durch husten und kichern unterbrochen wurde. Der Alte betrachtete das ganze Treiben mit zusammengekniffenen Augen und hoch roten Kopf
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und warf dem Spieß böse Blicke zu. Der zog es vor lieber hinter der Feldküche zu verschwinden. Jetzt war die Zeit reif für den großen Auftritt von Stabsfeldwebel Meikies.
Wir Spritzer sollten zum ersten mal sein bis dahin noch unbekanntes Bistra , Huja , Bene , Matre , Zole , Brijat , Votz , Bogas Nanu zu hören bekommen . Was immer das auch heißen sollte .Ein heftiges nicht enden wollendes Gelächter setzte ein. Mal wurde es etwas schwächer aber nur einer braucht ein wenig Lachen dann ging alles wieder von vorn los.
Nach dem sich die Lage etwas beruhigt hatte wertete der Alte die Übung aus obwohl er doch von allen nichts mitbekommen hatte. Immer wieder unterbrochen durch das Gelächter der Soldaten zog er sich wutentbrannt in sein Zelt zurück. Auf dem Weg dorthin schimpfte er vor sich hin: „ Wir sind doch hier bei der NVA und nicht in einem Kindergarten!“ Den Eindruck kann ich eigentlich bestätigen. Für den Vormittag hatte der Alte noch einmal eine Wasserdurchfahrt angesetzt an der ich auch teilnehmen musste. Mir machte das Ganze riesig Spaß hätte ich allerdings gewusst was das für folgen hatte für die Räder hatte hätte ich das tunlichst unterlassen. Nach dem Abendessen fuhr ich einige der Genossen Offizier in den kleinen Ort in genau dieselbe Kneipe in die mich die erste Fahrt mit dem Alten geführt hatte.
Ich solle doch gegen Mitternacht wieder erscheinen um sie abzuholen .Im Lager zurück sagte ich dem UvD das er mich gegen 23.30 Uhr wecken sollte. Ich wollte doch pünktlich sein
und meine Genossen Vorgesetzten nicht enttäuschen .Dieses mal legte ich mich ins Fahrerhaus, das eine durchgehende Sitzbank hatte, zum schlafen.
Ansonsten schlief ich bei schönem Wetter immer oben in der Plane. Zwischen zwei Spriegeln legte ich eine Decke und mit einer zweiten deckte ich mich zu. Dort lag ich wie in einer Hängematte und war nicht gleich für jeden sichtbar .Als ich munter wurde war es im Lager totenstill. Ich schielte nach meinem Wecker aus Ruhla. Er war auf den Boden gefallen und als ich ihn endlich in der Hand hielt zeigte die Uhr schon 23.45 Uhr. Zugegeben es war kein Produkt aus dem Reiche Nippons. Keine Leuchtdiodenanzeige , obwohl diese ja ein Professor aus der DDR entwickelt hatte , nur normale Zeiger aber mit zwei Steinen . Einen zum drunter legen und einen zum drauf hauen. Ich machte mich also auf den Weg vorbei an den schlafenden UvD nach Hintersee. Als ich in Tante Annas Etablissement ankam saß Oberleutnant Giller mit wässrigem Blick am Tisch und hatte scheinbar keinen Durst mehr.
Der Stabsfeldwebel und der zu dieser Zeit noch Offiziersschüler Fischbach waren die Einzigen die wohl im Saufen mit dem alten Schritt halten konnten. Das war es was dem Alten besonders viel Freude bereitete. Nichts hasste er mehr als Soldaten die nicht saufen konnten. Auch mein Hauptfeldwebel war es ohne fremde Hilfe nicht möglich auf die Ladefläche zu klettern. Ich kam ganz schön ins Schwitzen bis ich die ganze Bande verladen hatte. Der Alte setzte sich mit dem Staber zu mir ins Fahrerhaus und ab ging die Fuhre über Schleichwege
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zurück zum Rest der Truppe .Unterwegs zeigten sich beide spendabel und schmissen ein paar Runden F6. Mit zwei Flaschen Wodka verschwanden sie im Zelt und setzten ihren persönlichen Klassenkampf dort fort. Ich half dem Spieß ins Bett und dabei viel mir doch rein zufällig ein Fläschchen Wodka in die Hände. Diese teilte ich mir dann mit einigen Genossen. So hatten auch wir etwas von diesem nächtlichen Ausflug. Er fragte mich doch tatsächlich am anderen Morgen ob ich zufällig die Flasche gefunden hätte. Blöde Frage.
Muss sie wohl beim Aufsteigen verloren haben. Auf den blöden Sandboden hört man doch nichts. Von wegen Aufsteigen so voll wie der war.
Beim Morgenappell wurde durch unsere rotäugige Führung beschlossen diese Übung als erfolgreich gelungen zu Beenden. Wir bauten die Tarnnetze ab verluden unseren Krempel und setzten uns in Marsch zurück in das Regiment. Dort angekommen musste man die Fahrzeuge wieder Gefechtsbereit machen. Das hieß entladen waschen und voll tanken. Bei der Menge an Sprit den diese russischen Wunder verbrauchten und bei zwei zur Verfügung stehenden Waschrampen kann sich jeder ausrechnen das dies nicht in fünf Minuten geschehen war .Jede Waschrampe verfügte über zwei Wasserschläuche von denen aber meist einer fehlte. Aufgefahren wurde immer von zwei Seiten so dass man zwar schräg stand aber immer zwei Fahrzeuge gleichzeitig waschen konnte. Vor mir war noch eine Andere Kompanie dabei ihre SPW zu waschen .Auffahren durfte man nur mit einem Einweiser den ich nie hatte weil mein Spieß sich an solchen niederen Arbeiten nie beteiligte. Auf jeden Fall stand ein Soldat auf der Waschrampe vor mir der gerade dabei war einen zweiten SPW einzuweisen. Langsam
kam das Fahrzeug immer näher. Der Fahrer des SPW muss wohl von der Kupplung abgerutscht sein denn sein SPW machte einen Satz nach vorn und quetschte den Einweiser zwischen seinem und den bereits auf der Waschrampe Stehenden Fahrzeug ein. Die Enden der SPW-40-P2 waren Spitz auslaufend und erwischten ihn genau am Brustkorb. Seine entsetzlichen Schreie werde ich wohl nie vergessen. Trotz sofort eingeleiteter Rettungsmaßnahmen verstarb der arme Mann wenig später. Da sind auch drei Schuss Ehrensalut bestimmt kein Trost gewesen für seine Angehörigen. Gar nicht zu reden von den Vorwürfen die sich der Fahrer des Unglücksfahrzeuges wohl sein Leben lang machen würde.
Nach diesem Vorfall fiel meine Wagenwäsche nicht mehr all zu gründlich aus .Nach solchen Unfällen wurde wohl immer etwas schärfer auf die Einhaltung der Vorschriften geachtet aber schon nach wenigen Wochen stellte sich der alte Schlendrian wieder ein .Es wurde eben viel zu schnell vergessen und zugegeben waren die meisten Verunglückten auf Grund ihres eigenen Leichtsinns selber Schuld an dem was passierte . Als alle fertig waren wurden alle Fahrzeuge auf ihre angestammten Plätze , schön säuberlich ausgerichtet , abgestellt und verplombt .Ich kam wieder mal als letzter in die Kompanie und der Lange Kilian hatte das Notwendigste schon erledigt . Der Stubendurchgang viel wieder einmal aus weil keiner der Vorgesetzten mehr da war .Wahrscheinlich saßen sie
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schon alle in der „ Wilden Sau „ ! Ich ging noch duschen wie immer Kalt aber das konnte einen nur abhärten. Trotz des wenigen Schlafes der vergangenen Tage konnte ich nicht einschlafen. Mir gingen viel zu viel Sachen durch den Kopf. Hatte dieser Mann Familie? Frau und Kinder? Der sonnst so unintelligente Stubenälteste Andriof hatte wohl bemerkt was mir da so durch den Kopf ging. Er stand wieder auf und holte eine Flasche Torwächter aus dem Spind weckte die anderen Kameraden und fast schweigend tranken wir die Flasche aus. Danach stellte sich doch ein gewisses Schlafbedürfnis ein und gegen 2Uhr morgens legten wir uns schlafen.
Am anderen Tag sollten wir zu allem Unglück auch noch Objektwache stehen und zum ersten Mal sollte es auch mich erwischen. Das war bestimmt die Retourkutsche des Alten weil ich ihn doch etwas lächerlich fand nach seinem Bad in der Jauchengrube. Der lange Kruspe hatte schon im Voraus verlauten lassen das er absolut keinen Bock hatte die ganze Wache zu stehen. Nach der Vergatterung zog er um 22 Uhr mit dem ersten Aufzug auf seinen Posten. Er hatte den Postenbereich gleich neben mir. Nach etwa einer Stunde war ein Schuss zu hören. Der Aufführende, Offiziersschüler Fischbach, kam und der Lange erzählte ihm dass er andauernd irgendwelche Gestalten sähe. Er beschrieb dass so überzeugend das der Aufführende sich gezwungen sah ihn vom Rest der Wache zu befreien. der Schweinehund hatte es tatsächlich geschafft. Ich erinnere mich das wir einen Soldaten im Regiment hatten der mit uns die Ausbildung zum Militärkraftfahrer gemacht hatte. Dieser stand Wache als er Besuch vom Major Juschkeit bekam. Der bat ihn ganz freundlich ihm doch einmal seine Waffe zu geben weil er nachsehen wollte ob auch alles in Ordnung sei. Bereitwillig gab der Soldat seine Kalaschnikow dem Major. Ich glaube er hatte auch nicht alle Hühner auf dem Balkon. Oder etwa doch!? Auf jeden Fall wurde nach einer eingehenden Untersuchung beschlossen den Mann nie wieder zur Wache zu schicken.
Aber ich sah gegen Mitternacht tatsächlich zwei Gestalten auf das Alarmtor zukommen an dem ich Posten stand. Entgegen alle Vorschriften schloss ich das Tor auf nachdem ich die eine Gestalt als einen mir gut bekannten Unteroffizier erkannt hatte. Er befand sich in Begleitung einer jungen Frau und war selber in einem höchst bedauerlichen Zustand. Um es kurz zu machen er war total betrunken. Die Frau schien nüchtern aber sie hatte so etwas Merkwürdiges an sich das mich stutzig machte. Den Unteroffizier schickte ich in seine Unterkunft die junge Frau aber setzte ich fest. Als ich mir sicher sein konnte das der Unteroffizier in seiner Unterkunft angekommen war nahm ich die Eisenstange die neben der aufgehängten Granathülse hing und schlug Alarm. Der Aufführende kam und ich übergab ihm die Frau. In meinem kurzen Bericht lies ich den Unteroffizier unerwähnt. Was hätte mir das auch gebracht? Einen Tag Sonderurlaub ? Für den Unteroffizier eine Disziplinarstrafe oder Degradierung ? Nein das war es nicht Wert. Erst viel später erfuhr ich das die junge Frau aus einem Pflegeheim fortgelaufen war und für eine arme Irre gab es keinen
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Sonderurlaub . Am Tag nach der Wache holte ich mein Auto vom Park auf dem sich noch einige Reste für die PA – Kammer befanden. Die Feldküche hatte ich auch noch zu putzen. Die Munition hatten wir gleich nach der Rückkehr in die Waffenkammer gebracht.
Der fleißige Spieß, der sich wie immer mit wohlgemeinten Ratschlägen in Szene setzte, lies zwei Soldaten die Sachen in die PA- Kammer tragen. Ich war dabei die Feldküche wieder auf Vordermann zu bringen als die Soldaten eine Verpflegungskiste abladen wollten. „ Halt, halt die Kiste bleibt auf dem Auto! Die muss dann zur Küche. Das machte mich dann doch etwas neugierig und in einem günstigen Moment stieg ich auf das Auto öffnete die Kiste und sah die ganze Bescherung. Die Kiste war randvoll gefüllt mit Konserven .Nun wunderte ich mich auch nicht mehr dass wir zur Übung nicht einmal Gemüse zum Essen hatten. Als ich die Feldküche sauber hatte brachte ich sie zum Park und wartete vor der Kompanie auf meinen Spieß. Der kam auch schließlich nach kurzer Zeit mit dem Alten.
Sie stiegen ins Auto und wir fuhren nach Drögeheide. Erst zum Alten und dann zum Spieß . Jedes mal nahmen sie die Kiste und gingen damit in ihre Häuser .Dachten die das ich wirklich so blöd bin und nicht wusste was da läuft? All die schönen Dinge die es im sozialistischen Friedenstaat nur schwer zu bekommen gab wechselten den Besitzer.
Erdbeeren , Pfirsiche , junge Erbsen und andere Dinge . Ich lies mir zunächst erst einmal nichts anmerken. Aber dieses Wissen sollte mir wenige Monate später noch einmal zu gute kommen. Nach dieser schweren Arbeit hatten die beiden natürlich Durst bekommen und wir fuhren in eine Kneipe um da etwas Abhilfe zu schaffen. Ich bekam wie immer eine Brause. Die meisten Genossen hatten ihre Reviere schon fertig als ich kurz vor 22 Uhr zurück in die Kompanie zurückkam. Wie in solchen Fällen üblich hatte der lange Kilian schon unsere drei Reviere fertig.
Meine Weiber sagen schon zum wiederholten male zu mir ich glaube du spinnst. Wer soll denn so etwas lesen? Ich aber glaube dass sich viele ehemalige Soldaten in diesen Geschichten wiedererkennen und Freude daran haben. Der Zusammenhalt und die Kameradschaft waren auf Grund der bestehenden Verhältnisse in der DDR viel tiefer als bei unseren Verwandten jenseits des antifaschistischen Schutzwalls. Es ist für mich persönlich auch eine Art der Aufarbeitung der Vergangenheit.
Am darauf folgenden Montag begann wieder der ganz normale Alltag der NVA .Zum Morgenappell verkündete uns der Spieß dass sich alle auf den Weg zur Waffenkammer begeben sollten um dort ihre Waffen zu holen. In jeder Stube sollten wir uns daran machen
den Rost aus den Läufen zu entfernen und alles schön einzuölen. Einige von den Genossen hielten diese Arbeit für absolut unnötig und verbrachten diese drei Stunden lieber mit Schlafen. Das sollte unseren lieben Hauptfeldwebel noch teuer zu stehen kommen. Die am
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Nachmittag durchgeführte Inspektion der Waffenkammer brachte dem Hauptfeldwebel die höchstmögliche Benotung innerhalb der NVA für unsere Elitetruppe ein. Eine glatte 5 . Die Scala ging von 1 bis 5 wobei es die Note 4 gar nicht gab .Das Geschrei des Alten konnte man durch das ganze Regiment hören. Am Dienstagmorgen stand dann auch unser Spieß zum Morgenappell gemeinsam mit uns angetreten vor der Kompanie. Als erstes hagelte es ein kräftiges Donnerwetter für den gesamten Sauhaufen bei dem sich die Stimme des Alten so überschlug das er fast zu ersticken drohte. Nachdem die Tagesaufgabe für den heutigen Tag vergeben war, verschärftes Waffenreinigen, liest der Oberleutnant Giller die Kompanie stillstehen und verdonnerte den Spieß, natürlich laut Dienstvorschrift, zu 5 Tagen Kasernenarrest. „ Rührt euch! Weggetreten! „: kommandierte der Oberleutnant.
Dem Spieß schien die ganze Zeremonie nicht sonderlich zu berühren. Ihm schien es überhaupt nichts auszumachen dass er nun für den Rest der Woche nicht nach Hause durfte.
Ich glaube er war froh dass er seine Frau einmal für ein paar Tage nicht sehen musste. Andere Gründe für seine Heiterkeit sind bis heute nicht bekannt geworden. Also marschierten wir geschlossen zur Waffenkammer um unsere Knarren zu holen. Heute musste das Waffenreinigen etwas gründlicher durchgeführt werden da der Alte persönlich die Kontrolle der Waffen vorzunehmen gedachte. Das war für so manchen Genossen kein Vergnügen. Alles lief so einigermaßen ab für die Beteiligten. Bis auf ein paar kleine Nacharbeiten hatte der Alte kaum etwas zu bemängeln. Nun war der nette Unteroffizier aus dem Vogtland an der Reihe. Der Alte nahm das Schloss aus der Waffe und schaute durch den Lauf. Er kniff die Augen zusammen gab dem Unteroffizier seine Waffe zurück. Er solle sich doch einmal selber den Lauf ansehen. Unteroffizier Hron sah hindurch und senkte die Waffe wieder.
Der Alte wollte nun gern von ihm Wissen zu welchem Resultat er gekommen sei. Unteroffizier Hron antwortete ihm in seinem unnachahmlichen vogtländischen Dialekt: „ Sei Flöh drin Genosse Hauptmann! “ Was auf gut Deutsch heißt das Flöhe im Lauf sind.
Da konnte keiner mehr an sich halten und sogar der Alte musste lachen. Natürlich wurden die Flöhe entfernt. Die Tage bis zum Wochenende verliefen eigentlich sehr ruhig. Am Freitagmorgen schickte mich der UvD zu Spieß. Er saß in seinem Zimmer zusammengesunken an seinem Schreibtisch als stände der Weltuntergang bevor. Ich wollte mich vorschriftsmäßig
melden aber er winkte nur müde ab. „ Setz dich mal ich habe ein kleines Problem das ich mit dir gern besprochen hätte. Du weist das ich das Wochenende in der Kaserne verbringen muss!? „: begann er das Gespräch so jämmerlich das er einem schon leid tun konnte. „ Das tut mir aber leid für dich zumal du ja fast unschuldig bist an der ganzen Sache.“: versuchte ich ihn ein wenig zu trösten .Mittlerweile hatte er mir das Du angeboten wenn der Alte nicht in der Nähe war. Obwohl er doch eigentlich selber Schuld hatte und kein
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Mitleid verdient hatte. Hätte er nach dem Waffenreinigen, wie es seine Aufgabe war, richtig kontrolliert wäre ihm das erspart geblieben. „ Ich danke für dein Mitgefühl aber das kannst du dir sparen. Das Ganze wäre auch nicht so tragisch hätte mein Geldbeutel nicht so gelitten auf der Übung. Denk jetzt lieber mit darüber nach wie die Sache für uns doch noch eine positive Wendung bekommen könnte. Wenn ich jetzt zum Alten gehe und eine Fahrt eintragen lasse riecht er sofort Lunte!? Mit etwas Geld könnten wir uns das Wochenende etwas schöner gestalten:“ Als wenn ich nicht schon lange gemerkt hätte wohin die Fahrt geht. Der Spieß hatte kein Geld aber unheimlichen Durst. „ Wir könnten heute Mittag noch nach Torgelow in die Wäscherei fahren und auf den Weg dorthin fahren wir an der Sparkasse vorbei da kannst du dann dein Sparbuch erleichtern!
Wegen der Eintragung in das Fahrtenbuch mach dir keine Sorgen das erledige ich! „
: gab ich ihm zur Antwort. Sein Gesicht hellte sich auf. Ich lief zum UvD um das Fahrtenbuch zu holen. Ich ging auf meine Stube und trug eine Fahrt zur Wäscherei ein. Unterschrieben habe ich wie immer selber. Noch war der Alte in der Kompanie und es sah auch nicht danach aus als wolle er Heute, wie sonnst am Freitag üblich, zeitig nach Hause gehen. Der Spieß wurde immer unruhiger. Der Alte schlich durch die Kompanie als schiene er etwas zu Ahnen. Er war schon ein ausgekochter Hund. Hatte sich selber vom Soldaten hochgedient bis zum Hauptmann und kannten alle Schliche. Plötzlich betrat der Offiziersschüler Fischbach die Kompanie und nun klärte sich auch schnell auf warum der Alte noch hier war. Er hatte genau auf diesen Offizierschüler gewartet. Sicher hatte er wieder mal wenig im Geldbeutel und lies sich gern von seinem Schüler in die „ Wilde Sau „ einladen. Mit ihm verbanden ihn geheime Bande. Offiziersschüler Fischbach vertrug einiges mehr an Alkohol als der Oberleutnant der zudem der auch noch gern einmal um sich schlug. Gemeinsam mit dem Alten verlies Genosse Fischbach die Kompanie. Um nicht weiter aufzufallen nahm ich den Spieß gleich mit zum Park. Das Regiment verließen wir gleich durch das Alarmtor. Über die Panzerstrasse fuhren wir über den Truppenübungslatz durch die Randow nach Spechtberg. So hatten wir die Hauptstrasse und ein Zusammentreffen mit dem Alten vermieden. In Drögeheide machten wir einen kurzen Stop damit der Spieß sein Sparbuch holen konnte. Zum Glück war seine Frau nicht zu Hause. Hastig sprang er in den Ural. Gerade noch rechtzeitig erreichten wir die Sparkasse. So schnell habe ich meinen Spieß noch nie laufen gesehen. Er bekam das nötige Geld und damit versorgt fuhren wir zu einem kleinen Konsum eines Ortes, ich glaub er hieß Uhlenkrug, der mitten im Wald lag. Dort verfiel der Spieß in einen regelrechten Kaufrausch. Er kaufte so als sollte es ab Morgen nichts mehr geben .Obwohl es nie genug gab aber Schnaps gab es immer. Solch Umsatz machte die Verkäuferin bestimmt nicht jeden Tag. Er kaufte Beerenweine, die Flasche für 2.50 Mark, zwei Kästen Bier, ein paar Flaschen Schnaps und Prima Sprit. Nun galt es nur noch alles sicher ins
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Regiment zu bringen . Ich wickelte das ganze in meine grauen NVA Decken damit auch ja nichts verloren oder zu Bruch geht. Am KdL gab es Dank der Anwesenheit seiner Majestät des Hauptfeldwebels keinerlei Probleme. Wir fuhren hinter die Kompanie und die Lieferung ging durchs Fenster des Zimmers vom Spieß. Danach fuhr ich den Ural zum Park. Zurück in der Kompanie holte ich mir freiwillig eine Harke und beseitigte die Spuren des Urals im Außenrevier. Hätte ja sein können das der Alte noch einmal auftauchte. Hätte er die Spuren im Sandboden gesehen wären ihm sicher ein paar dumme Gedanken gekommen schließlich war er nicht blöd. Dieses Wochenende ist sicher vielen der Genossen in guter Erinnerung geblieben. Am Samstagabend fand ein Saufgelage statt an dem alle in der Kompanie Anwesenden teilnahmen. Wenn es an diesem Tag einen Alarm gegeben hätte!? Alle trauerten wir gemeinsam bis zur letzten Flasche mit dem Spieß über die schlechte Benotung der Waffenkammer. Insgeheim dankten wir jenen die mit ihrer schlechten Waffenpflege dieses fröhliche Fest zu verdanken hatten. Ach so ! Natürlich auch dem Sparbuch des Hauptfeldwebels . Montagmorgen lies der Alte sich wieder einmal von Oberleutnant Giller mit Exerzierschritt empfangen und Meldung machen. Er liebte diese Auftritte besonders wenn ihm der Oberleutnant Meldung machen musste das war ihm jedes Mal so richtig anzumerken. Er hielt ihn gern etwas klein diesen Oberleutnant. Der konnte sich ausrechnen was er noch zu erwarten hatte. So lange der Alte hier das Sagen hatte gab es für ihn kein Vorwärtskommen. Zum Morgenappell wurde uns mitgeteilt das heute an unserer Kompanie sei den Küchenzug des Regiments zu stellen. Alle wurden entsprechend eingeteilt und ich hatte die Ehre im Offizierskasino als Küchenhilfe tätig zu sein. Als mir der diensthabende Koch alles gezeigt und mich eingewiesen hatte gab es erst einmal ein anständiges Frühstück. Das war seid Wochen wieder einmal ein anständiges Essen. Den Rest des Tages durfte ich mich mit Töpfen, Pfannen und Geschirr amüsieren. Die Offiziersmesse bekam geschälte Kartoffeln geliefert so dass es mir hier erspart blieb diese auch noch schälen zu müssen.
Das Schicksal meinte es an diesem Tag besonders gut mit mir .Das OGS lieferte Bananen. Ich sollte die Kartons in das Kühlhaus räumen. Bevor ich alle dort hin brachte habe ich zunächst erst einmal in einem Wäschesack eine stattliche Anzahl dieser seltenen gelben Früchte versteckt. Wenn ich gewusst hätte dass mir der Koch am Abend noch die Taschen mit Bananen voll stopfte hätte ich selbstverständlich etwas weniger sozialistisch umgelagert. Es waren aber immerhin einige Soldaten in der Kompanie die ich zu beliefern hatte. Deshalb hatte ich auch kein schlechtes Gewissen. Zur Mittagszeit musste ich mit dem Koch Essen ausgeben an die Offiziere. In der Schlange die am Essenschalter stand war auch ein Oberleutnant der mich wenige Tage zuvor durchs halbe Regiment gejagt hatte weil ich ihn angeblich nicht vorschriftsmäßig gegrüßt hatte. Als die Reihe an ihm war spuckte ich ihm auf den Teller und legte sein

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Fleisch darauf. Der Koch deckte alles schön ab mit einer Kelle Soße und wünschte ihm einen guten Appetit.
Ich glaube ihm hat es geschmeckt denn der Teller war blitzblank als er ihn brachte. Mahlzeit .
Nach dem Abendessen zu dem in der Regel nur wenige Offiziere kamen musste ich zurück in die Kompanie. Das war genau eine Stunde zu früh. Ich verteilte die umgelagerten Bananen
unter meinen Kameraden . Zum Dank dafür schickte mich der UvD mit zum Kartoffelschälen. Mit meinen Kameraden machte ich mich auf den Weg zum Sozialgebäude wo wir alle gemeinsam für den nächsten Tag, für die 2000 Soldaten und Unteroffiziere,
Kartoffeln schälen sollten. Dumm gelaufen die ganze Sache für mich aber es sollte noch viel schlimmer kommen. Mit 35 Mann betraten wir gegen 19 Uhr den stinkenden Kartoffelkeller, der uns sonnst als Versteck diente sich vorm Frühsport zu drücken, wo uns der Koch schon erwartete. Hier standen wohl Kartoffelschälmaschinen waren aber nicht, aus welchen
Gründen auch immer, mit Steckern versehen und auch nicht angeschlossen. Wir hätten wahrscheinlich die ganze Nacht in diesem Keller verbracht wenn wir nicht den für DDR Bürger typischen Erfindungsgeist besessen hätten. Schnell war ein Schraubenzieher besorgt und die Maschinen vom Genossen Dräger direkt an die Steckdosen angeschlossen. Allerdings hatten wir noch keine neuen Kartoffeln. Die im Keller gelagerten vom letzten Jahr waren schon unter einer Schlammschicht versunken. Es war schon unheimlich anstrengend überhaupt genügend Kartoffeln in dieser Schlammbrühe für die geforderte Menge zu finden. Nach einer Stunde waren die Genossen EK der Meinung dass sie die für ihren Bedarf erforderlichen Kartoffeln geschält hätten. Ohne Gruß verließen sie die ungastliche Stätte. Eine Stunde später folgten die Mittelpisser dem Beispiel der EK. Jetzt waren wir noch sieben Sprillis und von den sieben geforderten Wannen waren erst zwei voll mit Kartoffeln. Es schien uns fast unlösbar mit diesen paar Mann die restlichen fünf Wannen in dieser Nach zu schaffen. Jetzt war keine Zeit mehr zum Auslesen. Die Eimer gefüllt mit Schlamm und Kartoffeln wurden direkt in die Maschinen geschüttet und so lange laufen gelassen bis zwar nur kleine Kartoffeln aber fast saubere übrig blieben. Etwas mit der Hand nachschälen und fertig war die Laube. Von einem vollen Eimer blieben dann höchstens ein Drittel brauchbarer Kartoffeln. Es ging bis Nachts um 1 Uhr bis die siebente Wanne voll war. Wir marschierten in die Kompanie. Natürlich gingen wir alle noch duschen und das so laut das die schon schlafenden Genossen wieder wach wurden. Da hagelte es so manches liebe Wort. Trotz der Dusche hatte man noch tagelang den Geruch der verfaulten Kartoffeln in der Nase . Am anderen Morgen musste der Frühsport wieder einmal ausfallen wegen der verkürzten Nachtruhe der letzten Nacht. Nach dem Morgenappell mussten alle mit dem Stabsfeldwebel Meikies zum Gefechtspark um dort die ihnen vom Arbeiter und Bauernstaat anvertraute Technik zu warten.
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Stabsfeldwebel nahm an diesem Tag alles etwas sehr genau. Um es im Soldatenjargon auszudrücken er ging uns an diesem Vormittag fürchterlich auf den Sack. Es war ihm einfach nichts recht zu machen. Irgendetwas schien hier nicht zu stimmen aber der Stabsfeldwebel wollte nicht mit der Sprache rausrücken. Ich hätte aber schon gern gewusst was da am Kochen war und fragte deshalb den Stabsfeldwebel ob ich nicht in die Kompanie fahren könne um die Feldküche waschen zu können. Zu meinem großen Erstaunen war er sofort damit einverstanden wo er sonst doch irgendwo immer Morgenluft witterte.
Ich hängte also die Feldküche an und fuhr zur Kompanie. Zunächst begann ich auch erst einmal die Feldküche zu scheuern. Ich hielt mich dabei solange auf bis mir der Spieß über den Weg lief. Ich wollte von ihm wissen was der ganze Aufwand zu bedeuten hätte. Aber auch er wollte zunächst nichts wissen sagte mir aber wenig später das alle Berufsoldaten die Kaserne am Abend nicht verlassen dürfen. Da war mir alles klar. Heute Nacht wird das Regiment zu einer Übung gehen denn auch die anderen Kompanien zeigten verstärkte Aktivitäten. Nur in der Nachbarbaracke, bei den Aufklärern lief die Ausbildung bis Dienstschluss. Da gab es keinen Betrug. Ich füllte die Feldküche gleich mit Wasser spülte sie Außen noch einmal richtig ab und verstaute mein Sturmgepäck und andere nützliche Dinge gleich auf dem Auto. Obwohl er doch von nichts wusste brachte auch der Spieß seinen ganzen Plunder. War auch zu verstehen bei seiner Behinderung. Er war gerade noch in der Lage sein eigenes Körpergewicht zu tragen.
Ich fuhr das Auto zurück zum Park und meldete mich beim Stabsfeldwebel zurück.
Nach dem Mittagessen ging das gleiche Spiel auf dem Park weiter aber pünktlich zum Abendessen waren wir zurück in der Kompanie. Ich hatte natürlich alle Kameraden informiert und alles für den Alarmfall in unserer Stube vorbereitet als mir der UvD den Befehl des Alten übermittelte das ich in 10 Minuten mit dem Ural vor der Transportkompanie zu stehen hätte .Was war denn das wieder für eine Scheiße ?! Der weis doch ganz genau was heute los ist. Keine Fahrt im Fahrtenbuch eingetragen! Wieder musste ich mich strafbar machen und zwei Unterschriften fälschen. Das hätte mich nach Schwedt bringen können. Im Laufschritt lief ich zum Park um das Auto zu holen denn der Alte wartet nicht gern. Ganz und gar seinen Unwillen wollte ich mir auch nicht zuziehen. Zum Glück war der OvP gerade zum Abendessen und der diensttuende Gefreite lies mich schnell passieren. Pünktlich wie verlangt kam ich um die Ecke und konnte gerade noch sehen wie der Alte mit dem Kopf in meine Richtung wies. Er schien seinem Kumpel zu sagen dass er auch ohne eine Fahrt eingetragen zu haben sich auf seine Leute verlassen könne. Die beiden Hauptmänner stiegen zu mir ins Fahrerhaus und wollten nach Ückermünde gefahren werden. Als wenn man nichts anderes zu tun hätte an einem solchen Tag .Vor einem Gasthaus, wo sonnst, musste ich halten und beide gingen hinein. Ich legte mir meine Decken zurecht, zwei als Kopfkissen eine zum zudecken,
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um zu schlafen denn die bevorstehende Nacht würde für mich sehr kurz. Irgendwann kamen beide zurück und der Hauptmann der Transportkompanie gestützt vom Alten machte einen sehr schwachen Eindruck. Sein Gesicht war bleich wie das eines Toten. Hoffentlich kotzt der mir nicht noch das Auto voll. Beim Alten machte ich mir deswegen keine Sorgen war er doch im ganzen Regiment für seine Standfestigkeit bekannt. Als ich sie vor der Transportkompanie abgesetzt hatte sah ich noch wie der Alte voller Schadensfreude seinen Kumpel die Treppe hoch schleifte .Ich machte mich auf dem Weg zum Park holte ich die Feldküche und stellet das Auto hinter der PA -Kammer ab. Der Alte musste den genauen Zeitpunkt des Alarms gekannt haben denn genau eine Stunde nach dem ich im Bett lag wurde der Alarm ausgelöst. Der Alte stand schon im Flur und schien sich über mein dummes Gesicht zu freuen. „ Na gut geschlafen Genosse Langner? „:fragte er scheinheilig. Ich zog es vor diese Frage unbeantwortet zu lassen und lief zur Waffenkammer um meine Knarre zu holen. Ich klemmte sie in die Halterung die im Ural dafür vorgesehen war und fuhr zur Kompanie. Wir verluden die Reste der Pa- Kammer und die Munition. Der Spieß stieg ins Auto und wir stellten uns in die Kolonne unserer Kompanie. Der Alte stand schon auf dem Führungs- SPW und kreiste mit dem Arm .Das war das Zeichen zum Anlassen der Motoren und kurz darauf kam auch schon das taktische Zeichen „ Kolonne Marsch „! Das Regiment setzte sich in Bewegung die zurückbleibenden Kameraden die das Objekt zu bewachen hatten winkten uns zum Abschied zu. Wie sie das meinten wollen wir dahin gestellt sein lassen. Zunächst ging es für das gesamte Regiment wie immer nach Jatznik in den Unterziehraum. Dort standen wir so lange herum bis sich unsere Führung über den weiteren Verlauf der Übung einig war. Nach einer Stunde ging die Fahrt weiter über die mecklenburgischen Straßen. Natürlich wurde nicht vergessen wenn wir durch eine Ortschaft fuhren ab und zu eine Fehlzündung zu abzulassen damit auch alle Bürger unserer sozialistischen Heimat wussten das sie in Ruhe schlafen konnten weil wir sie beschützten . Weiter führte uns unsere Fahrt zum Truppenübungsplatz nach Klietz. Dort zogen wir abseits von unserem restlichen Regiment in einem Waldstück unter unsere Tarnnetze zurück. Die Kompanie war völlig abgetarnt und jede Gruppe bekam eine Aufgabe zugewiesen. Die restlichen Soldaten hatten wie immer das große Zelt und in entsprechender Entfernung den unverzichtbaren Donnerbalken aufzustellen. Natürlich durfte auch der Tisch und die weiße Tischdecke nicht fehlen. Dann wurden die Feldbetten aufgestellt und die Soldaten mussten ihre Zelte aus den dafür vorgesehenen Zeltplanen aufbauen. Es wurde vom Werkstattural ein Stromerzeuger aufgestellt der das Zelt der Offiziere und die Feldküche mit Licht versorgte. In solchen Momenten fühlte man sich ehr in die Kinderzeit zurückversetzt als bei der Armee. Alles erinnerte mehr an das Räuber und Gendarm oder die Indianerspielen. Ich gebe gern zu das mir das wilde Leben in freier Natur mehr Spaß bereitete als der graue Alltag in der Kaserne.
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Ich besorgte für die Feldküche das nötige Holz , von dem es hier weiß Gott genug gab , putze sie noch einmal und war meiner Meinung nach besonders fleißig an diesem Tag . Die Wurst und das Brot waren an die Soldaten ausgegeben nur von unserem köstlichen Tee wollte keiner so Recht etwas wissen. Was sagt uns das? Es müssen genug andere Getränke im Umlauf gewesen sein die den Genossen besser schmecken würden. Es war ein wunderschöner Sommerabend und so hatten sich die Genossen Offiziere entschlossen einen Tisch neben der Feldküche aufstellen zu lassen um dort zu Abend zu essen. Dabei kam mir die Aufgabe zu den Genossen als Kellner zu dienen. Sie traktierten mich schon eine ganze Weile mit
irgendwelchen Sonderwünschen und ich damit beschäftigt ständig auf meinen Ural zu klettern um irgendwelche Dinge für die Genossen zu suchen. Ehrlich gesagt hatte ich sehr bald die Schnauze voll von dieser Rolle als Butler. Hier geht es ja zu wie im Tollhaus dachte ich. Als mich nach zwei Stunden Frondienst , ich hatte mich gerade selber hingesetzt um zu essen , als der Stabsfeldwebel mich wieder auf den Ural schicken wollte da er noch etwas Senf brauchte war das Maß voll . Mir platzte der Kragen und ich sagte dem Stabsfeldwebel das er sich seinen scheiß Senf selber holen und mich kreuzweise könne. Das war wohl etwas zu starker Tabak. Der Staber riss die Augen weit auf sagte aber zu meiner großen Verwunderung kein Wort. Natürlich musste ich den Senf trotzdem vom Auto holen aber da war alles schon zu spät. Ich hatte seine Autorität untergraben und das sollte ich noch zu spüren bekommen.
Aber die Art und Weise wie das geschah ärgerte mich schon ein wenig. Ich war einfach für die Genossen nicht mehr existent. Die Aufgaben unserer Kompanie auf solchen Übungen waren sehr eingeschränkt. Größere pioniertechnische Aufgaben wurden von einem Pionierbatalion wahrgenommen. Es blieb auf ein paar Minen verlegen oder technische Hilfeleistungen beschränkt. Die meiste Arbeit blieb am Hauptfeldwebel und mir hängen. Essen bereiten, die Feldküche putzen und andere Dinge wechselten sich in schöner Regelmäßigkeit ab .Andere bekamen für viel weniger Einsatz regelmäßig Auszeichnungen oder Sonderurlaub sogar der faule Spieß war dabei. Ich aber der die meiste Arbeit hatte ging immer leer aus .Das lies mich bestimmt nicht unberührt. Ich fühlte mich in meinem Stolz verletzt. Auf diese Weise ist mir das Schweigen des Stabsfeldwebels teuer zu stehen gekommen. Nachts saß man dann wenigstens mit seinen Kameraden am Feuer trank einen Schluck in Ruhe das entschädigte doch ein wenig. Nach drei Tagen war die Übung beendet und wir fuhren per Achse zurück ins Regiment nach Torgelow- Drögeheide. Dort angekommen lief alles ab wie immer. Ich durfte das Auto abladen dann zum Park fahren wo ich natürlich beim Tanken und Waschen des Fahrzeugs der letzte im ganzen Regiment war. Der Spieß und seine Kumpane waren längst zu Hause als ich in die Kompanie zum kalten duschen kam. Anschließend legte ich mich schlafen. Wir waren wieder im Regiment und der

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trostloser grauer Alltag hatte uns wieder. Wieder jeden grüßen und auf alles genau achten denn jetzt war es mit der Freundlichkeit erst einmal vorbei. Ich hatte zum ersten Mal Urlaub eingereicht. Den ersten nach vier Monaten bei diesem Verein .Ausgerechnet Stabsfeldwebel Meikies nahm die Urlaubskontrolle vor. Er verstand meisterlich die Kontrolle so herauszuzögern dass wir keine Möglichkeit mehr hatten den Bus nach Torgelow zu erreichen geschweige den Zug in Pasewalk. Dennoch hatten wir Glück im Unglück. Ein Ural der Transportkompanie fuhr gerade zum Tor hinaus und zum Glück erkannte ich den Fahrer. Der war wie ich Leergefechtsfahrer und fuhr den nicht ganz trinkfesten Kompaniechef der Transportkompanie. Er fuhr zufällig nach Pasewalk und setzte uns sogar direkt vorm Bahnhof ab. So schafften wir den Zug doch noch und meine Kameraden die wegen mir in diese Racheaktion des Stabers verwickelt wurden waren nicht mehr ganz so sauer auf mich. Sie wussten natürlich warum der Staber sich soviel Zeit lies und der rechnete wohl damit das sie sich an mir rächen. Allerdings reichte die verbleibende Zeit bis zur Abfahrt des Zuges nicht mehr um noch ein Bierchen in der Mitropa zu trinken. Der Zug stand schon abfahrbereit am Bahnsteig und so stiegen wir sofort ein. Kaum war die Tür ins Schloss gefallen setzte sich auch schon der Schnellzug nach Leipzig, über Berlin, in Bewegung. Wir suchten gar nicht erst nach einem Abteil sondern liefen gleich zum Mitropawagon. Leider mussten wir feststellen dass die DDR Mangelwirtschaft wieder einmal voll zugeschlagen hatte. Außer Aromatique und Schokomilch in diesen dreieckigen Tüten war hier nichts mehr zu bekommen. Na ja der Zug kam aus Polen. Als wir nun auch den letzten Aro getrunken hatten suchten wir uns ein Abteil. Im einzigen freien Abteil hatten bereits zwei junge Polen platz genommen was uns aber nicht störte. Wir setzten uns zu ihnen und fingen mit Händen und Füßen ein Gespräch an. Schon bald hatte sich die Stimmung gesteigert und einer der beiden Polen kramte aus seiner Tasche eine Flasche die mit selbstgebrannten Schnaps gefüllt war. Sie hatten wohl bemerkt was mit uns los war und das Problem richtig erkannt. Sicher hatten sie auch einmal in der polnischen Armee gedient und die meisten Armeen dieser Welt sind sich doch ähnlicher als die meisten denken. Alles was verboten wird ist umso verlockender für die es verboten ist. Dankbar nahmen wir das Angebot der polnischen Freunde an und die Flasche ging so lange Reihe um bis sie ihren Geist aufgegeben hatte. Der lange Kruspe nahm zum Nachspülen seine aus der Mitropa mitgebrachte Schokomilch. So nach und nach ging uns der Gesprächsstoff aus und es wurde merkwürdig still im Abteil. Unsere polnischen Begleiter hatten uns verlassen und wir waren allein im Abteil als der lange Kruspe wie von der Tarantel gestochen von seinem Platz aufsprang das Fenster nach unten zog und ein Gemisch aus Schokomilch und Selbstgebrannten aus dem Fenster spuckte . Das ganze sah aus wie Schokoquark und flog in großen Fetzen, Dank der schnellen Fahrt, ins Gelände. Aber ich will ehrlich bleiben. Auch mir ging es hundeübel. Ich hatte aber noch die Kraft auf die Toilette zu laufen und solchen Zwischenfall wie bei dem Langen zu
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vermeiden. Dort angekommen musste ich mich immer im Wechsel entleeren. Bis auf das Erste mal ging das auch gut. Da war alles zu spät es ging vorn hinaus und hinten in die Hose. Die schöne Unterhose warf ich noch schnell aus dem Fenster und das Letzte woran ich mich erinnere ist das ich auf der Toilettenbrille breit machte. Danach kann ich mich an nichts mehr erinnern. Ich war völlig weggetreten. Als dies geschah waren wir auf jeden Fall noch ein gutes Stück vor Berlin und dachte mit keiner Silbe mehr an den Zielbahnhof. Irgendwie schaffte ich es nicht mehr diesen Ort zu verlassen. Der Lange lag sicher in einem etwa gleichen Zustand (Koma) und hat mich deshalb auch nicht vermisst. Ins Leben zurück fand ich erst kurz bevor der Zug im größten Sackbahnhof Europas in Leipzig einlief. Meine Extremitäten waren ganz schön unterkühlt nach der langen Sitzung auf der Klobrille. Schell zog ich die Uniformhose hoch lief ins Abteil wo ich meine Tasche fand aber keine Spur mehr vom Genossen Kruspe. Ich schnappte meine Habe und sprang gerade in dem Moment aus dem Zug als eine Anschlusszug der über Halle, Apolda, Weimar, Erfurt nach Eisenach fahren sollte. Er stand auch noch gerade auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig. Ohne noch lange zu schauen oder zu überlegen stieg ich in diesen Zug .Der Zug war merkwürdig leer und die meisten Reisenden schienen Rentner zu sein. Aber es war Nacht und deshalb machte ich mir weiter keine Gedanken. Schnell war ein leeres Abteil gefunden. Die Tasche flog ins Gepäcknetz und ich auf den Platz .Ich war völlig fertig wollte aber nicht mehr schlafen denn es war nicht mehr weit von Leipzig nach Apolda. Kaum saß ich fuhr auch schon der Zug mit einem kräftigen Ruck aus dem Bahnhof. Es dauerte nicht lange als ein Mitropakellner mit seinem Servierwagen an meinem Abteil erschien. Er hatte „ Münchner Bockbier „ zum stolzen Preis von 5DDR Mark auf seinen Wagen stehen mit dem ich gerne meinen Kater bekämpft hätte. „ Mein lieber Mann tu traust dir Was! Weist du denn nicht was das für ein Zug ist? Wenn sie dich hier erwischen landest du in Schwedt! Du sitzt hier in einem Interzonenzug und wenn im nächsten Bahnhof eine Streife zusteigt bist du
dran . Du weist doch wie die staatlichen Organe auf mögliche Westkontakte reagiert!“: plapperte er ganz aufgeregt im besten Sächsisch. „ Aber ich habe auch bei diesem Verein gedient und weis doch wie das ist. Ich habe ein Abteil das mir als Vorratsraum dient darin werde ich dich einschließen und kurz vor Apolda lasse ich dich raus! „: sagte er.
So sollte es auch geschehen. Er brachte mich in das Vorratsabteil und schloss mich darin ein.
Ich konnte in Ruhe mein Bockbier trinken und wie versprochen lies er mich kurz vor Apolda
aus meinen Versteck . Ich bedankte mich bei ihm für seine uneigennützige Hilfe und verlese den Interzonenzug. Noch bevor der Zug den Bahnhof verlies machte ich mich auf den Weg über die Gleise des Güterbahnhofes die ich noch bestens aus der Zeit beim VEB Kohlehandel kannte. Auf diese Weise entging ich einer eventuellen Kontrolle durch die Bahnpolizei.
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Als ich endlich die Sulzaer Straße erreicht hatte musste ich erst einmal die Schuhe ausziehen da sie mich furchtbar drückten. Ich hatte bei der Urlaubskontrolle durch den Stabsfeldwebel dunkelbraune getragen obwohl doch schwarze Schuhe Vorschrift waren. Das fand natürlich keine Zustimmung beim Stabsfeldwebel. Ich lieh mir also bei einem Kameraden ein Paar schwarze die allerdings eine Nummer zu klein waren. Bis hier her hatte ich mich gequält aber jetzt war Schluss. Die letzten zwei Kilometer bis nach Apolda Nord ging ich einfach in Socken. Der Weg nach Apolda Nord zog sich ganz schön in die Länge. Wir hatten dort erst vor kurzen eine Neubauwohnung erhalten, natürlich im Plattenbaustiel, waren aber froh und glücklich. Wir jetzt fließend warmes Wasser und ein für DDR Verhältnisse ein modernes WC. In der alten Wohnung hatten wir das Plumpsklo noch über den Hof. Es war schon ein gewaltiger Fortschritt. Mein Vater hatte schon den ganzen Umzug erledigt aber nichts desto trotz lies ich mir den Umzug vom Wehrkreiskommando bestätigen. Auf diese Weise bekam ich noch die zwei Tage Sonderurlaub die für einen Umzug vorgesehen waren. Die sozialistische Namensgebung ( Ersatztaufe der SED ) war auch bei allen Soldaten sehr beliebt gab es dafür auch zwei Tage Sonderurlaub. Auch für meinen Sohn Karsten gab es solche Namensgebung zu der man zur Feierstunde natürlich in Uniform erscheinen musste. Aber was tut man nicht alles für zwei Tage Sonderurlaub. So kam ich am Sonnabendmorgen nach Hause und stand Sonntagabend schon wieder auf dem Bahnsteig um zurückzufahren.
Montag Früh hatte ich pünktlich 6 Uhr zum Dienstbeginn in der Kompanie zu sein. Daran sollten mal die denken die heute Montag eingezogen werden und am Samstag schon wieder bei den Eltern auf der Matte stehen. Mein Sohn Lars ist seid 2 .11. 1999 in Stetten am kalten Markt in einem Ausbildungsbatalion für Feldjäger. Die jammern wegen der 10 Monate und haben es 130 Kilometer weit nach Hause und dürfen mit dem eigenen Auto kommen. Wir hatten 18 Monate und 500 Kilometer und die Deutsche Reichsbahn. Was für ein Luxus .
Die ganze folgende Woche verbrachte ich mit Munitionstransporten vom Lager Gummnitz zum Bahnhof. Hilfe beim Aufladen oder Abladen war mir streng untersagt. Ich weiß bis heute nicht welche Art von Munition ich da fuhr .So langsam neigte sich das Erste Diensthalbjahr seinem Ende entgegen und unsere Genossen EK bekamen immer häufiger ihr so genanntes Tagedrücken zu spüren. Ganze Nächte verbrachten sie mit Kaffee trinken und um sich über die vielen schönen Erlebnisse bei der NVA zu unterhalten. Natürlich unterhielten sie sich auch darüber was sie im Zivilen Sektor alles tun würden wobei in Ruhe ein Bier trinken und das beglücken der Frauen an erster Stelle standen .Mir ging das ganze Spiel schwer auf die Nerven. Keine Nacht konnte man mehr in Ruhe schlafen und ich glaubte nicht im Entferntesten daran das es uns eines Tages genau so ergehen könnte.
Zu dieser Zeit schlichen auch immer häufiger irgendwelche undurchsichtige Gestalten durch unser Regiment. Sie warben unter den EK für den Zoll, die
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Staatsicherheit oder andere staatliche Organe . Mich hat natürlich nie jemand befragt und heute weis ich auch das dies nur gut war für mich. Wie zu jedem Ende eines Diensthalbjahres stand nun die Umstellung der Technik auf die folgende Nutzungsperiode bevor. Alle sechs Monate wurden die Fahrzeuge überholt und neu gespritzt .Bei manchen Fahrzeugen war die Farbschicht dicker als das Blech. Die Soldaten die entlassen wurden mussten ihre Fahrzeuge am Ende dieser Umstellung an den jeweiligen technischen Offizier zurückgeben. Komplett mit aller Ausrüstung .
Da musste man schwer auf sein Werkzeug aufpassen denn den EK fehlte immer etwas.
Natürlich versuchte man allen seiner Meinung nach unnötigen Arbeiten aus dem Wege zu gehen. So wurden alle Hoheitszeichen dünn mit Fett bestrichen das man nicht jedes Mal Neue aufkleben musste. Mit einer Spritzpistole die man an dem fahrzeugeigenen Luftkessel betrieb, dessen Druck viel zu gering war, besserte man einige Stellen etwas aus. Die unteren Regionen wurden mit einem Gemisch aus Altöl, Benzin und Unterbodenschutz wieder etwas aufgefrischt. Auf diese Weise bekam man ein frisches aber mattes aussehen. Die Fahrzeuge durften doch aus Tarnungsgründen nicht Glänzen. Alles in allen hatte man höchstens drei Tage zu tun. Den Rest der Woche verbrachte man mit Gammeln. Man lag unter dem Fahrzeug und schlug ab und zu mit einem Schlüssel gegen die Kardanwelle das die Vorgesetzten dachten man wäre bei der Arbeit. Kamerad Dräger wurde vom Alten ermahnt seinen SPW dichter am Maschendrahtzaun zu parken und den Tankdeckel offen zu lassen damit die Saugleitung des Alten auch ausreichte .Das Auto des Alten lief fast zu 100 % im Spritverbrauch auf diesen SPW . Ich wurde währen der Woche der Umstellung immer wieder vom Alten vom Park geholt um ihn irgendwo mit ihm hinzufahren. Natürlich war mein Auto nicht so fit wie manches andere. Am Montag sollte nun die Abnahme der Technik stattfinden. Der Alte erschien auf dem Park sah mein Auto und sagte. „ Lass bloß den Saubock hier verschwinden! Bring ihn in den Wald und tarn ihn ab! „ Natürlich war ich beleidigt sollte aber wenig später begreifen warum das so lief. Wie viel Stunden ich allein damit verbrachte den durch die Wasserdurchfahrten entstandenen Blindstrom zu beseitigen. Die ganze Arbeit auf die man zu Recht stolz war für die Katze . Undankbares Volk die Vorgesetzten . Was hatte man in diesem halben Jahr nicht alles für den Alten getan und dann so was. So kam es das ich an diesem Montag das Auto vom langen Kilian um es vorzustellen .Der war im Urlaub .Alle Fahrzeuge wurden an einer gespannten Schnur exakt ausgerichtet und das Zubehör davor ausgebreitet. Sorgfältig wurde ein Fahrzeug nach dem anderen überprüft. Der Alte hatte das ganze Geschehen auf dem Park erst in den Garagen begonnen in dem auch das Auto vom Langen stand. Es lief alles wie geplant. 11 Uhr begann die Prüfung und war in den Garagen pünktlich zum Mittagessen beendet. Der Alte lud den Prüfer zum Mittagessen in das Offizierscasino ein und ich fuhr das Auto aus der Garage auf den Leergefechtspark an die Stelle wo
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sonnst mein Ural stand. Ich legte alles Zubehör auf den Boden vor dem Fahrzeug aus und wartete auf die Genossen. Natürlich hatte ich das Fahrtenbuch von meinem Ural Vorgelegt. Ein Glück das der Offizier nicht auf den Tacho geschaut hat . Während ich bei der ersten Überprüfung noch eine 2 bekommen hatte bekam ich bei demselben Fahrzeug nur eine 3. Merkwürdig? Als ich am Anderen Tag mein Auto wieder geholt hatte sagte ich dem Alten das ich mir das hätte sparen können eine 3 hätte ich mit Sicherheit auch für meine Karre auch bekommen. Der hielt es nicht für nötig mir zu antworten lief einfach davon. Irgendetwas liegt hier in der Luft!? Aber was ?
Es war schon ein merkwürdiges Gefühl die EK mit Zivilkleidern in der Kompanie zu sehen. Das Abschiedsfest der EK war wie nicht anders zu erwarten ein einziges Besäufnis das erst kurz vor dem Wecken endete. Wir tauschten die Adressen aus und versprachen uns gegenseitig zu schreiben. Aber als sie fort waren hatten wir das schon vergessen. Eigentlich waren wir froh dass sie endlich weg waren und wir in der Rangordnung eine Stufe höher gestiegen waren. Endlich kein Spritzer mehr . Jetzt war man Mittelpisser. Die neuen EK und Mittelpisser gingen an diesem Morgen zum Park. Als wir zum Mittagessen wieder in die Kompanie kamen waren die alten EK bereits auf dem Heimweg. Ich klebte gleich ein neues Namensschild an das untere Bett und das gleiche tat auch mein neuer Stubenältester Gefreiter
Kilian . Schließlich sollte man doch seiner neuen Stellung auch gerecht werden. Kaum waren die EK verschwunden und ich hatte mein Bett eingerichtet ging die Tür auf. Herein kam unser ehemaliger Offiziersschüler und frischgebackener Leutnant Fischbach. Er teilte mir mit das ich meine Klamotten zu packen hätte und in eine Stube der Minenschubser umzuziehen hätte. Auf einmal war mir das merkwürdige Verhalten des Alten in den letzten Tagen klar. Ich war zum Minenschubser degradiert und bekam nun endgültig die Rache des Stabsfeldwebels Meikies zu spüren. Mann hatte der einen langen Arm oder den Alten voll im Griff!? In diesem Moment schossen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Was kann ich dagegen tun? Gibt es noch eine Möglichkeit diesem Schicksal zu entgehen? Ich packte mein Bündel und ging in meine neue Stube. Auf den Weg dorthin begleitete mich der Leutnant. Ganz neben bei lies ich die Bemerkung fallen die mich wieder aus dieser Situation bringen sollte. Das ganze war im Nachhinein nicht ungefährlich für mich aber daran dachte ich aber in diesem Moment nicht .Ich sagte: „ Ich werde meine 12 Monate hier noch herumbekommen aber für manchen wird seine Kariere hier zu Ende gehen!
Ich werde meine Onkel, Oberst Schinner in Straußberg, mal mitteilen was so alles hier Unterschlagungen an Verpflegung der Soldaten gelaufen ist! Das hier Privatfahrzeuge mit Benzin der NVA betrieben und technische Ausrüstung auf seltsamen Wegen verschwand.
Kann sein das ich dann die nächsten 12 Monate nicht mehr viel zu lachen habe aber meine Zeit hier ist absehbar !“ Der Leutnant sah mich mit einem fragenden Blick an hatte aber wohl sehr gut verstanden was ich da von mir gab. Ich richtete
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mich in meiner neuen Stube so gut es ging hier ein. Bettenbau und der Spind waren fertig. Ich fand mich mit der Situation ab. Kompanie marschierte zum Abendessen. Die Kompanie war zum Abendappell angetreten. Ich spürte genau die wütenden Blicke des Stabsfeldwebels auf mir ruhten. Die Botschaft hatte die sie Betreffenden erreicht. Trotzdem schlief ich in dieser Nacht in der Stube der Minenschubser. Am Morgen nach dieser Nacht der so wie immer ohne Frühsport begann wurde ich zu Leutnant Fischbach bestellt der mir mitteilte das ich wieder in meine alte Stube zurück könne sollte aber in Zukunft mein Verhalten gegenüber meinen Vorgesetzten so gestalten das es keinen Grund mehr zu klagen gibt . Mir waren diese Sprüche im Wesentlichen
egal Hauptsache ich hatte meinen alten Posten wieder um den mich so viele beneideten. Besonders der lange Kilian den man diesen Posten schon zugesagt hatte . Armer Kilian .
Aber immerhin war er noch Stubenältester. Am anderen Tag trafen die Neuen in unserer Kompanie ein. Nicht nur Soldaten auch Unteroffiziere . Unter den neuen Unteroffizieren befand sich auch ein Soldat! Nun in diesem Moment trat der Soldat Wolf Udo Hänichen in den Mittelpunkt der Kompanie und meine Wenigkeit, zum Glück, in den Hintergrund. Der Sachse war ein verhinderter Unteroffizier. Er hatte sich für drei Jahre verpflichtet aber bald die Schnauze voll und war von seinem Vertrag zurückgetreten. Das blieb natürlich nicht ohne Folgen für ihn. Das er ausgerechnet in unserer Kompanie landete war für mich ein erneuter Beweis für die Sonderstellung unserer Truppe in diesem Regiment. Wir waren der größte Sauhaufen in diesem Verein den man sich vorstellen konnte. Doch nicht einmal in so einer Truppe hatte der Sachse nichts zu lachen. Seine 18 Tage Urlaub durfte er erst 20 Tage vor der Entlassung antreten. Das hieß ab nach Dresden und zwei Tage vor der Entlassung wieder zurück nach Torgelow – Drögeheide. Während er den allgemeinen Dienst überhaupt nicht Ernst nahm blühte er bei der Sprengausbildung so richtig auf. Im Sprengen war er einsame Spitze. Er brachte es fertig einen Unterstand für den Ural herauszusprengen das man hineinfahren konnte ohne eine Schaufel anzufassen. Hinein fahren! Tarnnetz darüber! Fertig! Das gefiel auch dem Alten sehr gut wenn er es auch nicht zugab da ihm Leute die etwas nicht durchstanden oder schafften ihm zu tiefst zu wider waren. An diesem Tag als wir Sprengausbildung hatten warf ein Unteroffizier eine Holzattrappe eines Sprengkörpers in die Randow. Aus Spaß befahl er mir ihn heraus zu holen. Er war noch nicht richtig fertig mit dem Befehl als ich schon im Wasser war und die Attrappe zurück brachte. „ Was machst denn du für einen Mist? Ich habe doch nur Spaß gemacht!“: sagte er. „ Ist mir egal! Befehl ist Befehl! „: gab ich zur Antwort. Ab diesem Moment war die Sprengausbildung für mich beendet. Ich machte ein Feuer und trocknete, während die anderen Minen vergruben, meine nassen Klamotten. Auch unsere alten Unteroffiziere waren froh über die Ankunft der neuen Unteroffiziere .Nun endlich hatten sie Leute in ihrer Nähe die länger zu dienen hatten als sie selber. Die durften jetzt auch ein paar Mal mehr UvD
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stehen als die Alten. Die neuen Unteroffiziere waren noch voller Tatendrang und stolz auf den neu erworbenen Rang. Sie dachten wohl das ihnen jetzt alle zu Füßen liegen müssten und jedem Befehl von ihnen Folge zu leisten. Oh wie sollten sie sich doch getäuscht haben. Die Ernüchterung sollte nicht lange auf sich warten lassen. Es dauerte nicht lange und wir hatten sie fest im Griff. Von da an versahen sie ihren Dienst mit demselben Eifer wie die Alten. Natürlich haben sie es probiert in den ersten Tagen ihres Seins in der Kompanie etwas zu ändern. Aber sie begriffen sehr
schnell das es hier um ein gegenseitiges Geben und Nehmen ging. Dabei fällt mir ein das ein Unteroffizier uns an einem Morgen mit seinem persönlichen Erscheinen zum Frühsport überreden wollte .Er hatte die Tür nur einen Spalt breit geöffnet als der Stiefel vom langen Kilian fast am Kopf getroffen wurde. Es knallte schrecklich laut und der Unteroffizier zog es vor sich zu entfernen. Selbst eine Beschwerde beim Kompaniechef brachte ihm da nichts ein im Gegenteil der Alte sagte ihm wenn er sich nicht durchsetzen könne wäre er fehl am Platz. Vor dem Unteroffizier hatten wir in Zukunft Ruhe sogar ein freundschaftliches Verhältnis.
Die Neuen in unserer Kompanie absolvierten ihre Ausbildung genau wie wir in anderen Kompanien. Sehr schnell hatten wir ihnen ihre Reviere zugeteilt und da wir zwei Neue auf unsere Stube bekommen haben blieb für mich gerade noch die Urlaubsvertretung.
Soldat Seifert wurde der neue SPW Fahrer des Alten und hatte einen guten Draht zu ihm.
Der Andere, Oliver Grund, bekam den Werkstattural von Rieck.
Ein anderer, dessen Name ich hier absichtlich verschweige weil er heute als Busfahrer arbeitet, machte dem Alten besonders zu schaffen. Heute bin ich fast geneigt zu glauben er wollte die guten Posten gar nicht die man ihm bot. Als erstes viel er durch die Typenschulung für Militärkraftfahrer . Da schon dachte ich der Alte dreht durch. Man konnte den Alten
kilometerweit brüllen hören. Dann schickte man ihn 14 Tage auf einen Lehrgang für Raupenfahrer. Von dem kam er auch ohne die erforderlichen Papiere zurück. Der Alte war außer sich vor Wut und den Soldaten hatten nicht sehr viele frohe Stunden. Mit meinen Sprillis hatte ich keine Problehme. Die Jungs hatten schnell begriffen wie der Laden lief und handelten entsprechend. Ich habe sie nie auf irgendeine Weise schikaniert oder schlecht behandelt. Das hat sich immer gut ausgezahlt. Ich wollte mich einfach nicht so blöd benehmen wie die EK vor uns. Nun wurden die Tage langsam kühler und genau wie im Frühjahr musste man auf den entsprechenden Befehl für die wärmere Bekleidung warten. Für den Frühsport galt solange Rot Gelb bis anderes befohlen wurde. Es war nicht Petrus der mit seinem Wetter die Anzugsordnung bestimmte sondern die NVA. So konnte es vorkommen dass man im Frühjahr schwitzte und im Spätjahr fror. Als es eines Morgens der Alte wieder

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für einmal nötig erachtete uns persönlich zum Frühsport zu beglücken war es lausig kalt. Wir sind wie in solchen Fällen üblich nicht sehr weit gelaufen. Unser Ziel, der Kartoffelkeller, war schnell erreicht. Ich erreichte die Treppe zum Keller mit etwas Verspätung nach meinen Genossen .Gerade als ich um die Ecke kam sah ich einen Hauptmann misstrauisch die Kellertreppe herunter schauen. Abhauen konnte ich nicht mehr er hatte mich schon gesehen. „ Wo wollen sie denn hin Genosse? „: wollte er von mir wissen. Jetzt war guter Rat teuer. Kurz überlegt und dann geantwortet : „ Genosse Hauptmann ! Ich bin heute Frühsportverantwortlicher! Einige der Genossen wollen sich verpissen und vorm Frühsport drücken. Ich vermute sie im Kartoffelkeller! Wollte gerade nachsehen und sie holen!“ Er antwortete: „ Das ist gut Genosse! Sehen sie zu das sie die Drückeberger finden! Ich warte hier auf sie!“ Mit einem Satz war ich im Keller verschwunden um die Genossen zu warnen. Wir öffneten ein Fenster auf dem den Exerzierplatz zugewandten Seite des Gebäudes und verschwanden durch das Selbe. Wir reihten uns ein in die Kompanie und liefen tatsächlich noch 1000 Meter. Wie immer trug ich bei sportlichen Aktivitäten keine Brille. Das war mein Glück denn immer wenn ich auf den Hauptmann traf sah er mich mit misstrauischen Blicken an. Er wusste wohl das ich mit irgendetwas im Zusammenhang stand kam aber nicht darauf wusste es nicht einzuordnen. Zu meinen Glück . Mein neuer Zimmergenosse, Jürgen Seifert, hatte sich von seinen Eltern ein älteres Radio schicken zu lassen. Diesen Radio versahen wir mit der laut Vorschrift geforderten Scala. Die bestand aus einem Zettel auf den man die Sender des „ Demokratischen Rundfunks „ aufzeichnen musste. Nur diese aufgezeichneten Sender durfte man auch hören. Radio DDR, Radio Moskau, bitte nicht lachen, Berliner Rundfunk und so weiter. Wurde man dabei erwischt das man Sender aus dem kapitalistischen Ausland hörte gab es mächtig Ärger. Im günstigsten Fall wurde das Gerät für ein paar Wochen eingezogen. Das erinnert einen an Zeiten in denen schon einmal verboten war sogenannte Feindsender zu hören .An einem Sonntag, wo sich nur selten einer der Tagesäcke sehen lies, lag ich auf meinem Bett und hörte leise die Hitparade von Radio Luxemburg moderiert von Frank Elstner. Ich war wohl aus lauter Schwäche von der harten Ausbildung etwas eingeschlafen .Ausgerechnet an diesem Tag muss sich wohl der Staber mit seiner Schwiegermutter gestritten haben. welchen Grund sollte es sonnst geben das er an einem Sonntag durch die Kompanie schlich? Ich bekam dies alles erst mit als der Staber bereits mitten in meiner Stube stand. Gerade in diesem Moment sagte Frank Elstner: „ Hier ist Radio Luxemburg mit der Internationalen Hitparade!“ Das war natürlich ein gefundenes Fressen für meinen speziellen Freund Stabsfeldwebel Meikies. Ich durfte das Radio in das Zimmer des Stabers tragen und ermeine nur noch dass ich von ihm noch hören würde. Schon am Montagmorgen nach dem Morgenappell wurde ich in das Zimmer des Kompaniechefs bestellt. Ich trat ein meldete mich Vorschriftsmäßig und durfte mich setzen. Der Alte saß gebeugt über ein Blatt Papier an seinem Schreibtisch und gönnte sich eine längere
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Denkpause . Der Staber saß siegessicher grinsend neben dem Alten. Der Alte holte noch einmal tief Luft und begann zu sprechen:„ Genosse Langner trifft das zu was mir der Genosse Stabsfeldwebel heute Morgen gemeldet hat? Entspricht es der Wahrheit dass sie gestern Nachmittag Radio Luxemburg gehört haben? Einen in der NVA verbotenen Sender !? „ Natürlich hatte ich schon am gleichen Tag über eine gute Ausrede nachgedacht und kam nicht unvorbereitet .Ich begann also: „ Dann wird ihnen der Stabsfeldwebel Meikies auch hoffentlich gesagt haben das er mich schlafend angetroffen hat!? Als ich mich um die Mittagszeit auf mein Bett gelegt hatte war noch der Berliner Rundfunk eingestellt! Den anderen, mir selbstverständlich nicht bekannten Sender, muss jemand eingestellt haben als ich schon schlief. Kann doch sein das mir da irgendwer eine Auswischen wollte!? Mann hat ja nicht nur Freunde in dieser Kompanie! Als ich wach wurde stand auf einmal der Stabsfeldwebel im Zimmer! „ Der Alte sprang von seinem Stuhl auf und ich fürchtete schon er würde mich über den Schreibtisch hinweg anspringen. Sein Gesicht bekam die für solche Situationen typische Röte dann begann er zu schreien:“ Was wollen sie damit sagen? Unterstellen sie etwa...? „Ich blieb äußerlich, zumindest, ganz ruhig und antwortete: „ Ich will gar nichts sage Genosse Hauptmann! Ich will nur auf eine eventuelle Möglichkeit hinweisen und ihnen noch einmal versichern dass ich den Sender nicht eingestellt habe! Ich kenne das System zur genüge und das dürften sie auch aus meiner Akte erkennen. Halten sie mich wirklich für so blöd das ich nach allen was hier in dieser Kompanie in den letzten Wochen gegen mich gelaufen ist so in ein offenes Messer laufe? „ Dem Staber klappte seine nicht unbeträchtliche Kinnlade nach unten und seine wirren Blicke , bei denen man nie genau wusste wen sie gerade trafen , blickten hilfesuchend zum Alten . Der hatte sich wieder gesetzt und fragte mich plötzlich wieder per du: „ Du erwartest doch hoffentlich nicht das wir diese Geschichte da glauben? Denkst du ich merke nicht worauf du mit deiner Antwort abzielst!? „ Ich antwortete: „ Glauben können sie was sie wollen! Ich bleibe dabei dass ich reingelegt wurde! Meine Zimmergenossen bestätigen ihnen dass ich als sie die Stube verließen geschlafen habe und Radio Berlin eingestellt war! Ich weiß genau dass mir hier gern einige an die Karre pinkeln wollen aber das läuft nicht! Jetzt sprang der Staber auf und brüllte: „ Das ist ja eine Unverschämtheit was du dir hier erlaubst!“ Was glaubst du wohl wem man hier mehr Glauben schenken wird? „ „ Ich denke mir und außerdem habe ich heute Morgen einen Brief für meine Onkel, Oberst Schinner in Straußberg, vorläufig an eine
Person meines Vertrauens geschickt! Sollte mir hier etwas passieren wird er ihn mit großen Interesse lesen!“: antwortete ich dem aufgebrachten Stabsfeldwebel .Jetzt schickte mich der Alte erst einmal vor die Tür. Sie sprachen so laut das ich alles sehr gut verstehen konnte.
Als erstes der Staber: „ Soweit sind wir jetzt gekommen, Eckart, das uns dieser Schweinehund sagt wo es lang geht und du kennst die Gründe dafür genau so gut wie ich!
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Was soll ich denn machen? Das Gegenteil von dem was er aussagt können wir ihm nicht beweisen und außerdem steht dann Aussage gegen Aussage! : antwortete der Alte.
So ging es noch eine ganze Weile hin und her bis sie mich endlich wieder in das Dienstzimmer des Alten holten. Der Alte sagte: „ Das Gegenteil können wir dir nicht beweisen lassen uns aber auch nicht drohen. Das Radio wird für vier Wochen eingezogen damit in Zukunft besser darauf geachtet wird! Wegtreten ! „ Das war eine Entscheidung mit der zumindest ich gut leben konnte. Aber wie sah es im innern meines so geliebten Stabsfeldwebels aus? Das sollte ich noch am selben Tag merken der mich fast an eine Befehlsverweigerung brachte .Der Staber schickte mich zum Park wo ich einige Kleinigkeiten an meinem Auto zu erledigen hatte. Ölwechsel, Ventile einstellen und so weiter. „20 Uhr war ich zurück in der Kompanie und zum Glück keiner der netten Vorgesetzten mehr anwesend. Ich hatte an diesem Tag eigentlich Tischdienst den sonnst wenn ich später kam ein anderer übernahm. Nicht so an jenem Abend . Auf jeden Fall wollte mich der UvD, auf wessen Anweisung auch immer, in den Speisesaal schicken um die Tische abzuwischen. Dem sagte ich natürlich dass ich jetzt erst vom Park käme und erst einmal etwas essen wollte. Im Übrigen könne er doch einen Sprilli schicken. Das schien ihn aber überhaupt nicht zu interessieren. Er griff sofort zum Telefon und rief den OvD ( Offizier vom Dienst ) im Stabsgebäude an und machte Meldung .Das war bestimmt nicht auf seinen Mist gewachsen. Da steckte bestimmt der Stabsfeldwebel dahinter. Ich musste zum Stabsgebäude laufen und mich beim OvD melden. Der lies sich gar nicht etwas erklären sondern verdonnerte mich auf der Stelle zu einer Arbeitsverrichtung mit dem Hinweis das ich dabei noch viel Glück hätte. Er hätte es mir auch als Befehlsverweigerung auslegen können. Ein Leutnant drückte mir einen Eimer mit Nitroverdünnung und einige Putzlappen in die Hand. Damit sollte ich das Dienstzimmer des OvD Putzen. Genauer den ursprünglich grünen Fußbodenbelag seine Farbe wiederzugeben. Der war durch die mit schwarzer Schuhcreme geputzten Stiefel in einem erbärmlichen Zustand. Mit großem Eifer machte ich mich an die Arbeit. Mein Gehirn suchte aber schon von Beginn an dieser Strafaktion nach einem Ausweg .Die Verdünnung stank furchtbar in diesem kleinen Raum spürte man das besonders. Schon kam mir der rettende Einfall. Ich warf den Eimer mit einem lauten scheppern einfach um und legte mich mitten in die ausgelaufene Verdünnung. Ich war ohnmächtig. Das Scheppern des fallenden Eimers hatte schnell die Aufmerksamkeit des Leutnants erregt. Zusammen mit dem OvD rüttelten sie an mir herum .Keine Reaktion! Bloß nicht zu früh wieder zur Besinnung kommen! Sie waren sehr um mich bemüht. Ohrfeigen am laufenden Band das ich nun doch schnell beschloss wenigstens etwas zu mir zu kommen.“ Genosse, Genosse was ist den los?“: wollte der Hauptmann wissen .Gemeinsam schleppten sie mich auf die Treppe vor dem Stabsgebäude setzten mich dort ab und fragten ob sie einen Arzt holen sollten. Ich lehnte das ab und sagte das ich mich an der frischen Luft schon
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erholen würde und eigentlich wäre ich auch selber Schuld. Der Hauptmann gab mir eine F6 und wollte nun auch wissen wie es zu dieser Situation gekommen sei. Ich schilderte ihm wie es im verlaufe dieses Tages dazu gekommen war nicht ohne meinen Onkel Schinner zu erwähnen. Jetzt hatte der UvD den schwarzen Peter. Als er meine Geschichte gehört hatte das ich seid heute Morgen nichts mehr gegessen hatte und mich die Gase deshalb umgehauen hatten fragte er:“Warum ich ihm das nicht gleich gesagt hätte? Er hätte dann sofort etwas unternommen!“ Ich antwortete: „ Genosse Hauptmann wir sind hier bei der Volksarmee und nicht im Nationaltheater! Wir sind schließlich Soldaten und keine Kasperle!“ In meinem Beisein rief er den UvD an teilte ihm mit das ich ab sofort bis morgen Früh 6 Uhr Dienstfrei hätte und er persönlich solle mir das Abendessen in der Küche holen. Schwankend verlese ich die Stufen des Stabsgebäudes mindestens so lange ich noch zu sehen war. In der Kompanie angekommen lief ich grußlos am UvD vorbei auf meine Stube wo mich Zimmergenossen vor Lachen den Bauch hielten als ich ihnen die Geschichte erzählt hatte. Die Tür ging auf und widerwillig stellte der Hilfs UvD Essen auf dem Tisch. Ohne ein Wort verliest er die Stube. Der UvD kam nicht einmal mehr zum Stubendurchgang .Der war bestimmt nicht nur sauer auf mich sondern auch auf den der ihm die Suppe eingebrockt hatte .Aber an dem konnte er sich nur schwerlich rächen. Den Rest der Woche verbrachte ich mit Fahren und der Alte ging mir dabei nicht von der Pelle. Ich hätte gerne zu dieser Zeit ein paar Flaschen Schnaps besorgt für ein kleines Fest aber es war einfach nicht möglich. Ich verschob das ganze auf den Freitag Nachtmittag da dann der Alte für gewöhnlich etwas früher ging um rechtzeitig in der „ Wilden Sau „ zu sein. Tatsächlich musste ich den Alten am Freitag in der Nähe des Hauses der Armee absetzen. Ich fuhr gleich weiter in einen kleinen Konsum in Torgelow und besorgte mir alles Notwendige für mich und das was meine Kameraden bestellt hatten. Ich verstaute alles in den bekannten Verstecken. Einen Teil steckte ich unter die Decken auf der Sitzbank. Als ich in Torgelow auf die Brücke zufuhr die über die Uecker führt gaben mehrere entgegenkommende Fahrzeuge mit der Lichthupe Zeichen das etwas mit meinem Auto nicht in Ordnung sei. Schon ein kurzer Blick in den Spiegel lies mich das ganze Unglück sehen. An der Hinterachse war das letzte Rad mit samt der Halbachse aus der Hülse gelaufen und stand etwa einen Meter auf der Straße. Viel Zeit zum überlegen blieb mir nicht ich musste handeln. Ich hielt an holte mein Werkzeug und den Wagenheber und begann mit der Reparatur. Ganz in meine Arbeit vertieft achtete ich natürlich darauf was um mich herum geschah. Plötzlich faste mich jemand auf die Schulter und fragte: „ Kann ich dir helfen Genosse?“ Die Stimme kannte ich nur zu gut und sie klang beängstigend ruhig. Das Auto das hinter meinem mit eingeschaltetem Warnblinklicht stand war der Moskwitsch des Stabers. Er sagte nichts mehr krempelte die Ärmel hoch und gemeinsam hatten wir den Schaden bald behoben. Jetzt bat er mich ihn doch zur Werkstatt zu begleiten. Er hätte sein Auto dort zur Durchsicht angemeldet. Ich könne ihn
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dann noch nach Hause, nach Eggesin, fahren sonnst müsste er auf den Bus warten. So ungern ich das wollte konnte ich es ihm nicht abschlagen da ich mich eigentlich inoffiziell hier aufhielt. Er gab das Auto ab und stieg zu mir ins Fahrerhaus. Wir fuhren eine Weile schweigend Richtung Eggesin. Lange war der Staber still wollte aber dann doch wissen was ich um diese Zeit noch in Torgelow zu suchen hätte. Ich erzählte ihm dass ich für Oberleutnant Giller im Malergeschäft war um nach Raufasertapete und Latex zu fragen. Der hatte im Ledigenwohnheim ein Zimmer bekommen und wollte renovieren. Das hatte er mich einige Tage vorher wirklich gefragt. Also war ich bei einer Nachfrage erst einmal gedeckt. Der Stabsfeldwebel schaute auf die Decken auf denen er saß und fragte: „ Er wollte wohl auch die Fenster streichen? „ Ich glaube schon!?: gab ich vorsichtig zur Antwort . „ Dann sitze ich wahrscheinlich auf der Verdünnung für die Farbe? Pass mir bloß auf das die Flaschen mit der Verdünnung nicht auslaufen! Das Zeug stinkt furchtbar! : sagte er scheinheilig. An dem Unterton seiner Stimme war mir sofort klar dass er genau wusste woraus meine Fracht bestand. Zum Glück waren wir vor seinem Einfamilienhaus angekommen was mir die weitere peinliche Befragung ersparte. Auf dem Heimweg zu Regiment hoffte ich das er nicht noch am KdL anrufen würde und die mich nach meiner kostbaren Fracht durchsuchen könnten. Das wäre mir schon peinlich denn vier der sieben Flaschen gehörten anderen Kameraden der Kompanie. Ich kann mich erinnern das Kamerad Grille einmal unter großen Aufwand eine Kiste Bier in seinem Bagger versteckt hatte. Ausgerechnet auf den letzten Metern wurde er vom Major Juschkeit abgefangen. Nein er lief ihm direkt vor der Kompanie in die Arme. Unter Aufsicht des Majors durfte er die ganzen Flaschen öffnen und in die Toilette schütten und der Major ging erst als die letzte Flasche im Lokus gelandet war. Grille standen fast die Tränen in den Augen aber zum Glück blieben ihm ja noch die Pfandflaschen. Zugegeben ein schwacher Trost. Auf jeden Fall kam ich unbehelligt mit meiner Ladung in der Kompanie an. Komischer weise war der Alte wieder in der Kompanie zumindest brannte das licht in seinem Zimmer. Es war wieder kurz vorm Zahltag und sein Geld hatte sicher nicht für einen längeren Aufenthalt nicht gereicht. Seine liebe Frau zu sehen hatte er sicher auch keinen Bock .Nach dem Abendappell saß ich in meiner Stube und schaute gelangweilt zu Fenster heraus. Meine Stubentür ging auf und als ich den Alten erkannte wollte ich Meldung machen doch der Alte winkte gelangweilt ab setzte sich auf den Hocker am Tisch. Er begann ein belangloses Gespräch um mich schon nach kurzer Zeit an meinen Spind zu schicken .Dort solle ich doch einmal in den Paradestiefel fassen. Erst versuchte ich etwas um die Sache herumzureden aber der Alte lies nicht locker. So holte ich also die Pulle aus dem Stiefel und stellte sie auf den Tisch. Die Vorhänge wurden zugezogen und die Flasche geöffnet. Getrunken wurde aus der Flasche immer im Wechsel eine Daumenbreite. Es entwickelte sich ein Gespräch an dessen und der Flasche Ende ein Waffenstillstand abgesprochen wurde. Alles was bisher geschehen sei sollte
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ruhen und bis zu meiner Entlassung vergessen sein. Ich versprach ihm auch meinen Beitrag zu leisten das Ruhe und Ordnung herrschen konnten und die Vorgesetzten nicht mehr zu provozieren. Jetzt war mir klar dass der Staber den Alten über meine Fracht informiert hatte. Seid langen hatten wir wieder einmal ein paar ruhige Tage verbracht. In der Kompanie herrschte Ruhe und Zufriedenheit. Es war schon recht warm in den letzten Wochen und selbst unsere Genossen Offiziere beschränkten sich nur auf die notwendigsten Arbeiten. Die Forstbehörde hatte bereits die höchste Waldbrandstufe ausgerufen. Man sehnte sich nach ein paar Regentropfen. Die regimentseigene Feuerwehr hatte erhöhte Alarmbereitschaft und war von der normalen Ausbildung befreit. Es wurde peinlichst darauf geachtet das keiner bei der Ausbildung eine Zigarette wegwarf. Doch dann war es soweit aus welcher Ursache auch immer der Wald brannte. Jetzt waren die schönen Tage erst einmal vorbei. Mit unserer technischen Ausrüstung mussten wir gemeinsam mit den Muckern zur Brandbekämpfung in den Wald ausrücken. Meine Aufgabe bestand darin die Kompanie, welche in zwei Schichten eingeteilt war, zum Einsatz zu fahren oder zu holen mit Material und Verpflegung zu versorgen. Dabei war an schlafen für mich kaum zu denken. Entweder legte ich mich für eine Stunde auf mein Bett oder schlief gleich im Auto. Noch nie zuvor hatte ich etwas Vergleichbares gesehen. Hatten die Kameraden einmal das Feuer am Boden unter Kontrolle brannte dies scheinbar unterirdisch weiter und kam einige Meter entfernt wieder an die Oberfläche steckten Sträucher und Bäume wieder an. Es war ein wahrer Teufelskreis .So sehr sich alle aufopferten schien alle Mühe zunächst vergebens.
Als ich eines Abends die Jungs vom Einsatz gemeinsam mit Leutnant Fischbach abholte machte ich diesem den Vorschlag den Genossen mal eine kleine Freude zu machen. Wir könnten doch mal ans Haff fahren und eine Stunde baden. Erst zeige zunächst erst einmal keinen guten Willen. Aber die Genossen bettelten so lange bis er endlich nachgab. Ein unglaublicher Jubel brach aus. Also nicht auf den direkten Weg zur Kompanie sondern über Schleichwege nach Krampin ans Haff . Dort war ein internationaler Campingplatz und sicher hofften wir auch ein Stück Fleisch zu sehen. Wir hatten Pech. Camper gehen früh schlafen. Es war gegen 22 Uhr als wir dort eintrafen. Im nu waren etwa zwanzig junge Männer vom LKW gesprungen hatten sich ihrer Kleidung entledigt und splitternackt wie Gott sie schuf stürzten sie ins Wasser. Ich natürlich auch .
An dieser Stelle des Haffs konnte man bestimmt einhundert Meter weit hinaus Laufen und das Wasser ging einem immer noch bis zum Bauchnabel. Wir hatten alle sehr viel Spaß und Leutnant Fischbach brauche schon eine ganze Weile bis er alle davon überzeugt hatte das es Zeit für den Aufbruch sei . Jetzt musste nur noch jeder seine eigenen Klamotten wiederfinden die er vorher auf dem Weg zum Wasser weggeworfen hatte. War das ein Durcheinander.
Die Dunkelheit war nicht gerade förderlich bei diesem Unterfangen. Nach einer halben Stunde waren alle fertig und im Eiltempo ging es zurück in die

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Kompanie . Die Kameraden gingen schlafen und ich fuhr zur Küche um die Verpflegung für die Nachtschicht zu holen.
Keiner der Genossen hatte etwas von unserem Ausflug gemerkt und es blieb auch unser Geheimnis. Den Kameraden brachte ich ihre Verpflegung und legte mich für zwei Stunden schlafen .Früh um fünf Uhr weckte mich Oberleutnant Giller. Ich brachte die Genossen zur wohlverdienten Ruhe und die Bademeister zum Einsatz. Der Löscheinsatz dauerte noch 14 Tage und war gewiss kein Zuckerschlecken .Wenig später wurden teile des Regimentes zum Ernteeinsatz abkommandiert und so konnte man auf einige ruhige Tage hoffen.
So hatten wir an einem der ruhigeren Tage beschlossen nach dem Abendessen etwas für unsere Bildung zu tun. Wir holten uns das Schachbrett um einige Partien zu spielen. Wir versuchten uns mit geschickten Zügen das Leben etwas schwer zu machen. Irgendwo in einer anderen Stube dudelte das Kompanieradio, der Marke Stern Duo, als die so angenehme Stille durch einen furchtbar lauten Knall gestört wurde. Instinktiv rutschte ich erst einmal unter den Tisch. Nicht das ich feige wäre. Kurz darauf waren aus dem Flur furchtbare Schreie zu hören. Ich rappelte mich auf und lief hinaus in den Flur um nachzusehen was dort los war. Dort kam mir Ernst Rapp entgegen mit einer großen klaffenden Wunde auf der Stirn. Wir mussten ihn regelrecht einfangen so aufgeregt sprang er durch den Flur. Notdürftig versorgten wir seine Wunde um wenigstens die Blutung zu stillen. Der UvD hatte bereits den Med- Punkt verständigt und der Krankenwagen war bereits auf dem Weg zur Kompanie.
Es dauerte auch nicht lange und Ernst war verladen. Mit tatü tata machte sich der LO _ Robur auf den Weg in ein Krankenhaus. Erst jetzt gingen wir zum Ort des Geschehens um nachzusehen was passiert war. Auf dem Tisch des Zimmers von Ernst standen die zerfetzten Reste des kleinen Kompaniekochers und das durchlöcherte Kompanieradio Stern Duo. Die Wände der Wohnraumzellen waren durchlöchert wie ein Kaffeesieb. Wie durch ein Wunder wurde niemand weiter verletzt. Selbst ein Soldat der in diesem Zimmer in seinen Bett lag und schlief blieb unverletzt. Was war geschehen? Ernst hatte sich aus dem SPW von Kamerad
Dräger ein Geschoss von der 14 fünfer geklaut. An diesem Abend hatte er nun die Patronenhülse entfernt und versucht an die Geschossspitze einen Schlüsselring zu löten. Da aber die Geschossspitze auf Grund ihrer Größe nicht warm genug wurde um eine Bindung mit dem Schlüsselring zu ergeben. Als mehrere Versuche fehlschlugen dachte sich Ernst einmal etwas anderes zu versuchen. Also holte Ernst den Kompaniekocher stellte ihn auf den Tisch, auf dem schon das Kompanieradio stand, heizte ihm kräftig ein und legte die Geschossspitze darauf um sie zu erwärmen weil er eine bessere Bindung beim löten mit dem Schlüsselring zu erreichen gedachte. Der Gedanke war durchaus richtig aber die Sache hatte einen nicht unwesentlichen Haken. Die sonnt an der Munition übliche farbliche Markierung war nicht mehr vorhanden. Er hatte das Pech ausgerechnet ein Panzerbrandgeschoss erwischt zu
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haben. Die hielt natürlich diese Tortur auf dem Kocher nicht aus. Das Resultat ist bekannt.
Sie Explodierte und verletzte Ernst nicht gerade unerheblich . Um einer härteren Bestrafung zu entgehen erzählte er bei seiner Vernehmung dass er die Geschossspitze auf einen Truppenübungsplatz gefunden hätte. Auf diese Weise blieb ihm zumindest das Militärgefängnis in Schwedt und schwere Arbeit in einer Kohlengrube erspart.
Kaum hatten sie unseren Ernst ins Krankenhaus gefahren machte sich in der Kompanie ein geschäftiges Treiben ein. Uns war klar dass solch ein Vorkommnis Konsequenzen für alle haben würde. Jetzt musste jeder sehen wohin er seine Schwarzmunition verstecken konnte.
Meine Zimmergenossen und ich schraubten die an der Decke montierten Neonlampen ab.
In denen versteckten wir insgesamt 120 Schuss Maschinenpistolenpatronen .Noch größere Sorgen hatten unsere EK. Noch in der gleichen Nacht vergruben sie ihre Bandmaße und den Schnaps für den bevorstehenden Anschnitt im Außenrevier. Keinen Tag zu früh und genau so wie wir es vermutet hatten. Schon am nächsten Morgen erschienen viele Berufssoldaten fremder Kompanien in Form eines Rollkommandos und filzten die ganze Baracke. Unsere eigenen Offiziere beteiligten sich dabei nicht. Trotz intensiver Bemühungen blieben all ihre
Aktivitäten ohne Resultat . Wir hatten es wieder einmal geschafft und die Knüppler aus Kreuz gelegt. Der Alte stand vor der Kompanie und grinste. Auf uns ist eben Verlass. Natürlich war dem Alten bewusst das schlecht möglich war das bei so vielen Soldaten aber auch nicht der kleinste verbotene Gegenstand gefunden wurde aber ihm war wichtiger das seine Jungs clever genug waren sich nicht erwischen zu lassen. Zum Morgenappell hielt er dann eine lange Rede in der er zum Ausdruck brachte dass er jeden den er mit Schwarzmunition erwischen würde persönlich die Eier schleifen würde. Na für so blöd konnte er uns doch wirklich nicht halten. Oder ? Heute fragt man sich immer wieder mit welcher Frechheit er solche Reden hielt wo doch jeder wusste in welche Sachen er verwickelt war. Die Meisten
wussten von seinen linken Geschäften und er musste doch damit rechnen das sie dieses Wissen in bestimmten Situationen nutzen würden. Eine solche Frechheit konnte einen nur Bewunderung abringen. Ich glaube er war sich ziemlich sicher dass er von ganz oben Deckung erhalten würde. Auf jeden Fall war die Angelegenheit damit erst einmal erledigt.
als Ernst nach einigen Wochen wieder in die Kompanie zurück kam bekam er vom Alten noch den Posten des Pa - Kammerbullen. Der wird gewusst haben warum .Unser Spieß wurde, obwohl er noch ein paar Jahre zu dienen hatte, bereits ein halbes Jahr nach uns entlassen. Unehrenhaft und einige Mal degradiert. Er hatte es geschafft endlich den dunklen Machenschaften des Alten zu entgehen. Dabei hatte er noch sehr viel Glück es hätte auch im Knast oder auf
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dem Friedhof enden können. Nach all der vielen Aufregung der letzten Tage hatte ich beschlossen mich für einen Ausgang einzutragen um wieder mal etwas anderes zu sehen. Nach dem ich die Ausgangskontrolle, die im Übrigen lang nicht mehr so streng war oder gar nicht stattfand, passierte ich das KdL und lief in Richtung Torgelow. Zugegeben es war ein schönes Stück Weg aber das Geld für den Bus war schon wieder ein Bier in einer Kneipe. Zunächst lief ich erst ein wenig ziellos durch die mecklenburgische Kleinstadt und betrachtete mir die spärlichen Auslagen der wenigen Geschäfte. Für einen Daueraufenthalt in einer Kneipe reichte der geringe Sold nicht. Danach suchte ich mir eine einfache Wirtschaft wo ich ein paar Bier trank. Danach bestellte ich beim Kellner zwei doppelte Portionen Spiegeleier mit Kartoffelsalat auf einen Teller. Unter den skeptischen Blicken des Gastwirtes verschlang ich die 12 Eier mit Kartoffelsalat .Man konnte ihm ansehen dass er fast nicht glauben konnte was er da sah. Die ganze Zeit verbrachte ich allein. Ich glaube wir waren hier, obwohl die Armee der größte Arbeitgeber in der Region war, nicht sonderlich beliebt. Kontakte zur Bevölkerung waren sehr selten und so machte ich mich gegen 22 Uhr auf den Heimweg zur Kaserne. Ich lief über den Busbahnhof in Richtung der Brücke auf der ich wenige Tage zuvor diese verdammte Panne hatte. Schon von einiger Entfernung konnte ich erkennen dass dort eine Gruppe von Soldaten eine kleine Auseinandersetzung hatte. Es waren fünf Panzerluden aus dem Panzerregiment 23 aus Spechtberg die einen Motschützen immer innerhalb des Kreises den sie gebildet hatten umherstießen. Nun war ich wohl Pionier doch der Mucker war aus meinem Regiment. Ich beschloss ihm trotzdem zu helfen. Langsam näherte ich mich dem Kampfverband und mischte mich sofort unter die Gladiatoren. Lange Zeit schlugen wir uns tapfer für die Ehre unseres Regimentes. Um aber bei der Wahrheit zu bleiben muss ich gestehen dass wir zwei den Löwenanteil an der Prügel bekamen. Die Übermacht des Gegners war einfach zu groß.
In einem Augenblick in dem ich für kurze Zeit einmal freies Sichtfeld hatte sah ich einen
Robur mit eingeschaltetem Blaulicht näher kommen. Er hatte weiße Streifen! Kommandantedienst ! Nun wurde es allerhöchste Zeit sich von hier mit einem taktischen Manöver abzusetzen. Mit den Genossen war nicht gut Kirschen essen und im Knast wollte ich schließlich auch nicht landen. Es gab aber nur wenige Fluchtmöglichkeiten und da der Gegner aus der Richtung kam in die ich unbedingt musste um nicht auch noch zu spät zu kommen. Es blieb mir nur der Sprung über das Brückengeländer in die Uecker. Ich schwamm sofort ans Ufer kletterte heraus und lief ein Stück Stromaufwärts. Als ich mich umdrehte konnte ich deutlich das weiße Koppelzeug des Kommandantendienstes erkennen .Licht einer Taschenlampe glitt über das Wasser. Gespensttisch sah das ganze aus und dieser Eindruck wurde durch das sich ständig drehende Blaulicht noch verstärkt. Um ein Haar wäre ich in den Filzklamotten, die sich sehr schnell vollgesogen hatten, noch ersoffen. Zum Glück war mein Abgang verborgen geblieben und jetzt standen schon so viele Gaffer das ich mich unbeobachtet aus
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dem Staube machen konnte. Es war ein langer beschwerlicher Heimweg mit den nassen Klamotten. Um nicht noch erwischt zu werden lief ich den größten Teil des Weges in dem parallel zur Straße verlaufenden Waldstück. Nutzte ihn als Deckung bis ich kurz vorm Regiment war. In einem günstigen Augenblick, als der Wachhabende gerade einen LKW kontrollierte, lief ich durch die Tür welche in diesem Moment nur von einem Soldaten bewacht wurde. Ich zeigte ihm meine Ausgangskarte und gerade als ich verschwinden wollte lief der Oberfeldwebel vor dem LKW herum. Natürlich hielt er mich an und wollte wissen wie ich in diesen Zustand gekommen sei. Ich erzählte ihm genau wie es dazu gekommen war. Er musste so lachen das ihm die Tränen in die Augen schossen. Als er sich beruhigt hatte sagte er: „ Mach das du in deine Unterkunft kommst! Deinen Mitkämpfer holen wir gerade aus Spechtberg ab. Aber das Ganze hat auch etwas Gutes. Ich weiß nun wie es dazu gekommen ist und ich werde dafür sorgen das die Bestrafung für den Genossen nicht stattfindet!“ Schnell machte ich mich in meine Unterkunft. Nass und völlig durchgefroren kam ich in meine Stube. Meine Klamotten hängte ich zum trocknen auf. Dann holte ich den Tauchsieder und machte mir erst einmal einen Grog. Natürlich wollten meine Zimmergenossen auch einen und über mein Erlebnis wurde lange und herzlich gelacht. Der folgende Sonntag verlief wie immer bei diesem Verein. Tote Hose .Mit Detlef Tappe saß ich am Nachmittag auf der Bank vor der Kompanie als eine Gruppe Soldaten auf uns zukam. Einer von ihnen löste sich aus der Gruppe kam auf uns zu und sprach mich an. Ach du liebe Zeit! Werner Butterfass ! Der Sohn des Gastwirtes vom Augustiner in Apolda meiner Stammkneipe . Ihn hatte man ein halbes Jahr früher eingezogen. Er wollte wissen ob ich am Abend schon etwas vor hätte und wenn nicht könne man sich doch im Regimentskino treffen. Ich wollte erst nicht so richtig und begründete das damit das man dort eh nur irgendwelchen „ Roten Müll „ zu sehen bekäme. Aber er wollte nicht locker lassen und so trafen wir uns an diesem Abend im Kino nicht vor sondern hinter der Leinwand. Als ich dort mit meiner immer noch feuchten Ausgangsuniform ankam standen schon drei Stühle hinter der Leinwand. Außer Werner war da noch der Genosse Darr, ebenfalls aus Apolda, nebst einer Flasche verdünnter reiner Alkohol anwesend. Diesen hatte Werner aus dem chemischen Lager, in dem er tätig war, mitgebracht. Auf jeden fall war ich froh als der Film, an den ich mich bis heute nicht erinnern kann, zu Ende war. Nur unter Aufbietung der letzten Kräfte schleppte ich mich bis zu meinem Bett. Teufelszeug .
Um auch ab und zu einmal außer der Reihe Ausgang zu bekommen gründeten wir eine Handballmannschaft. Mit der gingen wir regelmäßig zum Training in eine Sporthalle nach Drögeheide. Die Ausdauerläufe führten uns, die sich sonnst vor allen drückten, bis nach Torgelow. Sinneswandel ? Nein ! Wir landeten immer am Küchenfenster des „ Goldenen Adlers „ wo uns die lieben Küchenfrauen mit ein paar Glas Bier den Abend versüßten.

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Das Verhalten dieser Frauen stand im krassen Gegensatz zum Rest der Bevölkerung.
Dieser Rest lies uns immer deutlich spüren das wir hier ungebetene Gäste waren.
Warum nur ? Waren wir doch zu ihrem Schutz und dem Schutz der Errungenschaften unseres sozialistischen Vaterlandes hier. Am anderen Tag musste ich mich bei meinem Kompaniechef in Drögeheide melden. Er hatte vor sich eine Rampe zu bauen auf die er mit seinem Buckel ( Saporoschez ) fahren wollte wenn etwas zu reparieren sei. Dieses Auto hatte sehr viel Ähnlichkeit mit einem 5oo Fiat. Innerhalb von zwei tagen hatten wir die Rampe aus grob behauenen Baumstämmen fertiggestellt. als erstes bauten wir den Motor aus und legten die Soljankaschüssel, so nannte man das Auto im Volksmund, auf Dach und der Alte schweißte einen neuen Boden ein .Ein besonders Merkmal war die an Stelle der Hupe platzierte überdemenzzonale Panzeruhr auf dem Lenkrad. Innerhalb einer Woche hatten wir das Auto von Grund auf überholt .Als ich ein paar Tage späte beim Alten zum Holzhacken war wurde ich von einem Hauptmann angesprochen. Ich erkannte ihn als Kompaniechef der Transportkompanie des Alten bestem Kumpel. Er wollte von mir wissen ob er dieses Auto kaufen könne. Ich sei doch im Zivilleben Kfz Handwerksmeister und hätte das Auto überholt .Für einen Moment verschlug es mir die Sprache. Da kam schon der Alte um die Ecke und zwinkerte mir zu .Natürlich gab ich dem Hauptmann die vom Alten gewünschte Auskunft. Es sei ein sehr gepflegtes von Grund auf überholtes Fahrzeug und er könne es ohne Bedenken kaufen. Der Alte hatte wirklich gute Arbeit geleistet das musste ich ihm schon zugestehen .Sie verschwanden beide im Haus und nach einer viertel Stunde verschwan der Hauptmann mit dem Buckel vom Hof .Der Alte hielt zufrieden grinsend ein Bündel Geld in der Hand . Ich bekam zum Dank für meine 14 tätige Arbeit eine Flasche Wodka geschenkt die ich auch selber noch ins Regiment schmuggeln musste. Einige Tage später hatte sich der Alte einen schwarzen Wartburg 311 gekauft. Er stand auf schwarze Autos denn sein Vater hatte wohl in Demmin ein Bestattungsunternehmen .Nicht unerwähnt soll die schöne Landschaft bleiben. Die meisten der hier oben angesiedelten Kasernen waren von einem Waldgürtel umgeben. Hinter vorgehaltener Hand konnte man erfahren das diese Waldgebiete vom Armeegeneral Hoffmann persönlich bejagt wurde. In diesem Wald verlief sich nie ein Zivilist war nie das fröhliche Lachen eines Kindes zu hören .Wir hatten es Anfang Herbst und die Pilzsaison war eingeläutet . Einer der nicht nur die Geschöpfe dieser Gattung kannte sondern sie auch meisterhaft zubereiten konnte war Kamerad Grille. Er brachte so oft es immer ging einen
Stahlhelm voller Pilze mit . Diese wurden dann am Abend auf unseren neuen kleinen Kocher mit Zwiebeln und einigen Gewürzen zubereitet. Aber er verstand es auch ein ausgezeichnetes
Schweineschmalz zu bereiten . Oft war der kleine Kocher stundenlang innerhalb der Kompanie unterwegs. Überhaupt wurde man sehr erfinderisch um das
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Einerlei der Armeeküche etwas abwechslungsreicher zu gestalten. Ich erinnere mich das mein Zimmergenosse Seifert an einem Abend nach dem Essen mit mir zur Küche gehen wollte.
Dort angekommen sollte ich den Furier etwas ablenken. In dieser Zeit wolle er, Seifert, etwas organisieren. Ich verwickelte ihn in ein belangloses Gespräch und als nach einer viertel Stunde Seifert nicht mehr aufgetaucht war brach ich voller Wut, mit zwei Würfeln Sonja versehen, zur Kompanie auf. Dort angekommen standen schon der Kocher auf dem Tisch und eine Kiste mit 360 Eiern daneben. Am Tisch stand grinsend Genosse Seifert die kleine Bratpfanne in der Hand. In diese Pfanne gingen allerhöchstens zwei Spiegeleier. Da kann man sich wohl ungefähr ausrechnen wie lange es dauerte bis alle 360 Eier gebraten waren. Bis tief in die Nacht hinein wanderte der Kocher von einer Stube zur anderen. Selbst die besser verdienenden Unteroffiziere ließen sich nicht lange bitten. Auf der anderen Seite ließen sie uns dafür so ziemlich in Ruhe. Am Montagmorgen fuhr ich mit dem Alten und Leutnant Fischbach die Waffen der Kompanie nach Eggesin wo sie überprüft und neu justiert werden sollten. Natürlich warteten wir nicht bis alle fertig war sondern fuhren nach Hintersee zur Tante Anna wo ich wie immer meine Fassbrause bekam während sich die Genossen Offiziere mit ein paar Bierchen begnügen mussten .Bezahlen durfte das alles Leutnant Fischbach den der Alte war wie meistens blank . Auf dem Rückweg ging es schnell noch nach Altwarp wo der Alte dreifarbige Aale kaufen wollte. Grün gefangen, braun geräuchert und schwarz verkauft. Der Fischer steckte auch gleich die Moneten sorgsam in die Tasche .Dann fuhren wir zurück ins Regiment wo das Stuben und Revierreinigen schon im vollen Gange war. So blieb an diesem Abend zum Glück für mich nichts mehr zu tun. Ich baute mein Päckchen und legte mich ins Bett. Vom Stubendurchgang, der an diesem Abend von Leutnant Fischbach durchgeführt wurde, bekam ich vorsichtshalber nichts mehr mit. Der Sommer neigte sich immer mehr dem Ende entgegen. Immer mehr Möwen und Krähen waren im Regiment zu sehen. Sie Attackierten die Müllcontainer und stritten laut um jedes Stück Futter das sie fanden. So waren sie halt unsere lieben Regimentstauben. Die morgendliche Kühle und Feuchtigkeit nahm immer mehr zu. So beschlossen wir im Interesse der Erhaltung unserer Gesundheit, der Aufrechterhaltung der Kampfbereitschaft unserer Kompanie auf den Frühsport zu verzichten da uns diese Art der Fortbewegung ohnehin zu wider war .Aber diese Jahreszeit hatte noch mehr Vorzüge. Es wurde später Hell und früher Dunkel was die Länge eines Arbeitstages bei der NVA stark verkürzte. Auch unsere Genossen Offiziere saßen bei einem solchen Schmuddelwetter lieber in ihren Zimmern als irgendwelche Übungen abzuhalten. Aber alle diese Vorzüge sollten im kommenden Jahr ins Gegenteil gekehrt werden. Davon aber später .Zum Morgenappell gab uns der Alte bekannt das unserer Kompanie die ehrenvolle Aufgabe zugedacht wurde die Alarmbrücke über die Uecker , über die im Alarmfall die Panzer rollten , wieder in stand zu setzen . Die Betonplatten hatten
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schwere Schäden . Dafür wurde die Gesamte Technik der Kompanie an das Flüsschen verlegt. Die Kompanie wurde wie in solchen Fällen üblich in zwei Gruppen aufgeteilt und mir wurde die Ehre zu teil diese zwei Schichten zu fahren und mit Verpflegung und den nötigen Arbeitsmaterial zu versorgen. Innerhalb von zwei Wochen musste die Brücke wieder stehen .Das hieß für mich wieder einmal 14 Tage wenig Schlaf in denen ich zwischendrin auch noch die Bedürfnisse des Alten befriedigen musste. So war schon jetzt klar das ich höchstens drei Stunden am Tag zum Schlafen hatte und das auch nur im Auto. Unserer Kompanie wurden von der Marine noch zwei Kampftaucher zugewiesen. Diese untersuchten zunächst einmal den Zustand der tragenden Holzteile unter der Wasserlinie. Die Botschaft die sie nach zwei Stunden für den Alten hatten war nicht gerade eine Gute. Ein
großer Teil der Pfahl und Schwelljoche waren so verfault das auch noch diese ersetzt werden mussten. Das war Zeit die in den geplanten 14 Tagen nicht bedacht worden war. Also fuhr
ich mit dem Alten los um beim Förster Baumstämme zu besorgen. Er lies sie gleich auf die erforderliche Länge zuschneiden. Die Betonplatten wurden mit einem Kran abgenommen und die Joche erneuert. Mit einer Ramme wurden die Stämme in den Flussboden getrieben. Das war bei den Wassertemperaturen nicht für alle Genossen angenehm. Am letzten Morgen dieser Aktion wurde gegen 8 Uhr die letzte Betonplatte aufgelegt und gesichert. Wir hatten es trotz der Mehrarbeit geschafft und den Termin sogar um 12 Stunden unterboten. Wir räumten alles Material zusammen machten die Fahrzeuge abmarschbereit. Oberleutnant Giller, der sich bei dieser Aktion wieder einmal etwas weniger auszeichnen konnte als Leutnant Fischbach, lies die Kompanie neben der neuen Brücke antreten. Mit stolzerfüllter stark geschwollener Brust trat der Alte vor seine Truppe. Er hielt eine kleine Rede wie stolz er auf die geleistete Arbeit seiner Kompanie sei und das jeder sein bestes gegeben hätte seinen Kampfauftrag zu erfüllen. Er überbringe uns die Kampfesgrüße unseres Regimentskommandeurs. Na ja das zu solchen Anlässen übliche bla bla bla .In Anwesenheit eines hohen Stabsoffiziers wurden nun Auszeichnungen und Sonderurlaub verteilt .Ich bekam immerhin 11 Tage Sonderurlaub und der Staber schaute deshalb nicht mal böse. Diese Tage durfte ich über die ganzen Weihnachtsfeiertage nehmen. Zwei Tage vor Silvester mussten alle verheirateten Genossen wieder zurück sein denn über Silvester fuhren die ledigen nach Hause. Man sieht also dass nicht nur Mist gemacht wurde in dieser Kompanie. Im Gegenteil der Alte wusste genau das er sich in solchen Situationen auf seine Männer verlassen konnte. Dabei ging es den Soldaten nicht um den Sozialismus sondern darum zu Beweisen was sie zu leisten im Stande waren. In der kommenden Woche sollte ein Teil der Kraftfahrer die Möglichkeit bekommen die Quallispange führ Militärkraftfahrer abzulegen. Dies war genau wie die Schützenschnur eine Auszeichnung die man sich erarbeiten musste und nicht für irgendwelche Lippenbekenntnisse bekam .Man musste es sich
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erarbeiten. Die dafür gestellten Aufgaben bestanden aus einer Theorieschen und einer praktischen Prüfung die Verkehrsrecht sowie technisches Wissen hinterfragte. Das ganze lief ab wie bei einer Fahrschulprüfung. Auf jeden Fall waren auf die gestellten Fragen mit drei möglichen Antworten versehen von denen nur eine richtig war und mit ankreuzen des richtigen Buchstaben beantwortet werden musste. Noch heute weis ich die ersten Buchstaben die ich auswendig gelernt hatte.
DCDCA . Mit dieser bestandenen Prüfung hatte man die Möglichkeit nach der Entlassung von der NVA innerhalb eines Jahres in der Abendschule seinen Berufskraftfahrer abzulegen.
Dies war wirklich eine reelle Angelegenheit weil wir doch eine recht fundierte Ausbildung bei der NVA bekommen hatten die dann durch eine Art Berufsschule vervollständigt wurde. In anderen Sparten wurde da schon einmal ein Auge zugedrückt bei der Erwachsenenqualifizierung. Als uns der Stabsfeldwebel soweit vorbereitet hatte teilte er uns mit das wir nach dem Mittagessen die Theorie und gegen Abend die Praktische Prüfung abzulegen hätten. Als fuhren wir nach dem Mittagessen wieder hinaus auf das Übungsgelände die sich mitten im Wald befand. Es waren große Zelte aufgestellt in denen wir die Theoretische Prüfung ablegten . Natürlich mit Erfolg . Nach dem alle Prüfungsbogen ausgewertet waren mussten wir alle antreten und wurden zu den entsprechenden Fahrzeugtypen zugeordnet. Jeder bekam seinen Hilfsfahrlehrer und ab ging es auf die Prüfungsstrecke. Diese Strecke musste man in einer bestimmten Zeit bewältigen.
Jeder durfte erst einmal die Strecke langsam Durchfahren um sie kennen zu lernen.
Für die einzelnen Fahrzeugtypen waren verschiedene Streckenhindernisse aufgestellt entsprechend der Größe des Fahrzeuges. Als die Reihe endlich an mir war hatte sich die Sonne schon hinter den Wipfeln der Bäume versteckt und es war fasst stockfinster. Ich stieg zu meinem Begleiter ins Auto und auf das Zeichen des Starters ging die Fuhre ab. Ich beherrschte diesen Ural sehr gut und gab ihm tüchtig die Sporen. Der Hilfsfahrlehrer klammerte voller Angst an den Haltegriffen. Ihm schien nicht ganz wohl zu sein bei meiner
rasanten Fahrweise . Alles lief sehr gut bis ich an die mit Stangen ausgesteckte Slalomstrecke kam. Dort erwischte ich die Strecke für LO – Robur vorgesehen war. Es war wie ein
Wunder. Nicht eine der eng gesteckten Stangen habe ich umgefahren. Nun noch einmal richtig Gas und über die Ziellinie . Der Staber war stolz auf mich und meine gefahrene Bestzeit. Er war gar nicht wieder zu erkennen. Ganz gegen seine sonstige Gewohnheit lobte er uns Alle über die Maßen. Es war schon erstaunlich das der größte Schlamperhaufen des Regimentes zu solchen Gelegenheiten immer wieder mit besten Ergebnissen aufwarten zu können. Nach meiner Entlassung legte ich die Prüfung als Berufskraftfahrer ab konnte dadurch mehr Geld verdienen und eine bessere Arbeitsstelle suchen.
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Am Morgen danach wurde uns zum Morgenappell mitgeteilt das in den nächsten Tagen eine Übung anstehe. Es war Spätherbst und schon empfindlich kalt. Alles in allen keine günstigen Bedingungen für die Soldaten . Solchen Luxus wie ihn die Soldaten der Bundeswehr haben, wie Schlafsäcke usw., hatten wir nicht .Eine graue Filzdecke und eine Zeltplane waren die
Ganze Herrlichkeit . An diesem Morgen fuhr ich mit dem Hauptfeldwebel zur Wäscherei um die Wäsche zu tauschen. Bei dieser Gelegenheit teilte mir der Spieß mit das wir noch in der kommenden Nacht mit Alarm aus den Betten geworfen werden sollen. Es geht zu einer Kompanieübung. Auch das noch . Ausgerechnet jetzt wo es so saukalt ist. Noch auf dem Rückweg versorgte sich der Spieß mit schöngeistigen Getränken in einem Konsum. Ich nutzte die Gunst der Stunde und nahm vorsichtshalber auch ein Fläschchen mit.
Im Regiment angekommen trafen wir wie immer die nötigen Vorbereitungen für die Übung .Teil 1 und 2 wurden gleich aufs Auto geladen die Feldküche mit Wasser gefüllt die halbe PA – Kammer verladen. Wir hatten also alles was in unserer Macht stand getan um eine gute Ausrückzeit zu haben. Natürlich war der Rest der Kompanie auch informiert und sie trafen ihre Vorbereitungen. Alle gingen heute etwas früher schlafen denn man wusste ja nicht wie viel Zeit einem blieb bis zum Alarm. Tatsächlich ging irgendwann in der Nacht diese schreckliche Alarmanlage los. Ich zog mich an lief zur Waffenkammer wo mir der Spieß meine Kalaschnikow reichte holte das Auto vom Park und den Spieß mit samt Verpflegung von der Küche. Danach reihten wir uns in die Kolonne der Kompanie ein. Als erstes ging es wie immer in den Unterziehraum nach Jatznik. Nach einem kurzen Aufenthalt dort ging es in das Übungsgebiet an die Randow. Alle Fahrzeuge wurden getarnt und auf Befehl des Alten hatten immer zwei Soldaten aus ihren Zeltplanen ein Zelt aufzustellen. Es wurde bei Strafe verboten in den Fahrzeugen zu schlafen. Natürlich wurde dieser Befehl von allen streng befolgt. Alle Fahrer stellten wohl ihre Zelte auf aber geschlafen wurde in den Führerhäusern der LKW. Die Knüppler hatten auch gut reden schliefen sie wie immer im großen Zelt das mit einem eisernen Ofen beheizt wurde. Selbstverständlich wurde auch dem Alten liebstes Kind, der Donnerbalken, aufgestellt. Genosse Grille hatte in seinem Krass eine brennende Lötlampe, beim leicht geöffneten Fenster damit die Luft nicht zu dünn wurde, gestellt die über die ganze Nacht das Fahrerhaus heizte. Als er am Morgen erwachte hingen beide Sonnenblenden wellig wie Prophetenkuchen in ihren Halterungen. Muss ganz schön warm gewesen sein in dieser Nacht. Über den Tag wurden Brücken abgelegt Minen verbuttelt und unserer Meinung nach anderer sinnloser Mist betrieben. Meine Aufgaben erstreckten sich wie immer auf den Betrieb der Feldküche. Am Abend gab mir der Spieß den Auftrag den Teekessel der Feldküche zu heizen. Dann holte er Zucker und Tassen in die er Weinbrand goss um sie dann mit heißem Wasser aufzufüllen. Das Produkt wurde dann als Grog zum Stückpreis von 2 Mark an die Soldaten verkauft .Auf diese Weise gedachte er seinen Anteil am Schnaps herauszuwirtschaften.
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Allerdings war er an diesem Abend nicht in guter Form und musste sich wegen seines angeschlagenen Zustandes sehr zeitig in das Zelt der Knüppler zurückziehen. Ausgerechnet mir überlies er den Verkauf der restlichen drei Flaschen Weinbrand. Natürlich gab es ab sofort den Rest gratis und sein ganzer Profit war damit zum Teufel. Er hat sich aber auch nicht weiter beklagt dafür waren seine Erinnerungen an den
vergangenen Tag zu löchrig . Am Morgen war der Boden dick mit Raureif bedeckt und nicht einmal in der Kompanieführung waren fröhliche Gesichter zu sehen. Alle hatten die
Schnauze reichlich voll und so wurde zum Rückmarsch in das Regiment geblasen. Dort angekommen wurde wie immer die gesamte Technik gewaschen und betankt. Das war bei der Kälte weis Gott kein Vergnügen. Wie immer wurde ich als letzter fertig wurde aber dafür mit einer warmen Dusche belohnt . Die Gefechtsbereitschaft der Kompanie war wieder hergestellt. Am nächsten Morgen fuhr ich zunächst mit dem Alten und dem Spieß die Reste der Verpflegung nach Drögeheide. Sie konnten es nicht lassen die Soldaten zu bescheißen.
In den nächsten zwei Tagen sollten wir wieder einmal ideologisch ausgerichtet werden. Die meiner Meinung nach schlimmsten zwei Tage die man bei der NVA einmal im Monat hatte .
Politunterricht ! Rotlichtbestrahlung ! Am Vormittag wurde die Kompanie in zwei Gruppen eingeteilt wobei Oberleutnant Giller mit den Unteroffizieren und Leutnant Fischbach mit den Soldaten diesen Unterricht abhalten sollte. Ich glaube nirgendwo auf dieser Welt wurde so gelogen wie an diesen Tagen. Wollte man nicht aus der Reihe tanzen musste man auch noch die von den Genossen erwarteten Antworten geben. Immer wieder wurde uns die Überlegenheit des Warschauer Vertrages nahe gebracht und die Vorzüge der sozialistischen Planwirtschaft vorgekaut. Hielten die uns alle für so dämlich!? Ob sie es auch selber geglaubt haben? Im täglichen Leben jedenfalls wurden alle Theorien wiederlegt .Nach dem Mittagessen sollten sich alle Kompanien des Regimentes im Kinosaal einfinden. Dort wollte man uns einen Film der Gruppe Karl Eduard von Schnitzler vorführen der sich mit den braunen Liedern von Heino befassen sollte. Um dem ganzen Spektakel einen würdigen Rahmen zu geben mussten wir sogar die Ausgangsuniformen anziehen. Welche Freude .
Kompanieweise rückten wir in den Kinosaal des Regimentes ein. Es dauerte schon eine ganze Weile bis endlich Ruhe eingekehrt war .Wie auf ein geheimes Kommando ging das Licht, wie von Geisterhand geführt, aus. Ding dang dong der Vorhang öffnete sich und der Vorspann zum Film begann zu laufen .Nach dem alle Namen der Mitwirkenden gezeigt waren konnte man eine Kompanie unseres gefährlichsten Klassenfeinde marschieren sehen. Dann das Kommando drei vier ein Lied. Die Klassenfeinde hoben an zu singen. Schwarzbraun ist die Haselnuss! Jetzt geschah etwas Unglaubliches mit dem sicher keiner der anwesenden Offiziere gerechnet hätte. Gemeinsam mit dem Klassenfeind
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sangen alle Soldaten des Motschützenregimentes Nr. 9 schwarz braun ist die Haselnuss. Ungläubiges Staunen war in den Gesichtern der Offiziere zu sehen. Fassungslosigkeit schien sich breit zu machen. Es muss für sie ungeheuerlich gewesen sein. Endlich fand ein Hauptmann seine Sprache wieder und brüllte: „ Alles aufstehen! Macht dass ihr hinaus kommt! Aber im Laufschritt !“
Im Laufschritt verließen wir das Kino immer wieder angetrieben von den entsetzlich brüllenden Knüpplern. Ich glaube dass wir an diesem Tag etwas Historisches erlebt haben.
Die kürzeste Kinovorstellung in der Geschichte der NVA . Über diesen Vorfall wurde der Mantel des Schweigens gehüllt. Man hätte ja auch unmöglich ein ganzes Regiment einsperren können. Am anderen Tag, so ziemlich am Ende des allseits so beliebten Politunterrichtes, teilte uns der Alte mit das wir innerhalb der Kompanie eine Singegruppe zu gründen hätten. Diese hätte sich an einem demnächst im Regiment stattfindenden Wettbewerb zu beteiligen. Arendt, auch Kobra genannt, spielte gemeinsam mit einem Unteroffizier Gitarre. Sie sollten unseren Chor instrumentsalisch begleiten. Schon bei der Auswahl des Liedgutes zerbrach ich mir den Kopf wie man den Knüpplern eins auswischen könnte. Schließlich war es mir gelungen meine Mitsänger davon zu überzeugen zwei Rote Kampflieder und als Krönung das Heideröslein zu singen. Selbstverständlich wurde die ganze Angelegenheit sehr Ernst genommen . Täglich probten wir sehr lange aber nicht um etwa die sängerische Leistung zu verbessern sondern um uns viel mehr vor allen andren Aufgaben drücken wollten. Nach vier Wochen härtester Vorbereitung war es dann endlich soweit. Der Tag des großen Auftrittes war gekommen. Den Alten interessierte das alles nur
soweit das er melden konnte das auch seine Kompanie teilgenommen hat. Hauptsache Aufgabe erfüllt. Dass wir eventuell einen Preis holen könnten damit rechnete er erst gar nicht.
Leider mussten wir ihn da sehr schwer enttäuschen. Eine Kompanie nach der anderen hatte ihren Auftritt mit ihren Roten Kampfliedern und Arbeiterliedern. Nun waren auch wir an der Reihe. Auch wir begannen mit zwei Roten Liedern .Danach sagte ich den Genossen das Heideröslein an. Die sahen sich ganz verwundert an und konnten wohl das Ganze nicht recht verstehen. Ich lies mich nicht beirren und erklärte den Genossen das es schließlich junge sowjetische Soldaten waren die im Nachkriegsberlin eben mit diesem Lied auftraten. Sie würdigten damit die Großen deutschen Geistern und den besseren Deutschen.
Da war es der Politoffizier dem ein breites lächeln übers Gesicht lief. Geschickt kaschierten die anderen Offiziere das ihnen dieser wichtige Fakt entgangen war.
Ich sang als Solist die einzelnen Strophen und gemeinsam mit meinen Kameraden den
Refrain . Ich sang zu dieser Zeit einen zwar unausgebildeten aber guten Tenor.
Das hat die Genossen Offiziere ganz schön beeindruckt. Die Singegruppe der Pionierkompanie erreichte immerhin den Dritten Platz. Besonders und für den
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besten Solisten wurde meine Wenigkeit erwähnt. Damit möchte ich den Anteil meiner Kameraden aber nicht schmälern. Der Alte empfing uns in der Kompanie und lobte unser Abschneiden über alle Maßen .Damit hatte der alte Fuchs bestimmt nicht gerechnet.
Ganz überraschend gab er uns für den Rest des Tages Dienstfrei wusste er doch das er im Stab wieder ein paar Pluspunkte gesammelt hatte .Am selben Abend noch wurde ich zum Alten befohlen der mir mitteilte das am nächsten Tag eine Überprüfung auf der Sturbahn ansteht und er habe kein Interesse mich als Aktiven dabei zu haben da ich ihm nur die Gesamtnote seiner Kompanie versauen würde . Ich solle mir gefälligst etwas einfallen lassen. Aber was ? Ich solle mich nicht so dämlich anstellen. Statt zum Frühsport sollte ich mich für einen Arztbesuch im Med- Punkt eintragen und ja nicht ohne Innendienstkrangeschrieben zu sein in die Kompanie zurückkommen. Der hatte gut Reden. Dass an diesem Morgen kein Frühsport für mich war konnte ich nicht als großen Vorteil empfinden. Ich hätte ohnehin keinen gemacht. Also lies ich mich vom UvD ins Krankenbuch eintragen und wie es mir mein Kompaniechef aufgetragen hatte suchte ich den Arzt auf .Da ich durch das Handball spielen überdehnte Bänder hatte sollte es mir auch nicht schwer fallen den Arzt davon zu überzeugen das ich ein paar Tage Ruhe dringend nötig hätte . Der Stabsarzt besah sich den Schaden und kam tatsächlich zu der Einschätzung dass ich eine Woche von allen Körperlichen Aktivitäten zu befreien sei. Ein Feldscher musste mir einen Verband anlegen und so versehen humpelte ich zurück in die Kompanie. Natürlich überholte mich der Alte. Er schwatzte im Vorbeigehen so etwas wie die Überprüfung sei erst um 9 Uhr. Es wäre ausreichend wenn ich von da an humpeln würde und am nächsten Tag hätte ich gefälligst wieder Fit zu sein.
„Wird wohl nicht zu machen sein Genosse Hauptmann! Eine Woche von allen Ungemach befreit!“: antwortete ich ihm. Seine Antwort: „ Ich trete dir gleich richtig in den Hintern und verpasse dir 14 Tage Arrest! Dann hast du Ungemach! Mach das du in die Unterkunft kommst!“ Ich beschloss ihn nicht weiter zu reizen und trollte mich, ohne das Tempo zu erhöhen, davon. Alle standen in Dienstuniform und bewaffnet mit der Holzmaschinenpistole vor der Unterkunft angetreten. Ich als nicht dienstuntauglicher ganz am Ende bekleidet mit dem Trainingsanzug .Meine Genossen mussten mir, dem Schwerkranken, einen Stuhl nebst Tisch zur Sturmbahn tragen. Auf dem Marsch dorthin folgte ich mit immer größer werdenden Abstand, stark humpelnd, der Kompanie .Als sich der Alte einmal umsah schlug er sich die Hände vors Gesicht so weh tat ihm mein Leiden. Ich persönlich glaube dass sogar Heinz Rühmann stolz auf diese schauspielerische gewesen wäre. Gegen mich war Schwejk ein Nichts .Auf jeden Fall konnte der Alte sicher sein das sich die Durchschnittsnote der Kompanie sehr verbessern würde. Ich war es der die von dem Offizier, der uns als Beobachter zugeteilt war, genannten Zeiten notierte. Das ich natürlich

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sehr auf einen guten Durchschnitt bedacht war versteht sich von selbst. Nur so konnte ich dem Alten auch einmal eine Freude machen. Alles was ich für zu schlecht hielt korrigierte ich zu unseren Gunsten. Ich glaube am Ende dieser Aktion stand die Kompanie mit einer guten zwei da. Das versetzte sogar den Alten in Erstaunen. Ich sagte ihm: „ Sehen sie Genosse Hauptmann in der Kompanie steckt mehr als sie selbst geglaubt haben! Unser ständiges Training hat sich also doch gelohnt vor allem der regelmäßige Frühsport!“ Der Alte drehte sich nicht mal um. Er wird gewusst haben warum. Als etwa die Hälfte aller Genossen die Sturmbahn absolviert hatten kam der Hauptmann auf mich zu und wollte doch allen Ernstes dass ich einige Klimmzüge machen sollte .Zu meinen großen Leidwesen musste ich ihm mitteilen das bei meiner Verletzung die Gefahr von Spätschäden besteht .ganz davon zu schweigen das ich dann für noch länger nicht gefechtsbereit wäre. Der Alte der immer noch vor mir stand drehte sich um rollte mit den Augen und lief davon sonnst hätte er sich noch durch sein Lachen verraten. Vor nichts hatten die Knüppler mehr Angst als das sie einem Soldaten über seinen Wehrdienst hinaus noch Schadensersatz oder gar eine Rente zahlen mussten. Der Hauptmann war mit der Antwort zufrieden und ich blieb auf meinen Stuhl sitzen .An dieser Übung auf der Sturmbahn mussten sich auch Offiziere beteiligen die das 35 Lebensjahr noch nicht erreicht hatten. Bei uns traf das auf Oberleutnant Giller und Leutnante Fischbachs zu .Sie starteten als letztes Paar in diesen Wettbewerb. Dem Oberleutnant lies der Alte immer wieder spüren das er den Leutnant in seiner Gunst bevorzugte. Ob es wegen der Trinkfestigkeit so war!? Auf jeden Fall war unser Oberleutnant im angetrunkenen Zustand kein Guter. Er schlug immer sofort zu und fragte erst hinterher was denn los sei hatte wohl den Alten auf einen Offiziersball auch einmal blamiert. Nun da der Alte tot sein soll wird es wohl ewig sein Geheimnis bleiben .Auf das entsprechende Kommando stürzten beide Offiziere los und lagen bis an das Ende der Sturmbahn, wo man in ein Schützenloch springen musste, noch gleich auf. Dort musste man den Schnuppersack aufsetzen und im Laufschritt so schnell es ging zurück laufen. Der Oberleutnant war Allergisch gegen den Schnuppersack und musste sich jedes Mal übergeben wenn er ihn aufzog. Das verschaffte den Leutnant einen kleinen Vorsprung den er knapp bis ans Ziel verteidigte. Komischerweise feuerten alle den Oberleutnant an. Dem Alten schien das gar nicht zu gefallen das konnte man an seinen Blicken deutlich ablesen. Aber der Oberleutnant freute sich ganz offensichtlich über die Anfeuerungsrufe hatte wohl selber nicht mit solchen Sympathiebekundungen gerechnet.
Doch davon war bereits am nächsten Morgen nichts mehr zu spüren. Schon früh um 6 Uhr stand er in der Kompanie um persönlich den Frühsport zu überwachen. Der Undankbare !
Fast alle Soldaten waren schon angetreten nur der Lieblingssoldat alle Offiziere, Sachse Hänichen, und einige EK fehlten noch. Ich stand an diesem Tag auf Grund meiner schweren Verletzung GuvD und hielt mich auch im Gang
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auf . Der Oberleutnant ging noch einmal in die Kompanie um die Reste derselben zu holen. Natürlich blieben die meisten stehen um zu sehen was er mit dem Sachsen anstellen würde. Der Oberleutnant öffnete das Zimmer des Sachsen wo dieser noch seelenruhig im Bett lag und schlief. Der Oberleutnant forderte den Sachsen auf das Bett zu verlassen und zum Frühsport anzutreten. Doch dieser antwortete im besten sächsisch. „ I ste ni off ! “ Schallendes Gelächter der mittlerweile vollständig im Gang versammelten Kompanie war die Folge. Der Oberleutnant wieder: „ Soldat Hänichen stehen sie auf zum Frühsport!“ Der antwortete wiederum:“ I ste ni off!“ Noch im Bett liegend wurde der Sachse zu einem Tag Arrest verdonnert. Er rollte seien Decke wie ihm befohlen zusammen und sagte: „ Da pennsch äben dorden weider!“
Das Gelächter wollte kein Ende nehmen. Der Oberleutnant war stinksauer und die Kompanie musste unter seiner Aufsicht tatsächlich 3000 Meter laufen. Noch am selben Abend kehrte der Sachse zurück in den Schoß der Kompanie. Er hatte die Hände voller Blasen vom kehren der Regimentsstrasse. Auf Grund der angegriffenen Gesundheit hatte man ihn vorzeitig entlassen .So manches Mal durften die Soldaten im Arrest auch Kohlen schaufeln. Hundert
Zentner sind kein kleiner Haufen! Nach dem Stubendurchgang verliest Oberleutnant Giller endlich die Kompanie und machte sich auf den Heimweg. Wir saßen noch eine ganze Weile
beisammen, natürlich mit einem Fläschchen schöngeistigen, und lachten herzlich über das was wir am Morgen erlebt hatten. Der triste Alltag war oft nur mit etwas Alkohol zu bewältigen und wie ich es von meinem Sohn erfuhr gilt das Gleiche auch für viele Offiziere und Mannschaften der Bundeswehr .Also so verschieden sind wir Neu und Altbundesländler doch nicht . Uns trennt oft nur die gute Mark zu der wir Ossis doch so gar nichts beigetragen haben. Doch unseren Genossen sollte das Lachen noch vergehen .Die nächsten drei Tage lief der Frühsport immer unter der Aufsicht des Genossen Giller. Zum Glück war ich krank und der Rest der Kompanie war böse auf den Sachsen. Dem hatten sie die verstärkte Aufmerksamkeit zu verdanken. Der Rest der Woche wurde wie so oft vergammelt. Ich legte mich auf dem Park unter mein Auto nahm einen 22 ziger Gabelschlüssel und schlug damit ab und zu an die Kardanwelle das die Genossen Offiziere nicht auf den Gedanken kamen man wäre eingeschlafen. Als ich am nächsten Morgen etwas später auf den Park kam traf ich zu meiner Verwunderung keinen meiner Genossen. Wo ich auch suchte es war vergebens wurde aber das Gefühl nicht los beobachtet zu sein. Nach etwa 10 Minuten öffnete sich die Turmluke des SPW von Genossen Dräger. Aus dieser entstieg eine Qualmwolke die den Vergleich mit einem Fabrikschornstein nicht hätte scheuen müssen.
Erst dachte ich der SPW würde brennen. Aber dann entstiegen ihm 10 meine Kameraden die alle darin geraucht hatten .Ein Wunder das sie nicht erstickt waren. So versteckten sie sich

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öfter in den kalten Tagen . Auf jeden Fall fand ich nun einen Genossen der mir beim Wechseln des Reservetanks, der schon einige Monate leckte, behilflich sein konnte. Viel Ersparnis hat der Wechsel des Tanks nicht erbracht denn nun verdampfte der Sprit im 311 er Wartburg des Alten. Das Gleiche galt nach wie vor für den Treibstoff des SPW des Genossen Dräger .Am Montag sollte ich mit dem Alten nach Eggesin fahren. Auf dem Heimweg schnappte die Falle zu. Alle Fahrzeuge der Nationalen Volksarmee wurden angehalten auf einen Parkplatz gelotst und kontrolliert. Etwas findet man immer bei einer solchen Kontrolle
wenn man nur lange genug sucht. Kamen die Kontrolleure noch aus einem fremden Regiment wurden auch noch die Feindlichkeiten und Rivalitäten offen ausgetragen um den anderen eins auszuwischen. Ein Feldwebel wies mir einen Stellplatz zu auf dem ich meinen Ural abstellen musste und ich hatte dabei gar kein gutes Gefühl bei der ganzen Angelegenheit.
Der Alte blieb grinsend auf seinen Platz sitzen. Als Erstes bekam ich wieder einmal einen Anschiss weil ich mich wieder einmal nicht vorschriftsmäßig gemeldet hatte. Der Feldwebel machte ein Gesicht als hätte er es mit einem Verbrecher zu tun. Als der Feldwebel meine gesamten Papiere, die ich wie immer selbst ausgestellt hatte, kontrolliert waren schickte er mir einen Gefreiten der die technische Überprüfung des Urals vornehmen sollte. Er fügte noch hinzu das er dies sehr gründlich machen sollte. Doch dann die Überraschung !
Die Welt ist doch manches Mal sehr klein besonders in der DDR .Der Gefreite der mich kontrollieren sollte war ein bekannter aus Apolda .Unsere Eltern waren schon seid den Nachkriegsjahren eng befreundet. Zuerst war es wohl wegen der schlechten Versorgungslage eine Zweckfreundschaft die sich immer mehr festigte und bis in die heutige Zeit anhält. Karl Heinz Schnitzer zwinkerte mir zu und machte sich mit ernstem Blick daran den Ural zu überprüfen. Natürlich fand er eine defekte Stopplichtbirne und bemängelte das sich im Luftfilter etwas zu wenig Öl befand. Die beiden Mängel wurden auf der Stelle behoben dabei sprach der Gefreite Schnitzer so laut das man denken konnte er würde mich fertig machen . Zufrieden sah der Feldwebel unserem Treiben von fern zu und war sich sicher das alles mit rechten Dingen zu ging. Mit der Ermahnung in Zukunft doch etwas besser auf diese Kleinigkeiten zu achten wurde ich mit freundlichem Handschlag entlassen.
Hätte ein Anderer die angefeilte Luftleitung zum Vergaser gefunden wäre ich wohl nicht so glimpflich davon gekommen. Durch diese Leitung wurde die Geschwindigkeit des Ural auf etwa 70 Km/h gedrosselt. Sorgte man dafür dass der Vergaser eine höhere Luftzufuhr bekam
lief er dann etwa 90 Km/h. Das hatten wir einigermaßen hinter uns gebracht und der Alte hatte keinen Grund zum meckern. Wir fuhren nun nichts Böses ahnende Richtung Torgelow. Es schien heute nicht mein Tag zu sein. Schon wenige hundert Meter lauerte die nächste Gefahr. Die Volkspolizei hatte eine Geschwindigkeitskontrolle im Bereich eines Bahnüberganges aufgebaut. Natürlich hatten die Genossen der Deutschen Volkspolizei keine moderne
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Blitzanlage oder etwa eine Laserpistole . Diese Funktion mussten zwei mit Luft gefüllte Schläuche erfüllen. Sie wurden in einem bestimmten Abstand über die Straße verlegt und die Zeit die beim überqueren dieser beiden Schläuche verging errechnete die gefahrene Geschwindigkeit. Man bekam auch kein Foto zugeschickt sondern wurde sofort an Ort und Stelle gestoppt. Die Bestrafung wurde sofort durchgeführt. Auf jeden Fall sah ich die beiden Schläuche auf der Straße liegen. Das war kurz vor der einstreifigen Barke des Bahnübergangs
wo man nur 30 Km /h fahren durfte. Jetzt half nur noch eine Vollbremsung. Kurz vor dem ersten Schlauch trat ich auf die Bremse. Die Räder blockierten und der Schlauch zerriss in zwei Teile. Nun wieder Vollgas und in den nächsten Waldweg eingebogen . Auf mir mittlerweile gut bekannten Schleichwegen ging es zurück ins Regiment. Zuerst fluchte der Alte weil er sich fast den Schädel angeschlagen hätte aber schon wenig später grinste er zufrieden und nannte mich einen verrückten Hund. Ich glaube die Genossen der Volkspolizei waren an diesem Tag ganz schön sauer wegen des defekten Schlauches und wäre ich auf der Straße weiter gefahren hätte mich der weiter vorn stehende Posten sicher gestoppt denn diesem wurde über Funk das Kennzeichen durchgegeben. Dann wäre sicher mein Führerschein für einige Zeit eingezogen worden aber bis die ihr Versteck verlassen hatten waren wir schon im Wald verschwunden. Hätte auch noch dumm werden können hätten sie meine taktische Nummer erkannt aber die hatte ich in den meisten Fällen mit Schmutz so verschmiert das sie nicht zu lesen war. Als ich am Nachmittag mit dem Staber in die gleiche Richtung fuhr benutzte ich die Schleichwege denn auf alle Fälle war mein Bedarf an Aufregung für diesen Tag gedeckt. Am kommenden Wochenende sollte unsere Kompanie Wache stehen im Munitionslager Gummnitz. Dann waren die einzigen freien Stunden für diese Woche auch flöten . Natürlich waren die meisten der Genossen stocksauer.
Wie immer in solchen Fällen bereiteten wir uns gründlich auf diese Aufgabe vor. Im Teil 1 und Zwei waren all die Dinge die für eine Wache wichtig waren verstaut. Reisetauchsieder , Zusatzverpflegung , Schnaps und Bier . Alles wichtige Dinge die man unbedingt auf einer Wache benötigt . Im Handschuhfach hatte ich meine Flasche Pfeffi versteckt. Da ich auch mit Wache stehen musste fuhren wir auch gleich mit meinem Ural. Leutnant Fischbach sollte unser Wachhabender sein. So ausgerüstet fuhr ich das Auto zum Stabsgebäude wo die Wachmannschaft zur Vergatterung absitzen musste .Wir waren alle noch guter Dinge denn das Wetter war nicht schlecht und wir gut vorbereitet. Nur hatten wir die Rechnung ohne den Wirt sprich ohne den OvD Gemacht. Die Tür vom Stabsgebäude öffnete sich und wen mussten wir da sehen!? Wer trug die Armbinde des OvD!? Unser Alter ! Der tat das was uns bisher noch kein fremder OvD angetan hatte. Er filzte uns im wahrsten Sinne des Wortes bis auf die Unterhosen. Er selber war auch nicht ganz nüchtern aber es schien ihn tierisch zu freuen uns so zu schikanieren. Alle mussten ihre Teile 1 und 2 auspacken. Der Nachweis für lange Unterwäsche musste geführt werden
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in dem man die Jacke und die Hose ausziehen musste .Alles Gelaber half nichts. Es ging halt ohne Reisetauchsieder, Schnaps und vielen anderen schöne Dinge zur Wache. Nur meine Flasche Pfeffi blieb verschont. Nach dem der Alte seinen Spaß gehabt hatte wurden wir mit Trompetenklängen vergattert und zur Wache entlassen. Mit einer Verspätung von 1,5 Stunden erreichten wir das Wachobjekt in Gummnitz. Die dortige Wache schaute schon nervös auf unsere Truppe als sie vom Ural abgesessen war. Sie waren natürlich nicht erfreut dass wir mit einer solchen Verspätung anreisten. Der Leutnant inspizierte mit den Unteroffizieren das Wachlokal. Wir hatten die Unteroffiziere angespitzt die Wache nicht zu übernehmen wegen mangelnder Sauberkeit des Wachlokals. Auf diese Weise hätten die Mucker noch einmal 24 Stunden Wache stehen
müssen und wir würden um diese undankbare Aufgabe herum kommen. Zunächst lief alles auch sehr gut. Schon zum zweiten Mal waren die Mucker dabei das Wachlokal noch einmal zu putzen. Nach erneuter Kontrolle lies der Leutnant überredet das Wachlokal zu übernehmen. So ein dämlicher Hund . Nun mussten wir, zwar mit drei Stunden Verspätung, die Wache übernehmen. Die Mucker fuhr ich mit meinem Ural zurück ins Regiment um dann
zurückzufahren und auch meinen Anteil an dieser Wache zu leisten. Alle vier Stunden wechselten die Wachen in die jeweiligen Aufgaben. Vier Stunden Posten, vier Stunden Bereitschaft und vier Stunden schlafen wechselte sich dabei ab. Nachts um 2 Uhr war auch die Reihe an Ernst Rapp und meiner Wenigkeit. Ich habe nie wieder einen Menschen getroffen der wie Ernst 24 Stunden an einem Stück schlafen konnte. Ernst beherrschte dies meisterlich. Er verschlief seine Bereitschaft die vier Stunden Nachtruhe. Wenn wir auf Wache zogen wickelte er sich in seine Plane und verpennte noch die vier Stunden Wache .Er war zu beneiden um diese Ruhe .Ich musste vor Kälte ständig auf und ab laufen um nicht zu erfrieren. Er schlief so fest dass ich ihm seine Kalaschnikow abnehmen konnte ohne dass er etwas merkte. Ich hing sie einfach an den Zaun. Er war so verschlafen das ich ihn daran erinnern musste seine Waffe beim Wachwechsel mit zu nehmen. Er hätte den Verlust nicht einmal bemerkt. Aber ab jetzt konzentrierten sich alle Gedanken auf das verbleibende Wochenende. Die Gedanken gingen vom Duschen zum Oberligafußball im DDR Fernsehen .Ich hatte mit Ernst den letzten Aufzug von 14 bis 18 Uhr zu stehen. Ein Blick auf meine Ruhla Qualitätsuhr verriet mir aber dass es bereits 18 Uhr 30 war und von der Ablösung nichts zu sehen war. So langsam wurde ich unruhig und lief zum Ende des Postenbereiches um zu sehen was denn los war. Die Überraschung war perfekt. Die Mucker die wir noch gestern bei der Wachübernahme so verarscht hatten waren unsere Ablösung. Nur hatten sie den Vorteil dass sie nicht so einen Sprillileutnant als Wachhabenden hatten wie wir. Der lies sich nicht überzeugen die Wache zu übernehmen sondern fuhr mit seinen Muckern zurück ins Regiment. So blieb uns nichts weiter übrig als noch einmal 24 Stunden Wache zu schieben.

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Dass sich die Begeisterung dafür in sehr engen Grenzen hielt kann man sich wohl vorstellen. Nur den lieben Ernst schien das nichts auszumachen der sah wohl das er noch einmal 24 Stunden schlafen konnte. So wurden wir durch unsere Genossen wieder abgelöst und der ganze Zinnober begann von vorn. In der Nacht war ich dann auch wieder an der Reihe. Es war eine furchtbar dunkle und kalte Nacht und ich gebe gerne zu das es mir nicht ganz geheuer war. Auf gut Deutsch ich hatte schiss. Immer wenn ich ein paar Schritte machte lief außerhalb des Zaunes irgendeiner parallel zu mir mit. Blieb ich stehen blieb er scheinbar auch stehen. Es war unheimlich. So dauerte es nicht lange bis ich die Schnauze voll hatte. Meine Waffe war ohnehin immer entsichert auf Posten. Wenn man die stundenlange Prozedere ausführen wollte war man schon tot bevor man alles gefragt hatte was die Vorschrift verlangte. Halt! Wer da ? Stehen bleiben oder ich schieße! Dann erst durchladen und entsichern. Da wäre schon alles zu spät. Ich legte meine Kalaschnikow in die Richtung an aus der das Geräusch kam und zog den Abzugsbügel durch. Zu allem Unglück hatte ich die Knarre auf Dauerfeuer gestellt. Es dauerte auch nicht lange und die dreißig Schuss im Magazin waren verballert. Die Schüsse verhalten natürlich nicht ungehört. Leutnant Fischbach kam mit einem Unteroffizier und einen Soldaten zu meinen Postenbereich.
Ich zog bei deren Annäherung die Knarre laut hörbar durch. Da hatten sie es plötzlich sehr eilig sich zu erkennen zu geben. Der Leutnant lies mich ablösen und vom Rest der Wache befreien. Ein anderer Kamerad musste meine Wache übernehmen. Als wir im Wachlokal angekommen waren wollte der Leutnant natürlich wissen auf was ich geschossen hätte.
Ich erzählte ihm die Story und er schickte einen Unteroffizier in die Spur um meine Angaben zu überprüfen. Nach einer halben Stunde kam dieser wieder zurück mit einer handvoll blutiger Igelborsten. Weiter hätte er nichts feststellen können. Ich glaube Weidgenosse Honecker wäre wohl sehr Stolz auf mich gewesen hätte er nur etwas von meinen
Blattschuss erfahren. Viel weniger Begeisterung konnte da der Leutnant Fischbach für diese Angelegenheit entwickeln. Er sagte: „ 30 Schuss Munition für einen Igel das glaubt uns kein Mensch! Ganz abgesehen davon das es galt eine Vielzahl von Protokollen zu schreiben und das in dreifacher Ausfertigung! „ Wir fanden eine Lösung mit der alle Beteiligten einigermaßen leben konnten. Jeder der Genossen gab etwas von seiner Schwarzmunition und so blieb uns das ganze Elend erspart. Damit war die Sache erledigt und der peinliche Vorfall wurde sorgsam verschwiegen. Am Nachmittag wurden wir abgelöst und fuhren zurück in die Kompanie. Endlich duschen und wieder im eigenen Bett schlafen. Der normale Alltag hatte uns wieder. Kamerad Grille hatte wieder einmal Schmalz ausgelassen das wir uns am Abend alle schmecken ließen. Danach gingen wir mit vier Genossen in den Kompanieclub um Canasta zu spielen. Dabei haben wir uns so vertieft in das Spiel das keiner von uns auf die schaute. Es muss wohl so gegen 3 Uhr am Morgen gewesen sein als mit einem
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furchtbaren klirren Mucker Barthels durch das geschlossene Fenster des Kompanieclubs geflogen kam.
Dieser Verrückte brachte es fertig seine eigenen Soldaten, die auf Wache waren, über die Mauer anzuspringen sie zu entwaffnen und festzunehmen. Dafür durften sie dann noch in Arrest gehen. Er war ein hinterhältiges Schwein. Uns wollte er ursprünglich auch festnehmen belies es aber dann dabei den UvD den Marsch zu blasen und uns beim Alten wegen Nichteinhaltung der Nachtruhe zu melden. Das war uns aber relativ egal da der Alte deswegen nichts unternehmen würde. Allerdings durften wir die Fensterscheibe bezahlen.
Am Morgen fuhr ich mit dem Spieß wieder einmal in die Wäscherei und nutzte diesen Ausflug um für meine Kameraden etwas zu trinkbares zu beschaffen.
Die Kompanie hatte sich zur Nachtruhe begeben als es uns doch einmal kalt erwischte. Mitten in der Nacht ging die Alarmsirene und wir waren total unvorbereitet. Dem entsprechend chaotisch lief der Alarm dann auch ab. Zum Glück war es nur eine Regimentsübung und den höheren Dienstgraden blieb das schlechte Abschneiden verborgen. Wir hatten uns in der Kolonne eingeordnet und verließen das Regiment in Richtung Unterziehraum Jatznik. Immer wieder versuchte das hinter mir fahrende Fahrzeug mit der Lichthupe mich auf irgendetwas aufmerksam zu machen. Ich fuhr zur Seite und der Fahrer teilte mir mit das ich vor kurzen meine Feldküche verloren hätte. Ich lief nach hinten und sah die Bescherung. Der Sicherungssplint der Anhängekupplung hatte sich gelöst die Kupplung war aufgesprungen und die Feldküche hat sich selbstständig gemacht. Ich stieg wieder ein und fuhr zurück. Es dauerte auch nicht lange und ich hatte sie gefunden. Einen Meter vor einem Baum war sie zum stehen gekommen. Die Deichsel hatte sich in den Sandboden gebohrt und so die wilde Fahrt rechtzeitig vor dem Baum gestoppt. Ich hatte mein Anhängsel wieder! So blieb ein größerer Schaden, der sicher nicht ohne Nachforschungen geendet hätte, erspart. Es war eine schöne Schinderei bis ich die Feldküche wieder angehängt hatte. Es war nicht einfach die Feldküche durch den weichen Sandboden zu ziehen. Auf die Hilfe von meinem Spieß brauchte ich da erst gar nicht zu hoffen. Arbeit war nichts für einen solch gebildeten Mann außerdem war ihm körperliche Arbeit ohnehin zu tiefst zu wieder.
Der Rest der Kompanie war mittlerweile im Unterziehraum angekommen. Wir folgten ihnen nach Jatznik und konnten uns wieder an unserer Position in der Kolonne einfädeln.
Nach kurzem Aufenthalt setzte das Regiment die für gewöhnlich langsame Fahrt zum Truppenübungsplatz fort. Dort angekommen lief das übliche Ritual ab. Für uns gab es kaum etwas zu tun. So vertrieben sich die meisten die Zeit mit Gammeln und die Abende mit trinken. Doch an diesem Abend musste der Alte die Kompanie verlegen zu einem neuen Punkt. Also alles abbauen und los ging die Fahrt. Irgendwo auf einer Landstrasse kam die Kolonne zum stehen. Was war denn los? Warum geht es nicht weiter? Nun siegte auch bei mir die Neugier über meine Faulheit. Ich stieg aus meinem Auto lief nach vorn um zu sehen
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was los ist. Da stand fast die ganze Kompanie um den Krassbagger des Genossen Grille herum der vor einer Brücke stand die er zu unterqueren nicht in der Lage war.
Es fehlte genau 5 Zentimeter. Der Bagger war zu hoch. Nun wurde endlos viel geredet doch so richtig war keiner der Vorschläge zu gebrauchen .Um ein Haar wäre die Kompanie schon umgekehrt als plötzlich sagte der lange Kruspe wie so nebenbei einwarf das man doch ein wenig die Luft von den Reifen ablassen solle dann könnte es reichen . Erst sahen sich die Genossen etwas erstaunt an aber einigten sich dann es wenigstens zu probieren .Siehe da es klappte. Der Bagger ging unter der Brücke durch wenn auch die Baggerschaufel etwas an der Brückendecke kratzte. Als beide Bagger die Brücke passiert lies der Alte die Kolonne stoppen die Kompanie antreten und verpasste dem Gefreiten Kruspe 2 Tage Sonderurlaub.
Warum war das mir nur nicht eingefallen. Wir zogen in dem für uns vorgesehenen Waldstück unter und der Spieß neben meiner Wenigkeit bereitete das Essen für die Kompanie. In diesem Fall wurden die Fahrzeuge nicht abgetarnt was darauf hinwies das wir uns hier nicht lange aufhalten würden. Tatsächlich ging nach dem Essen die Fahrt weiter. Irgendwann kamen wir dann an das Ufer der Elbe. Über die Elbe hatte ein Pionierbatalion eine Pontonbrücke gelegt und wir mussten nun darüber hinweg fahren. Ich hatte schon ein mulmiges Gefühl als wir darüber fuhren. Das ganze Geschirr wurde von großen Bugsierbooten in der richtigen Richtung gehalten . Es war schon ein Erlebnis mit einem LKW oder Panzer darüber zu fahren. Trotzdem war ich froh als wir endlich wieder festen Boden unter den Füßen, Entschuldigung, unter den Rädern hatten.
An der Seite unseres Weges stand eine größere Anzahl von Kradmeldern, die unserem Regiment an Kreuzungen den Weg frei hielten, und schien sich angeregt zu unterhalten.
Nur wenig später sollten wir alle erfahren worum es in diesem angeregten Gespräch ging.
Einer der Kradmelder der eine Panzerkompanie geführt hatte war verschwunden. Erst nach stundenlanger sehr intensiver Suche wurden seine sterblichen Reste gefunden. Er hatte in der Nacht die Panzer über eine Geländestrecke geführt. Kurz hinter einem Hügel muss er wohl
Gestürzt sein und der dicht hinter ihm fahrende Panzer hatte ihn sofort überrollt. Der Rest der Kompanie natürlich auch . Viel war da sicher nicht übrig geblieben was man zu beerdigen hatte. Natürlich bekam er das übliche Staatsbegräbnis und die drei Schuss Ehrensalut.
Das war gemessen am verlorenen Leben sicherlich ein schlechter Tausch. Ob dies sein Angehörige ein großer Trost war und über den Verlust hinweg half wage ich zu bezweifeln.
Wie schon beschrieben hatten wir auf diesen Übungen nicht sonderlich viel zu tun. Arbeit in ausreichender Menge gab es nur für den Hauptfeldwebel und
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meine Wenigkeit . Der Spieß übernahm dabei immer die feineren arbeiten und ich durfte seinen Adjutanten mimen. Zum schälen für Kartoffeln und andere Hilfsarbeiten wurden regelmäßig Soldaten eingeteilt so das uns so niedere Arbeiten erspart blieben. Wir durften wie fast zu jeder Übung einmal unsere Brücken ablegen und ein paar Minen verbutteln. Noch einmal wurde die Kompanie verlegt und alle Kraftfahrer meisterten die engen Waldwege mit viel Geschick. Nur Kobra Genosse Arendt musste wieder einmal aus der Reihe tanzen. Er, der mit seinen Brillengläsern bei Sonneschein Panzerplatten durchschweißen konnte, riss sich die Plane seines LKW auf und zu allen Unglück auch noch einen Minenschrank. Der Inhalt dieses Schrankes lag nun Verteilt auf dem zu letzt gefahrenen Waldweg .Zu allen Unglück fand die Verlegung auch noch in der Nacht statt. Der Schaden wurde erst bemerkt als wir an unserem neuen Rastplatz ankamen da Arendt das letzte Fahrzeug der Kolonne war. Die Minen waren zum Glück noch nicht scharf aber konnten wenn sie in unrechte Hände gerieten großen Schaden anrichten.
Als der Alte mitbekam was geschehen war sprang er aufgeregt wie ein Indianer an Stelle des Marterpfahles um den Ural von Arendt. Wir hatten viel Freude bei der Suche nach der kostbaren Ladung im finstren Wald. Zum Glück fanden wir alle wieder sonnst hätte das für den einen oder anderen im Knast enden können. Viele Freunde hatte sich Harald Arendt mit diesem Einsatz nicht gemacht. Der Hauptfeldwebel hatte mit mir das Essen für die Kompanie Fertig. Die Genossen hatte die Schnauze voll vom ungeliebten Atombrot und so landete das Meiste im Wald. Wer viel Pech hatte und wenig Geld musste sich auch noch mit Dr. Hengolins Thüringer Gebirgskräutertee dazu trinken. Es sei denn er hatte noch eine stille Reserve. Nach drei Tagen wurde das gesamte Regiment auf Eisenbahnwaggons verladen und es ging zurück nach Torgelow- Drögeheide .Wenn man dies alles so liest könnte man zu dem Schluss kommen das es keinen Tag ohne besondere Vorkommnisse bei der NVA gab.
Natürlich gab es das. Kann ja auch nicht anders sein bei einer solchen Ansammlung von Menschen die zudem jeder seinen eigenen Charakter und Gewohnheiten hatte.
Die lustigen Geschichten bleiben einfach besser im Gedächtnis haften als die weniger schönen Stunden .Auch an diese Übung werden wir noch lange denken. Der Abend war viel zu schön um schon schlafen zu gehen. Das dachten sich auch die Gefreiten Kruspe, Krusperski und Genosse Dräger. So beschlossen die drei einträchtig nichts unversucht zu lassen um noch an etwas Trinkbares zu kommen. Im Schutze des Abends schlichen sie aus dem Lager der Kompanie. Als sie nach einem kurzen Fußmarsch ein Dorf erreichten war auch schnell eine Wirtschaft gefunden. Sie gingen hinein und bestellten so lange bis ihr Geld zu Ende ging. Jetzt war guter Rat teuer. Aber bald schon hatten die findigen Jungs eine Möglichkeit gefunden. Sie verkauften einfach ihre Jacken an die in der Kneipe sitzenden Bauern. Nun hatte man wieder Geld und das fröhliche Gelage konnte weiter gehen. Kurz vor Mitternacht war die Kneipe leergesoffen einzig
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eine Flasche Wein konnte Genosse Dräger noch ergattern. Er hielt sie fest umschlossen in seiner Hand als sich die Tür öffnete und ein Major den Raum betrat. Allein das reichte aus das sich bei Kamerad Dräger der Krampf in der Hand löste und die Weinflasche auf dem Boden zerschellte. Der Major war entsetzt das ihm, der auch sehr durstig war, die letzte Flasche durch die Lappen gegangen war. Vor laurer Wut nahm er die drei Soldaten fest. Den Bauern nahm er die gekauften Kleider wieder ab. So verließen die Genossen genau so wie sie gekommen waren das Gasthaus. Vor der Kneipe stand ein Werkstattural auf den die drei Soldaten aufsitzen sollten. Als der Major nach vorn lief, um in das Fahrerhaus zu steigen, öffneten die Genossen wieder die Tür und sprangen heraus. Genau wie zuvor ausgemacht flüchteten sie in drei verschiedene Richtungen um die Verfolgung so schwer wie möglich zu machen. Als gemeinsamer Treffpunkt wurde das Lager der Kompanie abgemacht. Ich war schon sehr früh am Morgen aufgestanden und sah den Alten entgegen seiner sonstigen Gewohnheit aus dem Offizierzelt kommen. Im Allgemeinen schlief er auf einer Matratze in seinem Führungsschützenpanzer. Was hatte ihn wohl bewogen seinen Stammplatz aufzugeben und gegen das Schnarchen des Stabsfeldwebels einzutauschen. Eine Stunde später war alles aufgeklärt. Bei seiner Flucht war Genosse Dräger an einer Schweinemastanlage vorbei gekommen. Im Dunkel der Nacht hatte er den Güllegraben dieser Anlage wohl übersehen und war mitten in die Schweinescheiße gefallen.
Zum waschen war keine Zeit oder er war nicht mehr in der Lage und so kletterte er in der Nacht in den SPW wo der Alte schlief. Dem blieb der Geruch nicht verborgen. Aber alle Versuche Genossen Dräger zu wecken blieben ohne Erfolg. So musste der Alte zum schlafen in das Offizierszelt. Gegen 10 Uhr lies der Alte die Kompanie antreten. Natürlich hatte er schon allein an den roten Augen erkannt wer die Drei waren die vom Divisionsstab gesucht wurden. Eine Weile lief der Alte vor der versammelten Front auf und ab und strich sich dabei mehrmals nachdenklich über sein Kinn. Nach einer kurzen Denkpause sagte er: „ Ihr könnt von Glück sagen das euch der Major nicht so genau beschreiben konnte weil es so dunkel war in der Kneipe. “ „ Der war auch viel zu besoffen!“: warf der gefreite Krusperski ein. „ Halt das vorlaute Maul du Tagesack! “: brüllte der Alte. Allgemeines Gelächter war die Folge. „ Dass der Genosse Dräger etwas Pech hatte kann man jetzt noch riechen. Was hat denn Genosse Kruspe mit seiner Nase getan? Ist wohl beim Popeln passiert? Was ? Denkt ja nicht dass euer Alter blöd ist. Habe schließlich auch als Soldat gedient ihr Tagesäcke!“: sagte der Alte und beendete damit den Appell. Der lange Kruspe war auf seiner Flucht in einen Schlehenbusch gestürzt und sich dabei den Nasenflügel um zwei Zentimeter eingerissen. Zu
einem Arzt konnte man nicht gehen also wurde das Ganze mit einem Pflaster provisorisch versorgt. Nähen wäre sicher besser gewesen. Noch an diesem Tag traten wir den Rückweg ins Regiment an. Dort konnte Genosse Dräger endlich die letzten Kotklumpen aus seinen Ohren entfernen. Der Genosse Krusperski
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kam aus der ganzen Geschichte mit einem Kater davon. Das zweite Diensthalbjahr neigte sich seinem Ende entgegen und genau wie ihre Vorgänger ein halbes Jahr vorher bekamen die Genossen EK das große Tagedrücken. Auch wir, die sogenannten EK in den Startlöchern, fieberten dem Tag entgegen an dem wir endlich die neuen Chefs sein würden und glaubten dass uns dieses Schicksal einmal erspart bleibt. Im Prinzip blieb immer alles beim Alten. Kamerad Dräger parkte seinen SPW so dass der Alte seinen Wartburg tanken konnte. Ich belieferte den Alten und den Spieß mit den übrig gebliebenen Konserven .Natürlich gelang es mir gelegentlich einige Sachen seinen rechtmäßigen Empfängern zukommen zu lassen. So verteilte ich heimlich an die Genossen einen Karton mit Vollmilchschokolade die der Spieß wenig später ganz verzweifelt suchte. Aber das waren Alibiaktionen die alle anderen Geschehnisse nicht aufwiegen konnten. Der Lange stand in seinen Zivilklamotten und gepackter Tasche in der Stube. Der Abschied lief wie immer nach demselben Schema ab. Es wurde sich vieles versprochen aber nie gehalten.
Aber der Lange war ein guter Stubenältester dessen Beispiel ich gerne folgen wollte. Machs gut Langner ! Nun war ich Stubenältester aber noch kein Gefreiter wie eigentlich üblich.
Ich hatte nie Sorgen mit meinen dienstjüngeren Zimmergenossen da sie alles zu meiner Zufriedenheit und der Vorgesetzten erledigten. Sie taten alle zur Aufrechterhaltung der Ordnung. Trotz allem sollte das letzte Diensthalbjahr eine Zeit der Superlative werden und
alles bisher da gewesene in den Schatten stellen sollte. Dinge die wir uns in den schlimmsten Träumen nicht vorgestellt hatten . Die Alten Genossen waren abgereist und gespannt warteten wir auf unsere neuen Spritzer. Allerdings sollte in meine Stube kein neuer Sprilli mehr kommen denn in der Neuen Unterkunft die im Bau war hatte man aus unserem Kompanietrupp eine Stube mit drei Mann geplant. Bis die Neuen kamen ließen uns die Knüppler in Ruhe. Wir gingen täglich auf den Park um die Fahrzeuge für die Sommernutzung vorzubereiten. Die ungeliebte Umstellung war im vollen Gange.
Als wir an einem schönen Maientage zum Mittagessen vom Park in die Kompanie kamen waren auch die neuen Sprillis eingetroffen. Am selben Tag noch bekamen sie ihre Ausrüstung und schon am nächsten Morgen gingen sie zur spezifischen Ausbildung für die sie später eingesetzt werden sollten. So ganz nebenbei liefen die letzten Arbeiten an unserer neuen Unterkunft die ganz dicht am Bahngleis. Schon für die nächsten Tage sollten die ersten Teile der Kompanie in den Neubau umziehen. Viel Freude bereitete uns der Gedanke an diesen Umzug allerdings nicht. Wenn ich nur an den ganzen Plunder in der Pa – Kammer denke wurde mir schon schlecht. Die gesamte Waffenkammer, Betten , Tische und überhaupt die Einrichtung der Offiziere . Zum Glück hatte ich bei diesem Spiel nur als Fahrer zu fungieren. Nach einigen Tagen hatten wir das Gröbste geschafft. Die Sprillis konnten sich an ihren neuen Revieren vergnügen. Die Reviere in der alten Unterkunft kamen auch noch dazu.
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In der letzten Nacht in der alten Unterkunft veranstalteten wir unser erstes EK - Kegeln.
Die Kugel donnerte mit viel Schwung durch den Flur. Die sieben Kilo schwere Kugel bekam von Genossen Dräger soviel Schwung das sie am Ende des Ganges die Papptür glatt durchschlug. Das allgemeine Gelächter wich aber schon nach kurzer Zeit der Nachdenklichkeit. Das wird bestimmt dicke Luft geben. Wir hofften dass es dem Alten entgehen würde weil er sich mehr im Neubau aufhielt. Der Staber sorgte aber dafür das es der
Alte doch erfuhr. Der brüllte natürlich ziemlich laut herum aber er konnte niemanden finden der die Schuld freiwillig auf sich nahm. Er sagte etwas von kollektiver Strafe aber das ging im Trubel des Umzuges unter. Als die Wohnraumzellen später abgebaut wurden dachte niemand mehr an das Loch in der Tür. Am nächsten Abend wurde gleich der Gang in der neuen Unterkunft eingeweiht. Dieses Mal postierten wir vorsichtshalber einen Sprilli der am Ende des Flures die Kugeln abzufangen hatte. Noch eine kaputte Tür hätten wir uns zu dieser Zeit nicht leisten können. Auf den Steinplatten polterte die Kugel deutlich besser. Viel früher als wir uns das gewünscht hätten traten die Symptome der EK – Krankheit auch bei uns auf. Schlaflose Nächte in denen man Unmengen an Kaffee und Zigaretten konsumierte . Ab und zu gab es natürlich auch ein Schnäpschen. Nun konnten wir am eigenen Laib spüren was unsere Vorgänger im Amt mitgemacht haben und was wir nie verstehen konnten. Nur eines taten wir nicht wie unsere Vorgänger! Wir schikanierten keinen der Sprillis! Wir gingen menschlich mit jeden um und waren somit nicht die idealen Vertreter der EK für unsere Vorgesetzten. Aber trotz allem machten die Sprillis ihre Arbeit. Es geht also mitunter auch ohne den großen Druck. Die Sprillis hatten ihre Grundausbildung hinter sich gebracht und unsere erste gemeinsame Übung stand an. An dieser Übung wollte der Chef Pionierdienste unbedingt als Beobachter teilnehmen .Major Marx der im ersten Jahr unseres Armeedaseins fast nicht in Erscheinung getreten. Er litt wie viele unterbeschäftigte Offiziere an einer erheblichen Alkoholsucht. Er war ein intelligenter Mensch und es war eigentlich schade um ihn zumal er uns gegenüber sich immer sehr menschlich verhielt. Diese Übung lief nach dem gleichen Schema ab wie alle anderen zuvor. Nachts Alarm . Heraus aus dem Bett das Auto vom Park holen. Dieses Mal waren wir wieder gut vorbereitet und hatten eine gute Ausrückzeit .Direkt aus dem Stabsgebäude kam der Major zur Kolonne und stieg zum Alten in den Führungsschützenpanzer. Wie gewöhnlich fuhren wir in den Unterziehraum nach Jatznik wo die Kräfte der Kompanie gesammelt wurden. Dann fuhren wir ein Stück weiter und durften den Rest der Nacht schlafend in den Fahrzeuge oder Zelten verbringen. Am Morgen machte ich mit dem Spieß das Frühstück für die Genossen Offiziere und dann für die Soldaten. Nach dem Frühstück wurden die Zelte abgebaut und die Technik zum Abmarsch fertig gemacht. Alle saßen auf den Fahrzeugen und auf das Kommando des Alten setzte sich die Kolonne in Bewegung. Über einige
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Kilometer Waldwege kamen wir dann wieder auf feste Straßen die von Torgelow nach Eggesin führte. An einem Bahnübergang kam die Kolonne wegen der geschlossenen Schranken zum Stehen. Auf der anderen Seite des Überganges standen Kinder eines Kindergartens mit ihren Erzieherinnen die auf ihren täglichen Spaziergang waren. Die Kinder winkten uns zu und wir winkten natürlich zurück.
Unwillkürlich dachte man an das eigene Kind das man wieder einmal zu sehen wünschte. Der letzte Urlaub liegt auch schon wieder fast drei Monate zurück .Viele der Genossen waren ausgestiegen um sich etwas die Füße zu vertreten. Zwanglos stand man bei einander um sich zu unterhalten als sich die Turmluke vom Führungs- SPW öffnete und sich mit Mühe unser Chef Pionierdienste, Major Marx, herausquälte. Er war früh um 9 Uhr schon so besoffen das er seine Umgebung gar nicht mehr wahrzunehmen schien. Mit ganz verklärtem Blick öffnete er seinen Hosenstall und unter große Mühen gelang es ihm sein bestes Stück heraus zu holen.
Gleich vom SPW herunter pinkelte er auf die Straße. Leider verlor er bei diesem Versuch sein Gleichgewicht und ohne sein bestes Stück loszulassen stürzte er vom SPW direkt auf den sandigen Fußweg. Da war die Freude groß nicht nur bei uns Soldaten auch der ganze Kindergarten und andere Zivilisten hatten ihre Freude. Schnell wurde ihm von einigen Soldaten wieder in den SPW geholfen um ihn den Blicken der Zivilbevölkerung zu entziehen.
In diesem Moment passierte der Zug den Übergang die Schranken gingen auf und der Alte befahl den Abmarsch. Der nächste Waldweg der sich für uns eignete wurde benutzt um im Wald zu verschwinden. Wir waren wie zu jeder Kompanieübung auf dem Übungsgebiet an der Randow. An irgendeiner der vielen Kreuzungen hatten wir den zweiten Zug unserer Kompanie verloren .Trotz vieler Versuche sie über Funk zu erreichen und so ihren Standort zu erfahren blieben wir in diesen Bemühen erfolglos. Dann geschah etwas was man mit einem gesunden Menschenverstand hätte vermeiden müssen. Es hatte schon viele Tage nicht geregnet. Es war überhaupt ein recht trockenes Frühjahr für diese Landschaft. Bei dieser Trockenheit war äußerste Vorsicht beim Umgang mit offenen Feuer geboten an die sich auch alle hielten. Bis auf den Alten den muss der Teufel geritten haben. Er stieg auf den Führungsschützenpanzer und zog eine Leuchtrakete ab. Ganz langsam segelte diese Leuchtkugel n einem Fallschirm hängend auf den Wald zu. Es war eine wunderschöne rote Leuchtkugel. Ich sagte noch zum Spieß das kann nicht gut gehen kann. Es kam wie ich es mir dachte. Der nutzen war nicht aufzurechnen mit dem was bei dieser Aktion heraus kam. Die Kugel verschwand hinter ein paar Baumwipfeln und genau da wo sie niederging stieg wenige Augenblicke später ein immer stärker werdende Rauchsäule auf quälte sich dem Himmel entgegen. Der Alte zögerte nicht lange ließ diem BAT klar machen die mit ihrem Schild eine Schneise um den Brandherd schob. Mit gemeinsamen Kräften, des inzwischen wieder zu uns gestoßenen zweiten Zuges, löschten wir den Brand. Als wir uns
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nach vier Stunden sicher waren das es nicht mehr aufflackern konnte setzten wir unseren Weg fort .Ich glaube das dies genug Aufregung für den Alten und seinen Chef waren. Auf jeden Fall befahl er den Rückmarsch zum Regiment. Dort angekommen wurde wie üblich die Gefechtsbereitschaft wieder hergestellt. Der Alltagstrott hatte uns wieder. Einige Tage später war Kleiderschwimmen im Haff mit Holzmaschinenpistole und Schwarzkombi angesetzt.
Dazu musste ich das große Schlauchboot aufpumpen und verladen. Am nächsten Tag nach dem Frühstück machte sich die Kompanie mit zwei Ural auf zum Haff. Unweit der Stelle wo die Uecker ins Haff mündet luden wir das Schlauchboot ab und schoben es ins Wasser. Eine Gruppe von 6 Mann wurde auf das Schlauchboot beordert als Sicherstellung. Fünfzig Meter weiter draußen sollten wir genau beobachten und wenn ein Genosse in Not kam sollten wir ihn retten. Ich war natürlich auch dabei hatte ich doch als Jugendlicher einmal den C – Schein für Rettungsschwimmer abgelegt. Da dieser Posten immerhin besser schien als das Kleiderschwimmen mit zu machen hatte ich mich als Sicherungsposten gemeldet. Ich empfand wenig Lust bei diesem Wetter zu baden und so zeitig im Frühjahr war das Wasser lausig kalt. So bestiegen wir das für 12 Personen ausgelegte Schlauchboot mit sechs Genossen und paddelten auf die uns vorgegebene Position um im Ernstfall bereit zu sein den schwimmenden Kämpfern zur Hilfe eilen zu können. Nur unter Aufbietung aller Kräfte war es uns möglich das Schlauchboot auf den geforderten Platz zu halten. Die ersten Genossen warfen sich todesmutig in die noch kühlen Fluten. Der Wind frischte nun immer mehr auf und wehte sehr ablandig. Nun war es uns nicht mehr möglich das Schlauchboot auf der Position zu halten. Immer weiter trieb es uns hinaus auf das Haff. Oberleutnant Giller hatte wohl mitbekommen was uns da drohte. Mutig warf er sich in die Fluten und schwamm auf uns zu. Doch trotz allen Versuchen ihm noch durch ständiges paddeln entgegen zu kommen vergrößerte sich der Abstand stetig. Beinahe wäre der Oberleutnant noch ertrunken weil er zu weit hinaus geschwommen war und seine Kräfte überschätzt hatte. Wir kämpften mit den Gewalten und paddelten was das Zeug hergab. Aber all unsere Versuche wieder ans Ufer zu gelangen blieben schon in den Ansätzen stecken. Der Wind blies unerbittlich und immer weiter wurden wir auf das Haff hinaus getrieben. Immer weiter ging es in Richtung Polen. Unserem sonnst so großmäuligen Staber saß die Angst im Genick und er konnte sich nicht mit dem Gedanken abfinden das er in einem polnischen Gefängnis Kartoffeln schälen sollte.
Die schlagen uns den Buckel krumm beteuerte er immer wieder aufs Neue. Seine Frau wäre sicherlich sehr froh gewesen wenn die Polen ihren Gatten mal für ein paar Tage einsperren würden aber mindestens seine Schwiegermutter. Schon bald waren unsere winkenden Kameraden am Ufer nur noch so klein wie Ameisen und wenig später gar nicht mehr zu sehen. Schon lange hatten wir es aufgegeben mit heftigen Paddelattacken das Ufer zu erreichen .Fest ergeben fügten wir uns in unser unabänderliches Schicksal. Das Schlauchboot trieb nun
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auf dem Haff wo so langsam Nebel aufstieg was unsere Lage nicht gerade verbesserte. Käme jetzt ein größeres Schiff würde es uns glatt unterpflügen .In solchen Situationen kommen einem die unmöglichsten Gedanken. Was wäre wenn uns die Genossen der Stasi uns das als Fluchtversuch auslegen würde? Die Genossen von Armeegeneral Mielke würden uns doch nie unsere Geschichte glauben sondern uns wegen Fahnenflucht ins Kittchen stecken. Zum Glück war die Ostsee weit fort sonnst würden sie uns noch Republikflucht und Hochverrat angehängt. Das aber blieb uns dann doch erspart. Plötzlich rief einer: „ Seid doch mal still! Ich glaube ich höre ein Motor!?“ Auf einen Schlag war es totenstill. Tatsächlich da tuckerte ein kleiner Diesel Motor .Es konnte kein großes Boot sein denn trotz das er uns immer näher kam wurde der Motor nur gering lauter .Durch lautes Rufen machten wir auf uns aufmerksam. Der Fischer hatte uns gehört und auf uns zu gehalten. Als er uns sah konnte er sich ein lächeln nicht verkneifen und die Frage an den Staber warum er denn mit einem solchen Boot mit so geringer Besatzung versehen hatte machte den Staber ganz schön verlegen. Er zog es auch vor diese Frage unbeantwortet zu lassen. Wir erzählten dem Fischer wie wir in diese Situation gekommen waren. Er hatte für unsere Story nur ein müdes Lächeln übrig. Wir banden unser Gummiboot am Fischerkahn fest und so schleppte er uns zurück in Richtung DDR .Als unsere Kameraden uns von weiten erkannten setzte ein lautes Gejohle ein. Noch Wochen später mussten wir uns als einarmige Paddelbootheizer bezeichnen lassen.
Einige Tage später war wieder einmal der allseits so beliebte Politunterricht angesetzt. Es war Frühsommer und schönes Wetter so hatte der Alte beschlossen den Unterricht ins Freie zu verlegen. Also holten wir nach dem Frühstück alle Tische und Hocker vor die Kompanie und schon fing der Zirkus an. Der Alte hielt den Unterricht mit den Unteroffizieren und Leutnant Fischbach mit uns Soldaten ab. Es gehörte schon eine gewaltige Menge an Willenskraft dazu bei diesem blöden Geschwätz die Nerven im Zaum zu halten. Eine ganze Weile ging es gut dann aber tat es mir so weh das ich meine Fresse nicht mehr halten konnte.
Die welche mich kennen wissen wie das aussieht. Ich muss es halt loswerden sonnst platze ich. Ständig provozierte ich den Leutnant und wiederlegte ihm seine Thesen an Hand praktischer Beispiele .Gelegentlich sah ich den Alten schon einmal mit rollenden Augen zu mir herüber schielen. Das hätte mich eigentlich zu einer etwas ruhigeren Gangart gegenüber dem Leutnant bringen müssen. Aber an statt der Zeichen der Zeit zu erkennen machte ich immer weiter. Ich sagte dem Leutnant dass wir im Falle eines scharfen Alarmes nicht schnell genug in die Strümpfe kämen und die Amerikaner schon Kaugummi am KdL verteilen würden wenn wir das Objekt verlassen würden. Das war dann der Alten doch zu viel. Wie von einem Floh gebissen sprang er auf und übergoss mich mit den übelsten Schimpftiraden.

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Am Ende dieser unqualifizierten Schreierei stand als Ergebnis das ich in der Pause ein Schützenloch stehend auszuheben hätte und das gefälligst mit dem Stahlhelm .Militärisch exakt! Saubatak ! Danke Genosse Hauptmann .Die Wahrheit tut halt weh und ist teuer für den der sie bezahlen muss. Die Pause war da und ich durfte unter Aufsicht des Alten anfangen mit dem Stahlhelm ein Schützenloch auszuheben .Nach kurzer Zeit wurde der Alte in sein Büro gerufen. Sofort war Kamerad Grille mit zwei Schaufeln, die noch an unserem Neubau standen, zur Stelle und gemeinsam machten wir uns an die Arbeit. In ganz kurzer Zeit war das Loch aus dem Sandboden geschaufelt. Ich sammelte noch schnell ein paar Zweige und Grasbüschel zum Tarnen des Schützenloches. Keine Sekunde zu früh hatte Grille die Schaufeln wieder fort gebracht denn der Alte kam gerade aus der Tür .Das große ungläubige Staunen konnte man aus seinen Augen lesen .Er meckerte zwar noch etwas an der Tarnung herum aber war dann wiederwillig zu Frieden .Er spürte genau das hier etwas nicht stimmte wandte sich noch einmal um und schüttelte den Kopf . Für diesen Tag hatte ich meine Lust auf politische Streitgespräche gestillt. Wer aber nun annimmt dass ich in der Zukunft meine Gusche halten würde der soll sich getäuscht haben. Nie werde ich wieder besseres Wissen etwas gut heißen was falsch oder menschenunwürdig ist. In 11 Jahren die ich nun in den Wessibundesländern wohne habe ich festgestellt das es hier genau so viele Arschkriecher gibt nur das sie nicht BGL oder Parteisekretär in den Firmen heißen aber genau so überflüssig sind. Leider haben sich da meine Hoffnungen in diese Richtung nicht erfüllt. Im Regiment kursierte schon seid längerer Zeit das Gerücht das uns eine größere Übung bevorstehen solle aber nicht einmal unser sonnst immer rundum gut unterrichtete Kompaniechef wusste etwas. Das war schon merkwürdig. Trotz allem traf ich alle notwendigen Vorbereitungen die für einen solchen Fall notwendig waren. Ich verstaute
alles auf meinem Ural selbst dem Spieß seine Sachen nahm ich mit wo von der zunächst erst einmal nichts bemerkte. In den ersten Nächten wartete man vergebens auf den Alarm. Ich dachte schon daran meine Vorbereitungen wieder rückgängig zu machen als es in dieser Nacht zu dem schon fast vergessenen Alarm kam. Die Alarmanlage liest ihr hässliches Bä, bä, bä hören und alle außer mir stürzten wild durcheinander. Verschlafene Gesichter wildes Geschrei waren ein Bild dem ich durch meine schnelle Flucht auf den Park entkam. So ein Chaos hatte ich in meiner bisherigen Dienstzeit noch nicht erlebt. Ein heilloses Durcheinander herrschte vor allen bei den Panzern von denen keiner so recht anspringen wollte. Als man dann den Ersten zum laufen gebracht hatten schleppte dieser den nächsten an und so ging es immer weiter. Nur unter Mühen gelang es mir mit dem Auto vor die Kompanie zu kommen. Dort wurde alles Notwendige aus der Pa- Kammer verladen nur mein Spieß war nicht zu sehen. Er war sicher in der Waffenkammer. Ich lief dort hin doch zu meinem Erstaunen war dort der Leutnant Fischbach der die Waffen ausgab. Ich schnappte meine Kalaschnikow und lief zu meinem Ural . Der Alte war auch noch nicht bei
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seiner Truppe . Der Dienst als OvD im Stabsgebäude . Ausgerechnet an diesem Tag gab es einen völlig unvorbereiteten Alarm den einzigen in 18 Monaten. Ausgelöst soll dieser Alarm von Generalleutnant Stechbart worden sein der unter Insidern als ganz harter Hund gehandelt worden sein. Er soll laut Übehrlieferung in Drögeheide aus dem ersten Stock des Stabsgebäudes gesprungen sein als sich zwei Offiziere vor demselben gestritten haben.
Der Alte war auch nicht ohne Schrammen aus der Sache hervorgegangen. Er hatte eine ziemliche Fahne als der General den Alarm auslöste. Die Quelle hatte man bald gefunden. Er hatte den Wodka in der Thermoskanne getarnt. Inzwischen hatte der Alarmdienst auch den Spieß in die Kompanie gebracht. Dessen Zustand übertraf den des Alten noch um ein vielfaches. Der war nicht nur angeheitert nein der war stink besoffen.
Nur mit viel Mühe gelang es uns den Spieß auf seinen Platz im Ural zu bringen. Zwei Genossen schoben ihn durch die Tür ich hielt ihn dann fest dass die anderen beiden die Tür schließen konnten. Bei den ersten beiden Versuchen war er uns fast wieder herausgefallen.
Endlich hatten wir auch das geschafft und müde sank der Spieß mit seinem Kopf an die Beifahrertür. Ich glaube der schlief nicht nur der war total weggetreten .Nach dem wir uns in diesem Durcheinander in der Kolonne eingeordnet hatten ging die Fahrt wie immer erst einmal nach Jatznik in den Unterziehraum. Dort angekommen kam die Kolonne früher als sonnst zum stehen. Mein Auto stand direkt vor dem Führungsbunker des Regimentskommandeurs. Der Spieß lag immer noch bewusstlos mit seinem Kopf an der Scheibe .Ich versuchte noch schnell meinen Spieß gerade zu ziehen als ich sah das der Regimentskommandeur auf das Auto zu lief . Aber alle meine Bemühungen waren vergebens der Kommandeur hatte die Türklinke schon in der Hand und öffnete die Tür. Da viel ihm der Spieß direkt vor die Füße . Er muss ihn sehr geliebt haben, seinen Kommandeur, das er sich ihm vor die Füße in den Staub werfen .Doch dieser undankbare Mensch wollte ihm diese Geste der Unterwerfung nicht einmal danken. Im Gegenteil er schrie ihn an er solle aufstehen und im Laufschritt so lange neben dem Ural herlaufen bis er wieder nüchtern sei. Ich glaube der machte keinen Spaß. Dem war das Ganze ziemlich Ernst. Der Spieß konnte nicht einmal antworten verzog sein Gesicht nur zu einer furchtbaren Grimasse .Ein paar lallende Laute waren alles was über seine Lippen kam. Der Oberst schlug die Beifahrertür zu aber nicht ohne noch einmal darauf hinzuweisen das der Hauptfeldwebel solange zu laufen hätte bis er wieder klar im Kopf sei. Die Kolonne setzte sich in Bewegung und mein armer Spieß torkelte mehr neben mir her als er lief. Sollte ich am Ende noch mein Gewissen belasten müssen? Wer Garantiert mir denn falls er mir unter die Räder käme das ich mich auf den Befehl des Regimentskommandeurs berufen könnte!? Deshalb hielt ich schon nach der ersten Biegung an um meinen Hauptfeldwebel wieder aufsitzen zu lassen. Der arme Hund war völlig fertig von seinem verspäteten Frühsport. Etwas über zwei Zentner über eine längere
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zu bewegen ist schließlich nicht einfach. Er lächelte mir dankbar zu. Es dauerte auch nicht lange bis er wieder mit seinem Kopf an der Scheibe hing. Wir waren schon eine Stunde unterwegs als die Kolonne erneut zum stehen kam. Das mein Spieß noch am Leben war
Konnte man nur am regelmäßigen Schnarchton bemerken. Auf mich wirkte das Schnarchen wie eine Hypnose. Auch ich war nun endlich eingeschlafen. Ich kann nicht sagen wie lange wir geschlafen hatten als ich durch einen Schlag gegen die Tür geweckt wurde .Vor mir war keiner mehr und hinter mir stand der Rest der Kompanie. Wir waren im wahrsten Sinne des Wortes Führungslos. Es war unser Glück das wir am Ende der Kolonne waren so blieb es der Regimentsführung verborgen aber es fehlte der Erste Zug unserer Kompanie. Ich rüttelte den Spieß aber als der endlich zu sich kam wusste er auch nicht was wir jetzt zu machen hätten. Wir liefen zum SPW des Kameraden Dräger und versuchten dort über Funk den Ersten Zug
zu erreichen. Aber all unsere Versuche blieben erfolglos. Die Rufe Adler an Adler 1 verhallten ungehört Wir ließen die Motoren an und fuhren einfach auf gut Glück dem verlorenen Regiment hinter her. Bei einer Rast mussten wir feststellen das wir außer Atombrot und Schmalz nichts essbares auf dem Ural hatten .Die Verpflegungskisten waren leer. Als heizten wir die Feldküche an legten das Schmalz hinein und ließen das Brot darin Backen .Auf diese Weise hatten wir etwas Warmes zu Essen und das Atombrot war einigermaßen genießbar. Am Morgen setzten wir unsere Irrfahrt auf der Such nach unserer Truppe fort. Irgendwo in der Nähe von Rathenow kam der Rest des Regimentes zum stehen.
Eine Brücke war mit einer Tragfähigkeit gekennzeichnet die für unsere Fahrzeuge nicht ausreichen war. Der Oberleutnant beruhigte uns denn eine Brücke müsse immer das Dreifache der ausgeschilderten Tragfähigkeit aus Sicherheitsgründen tragen. Also fuhren wir mit jedem Fahrzeug einzeln darüber. Kurz vor einem Waldstück sprang uns ein Oberstleutnant vor die Kolonne und stoppte sie. Er teilte uns mit das wir ohne entsprechende Schutzkleidung in ein durch eínen Atomschlag des Feindes verseuchtes Gebiet gefahren sind und somit alle für Tot erklärt sind .Für uns sei dieser Krieg zu Ende. Allerdings hätten wir unseren Klassen und Kampfauftrag nicht erfüllt.
Er hatte eine weiße Armbinde und war ein sogenannter Schiedsrichter. Er konnte aber zum Glück dem Oberleutnant auf der Karte zeigen wo unser Regiment ist. Nach etwa weiteren zwei Stunden fanden wir unsere Kompanie. Das war vielleicht ein Hallo als unsere Kameraden uns erkannten. Doch der Sprilli von einem Leutnant sah in uns nur frische Arbeitskräfte die ihm beim Bau von Panzersperren unterstützen sollte. Das konnte ich gar nicht verstehen und teilte ihm mit das keiner von uns nach drei Tagen fast ohne Verpflegung bereit wäre einen Handschlag zu tun. Er erwiderte irgendetwas von Befehlverweigerung und das er uns schwer bestrafen werde. Es ging in diesem

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Gespräch , an dem sich immer mehr der betroffenen Soldaten beteiligten , nicht gerade leise zu .
Plötzlich tauchte in diesem Diskussionskreis ein Major mit weißer Armbinde auf der unbedingt wissen wollte um was es hier ging. In kurzen Worten schilderte ich ihm die Situation der letzten Tage. Der Leutnant wollte sich gerade rechtfertigen als auch noch der Alte seinen Senf dazu geben wollte. Noch ehe der etwas sagen konnte schnitt ihm der Major mit einer Handbewegung das Wort ab. Vor der versammelten Truppe schiss er die Führung der Kompanie nach allen Regeln der militärischen Kunst zusammen. Der Alte lief wie in solchen Situationen üblich Rot an aber das half ihm in diesen Fall auch nicht. Er musste sich den Anweisungen des Majors fügen .Er bekam den Befehl im Regimentsstab die Verpflegung der letzten drei Tage nachzufassen und an die Soldaten zu verteilen. Bis die Genossen kein warmes Essen hatten brauchen sie nichts zu tun. Der Alte war stinksauer und hätte mich am liebsten gefressen. Zur Sicherheit schickten wir dem Alten zwei Soldaten mit. So wollten wir Sicherstellen das auch bei uns ankam was für uns gedacht war .Dieses mal klappte es.
Erdbeeren, Schokolade und auch alles andere kam in die richtigen Hände sehr zum Leidwesen des Alten. Es war ein richtiges Festessen und Panzersperren wurden auch nicht mehr gebaut .Heute am 3.12.1999 war ich zur Vereidigung meines Sohnes. Ich war erstaunt dass die Zeremonie der in der DDR gar nicht so unähnlich war. Nur an die Ansprache der Vorgesetzten mit Herrn war für mich sehr gewöhnungsbedürftig. Ich hätte mir auch etwas mehr und modernere Technik gern angesehen. Die Unterkunft durften wir auch besichtigen. Es wurden Waffen und Ausrüstungen erklärt. Es gab Kaffee, Kuchen und zum Mittagessen die übliche Erbsensuppe mit Wurst. War schon ein erhebender Moment der Spruch des Eides und die Militärkapelle mit der Nationalhymne nur einen vernünftigen Exerzierschritt bekam ich nicht zu sehen. Der Vater schwor dem Arbeiter und Bauernstaat der Sohn der Bundesrepublik Deutschland. So ändern sich die Zeiten aber es bleiben die Ähnlichkeiten.
Am Nachmittag ging auch noch der Führungsschützenpanzer des Alten kaputt .Der veranstaltete natürlich einen wahren Kriegstanz als er davon erfuhr. Kurzerhand setzte er den SPW vom Zugführer Oberleutnant Giller an die Stelle des defekten eigenen SPW. Somit avancierte Genosse Dräger zum Fahrer des Kompaniechefs. Noch an diesem Abend sollte er unsere gesamte Kompanieführung zum Regimentsstab fahren wo sie an einer Lagebesprechung teilnehmen sollten. Nur angekommen sind sie dort niemals. Sie trafen auf ihren Weg auf eine Gasstätte in der Tanzmusik gespielt wurde. Es war wohl eine Betriebsfeier einer LPG oder etwas Ähnliches. Das wollte sich der Alte natürlich auf keinen Fall entgehen lassen. Nicht allein das er immer Durst hatte nein er war auch ein flotter Tänzer. Er liebte das weibliche Geschlecht. Also so gingen sie in diese Kneipe setzten sich zunächst auch unauffällig an einen Tisch aber nur so lange bis die ersten Bier die Stimmung anhob und die Genossen Offiziere
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entspannte. Mit jedem weiteren Bier lockerte die Stimmung immer weiter auf und gelegentlich kniff der Alte schon einmal einer Dame im Vorbeigehen in den Hintern. Das machte bei den Herren derselben nicht gerade gute Stimmung und schon bald stand man sich Auge in Auge gegenüber und wollte sich gegenseitig das Fell gerben. Die Lage beruhigte sich Dank des Eingreifens des Stabers der die Delinquenten zu einer Runde Bier einlud. Doch der Alte konnte es nicht lassen. Um einer schlimmeren Sache aus dem Wege zu gehen schleppten sie den Alten in die Gaststube. Der Staber war der Einzige der hier noch die Übersicht hatte denn selbst Oberleutnant Giller hätte sich liebend gern geprügelt. Der Wirt hatte nun so langsam und sicher die Schnauze voll. Nicht einmal ein Bier wollte er mehr ausschenken. Der Alte saß ganz still am Tisch sah dem Wirt tief in die Augen und bestellte noch einmal nachdrücklich eine Runde Bier.
Der Wirt blieb stur und wollte kein Bier mehr ausschenken. Ganz langsam griff der Alte in die Innentasche seines Kampfanzuges und hielt urplötzlich dem ganz verdutzt schauenden Kneiper seine Makarow unter die Nase. Da änderte der Wirt sehr schnell seine Meinung und holte die bestellte Runde Bier aber mit dem Hinweis das dies endgültig die Letzte sei.
Er hatte wohl mitbekommen das der Alte diese Drohung Ernst meinte. Der Staber versuchte den Alten zu beruhigen und tatsächlich brachte er ihn soweit die Makarow wieder in der Tasche verschwinden zu lassen. Der Wirt schenkte die bestellten Bier ein nutzte die Gelegenheit um den ABV ( Abschnittsbevollmächtigter der Volkspolizei ) anzurufen und in kurzen Zügen zu berichten was in seine Gaststätte vorgefallen war. So dauerte es auch nicht lange bis der ABV in der Gaststube auftauchte. Er ging auf den Tisch der Offiziere zu und teilte den Genossen mit das sie nun kein Bier mehr bekommen sollten da es Sperrstunde sei.
Schon hatte der Alte wieder die Makarow in der Hand und legte sie nachdrücklich auf den Tisch. Der ABV war zum Glück ein Mann mit Verstand, was man nicht von allen Polizisten sagen konnte, der die Situation sofort erkannte und sich mit an den Tisch sagte dem Alten das er doch um Himmels Willen ruhig bleiben solle Mann diene doch letztlich der gleichen sozialistischen Sache. Der Alte verzog säuerlich das Gesicht. Er hätte auch seinen Dienst bei den Pionieren abgeleistet und wäre als Leutnant der Reserve entlassen worden. Das war das Stichwort für den Alten der sich gern noch einmal zu einem Bier vom ABV einladen lies. Dann wurden sehr zum Ärger des Wirtes noch ein paar Runden bestellt bis man sich friedlich trennte. Die Genossen der Pionierkompanie machten sich auf dem Heimweg in den Wald. Am anderen Morgen war dem Alten von den Ereignissen des Vortages nichts mehr anzumerken. Er hielt den Morgenappell ab als sei überhaupt nichts gewesen. Er hatte wieder die linke Hand in der Uniformjacke gesteckt wie Napoleon.
Er glaubte wohl so einen besseren Eindruck zu hinterlassen. Er verkündete das Ende der Regimentsübung und befahl die Technik für den Rückmarsch fertig zu machen.
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Auf dem Weg zu Verladebahnhof hatte ich ausgerechnet vor einem Konsum einen Platten.
Zunächst wollte der Alte natürlich nicht an einen Zufall glauben. Doch als er das Loch im Reifen sah schickte er doch Leutnant Fischbach mit einem Fahrzeug zur I – Kompanie um einen Reifen zu holen. Es war schon der zweite Plattfuß und ich hatte kein Reserverad mehr.
Die Zeit bis zur Rückkehr des Leutnants nutzen die Genossen dafür den Konsum einen Besuch abzustatten um die Bestände an trinkbaren aufzufüllen. Der Alte nutzte die Zeit um uns eine Stunde Geschichtsunterricht zu erteilen bei der es sich um, den wohl bekanntesten Einwohner des Dorfes Kampehl, den Ritter Kahlbutz handelte.
Dieser hatte in grauer Vorzeit einen Schäfer erschlagen weil ihm dieser das Recht der ersten Nacht mit seiner Braut abgeschlagen hatte. Heute kaufen sich die Reichen ihr Recht damals reichte schon ein Eid für die Adligen um frei gesprochen zu werden. Er soll vor Gericht geschworen haben: „ Sollt ich’s sein gewesen so will ich nicht verwesen!“Dieser Eid reichte für den Freispruch aus. Noch bis heute kann man die gut erhaltene Mumie des Ritters besichtigen. Noch lange nach seinem Tod verbrachte der Ritter so manche Stunde in einem Brautbett. Dort hatten ihn die Dorfjugend dem Brautpaar als Überraschung zur Hochzeitsnacht gelegt .Nach zwei Stunden schließlich kam der Leutnant mit einem Kompletten Rad zurück. Ich wechselte das Rad ging in den Konsum um mir die Hände zu waschen und brachte bei dieser Gelegenheit gleich noch etwas zu trinken mit. Bei einem Rücktransport per Bahn wusste man nie wie lange man unterwegs war. Am Bahnhof angekommen wurde eine Kompanie nach der Anderen auf die Waggons verladen. Das war für die Fahrzeugführer nicht immer einfach. Bei den Panzern standen die Ketten rechts wie links über die Waggons hinaus. Die LKW mussten mit den Vorderrädern auf die Sicherungskeile gefahren werden. Genau in dem Augenblick wo man genau auf der Spitze dieser Keile stand hatte man das Fahrzeug zu stoppen. Dann wurden weitere zwei Keile genau hinter die Hinterräder gelegt und das Fahrzeug zurückgelassen. Auf diese Weise hing das Auto regelrecht in den Keilen. Es gehörte schon einiges an Geschick dazu um diese Aufgabe zu bewältigen. Zur seitlichen Absicherung wurden die LKW mit Rödeldraht verspannt .Wir bezogen unsere Viehwaggons die mit einem eisernen Ofen und Dreifachbetten
ausgerüstet waren. Beleuchtet wurde das Ganze mit einer Laterne die mit einer Kerze bestückt war. Diese Laternen wurden natürlich als Souvenir mitgenommen. Offiziere waren nicht mehre in der Lagre uns zu erreichen wurden die Flaschen hervorgeholt und ein lustiges Treiben setzte ein .Das Holz zum Heizen des Ofens war meist nie in ausreichender Menge vorhanden. So war man gezwungen bei jedem Halt auf einem Bahnhof etwas Brennmaterial zu besorgen. Oft war der Zug schon im Anfahren und nur mit letzter Mühe schafften die Spritzer die für uns die Kohlen geklaut hatten den Anschluss. Manches mal fuhren sie in einem anderen Waggon mit. Die Soldaten dort
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freuten sich natürlich über die zusätzlichen Brikett. Auf dem nächsten Bahnhof mussten die Sprillis dann erneut ihr Glück versuchen. In Drögeheide angekommen wurde die sogenannte Gefechtsbereitschaft des Regimentes wieder hergestellt. Was uns nun in den nächsten, den letzten, vier Monaten erleben sollten war gegen das was wir bis jetzt erlebt hatten gar nichts. Es stellte alles andere in den Schatten. Alles was nun noch folgen sollte kannte man schon aus Erzählungen anderer Armeeangehöriger hatte es aber als übertrieben ins Reich der Fabel verdrängt. An einem Morgen erschien unser Alter nicht, wie sonnst üblich bei schönen Wetter, zum Morgenappell. Dafür beehrte uns der Chef Pionierdienste Genosse Major Marx. Seine Stirn zierte ein großes Pflaster. Noch konnten wir uns keinen Reim auf die ganze Angelegenheit machen. Es wäre ja möglich, das der als Trunkenbold bekannte, im Suff gestürzt war. Angespannt wartete die Kompanie bei diesem Morgenappell was uns der Major zu verkünden hatte. Wir waren völlig von den Socken als er uns mitteilte das Oberleutnant Giller ab sofort als Kompaniechef eingesetzt sei.
Alles was wir an diesem Vormittag noch erfuhren entsprang zum großen Teil wilden Gerüchten. Aber irgendwie war die Frau des Alten in die Sache verwickelt. Zu wem hatte sie denn so enge Beziehungen das sie dem Alten wieder auf diese Füße helfen konnte?!
Aber irgendetwas muss den Alten dazu gebracht haben dem Major einen Telefonhörer auf den Schädel zu schlagen. Es ging wohl in der Hauptsache darum das wesentliche Teile der technischen Ausrüstung verschwunden waren. Die Frau des Alten arbeitete in einem Raketenbatalion das unserem Regiment fast gegenüber lag. Ich glaube sie hatte auch etwas mit einem Lager zu tun. Sie versorgte wohl hohe Offiziere mit Dingen die sonnst nur schwer zu bekommen waren. Nach einigen Telefonaten die sie geführt hatte wurde auf höchste Weisung die Sache geklärt. Der Alte der am Morgen zum Oberleutnant degradiert und als Kompaniechef abgesetzt worden war kam am selben Abend wieder zu Amt und würde.
Am nächsten Morgen hielt er den Morgenappell wieder als Hauptmann und Kompaniechef der Pionierkompanie ab. Für uns war diese Lösung auf jeden Fall die Bessere. Den Alten kannten wir in und auswendig. Der Oberleutnant hätte bestimmt vieles verändert das uns nicht viel Gutes gebracht hätte wollte der sich doch auf unsere Knochen etablieren.
Auf jeden Fall hatte auch die anstehende Überprüfung durch den Stab des Warschauer Vertrages etwas damit zu tun. Mann wollte wohl größeres Aufsehen vermeiden damit auch die höheren Offiziere ihre Ränge und Titel behielten.
Nun schienen die Offizier total durchzudrehen. Eigens für die zu erwartenden Generale des Warschauer Vertrages wurde eine Verkaufsstelle eingerichtet .Genosse Dräger musste mit der Raupe den Exerzierplatz plan schieben und ich mit einer Walze glätten. Der Regimentskommandeur besuchte uns persönlich und war mit unserer Arbeit so zufrieden dass er uns zwei Tage Sonderurlaub aussprach .Alle Bordsteine im Regiment wurden frisch geweißt sämtliche
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Außenreviere neu gestaltet. In allen bereichen der Kompanien wurde auf exakte Sauberkeit geachtet und die Ausbildung verschärft. Kleinere Vergehen die man zuvor noch großzügig übersah wurden jetzt hart bestraft. In unserer Kompanie hielt sich alles noch in gewissen Grenzen .Jeden Tag wurde jetzt exerziert soviel wie in den letzten 14 Monaten zusammen. Auch das verpissen beim Frühsport wurde immer schwieriger. Ein neues System Wurde eingeführt mit dem man die Absolute Kontrolle erreichen wollte .Am Abend zuvor wurden die Telnehmerstärken an den Stab gemeldet .Während des Frühsports wurde jede Kompanie einmal angehalten und die Stärke überprüft. Das hatte zur Folge dass nach der ersten Runde die Reihen immer lichter wurden. So wurde bald bei jeder Runde kontrolliert
und somit ein verpissen immer schwieriger. Abweichungen von der gemeldeten Stärke wurden dem Kompaniechef gemeldet. Jetzt konnte man sich dem Laufen nur noch entziehen in dem man die Kompanie zur Gymnastik meldete. Die Wartung der Technik wurde verstärkt
und wir mussten immer mehr die Launen der Knüppler ertragen .Wir hatten den ganzen Tag Exerziert und sollten am Nachmittag das gelernte dem Divisionskommandeur vorführen. Schließlich waren wir zu einem Vorzeigeregiment avanciert .Mit Musik und Gesang marschierte eine Kompanie nach der anderen am Divisions- und Regimentsstab vorbei .Nun war die reihe auch an unserer Kompanie. An dem dafür vorgesehen Posten erschall unser
„Spaniens Himmel ! Lied durch ! Wasserwärts kant um ! „ An der Kommission vorbei marschierten wir hinter die PA – Kammer .Dort lies der Alte antreten und machte uns alle zur Sau. So einen Saubatak habe er in seiner ganzen Laufbahn noch nicht gesehen.
Er wolle jedem persönlich die Eier schleifen. Das war kein Exerzieren sondern ein aufgescheuchter Hühnerhaufen. Wir wären das Letzte was ihm je untergekommen sei.
Mitten in diese Schimpftirade erschall der Lautsprecher des Regimentes. Der Kompaniechef der Pionierkompanie solle sich beim Regimentskommandeur melden. „ So ! Jetzt haben wir den Salat! Aber ihr sollt noch dafür büßen was ihr mir heute angetan habt!“: brüllte der Alte und trabte im Laufschritt davon. Wir waren uns keiner Schuld bewusst und konnten das Geschrei des Alten gar nicht verstehen .Es dauerte aber auch nicht lange und unser aufgeregter Kompaniechef kam zurück. Er war nicht wieder zu erkennen. Wie Umgewandelt. Ein völlig anderer Mensch . Aus seinem Antlitz strahlte die totale Harmonie.
Mit vor Stolz geschwollener Brust baute er sich breitbeinig vor der Kompanie auf.
„Genossen! Der Regimentskommandeur beglückwünscht sie zu der erbrachten Leistung!
Die Pionierkompanie war die einzige die bei dieser Überprüfung eine einigermaßen vernünftige Leistung gezeigt hat! : sagte der Alte ohne auch nur
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ein Wort der Entschuldigung für die im Voraus ergangenen Beleidigungen .Wir waren zur Musterkompanie aufgestiegen. Das ganze Regiment hatte anzutreten und sich unseren vorbildlichen Exerzierschritt anzusehen. Also die Klamotten noch einmal richten und den ganzen Spaß noch einmal von vorn. Dem Alten machte das alles scheinbar nichts aus. Ohne ein Wort der Entschuldigung lies er uns nicht ohne Stolz vor dem Regiment vorbei zu marschieren.
Am anderen Morgen lies sich der Alte von einem seiner Offiziere im Exerzierschritt empfangen. Er hielt sich an diesem Tag gar nicht lange in seinem Büro auf .Er schickte mich zum Park denn er hätte mit dem Hauptfeldwebel in Torgelow etwas zu besorgen. In Torgelow angekommen meldete ich mich ab. Ich hatte meine Schutzmaskenbrille zu holen die beim Optiker zur Reparatur war. Der Alte gab mir dafür eine Stunde Zeit. Das war ausreichend die Brille und noch ein paar Flaschen zu besorgen. Ich hatte alles im Auto versteckt als der Alte mit dem Spieß nach zwei Stunden mit geröteten Gesichtern auf mich zukam. Der Spieß trug zwei Beutel die prall gefüllt waren und lustig klapperten. Das waren mindestens zwölf Flaschen die er in den Beuteln hatte. Was da wohl wieder im Gange sein mochte? Der Alte klärte mich sofort auf. Wir bekämen bald Besuch von einem russischen Pioniergeneral. Diesem müsse man doch in einem würdigen Rahmen geben. Dadurch könne man eventuell die Note etwas aufwerten. Auf dem Rückweg von Torgelow wurde ich vom
Kommandantendienst gestoppt. Die Meldung war vorbildlich aber die Genossen unerbittlich in ihrem Tun. Sie suchten lange und gründlich. Sie fanden fast nichts. Nur das Stopplicht der Tarnlichtanlage tat seinen Dienst nicht. Die Birne war kaputt. Für diese kaputte Birne für die ich doch gar nichts konnte bekam ich zwei Stempel in meine Karte. So ein paar Drecksäcke . Diese Karte lies ich kurz vor meiner Entlassung verschwinden und bekam eine saubere Neue. Zu allem Elend ging mir dann der Alte noch mit seinen Kommentaren auf den Sack. Im Regiment musste ich den Alten nebst Spieß am Casino absetzen. Ich bekam den Zimmerschlüssel vom Alten wo ich die Beutel zu deponieren hatte.
In ein paar Tagen solle ein Wettbewerb mit sowjetischen Soldaten stattfinden. Dafür wurde an diesem Tag schon einmal eine Vorauswahl unseren Besten Sportlern getroffen. Es waren nur wenige Namen die dem Alten dazu einfielen. Er stellte fest dass bei der Art seiner Auswahl schnell das Personal ausging was nicht an der Quantität sondern an der Qualität lag. Der Alte füllte die Lücke mit Offizieren und Unteroffizieren. Was für eine Blamage .Einige Tage verblieben uns noch bis zum großen Wettbewerb mit den sowjetischen Genossen.
In der noch verbleibenden Zeit wurde den ganzen Tag auf der Sturmbahntrainiert um sich wenigstens nicht ganz und gar zu blamieren. Die Tage vergingen schnell viel zu schnell.
Der Tag war gekommen und wir konnten unsere sowjetischen Waffenbrüder willkommen heißen. Eine Truppe ausgemergelte und kahlgeschorene Gestalten stand uns gegenüber. Es waren fast kindliche Gesichter die uns so erwartungsvoll ansahen .Wenn ich eine Wette hätte abschließen müssen hätte
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ich auf diese Gestalten keinen Pfennig gesetzt. Mit Händen und Füßen versuchten wir uns, trotz jahrelangen Russischunterricht, mit den Waffenbrüdern zu Unterhalten. Wir fanden heraus dass sie im Monat gerade einmal 15 DDR Mark als Sold bekamen. Allerdings bekamen sie pro Tag noch eine Schachtel Zigaretten. Ausgang gab es nur in der Gruppe und auch nur dann wenn sie an einer kulturellen Veranstaltung oder kommunistischen Feiertag teilnehmen mussten. Um ihr kleines Einkommen verkauften sie Uhren, Rasierapparate oder Kofferradios. Diese Dinge bekamen sie von ihren Verwandten geschickt. Eie Uhr bekam man für 30 ein Rasierapparat für 50 und ein Kofferradio ab 100 Mark. Die Uhren waren sehr gut denn alle Werke waren auf Steine gelagert. Von dem kleinen Gewinn mussten sie auch noch ihre Vorgesetzten schmieren. Also wurden beim ersten Zusammentreffen Abzeichen getauscht und kleinere Geschäfte abgewickelt.
Die meisten unserer Genossen waren davon überzeugte das wir die Russen wegen ihres schlechten Ernährungszustandes auf der Sturmbahn locker schlagen würden .Doch als die Stunde der Wahrheit gekommen war mussten wir uns schnell eines besseren belehren lassen. Sie waren nicht nur ein wenig sondern um Welten besser als wir. Sie schlugen uns um Längen. Sie bekamen Prügel schlechtes Essen wurden von ihren eigenen Kameraden und Vorgesetzten missbraucht. Sie liefen wie die Hasen. Seltsam was diese gequälte russische Seele ertragen muss bis sie endlich aufbegehrt. Dem Alten hat die Vorstellung überhaupt nicht gefallen und so versuchte r wenigstens das Wettsaufen am Abend mit den russischen Offizieren gewinnen. Dies wäre ihm auch beinahe gelungen. Er saß mit einem russischen Hauptmann als letzter am Tisch und leerte noch die mit Sto Gramm Wodka gefüllten Gläser.
Seine jungen Offiziere hatten schon lange die Segel gestrichen. Nichts wurmte den Alten mehr als Versager egal aus welchem Grund und zu welcher Gelegenheit.
Aber selbst er war dem Russen nicht gewachsen rutschte von seinem Stuhl und schaffte gerade noch den Weg zu seinem Feldbett. Es war nachts zwei Uhr als ein Fahrzeug unserer russischen Waffenbrüder kam um die Freunde abzuholen. Die meisten von den Genossen waren in einem trostlosen Zustand und nun kam die Stunde der sonnst so geschundenen Soldaten .Selbstverständlich halfen sie ihren Vorgesetzten beim aufsteigen. Natürlich lief das nicht im Schongang. Wer nicht mehr laufen konnte wurde an Händen und Füßen geschnappt und mit einem lauten Ras, Dwa, Tri im hohen Bogen auf die Ladefläche geworfen. Die
Unteroffiziere sahen diesem Treiben belustigt zu. Dies war ihre Art Rache oder Danke zu sagen dass man sie beim Saufen nicht bedacht hatte. Dem Fahrer hatte ich schnell noch eine Flasche zugesteckt .Der wollte gar nicht mehr aufhören sich zu bedanken. Mit einem kräftigen Tritt aufs Gas setzte er sein Gefährt in Bewegung. Deutlich konnte man das aufprallen der Körper hören als er vor der ersten Kurve tüchtig bremste. Laut lachend winkte er noch einmal aus dem Fenster und verschwand dann im Dunkel der Nacht. Mittlerweile war auch
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der Alte wieder zu sich gekommen .Fest umklammert mit einem seiner Offiziere wankten sie zum Wartburg des Alten. Ich dachte noch so der wird nicht?! Schon saßen sie drin und ohne das Licht einzuschalten verschwanden sie. Wohin ? Darüber konnte man nur spekulieren! Aber das habe ich bis jetzt nicht getan und werde es auch nicht tun. Am Morgen kam er gegen 10 Uhr und zog sich für den Rest des Tages in sein Büro zurück. Überhaupt war es an diesem Tag sehr ruhig in unserer Kompanie. Wie anstrengend doch so eine Waffenbrüderschaft sein kann!? So konnten wir wie es im Sprachgebrauch der Soldaten hieß wieder mal so richtig abkeimen. Doch der Kater des Alten schien sich erst einen Tag später so richtig bemerkbar zu machen. Beim Morgenappell hatte er festgestellt dass unser Außenrevier durchaus wieder einmal eine Auffrischung vertragen könnte. Deshalb ordnete er an das man die Motorkettensägen zu holen hätte um im angrenzenden Wald ein paar junge Birken zu fällen. Stämme bis zu 15 Zentimeter Durchmesser wären wohl die Richtigen.
Wir luden die Motorkettensägen auf den Ural und fuhren in den Wald. Dort angekommen machten wir erst einmal eine Pause während Leutnant Fischbach die passenden Birken auswählte. Wir fällten die Bäume ässteten sie aus und verluden sie auf den Ural.
Zur Mittagszeit waren wir zurück an unserer Unterkunft .Am Nachmittag sollten wir eine sibirische Umzäunung um unser Außenrevier aufstellen. Aber zunächst sollten wir wieder einmal zum Essen im Exerzierschritt und Gesang marschieren .Alles wegen der scheiß Überprüfung .Wir waren im Speisesaal eingerückt und hatten unser Essen in Empfang genommen. Schon die Zusammenstellung an diesem Tag war eine Zumutung. Es gab Maccaroni mit Tomatensoße und gekochten Blumenkohl. Als ich mir meinen Teller näher betrachtete sah ich eine gekochte Raupe aus dem Blumenkohl schauen. Ich weis gar nicht was in diesem Moment überwog Ekel oder Heiterkeit. Ich saß genau mit dem Rücken zur Essenausgabe. Ich weiß nicht welcher Teufel mich geritten hatte auf jeden Fall nahm ich den Teller auf die Rückhand und schleuderte ihn dem Koch genau ins Gesicht. Lautes Gelächter war die Folge und mein Teller sollte nicht das einzige sein das dann noch am Essenschalter landete. Natürlich hat der Koch dem Diensthabenden Offizier meine entsetzliche Tat gemeldet und das ganze blieb nicht ohne Folgen für mich. Der Offizier nahm mich fest und übergab mich im Stabsgebäude dem OvD. Dieser nahm eine eingehende Untersuchung vor die in der Hauptsache darin bestand den Offizier aus dem Speisesaal zu befragen.
Das ich hier nur bestraft werden sollte stand für mich sofort fest. Ich kam auch kaum dazu mich zu rechtfertigen. Aber alle Versuche waren vergebens. Er wollte mich verdonnern. Als es nun soweit war das der Major das Strafmaß verkünden wollte viel ich ihm ins Wort. Er solle mir doch schnell eine Verbindung mit dem Militärbezirk Nord in Straußberg herstellen
damit ich mit meinem Onkel Oberst Schinner , der zuständig für die Verpflegung der Nordbezirke ist , ein kurzes Gespräch führen könne . „ Was wollen sie denn damit erreichen Gefreiter?“ : wollte der Major wissen . „ Oberst
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Schinner ist mein Onkel und ich werde ihm berichten dass ich heute zum Frühstück sauere Mettwurst bekam. Das von Ungeziefer versetzte Mittagessen würde ich ihm auch schildern. Mein Onkel ist im Stab von Straußberg zuständig für die Verpflegung der NVA Nordbezirke. Er wird die alles mit großen Interesse hören, verfolgen und auch ahnden.“: gab ich zur Antwort. Der Major bat mich um einen Augenblick Geduld und verlies das Zimmer. Als er nach 10 Minuten kam er zurück und war wie umgewandelt. Seine Tonart war um ein vielfaches freundlicher als zuvor. Ich bekam Essenmarken für eine ganze Woche mit denen ich mich beim Küchenchef zu melden hätte.
Ich sollte doch die ganze Angelegenheit so schnell wie möglich vergessen mich aber in Zukunft auch etwas mit meinen Reaktionen zurück halten. Ich räumte ein dass ich eventuell etwas überreagiert hätte und ich mich in Zukunft erst an meine Vorgesetzten wenden würde. Damit wurde ich unbestraft entlassen. Ich marschierte geradewegs mit den Essenmarken die ich vom OvD bekommen hatte zum Küchenbullen. Ich wies ihn darauf hin dass ich geradewegs vom OvD käme und diese Essenkarten einlösen wolle. Ich bekam ein großes Paket mit Wurst, Butter, Brot und Obst. Ich bedankte mich ganz höflich bei dem Küchenbullen der mir, für mich ganz unverständlich, nur mit einem wütenden Knurren antwortete. In der Kompanie zurück wurde ich mit ungläubigen Blicken bestaunt. Die Genossen hatten wohl damit gerechnet dass ich einige Tage im Bau verbringen würde.
Stattdessen kam ich zurück mit einem Fresspaket. Es ist also doch nicht ganz ohne wenn man einen Namen mit Einfluss kennt selbst wenn man nie persönlich kennen gelernt hat.
Am späten Nachmittag als wir das Außenrevier zur Zufriedenheit unseres Kompaniechefs
hergerichtet hatten durfte ich ihn in seine Knüpplersiedlung fahren.
Das nutzte ich natürlich gleich aus um meinen Stammkonsum einen Besuch abzustatten. Ich besorgte wieder für die halbe Kompanie Getränke und hatte so auch eine große Verantwortung. Um am KdL nicht kontrolliert zu werden fuhr ich durch den Wald an das Alarmtor zurück in das Regiment und stellte nach dem ich alles entsorgt hatte den Ural auf
den Park ab . Zum Abendessen wurde das Paket unter den Kameraden aufgeteilt und das extra Abendessen mit einem Fläschchen verschönt. Nach einer neu geschaffenen Tradition wurden alle leeren Flaschen auf die Straße geworfen. Sieger war der dem es gelang die Flasche so zu werfen das sie nicht kaputt ging. Am nächsten Morgen war wohl der Kater des Alten verflogen denn er hatte kaum etwas auszusetzen an unserem neu gestalteten Außenrevier.
Das war gar nicht seine Masche. Überhaupt verliefen die nächsten Tage merkwürdig ruhig. Mann konnte schon misstrauisch werden bei so viel Ruhe. Das sollte sich sehr bald ändern.
Große Ereignisse warfen ihre Schatten voraus .Es wurde eine Urlaubssperre verhängt die für Offiziere und Mannschaften des gesamten Regimentes galt .
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Täglich hatten wir die Ehre mit unserem Stabsfeldwebel zum Gefechtspark zu marschieren um die Technik zu warten .
Dabei achtete der Staber besonders auf eine korrekte Ausführung seiner erteilten Aufgaben.
Ständig konnte man jetzt hohe und höchste Dienstgrade durch das Regiment laufen sehen.
An manchen Tagen bekam man die Hand gar nicht mehr vom Mützenrand. Das war schon ein gehöriger Sackstand um es mit dem Wort der Soldaten zu sagen. So viel Generale habe ich nie wieder lebendig und nüchtern gesehen. Unsere Fahrzeuge wurden fast wie einer Umstellung behandelt. In einer der Garagen waren einige Soldaten dabei die Fahrzeuge mit Waschbenzin abzuwaschen. Einer der Sprillis hatte es unbedingt notwendig eine Zigarette zu rauchen. Das Rauchen war wohl wie überall in den Garagen streng verboten. Doch dies schien den Sprilli nicht zu scheren. Er schob den Glimmstängel zwischen die Lippen. Das zum anzünden benutzte Streichholz warf er einfach noch brennend auf den Boden. Es gab eine gewaltige Verpuffung aber zum Glück kam es zu keinem Brand. Die Fahrzeuge waren zum Teil mit Munition beladen und das hätte wohl ein schönes Feuerwerk gegeben wenn der Palast gebrannt hätte. Der Sprilli hatte großes Glück das diese Überprüfung lief so wurde die Angelegenheit totgeschwiegen. Im Normalfall hätte er einige Monate in Schwedt verbracht. Aber beim Alten hatte er es natürlich verschissen bis zum Ende seiner Dienstzeit. Der Alte konnte nie vergessen und verzieh nie. Nun sollte es bald Ernst werden mit der großen Übung gemeinsam mit den anderen Waffenbrüdern des Warschauer Vertrages.
Es war nur noch ein einziger Terror dem wir nun täglich ausgesetzt waren .Nichts war unseren Genossen Offizieren mehr recht zu machen. Die Tagesäcke spielten total verrückt.
Bei der kleinsten Kleinigkeit wurden sofort Strafen ausgesprochen und auch vollzogen. Die meiste Zeit des Tages verbrachten die Fahrer noch auf dem Park während die Minenschubser fleißig das aufstellen von Minenfeldern. Ich war wie in solchen Fällen üblich immer auf das Beste vorbereitet. Meine Feldküche glänzte und alle Kessel waren mit Wasser gefüllt. Der Großteil der Ausrüstung der PA- Kammer war verladen es fehlte nur die Munition und die Frischverpflegung die wie immer erst während dem Alarm an der Küche geladen wurde. Genosse Grille hatte Urlaub beantragt. Seine Eltern hatten Silberhochzeit und er hatte das Gleiche Problem wie ich. Es hatte sich Verwandtschaft aus der Bundesrepublik eingeladen. So wurde ihm der Urlaub auf Grund nicht nur des Besuches seiner Verwandtschaft sondern mit dem Hinweis auf die bevorstehende Übung nicht gewährt.
So blieb ihm nichts weiter übrig sich auf eine andere Weise zu behelfen. Unteroffizier Lehmann stammte aus einem Nachbardorf von Genossen Grille und hatte als Zeitsoldat ein Motorrad in der Nähe des Regimentes bei einem Berufssoldaten untergestellt. So kam es das sie sich gemeinsam für einen
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verlängerten Ausgang eintrugen. Unteroffizier Lehmann holte seine MZ und sie fuhren gemeinsam Richtung Pritzwalk. Auf diese Weise hatte er die Gelegenheit wenigstens für ein paar Stunden an dem Fest seiner Eltern teilzunehmen.
pünktlich zum Dienstbeginn war er dann mit Lehmann zurück. Das schafften in dieser Nacht längst nicht alle Ausgänger unserer Kompanie. Unser Sorgenkind Genosse Ernst Rapp war schon eine Stunde überfällig und wir wollten uns gerade auf den Weg machen ihn zu suchen als ihn der Kommandantendienst in eine Decke gewickelt in der Kompanie ablieferte. Er war etwas mehr als betrunken und nur noch mit Unterwäsche bekleidet .Höchstwahrscheinlich
wurde er auf dem Heimweg müde zog sich aus und wollte sich Schlafen legen. Er befand sich in einem höchst bedauerlichen Zustand und konnte auch keine Antwort auf unsere Frage geben wo denn seine Uniform geblieben ist. Also holte ich mein Fahrtenbuch beim UvD trug eine Fahrt ein und wir machten uns auf die Suche nach den Klamotten von Ernst und dem noch fehlenden Unteroffizier Dzemski. Unteroffizier vom Dienst Uwe Petters war schon total aufgeregt wegen Dzemski. Er schwankte zwischen der notwendigen Meldung an den OvD und der Freundschaft zu Harald Dzemski. Sicher wäre er nicht besonders gut angesehen würde er einen Kameraden verpfeifen. Immer wieder wanderte seinen Blick zum Telefon und diesem Blick hinterher glitt langsam seine Hand dem Hörer immer näher. Doch gerade als er sich durchgerungen hatte das Fehlen von Unteroffizier zu melden klingelte das Telefon. Es war der OvD der Unteroffizier Petters fragte ob ihm nicht aufgefallen sei das seiner Kompanie ein Unteroffizier fehle. Er solle aber nicht weiter suchen den dieser Unteroffizier Dzemski säße im Regimentsarrest. Der Kommandantendienst habe ihn volltrunken aufgegriffen und er haben sich mit Gewalt der Festnahme entziehen wollen.
Zwei Genossen des Kommandantendienstes sein leicht verletzt worden. Wir hatten in der Zwischenzeit die Klamotten von unserm Genossen Ernst an der Straße nach Torgelow in einem Busch gefunden. Diese Sorge waren wir auch los. Der am anderen Morgen, in der schon bekannten straffen Manier, durchgeführte Morgenappell wurde sofort dazu benutzt den Unteroffizier Dzemski zum Gefreiten zu degradieren. Ich durfte mich am Anschluss an den Morgenappell bei meinem Hauptfeldwebel melden. Der wollte sich mit mir in einer Stunde vor Küche treffen um die Frischverpflegung für die Kompanie zu laden. Nun stand es wieder einmal mit Sicherheit fest dass wir noch in dieser Nacht zu einer Übung ausrücken werden. Über einige Umwege machte ich mich zum auf den Weg zum Park um den Ural zu holen. Den Umweg entlang am Zaun machte ich deshalb weil ich keine Lust hatte alle zwei Meter meine Hand zum Grüß hochreißen zu müssen .Es waren wieder eine Unmenge an Knüpplern auf den Beinen. Natürlich konnte es sich der OvP nicht verkneifen mich mit irgendwelchen Kleinigkeiten zu nerven. Als dieser seinen Orgasmus endlich hatte durfte ich nach einer Stunde endlich vom Park. Als ich mit einer Stunde Verspätung an der Küche eintraf lief dort der Spieß schon nervös auf und ab. Er
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bewachte die Verpflegungskisten welche der Furier ihm vor die Füße gestellt hatte. Ich durfte unter der strengen Aufsicht meines Hauptfeldwebels die ganzen Kisten allein aufladen denn der Spieß war vollauf damit beschäftigt alle Kisten noch einmal auf seiner Liste zu vergleichen und abzuhaken.
Schnell verstaute ich noch ein paar lebenswichtige Dinge auf meinem Auto. Schließlich wollte man doch auf so einer langen Übung nicht verdursten. Dieses mal sollte es auf den Truppenübungsplatz Kolbitz – Letzlinger Heide gehen über dessen Sinn oder Unsinn sich heute schon wieder die Geister scheiden .Für die schnelle Einsatzbereitschaft der Pionierkompanie war gesorgt . Ich hatte alles bis auf meine Kalaschnikow verstaut. Nicht nur ich . Ich glaube das ganze Regiment war sehr gut vorbereitet .An diesem Abend gingen alle Kraftfahrer schon vor dem Stubendurchgang schlafen. Unsere Stube war bereits fertig verdunkelt. Während der Übung wurde alle Stuben Verschlossen. Der Stubendurchgang viel an diesem Abend wie so oft aus . Die Genossen Offiziere hatten es sich in ihren Büros so gut wie möglich eingerichtet. Auch sie schliefen heute in der Kompanie um schnell genug, vor allen nüchtern, auf ihre Fahrzeuge zu kommen. Mitten in der Nacht ging der Spuk dann los.
Die furchtbar krächzende Alarmhupe und der Ruf des UvD „ Kompanie Gefechtsalarm „ warf uns aus den Betten. Schnell brachten wir die Stube auf Vordermann und verschwanden zum Park. Dann ging alles sehr schnell. Auf dem Weg zum Park ging ich gleich an der Waffenkammer vorbei um meine Knarre zu holen. Wie immer stieg mein Hauptfeldwebel
direkt vor dem Stabsgebäude zu mir ins Fahrzeug . Dieses mal war er sogar nüchtern .Wir fuhren in Kolonne wie in solchen Fällen üblich in den Unterziehraum des Regimentes nach Jatznik .Von dort aus setzten wir unsere Fahrt mit einem Tempo von 25 –30 Km/h fort . An jeder wichtigen Kreuzung standen Regulierer die uns in die richtige Richtung wiesen.
Bei schönem Wetter und im Sommer hatten sie einen schönen Posten. Im Winter hätte wohl niemand mit ihnen tauschen wollen .Ausgerechnet vor einer Kneipe gab das Eisenschwein von Detlef Tappe seinen Geist auf. Der alte bekam einen seiner bekannten Tobsuchtsanfälle
Weil er nicht an einen Zufall glauben konnte zumal in der Kneipe noch licht brannte.
Er sprang selber auf den Fahrersitz und wollte das Eisenschwein anlassen. Aber bei ihm lief der Bock auch nicht. Die ersten Absetzbewegungen in der Kompanie waren schon zu erkennen. Der Alte rief nach seinem technischen Offizier. Stabsfeldwebel Meikies versuchte nun das Eisenschwein wieder flott zu machen. Er baute den Vergaser aus und reparierte ihn.
Nach einer Stunde lief das Eisenschwein wieder und die meisten der Genossen hatte ein Bier getrunken oder sich mit ein paar Flaschen besorgt. Der Alte sprang auf seinem SPW herum und mahnte zum schnellen Aufbruch. Nach mehreren Stunden hatten wir den Truppenübungsplatz erreicht. Wir waren alle ganz schön müde aber mit Schlafen war es nichts. Die Tarnnetze für die
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Fahrzeuge mussten aufgestellt werden. Ich durfte die Feldküche anheizen und einige Soldaten schälten die fürs Mittagessen nötigen Kartoffeln.
Der Spieß wollte Wurstgulasch kochen .Ich schlug ihm vor doch lieber die frischen Brätel zu braten. Davon wollte er aber nichts wissen. Die Salami hätte sich noch ein paar Tage gehalten. Zwei Tage später wollte er dass ich die Kammkottelets etwas abwasche weil sie ein wenig schmierten. Sie schmierten nicht nur sie stanken erbärmlich. Ich holte den großen Spaten von meinem Auto und vergrub einige Kilo Fleisch im Wald. Wie so oft waren unsere Aufgaben bei solchen Übungen sehr begrenzt. Man hatte für diese Übung mit dem Namen „ Schild 74 „ extra ein Pionierbatalion mitgenommen .Schon am ersten Abend waren die Vorräte an Bier aufgebraucht und angestrengt dachten wir darüber nach wie wir sie wieder auffüllen konnten um einen Ausweg aus dieser Misere zu finden .Als ich nach dem Abendessen neben meiner Feldküche zwei Trinkwasserkanister sah kam mir eine Idee .
Jeder dieser Kanister fasste 10 Liter Flüssigkeit. Mit noch zwei Kameraden machte ich mich,
nur mit der Drillichhose und Unterhemd bekleidet, auf den Weg zu einer Kneipe die wir auf der Anfahrt gesehen hatten. So machten wir uns auf den Weg an diesem schönen
Sommerabend zu der kleinen Kneipe . Unsere schwache Bekleidung war wohl sehr angenehm bei diesem Wetter sollte uns aber noch teuer zu stehen kommen. Wir waren nicht die Einzigen die diese Wirtschaft beehrten an diesem Tag. Das Flaschenbier war bereits ausverkauft. Da war es ein Glück das wir die Kanister hatten. Natürlich dauerte es eine Weile bis der Wirt, ein schon etwas älterer Mann, die Kanister gefüllt hatte. Wir setzten uns und tranken in der Zwischenzeit noch ein Bier. Mit zwei einheimischen Bauern kamen wir ins Gespräch und diese zahlten uns auch noch einige Runden. Frisch gestärkt und mit zwei wohl gefüllten Kanistern machten wir uns auf den Rückweg. Wir hatten gerade das Dorf hinter uns gelassen und den Waldrand erreicht als wir hinter uns einen LO – Motor aufheulen hörten. Ein kurzer Blick zurück genügte um festzustellen dass es sich um ein Fahrzeug des Kommandantendienstes handelte. Ohne auch nur ein Wort zu wechseln sprangen wir alle drei in den neben dem Waldweg verlaufenden Graben. Das war wohl in diesem Moment unsere Rettung aber Dank unserer leichten Bekleidung eine große Strafe. Wir lagen mitten im Gestrüpp von lauter Brennnesseln .Wir pressten unsere Körper ganz fest auf den Boden und an allen freien Körperteilen brannte es wie Feuer. Aber Aufstehen war nicht. Der LO fuhr tatsächlich, ohne dass man uns sah, vorbei .Wir waren keine Sekunde zu früh abgetaucht.
Nur ein wenig später wären wir fällig gewesen. Als wir wieder im Lager angekommen waren suchten wir uns erst einmal ein wenig Linderung für unsere geschundenen Körper zu verschaffen. Mit Handtüchern die wir mit Wasser aus der Feldküche benetzten versuchten

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wir die verbrannten Stellen etwas zu kühlen. Am Abend hatten wir mitten im Wald ein Lagerfeuer entzündet um das sich die ganze Kompanie versammelte. Auch unsere
Kompanieführung . Wir erzählten von unserm Missgeschick das natürlich von allen belächelt wurde. Aber das machte dem Alten nichts aus er trank trotz allem von dem unter so schwierigen Umständen und Qualen beschafften Bier. Gesang, Lagerfeuer und Bier das waren die schönsten unpolitischen Stunden bei diesem Verein .Der Alte lies Genossen Dräger seinen SPW holen. Er bestieg ihn gemeinsam mit dem Spieß, Staber und dem Oberleutnant Giller. Unser Bier waren wohl alle aber der Alte hatte sicher noch Durst. Ich hatte schon lange keinen Durst mehr und machte mich auf den Weg zu meinem Auto wo ich die Nacht in der Plane verbringen wollte. Das Führerhaus hatte ich für eine halbe Flasche Schnaps an Leutnant Fischbach vermietet. Im dunklen stolperte ich über etwas am Boden liegendes was sich nach eingehender Betrachtung als Leutnant Fischbach herausstellte. Er war in einem erbarmungswürdigen Zustand .All das was er getrunken hatte war ihm aus dem Gesicht gefallen und er lag mitten drin. Ich riss etwas Gras ab und säuberte ihn notdürftig damit.
Danach schleifte ich seinen, in seinen Funktionen stark eingeschränkten, Körper bis zum LKW. Unter Aufbietung der letzten Kräfte gelang es mir den Leutnant in das Fahrerhaus zu heben. Ich deckte den Bewusstlosen mit einer Decke zu. Mehr konnte ich nicht für ihn tun. Ich holte noch die Mütze des Leutnants. Als ich auf dem Weg zurück zum Auto etwas glänzendes Schwarzes auf dem Waldboden liegen sah bückte ich mich und hob es auf. Bei näherer Betrachtung stellte ich fest das ich die Pistole des Leutnants in den Händen. Ich steckte die Makarow vorsorglich erst einmal in die Innentasche meiner Drillichjacke. Es hätte sie auch ein anderer finden können und Dummheiten damit machen können. Ich kletterte auf mein Auto und legte mich in der Plane zum Schlafen nieder. Am anderen Morgen wurde ich vom wunderbaren Gesang der Vogelwelt geweckt. Ein wunder das bei einem solchen Truppenübungsplatz überhaupt Vögel waren. Hier herrschte doch ständig Betrieb und es wurde geschossen!? Die Vögel hatten sich wohl daran gewöhnt. Ich reckte mich raffte mich auf und warf einen Blick in die Runde. Ich wollte gerade aufstehen herunterklettern um die Feldküche anzuheizen als ich den Leutnant auf allen Vieren auf dem Waldboden herumkriechen sah. Es war schon ein netter Anblick den Leutnant bei seiner Geländeübung zu beobachten. Nach einer Weile entschloss ich mich nun doch einmal nachzufragen was er denn dort unten eigentlich machte. Ganz erschrocken fuhr er herum und fauchte mich an: „ Halt los die Schnauze Mann! Ich habe furchtbare Kopfschmerzen und habe wohl auch noch zu allen Unglück meine Pistole verloren! Komm lieber runter und hilf suchen!“
Also stieg ich von meinem Hochstand und half dem guten Leutnant fleißig beim Suchen. Nach einer Stunde gaben wir das Suchen auf. Der Leutnant war ganz bleich und das nicht nur vom Saufen. Dich werde ich noch ein paar Tage zappeln lassen mein lieber Leutnant.
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Hast uns auch schon einige Mal reingelegt. Ich ging zu meiner Feldküche brannte das Feuer an um das Teewasser zu kochen. Nur meinen Spieß konnte ich nicht finden also bereitete ich allein die Frühstücksportionen für die Kompanie vor. Pünktlich zum Morgenappell waren die Ausflügler dann zurück. Die Einzigen die noch Durchblick hatten waren der Alte und Genosse Dräger. Die anderen zogen sich zurück in das Offizierszelt zurück um ihren Rausch auszuschlafen. Dräger kam zu mir an die Feldküche um sein Frühstück zu holen und um mir die Unglaubliche Geschichte der letzten Nacht zu erzählen. Vor einer Dorfkneipe liest der Alte den SPW halten und alle gingen in das Gasthaus. Dort stillten sie ihren Durst. Zu fortgeschrittener Stunde hatte sich ein Bauer zu ihnen gesetzt der ihnen erzählte dass er morgen den Notschlächter anrufen muss da seine Kuh krank sei und nicht mehr gesund würde. Fast zwei Jahre habe er sie gefüttert um sie nun an den Staat zu verkaufen. Jetzt ist sie krank und er könne noch die Abdeckerei bezahlen. Mit seinem mitleidigen Herz machte der Alte den Vorschlag sie sofort kalt zu machen. Er würde es kostenlos tun und nur wenn er möchte könnte er doch ein paar Kilo Gulasch für die Kompanie mitgeben. Der Bauer schwankte einen Augenblick ungläubig mit dem Kopf war aber dann Dank des ständig steigenden Alkoholspiegels doch einverstanden.
Sie wankten im geschlossenen Verband zum Stall der schwer kranken Kuh. Der Alte hatte ein Stück Sprengschnur bei sich die er dem armen Tier dreimal um den Hals wickelte .Er werde ihr den Kopf absprengen dann bräuchte man den Rest nur auszuweiden und das Fleisch zu zerlegen .Gesagt getan. Der Alte schob die Zündkapsel auf die Schnur und lies die ganze Schose hoch gehen. Von dem bedauernswerten Vie war nichts weiter als die Hufe geblieben.
Der Rest war im ganzen Stall gleichmäßig verteilt. Aber nicht nur die Kuh war hin auch das Dach des Stalles hatte schwer gelitten. Eiligst machten sich die Genossen aus dem Staube denn der Bauer war auf den Hof gelaufen um die Axt zu holen .Soviel Dankbarkeit war sogar dem Alten zuviel. Im Laufschritt machten sie sich auf den Weg zum SPW. Im hohen Tempo machten sie sich auf den Rückweg zur Kompanie. Nach dem Morgenappell mussten alle Soldaten auf meinen Ural, den ich vorher noch abladen musste, aufsitzen und wir fuhren in ein Dorf. Dort lies er die Kompanie absitzen und hinter dem Ural antreten. Erst jetzt teilte er uns mit das wir heute einen Arbeitseinsatz hätten. Wir würden der hier ansässigen LPG sozialistische Hilfe leisten. Das würde das Verständnis und die gegenseitige Achtung für die Arbeit beider Seiten erhöhen. Die Arbeit bestand darin eine Scheune abzureisen und für die LPG eigene Tankstelle Gruben für die Tanks auszuheben. Die Genossen Langner und Dräger sollen sich auf dem Technikhof der LPG eine Planierraupe und einen Bagger Typ T174 holen.
Mit der Raupe sollten die Löcher für die Tanks ausgeschoben werden und mit dem Bagger die Scheune abgerissen werden .So lief ich mit Kamerad Dräger zum Technikhof der Kolchose.

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Die Planierraupe war schnell gefunden nur einen T 174 konnte ich nirgends entdecken. Endlich kam ein Mann aus der Werkstatt den ich fragen konnte. Dieser übergab mir auch einen Zündschlüssel aber der war für einen 157 ziger. Dieses Gerät das auf der Basisversion eines RS09 aufgebaut war eignete sich im besten Fall zum Pflücken von Erdbeeren aber nicht zum Abreisen einer Scheune. Er wisse das aber etwas anders hätten sie nicht in ihrer LPG sagte er und verschwand. Da stand ich nun mit meinem Erdbeerpflücker. Ich fuhr zu der Baustelle und wurde dort mit lautem Gelächter empfangen. Doch gleich frisch ans Werk so dachte ich es wird schon irgendwie gehen. Doch schon der erste Versuch ging schon in die Hose .An der Baggerschaufel waren nicht einmal Greiferzinken. Mit den glatten Rändern der Schaufel gerieten ehr aus Zufall ein paar Steine als gewollt. Meine Genossen schafften mehr mit ihren Schaufeln als ich mit meinem Bagger. So schaufelten vier Mann in meine Baggerschaufel und ich hob das Ganze nur auf meinen Ural. Gleich beim ersten Mal zerschlug ich das Holzgestell der Sitzbänke meines Autos. Als Kamerad Dräger fertig war an seiner Baustelle kam er uns zur Hilfe. Mit seiner Planierraupe hatte er schnell die Scheune zusammengeschoben. Mit viel Fleiß und unter großen Anstrengungen hatten wir es tatsächlich geschafft. Am Abend waren wir fertig und als Kamerad Arendt , den ich schon am Beginn dieser Aktion mein Auto übergeben hatte , zur letzten Fahrt in die Schuttgrube fuhr saß ich schon in der Kneipe beim ersten Bier . Arendt durfte nur Cola oder Limo trinken der Arme. In der DDR galt die Null Promille Grenze bei der NVA ohnehin. Der Vorsitzende der LPG hatte uns zum Essen und auf ein paar Bier eingeladen als kleines Dankeschön für unsere Arbeit. Wir bekamen Schnitzel zu Essen die wir bei unserem Verein so schmerzlich vermissten. Den Löwenanteil hatte wohl der Alte kassiert und mit seinen Offizieren geteilt.
Nach dem Festessen hieß es aufsitzen und ab ging es in die Richtung unseres Lagerplatzes.
Auf dem Weg dorthin kamen wir an einem Badesee vorbei der sogar einen Sprungturm hatte.
Schnell hatten wir den Alten davon überzeugt dass wir unsere schmutzigen Körper doch gleich in diesem See reinigen und erfrischen könnten. Badehosen waren Mangelware und so sprangen 30 nackte Männer ins Wasser was die einheimische Dorfjugend in Erstaunen versetzte. Nach etwa einer Stunde wurde das Bad beendet und die Fahrt fortgesetzt. Das Baden hatte nicht nur uns durstig gemacht. Der Alte liest das Fahrzeug vor einer Kneipe halten. Natürlich passten wir nicht alle in die kleine Gaststube aber der Wirt öffnete für uns eine Art Vereinszimmer. Der Alte lies sich nicht lumpen und bezahlte sogar zwei Runden
von seinem sauer verdienten Geld. Schnell stieg die Stimmung und wir begannen auch ein paar Lieder zu singen .Wie ein guter Tenor begann wir mit Hoch auf dem Gelben Wagen und schwarzbraun ist die Haselnuss. Allein das war ein Vorkommnis aber selbst der Alte sang mit. Der Zarewitsch und einige andere Operettenarien folgten. Die lederne Zwischentür wurde immer weiter
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aufgeschoben .Den Bauern gefiel unser Programm so gut das sie nach Zugaben riefen und auch noch ein paar Lagen bestellten. Jetzt hatten wir zum ersten Mal das Gefühl bei der Zivilbevölkerung willkommen zu sein .Ich weis nicht wie lange diese Veranstaltung gedauert hat auf jeden Fall war ich nicht der Einzige der überhaupt keinen Durst mehr hatte. Dann war es auch für unseren Kompaniechef genug und er lies zum Abmarsch blasen. Als wir gerade aufsitzen wollten kam der Gastwirt angerannt und redete auf den Alten ein. Daraufhin wurde das Auto ohne Ergebnis untersucht und wir konnten endlich in unser Lager fahren. Ich weis bis heute nicht was dort gesucht wurde. Vielleicht kann sich der Eine oder Andere von meinen Genossen erinnern?! In dieser Gegend waren wir gut angesehen. Einige der Kameraden wurden sogar zum Mittagessen eingeladen. Es gab Entenbraten und Klöße. Mancher Bauer hoffte sicher für seine nicht mehr ganz jungfräuliche
Tochter noch einen Mann zu ergattern . Am anderen Morgen, ich hatte mich gerade gewaschen, als ich Leutnant Fischbach mit gesenktem Haupt durch das Lager schleichen sah.
Er war so bleich das er einem schon leid tun konnte .Jetzt konnte ich nicht mehr anders als ihm seine Pistole zurück zu geben. Immerhin war er doch einer der besseren Vorgesetzten.
Ich kletterte in das Fahrerhaus meines Ural und steckte die Pistole zwischen die Sitzbank. Als der Leutnant auf meiner Höhe war rief ich ihn zu mir und zeigte ihm die eingeklemmte Pistole. Den Stein der ihm in diesen Moment vom Herzen viel konnte man so richtig Aufschlagen hören.“ Mein Gott Langner ! Wenn du wüsstest wie froh ich in diesem Moment bin! Der Alte wollte Morgen eine Waffenverlustmeldung abgeben und das hätte mich mehr als nur einen Stern gekostet. Ich danke dir. Du hasst etwas gut bei mir!“:sagte er und verschwand erleichtert in Richtung des Offizierzeltes .Was lernen wir aus dem Ganzen. Auch ein kleiner Soldat kann bei den Kommunisten zum lieben Gott werden.
Mein Gott Langner ! Welche Ehre ! Wir hatten das Mittagessen ausgegeben und überhaupt nicht bemerkt dass unsere Kompanie nicht mehr ganz vollzählig war. Alle saßen im Gelände verteilt und löffelten klappernd aus ihren Aluminiumkochgeschirren ihre Erbsensuppe.
Es war wunderschönes Sommerwetter und man kam sich fast vor wie beim Camping .Doch plötzlich wurde unsere Idylle durch einen mit weißen Streifen versehenen Geländewagen , Jeeps gab es nur bei den Kapitalisten , gestört . Alle stellten das Löffeln ein und sahen erstaunt auf das Fahrzeug. Außer dem Fahrer sah man auf den hinteren Plätzen einen Oberfeldwebel und einen Feldwebel die in ihrer Mitte unseren Genossen Ernst Rapp hatten.
Sie stiegen aus und schleiften den armen Ernst zum Alten. Ernst war so besoffen das er nicht mehr in der Lage war zu laufen. Der Oberfeldwebel machte dem Alten Meldung. Er teilte ihm mit das man den Delinquenten bewegungsunfähig auf der Straße gefunden hätte. Der Gefreite sei nach seiner Wiederherstellung durch seinen Kommandeur zu bestrafen.
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Der Alte bedankte sich nur widerwillig bei dem Oberfeldwebel .Er war außer sich vor Wut.
Nichts war ihm mehr zuwider als ein Soldat der sich bei irgendetwas erwischen liest. Er tobte und trampelte auf den Boden wie ein kleines ungezogenes Kind .Aber den Gefreiten Ernst Rapp schien das alles nicht sonderlich zu berühren. Das Einzige wozu er noch im Stande war ergab sich in ein lallendes Geschwafel .Der Alte befahl dem Gefreiten Rapp seinen Klappspaten zu holen und mitten im Wald ein Schützenloch stehend zu graben. Dort hätte er den Boden mit Stroh zu bedecken. In diesem Loch habe er bis zum Ende der Übung zu hausen. Nur zum Arbeiten dürfe er das Loch verlassen und so geschah es dann auch. Ein Kubikmeter Erde ausgehoben den Boden mit Stroh ausgelegt und fertig war das Zuhause des Gefreiten Rapp für die nächsten Tage. Das war eine schöne Schinderei. Armstarke Wurzeln erschwerten ihm das Vorankommen. Heimlich steckten wir ihm ein kleines Beil von
der Feldküche zu . Er war kaum in der Lage zu graben und so mussten wir ihm so gut es ging helfen. Dafür hat man schließlich Kameraden. Doch unser Ernst sollte nicht der Einzige Erdhöhlenbewohner bleiben. Die Kameraden wollten nichts aus dem Schicksal unseres Gefreiten Ernst Rapp lernen. Noch am selben Abend überfiel die Soldaten Grube und Wielicki ein ungeheurer Druck im Genitalbereich. Menschlich sicherlich ganz verständlich bei der Dauer der Enthaltsamkeit . Sie hatten von einem Lehrlingswohnheim gehört in dem die Mädchen einer großen Hühnerfarm der ansässigen LPG untergebracht waren. Diese Mädchen sollen der Liebe nicht abgeneigt gegenüber stehen. So beschlossen sie in ihrer großen Not und dem ständig steigenden Druck etwas Linderung zu verschaffen .Nach dem Abendessen machten sie sich frohen Mutes auf den Weg zu der Quelle die ihren Leiden Erleichterung versprach . Unter unsäglichen Mühen erreichten sie das Internat. Wie zwei liebestolle Kater schlichen sie um das Gebäude. Nur hatten sie die Rechnung ohne den Hausmeister gemacht. Dieser hatte sie beim ständigen schleichen beobachtet und vorsichtshalber die Polizei verständigt. Es dauerte auch nicht lange und beide saßen, immer noch mit Überdruck, im Streifenwagen der Deutschen Volkspolizei. Die Volkspolizisten kannten kein Erbarmen und ohne jedes Verständnis für die Bedürfnisse der Beiden übergaben sie die Genossen an die Militärpolizei der Volksarmee. Der Kommandantendienst rief über Funk unseren Alten der dann Stabsfeldwebel Meikies losschickte um die Häftlinge abzuholen. Nach deren Ankunft tobte der Alte genau wie bei Ernst Rapp. Dieser hatte ab diesen Augenblick zwei neue Nachbarn .Jetzt hatten wir schon drei Erdhöhlenbewohner. Arme Schweine . Zum Kartoffel schälen raus aus dem Loch. Danach wieder rein . Zum Saubermachen und Abwaschen raus aus dem Loch . Nach geleisteter arbeit wieder rein ins Loch. Ein beschissener Tagesablauf . Für die Anderen ging der normale Alltag weiter. Ich sorgte gemeinsam mit dem Hauptfeldwebel für die Verpflegung der Kompanie wobei der Spieß immer darauf achtete das genügend Konserven für seinen und den
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Bedarf des Alten übrig bliebe. Das aber gelang ihm nicht immer. So manches Mal fand ich Mittel und Wege
meinen Kameraden etwas von dem zukommen zu lassen was der Spieß eigentlich an die Seite gebracht hatte. Zu Hilfsarbeiten durften unsere Strafgefangenen nach wie vor ihre Löcher verlassen. Mir war es schon recht denn Kartoffel schälen zählte nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen .Der Rest der Kompanie war zur Beseitigung von Manöverschäden bei der Zivilbevölkerung eingesetzt. Ob Gartenzäune oder Häuserecken alles wurde in bester Qualität repariert. Am Nachmittag mussten wir eine Straße auf einer Breite von fünf Meter mit Sand belegen. An dieser Stelle sollte ein sowjetisches Regiment von Schützenpanzerwagen die Straße aus dem Gelände kommend überqueren. Es war schon imposant zu sehen wie sie mit Tempo 100 über die Straße schossen. Dabei machten sie Sprünge von einigen Metern. Als die Russen fort waren räumten wir wieder den Sand von der Straße und fuhren zurück zu unseren Lagerplatz. Dort angekommen mussten die Strafgefangenen wieder in ihre Löcher kriechen und der Rest der Kompanie hatte noch einen schönen Abend. Natürlich vergasen wir unsere Kameraden in den Löchern nicht. Jeder bekam auch etwas vom Bier und Schnaps ab. Dabei hatten alle noch Glück. Einer höheren Bestrafung sind sie nur entgangen weil niemand beim Stab des Warschauer Vertrages auffallen wollte. Der Alte verspürte wieder einen unbändigen Durst. Genosse Dräger musste die Besatzung seines SPW zusammentrommeln der Alte stieg zu und ab ging die Fuhre. Die Geschichte die am nächsten Tag von Genossen Dräger erzählt wurde klingt fast unglaublich doch ist es tatsächlich so geschehen. Irgendwo in einer Kneipe hatte sich der Alte den Schädel vollaufen lassen. Die Dunkelheit und der Suff hatten ihn die Orientierung verlieren lassen. Also beschloss er mit der Mannschaft irgendwo im Gelände zu übernachten und den Tag abzuwarten. Der Alte schlief auf seiner Matratze und die anderen machten es sich so bequem wie möglich. Genosse Dräger holte aus einem leeren Hülsensack eine seiner Reservesalami. Es wurde stiller im Fahrzeug. Als der Morgen graute war
Maschinenpistolenfeuer zu hören von dem auch einige Geschosse auf dem SPW aufschlugen. Der Alte sprang wie vom Blitz getroffen von seiner Matratze.“ Das sind ja lauter Russen die auf uns schießen!“: brüllte der Alte. Er gab den Sachsen den Befehl aufzumunitionieren und befahl sofort Feuer frei. Das lies sich der Sachse nicht zwei Mal sagen. Es gab Feuer aus allen Rohren. Sogar die 14 fünfer spuckten kräftig mit. Der Alte und Genosse Dräger sahen durch die Winkelspiegel wie den Russen der Dreck um die Ohren flog. Mit ihren Stahlhelmen versuchten sie sich einzugraben. Sie scharrten wie irre. Das war so recht nach der Art des Alten. Sich als Sieger fühlend und mit Stolz geschwollener Brust befahl er den Rückmarsch zur Kompanie. In ihrem Suff hatten sie genau auf dem Schießplatz des Truppenübungsplatzes geparkt wo die Russen eine Schießübung abhielten. Am nächsten Morgen hieß es alles zusammen packen wir fahren zurück ins Regiment .Schild 74 war zu Ende.
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Dieses Mal sollte es per Bahn zurückgehen. Am Bahnhof angekommen stellte man fest dass es keine Verladerampe gab. Das war nun die Stunde unserer Kompanie. Wir erhielten den Auftrag eine Verladerampe zu bauen. Also ab in den Wald und Holz geschlagen . Nach drei Stunden stand die Rampe und sie hielt sogar die schweren Panzer aus.
Die Rampe blieb stehen als wir den Bahnhof verließen. Unsere Technik war verladen und die Waggons bezogen. Ich wollte nicht im Waggon schlafen und meldete mich deshalb zur Wache. So konnte ich in meinem Auto schlafen. Im Regiment zurück setzten die üblichen
Prozeduren ein. In unserer neuen Unterkunft die an das Heizhaus des Regimentes angeschlossen war reichte das warme Wasser nun endlich für alle Genossen zum Duschen.
Das war auch dringend notwendig nach einer Woche Aufenthalt in der freien Natur.
Nun da etwa noch drei Monate vor uns lagen sollte man meinen dass diese wie im Fluge vergehen sollten. Das ganze Gegenteil war der Fall. Die Generale des Warschauer Vertrages waren wieder abgereist und es wurde merklich ruhiger in unserem Regiment. Was wir früher unseren alten EK nicht glauben konnten traf uns nun selber. Das große Tagedrücken setzte ein. Ganze Nächte verbrachten wir mit Kaffee trinken oder anderen Getränken.
In einer solchen Nacht sah ich zum Fenster unserer Stube hinaus. Das Licht im Zimmer war aus den meine Zimmergenossen konnten schlafen und so war ich auch nicht zu sehen. Ein paar Meter entfernt von unserem Objekt verlief der Maschendrahtzaun der das Gelände zum Bahngleis abgrenzte. Da sah ich eine ziemlich kräftige Gestalt über den Zaun klettern. Irgendetwas hielt er in seinen Händen das sehr wertvoll zu sein schien. Er behandelte das Päckchen wie ein rohes Ei. Etwa auf halber Höhe zu unserer Unterkunft blieb er stehen und vergrub das Mitbringsel im Boden. Das lies mich nun erst recht nicht einschlafen dazu plagte mich zu sehr die Neugier. Als er lange genug weg war machte ich mich auf den Weg um mal nachzusehen was er denn da verbuttelt hatte. Ich brauchte nur mit den Händen die Grasnabe vorsichtig an die Seite zu nehmen und schon hatte ich mein Ziel erreicht. In die Hände viel mir ein Teil 1 dessen Inhalt aus 6 Flaschen Schnaps bestand. Diese stellte ich sicher füllte das Teil 1 mit Sand und versenkte es wieder in der Grube. Danach bedeckte ich das Ganze wieder mit der geschickt ausgestochenen Grasnabe. Das Fundgut kam gerade richtig angesichts leerer Kassen. Am nächsten Abend wurden die besten Kumpel eingeladen und ein kleines Fest gefeiert. Als ich einige Jahre später mal diese Geschichte in einer Gaststätte am Stammtisch erzählte freuten sich alle bis auf einen. Gerd Michel . Mein Nachbar konnte überhaupt nicht lachen. Langsam erhob er sich von seinem Platz und sagte: „ Du warst das Schwein das meinen Schnaps geklaut hat!“ Nun wurde natürlich um so lauter gelacht und auch Gerd Michel konnte nun lachen. Gerd Michel war auch einer der Soldaten die gern etwas zusätzliche Arbeit hatte. Nichts war ihm fremd. Exerzierplatz harken,
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Kohlen schaufeln oder Bäume entlauben. Für all diese komplizierten Arbeiten meldete er sich zwar nicht freiwillig aber sein Verhalten qualifizierte ihn immer wieder in den Augen seiner Vorgesetzten. Am nächsten Morgen durfte ich mich bei meinem Kompaniechef melden.
Dieser teilte mir mit das ich mit dem T174 zum Panzerregiment 23 nach Spechtberg zu fahren hätte. Dort würde ich zur Reparatur der Panzerstrecke eingesetzt. Ich packte alles Notwendige in meine Tasche und am nächsten Morgen ging ich zum Park holte den Bagger und wollte nach Spechtberg fahren. Natürlich stand da doch wieder dieser dämliche Feldwebel als OvP .Der freute sich wohl auf meinen Ural und sah ganz enttäuscht aus als ich mit dem Bagger kam. Zum Glück hatte der von diesem Bagger keine Ahnung. Trotzdem versuchte er sich mit irgendwelchen Nebensächlichkeiten wichtig zu machen aber da hatte er keine Chance. Auf dem Gebiet der Baggertechnik war ich ihm haushoch überlegen und das lies ich ihn auch spüren .Als er eine Zeit lang mir auf den Sack gegangen war fragte ich ihn ob er überhaupt etwas von Technik verstünde. Ich habe die Schnauze voll von deiner Sacksteigerei. Das war wohl zuviel für den guten Mann seine Stimme schien sich zu überschlagen. Plötzlich erschien der Alte auf dem Park und wollte wissen was denn hier los sei. Ich sagte ihm dass mich der Feldwebel absichtlich an der Ausführung des Befehls des Regimentskommandeurs hinderte. Der T 174 war Nagelneu und der OvP bemängelt irgendwelchen Mist von dem er gar keine Ahnung hat. Der Alte ging ans Telefon und verständigte den Regimentskommandeur. Dieser lies sich den OvP geben und der bekam einen ganz roten Kopf und persönlich öffnete er den Schlagbaum. Es ärgerte ihn schon gewaltig das konnte man deutlich merken .So musste er mich doch ungehindert fahren lassen.
Er musste mir aber noch sagen dass ich in der Wahl meiner Worte vorsichtiger sein solle.
Mit der sagenhaften Geschwindigkeit von 16 Km/h machte ich mich auf den Weg nach Spechtberg .Dort angekommen wurde ich von einem Spieß in Empfang genommen und in eine Stube eingewiesen in der schon 7 Soldaten hausten. Da war ein furchtbarer Gestank. Aber es herrschte eine andere Ordnung als in unserer Kompanie. Es war alles Blitz blank und die Spinde waren vorbildlich eingeräumt. Da ich aber nicht gedachte mich hier länger aufzuhalten stellte ich meine Tasche gerade in den Spind und nahm nur meine Waschutensilien heraus .Erst jetzt wurde einem so richtig klar in welchen Luxus wir in unserer Kompanie lebten. Eine Stunde Später war ich schon auf der Panzerstrecke und warf die tief ausgefahrenen Spuren der Panzer mit Sand wieder zu. Ein paar Panzerluden halfen mit Schaufeln etwas nach. Ich war aber so geschickt dass sie kaum Arbeit hatten. Darüber waren sie besonders traurig. Es wäre noch schöner gewesen wenn das Wetter nicht so Nasskalt gewesen wäre .Die Heizung am Bagger funktionierte auch nicht so richtig und ich fror lausig an diesem Tag. So beschloss ich am nächsten Tag meinen Trainingsanzug unter den Drillich zu ziehen. Am Abend saß ich mit meinen neuen Zimmergenossen
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bei einem Kasten Bier den ich im Bagger ins Regiment geschmuggelt hatte .Auch hier in Spechtberg begann der Tagesablauf um 6 Uhr mit dem Frühsport. Das galt natürlich nicht für mich .Ich versteckte mich auf dem Klo bis alle fort waren und legte mich dann wieder ins Bett .Nach dem Frühstück mussten wir im Flur antreten zum Morgenappell. Ich stellte mich wie es einem EK zukam in die letzte Reihe. Aber viel half das nicht denn der Spieß hatte schon meine mangelhafte Anzugsordnung erkannt .Er fuhr mich unhöflich an wie ich denn dazu käme den Trainingsanzug unter dem Drillich zu tragen!? Ich bin doch eigentlich als gutmütig bekannt und versuchte dem Spieß die Sache zu erklären. Aber der zeigte sich total uneinsichtig und wollte meine Argumente nicht gelten lassen . Einen Versuch machte ich noch in dem ich ihn erklärte das im Falle einer Erkrankung niemand geholfen sei. Er blieb hart. Aber ich auch . Also sagte ich ihm wenn er weiter darauf besteht das ich den Anzug ausziehe meine sieben Sachen packen würde und nach Drögeheide zurück fahren würde. Das hatten die Panzerluden noch nicht erlebt das einer so standhaft seinen Standpunkt vertrat. Das Gemurmel in den Reihen wurde immer lauter und war dem Spieß immer peinlicher. Da kommt ein Fremder und lässt sich nichts vom Spieß sagen! Der Spieß meinet dann ich solle ruhig gehen er würde meinen Kommandeur verständigen dann würde ich ja sehen was ich davon hätte .Ich lies mich nicht beirren lief in die Stube packte meine paar Habseligkeiten ein
und marschierte grußlos an der noch immer angetretenen Kompanie vorbei. Den Ausgang hatte ich schnell gefunden . Ich packte meine Tasche in den Bagger und fuhr zurück nach Drögeheide .Sofort nach meiner Ankunft im Regiment ging ich zu meinen Kompaniechef und berichtete ihm über das Vorgefallene.
Am Ende meiner Ausführungen lies ich den alten noch wissen das wir Pioniere uns doch nichts gefallen lassen können von diesen Panzerluden .Da konnte selbst er sich ein lächeln nicht verkneifen. Natürlich sagte er mir dass ich eigentlich den Befehl hätte befolgen müssen aber er werde das schon regeln. Als der entsprechende Anruf vom Regimentskommandeur kam sagte er diesem das ich seine Genehmigung gehabt hätte, so lange wie noch nicht Winter befohlen war, die Trainingsjacke unter den Drillich zu ziehen damit ich mich nicht erkälte und somit die Gefechtsbereitschaft eingeschränkt sei . Damit war die Sache dann endgültig erledigt .Um den Rest der Strecke fertig zu stellen fuhr ich täglich von Drögeheide auf die Panzerstrecke .Als ich fertig war kaufte ich schnell noch etwas ein fuhr mit dem Bagger erst zur Kompanie um auszuladen. Danach ging es zum Park den T174 waschen und vorschriftsmäßig abzustellen. Damit war dieses Kapitel auch für mich erledigt.
Am nächsten Tag schickte mich der Alte zur Regimentsfeuerwehr. Dort hatte ich mich bei einem Zivilangestellten der NVA zu melden. Dieser Arbeitsplatz war der wofür er Steuern
und Krankenversicherung bezahlte. Gearbeitet hat er hier kaum mal abgesehen dass er täglich die Kübel mit den Essensresten mit nach Hause nahm. Damit fütterte er etwa 10 Schweine im Jahr . So eine Sau brachte immerhin bis zu 1200
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DDR Mark .Da er kein Futter kaufen musste hatte er nur die Arbeitskraft seiner Frau einzubringen. Das machte unterm Strich fast 100%
Gewinn. Natürlich schlachtete er einmal im Jahr ein Schwein von dem die wichtigen Offiziere ihren Teil bekamen. Normaler weise hätte das Futter an eine LPG geliefert werden müssen Ein paar Quadratmeter Tabak hatte er auch noch die er mit der Hilfe seiner ihm unterstellten Soldaten bewirtschaftete .Ein Zentner Tabak brachte in der DDR immerhin 400 Mark.
Man sieht also das es den Bauern im allgemeinen nicht schlecht ging in der DDR .Die Soldaten bekamen ein paar Bier und etwas zu Essen als Dankeschön .Für die ganze Woche hatte ich den Genossen der Feuerwehr mit meinem Ural zur Verfügung zu stehen um ihnen den Anhänger mit der Spritze zu ziehen. Die Woche verging wie im Fluge und es machte Freude den Genossen Feuerwehrleuten bei ihren Übungen zu beobachten .Seid einigen Tagen hatte ich ein leichtes Ziehen in einem Backenzahn. Für den kommenden Montag waren einige sportliche Aktivitäten angekündigt so dass ich es für besser hielt mich für einen Besuch beim Zahnarzt im Sanitätsbuch einzutragen. Am Montagmorgen putzte ich fleißig meine Beißerchen und machte mich auf den Weg zum Zahnarzt. Dort saßen schon einige Genossen im Wartezimmer die nun vor mir an der Reihe waren .Jeder weiß beim Zahnarzt so seine eigenen Geschichten zu erzählen. Die tollsten Erlebnisse waren da zu hören. Je länger ich meinen Genossen zuhörte umso weniger Schmerzen schien ich zu verspüren .Das was man über den hier tätigen Zahnarzt hörte erinnerte mehr an eine Schlachterei als an einen
Zahnarzt . Nun sagte einer der Soldaten dass er nur der Reißer genannt wird. Als nun einer der Patienten auch noch zu brüllen anfing hatte ich überhaupt keine Schmerzen mehr. Ich machte mich dünne und wollte lieber im nächsten Urlaub zu Hause zum Zahnarzt gehen. Als ich in der Kompanie ankam war nur noch der UvD anwesend. Bei diesem meldete ich mich ab. Da beschloss ich mich etwas von meinen Strapazen zu erholen. Ich ging auf meine Stube legte mich auf das Bett und schlief bis Mittag. Da wir die Generale des Warschauer Vertrages wieder los waren kehrte nun so nach und nach wieder der alte Schlendrian in der Kompanie ein .Der Frühsport viel immer häufiger aus. Die Genossen Offiziere gingen jetzt auch wieder pünktlich nach Hause und uns nicht mehr auf den Sack .Vorbei die Zeit wo man täglich unter Beweis zu stellen hatte wie hoch der Ausbildungsstand sei. Aber man will doch nicht jammern die Mucker hatten es viel schwerer als wir .Auch die Vorgesetzten waren froh das der Generalstab verschwunden war.
Zum Morgenappell teilte uns der Alte mit das ein Sportfest stattfinden sollte an dem wir uns zumindest an der vier mal einhundert Meter Staffel beteiligen sollten. Ich sollte als dritter in dieser Staffel laufen. Was er sich dabei wohl gedacht hatte aber an seiner diebischen Freude konnte man sich doch denken das er mich gern etwas lächerlich machen wollte. Aber ich lies mir nichts anmerken. Das Resultat kann sich wohl jeder ausmalen. Aber es lief alles besser als ich
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dachte. ich hatte zu jeder Zeit all meine Gegner im Blickfeld und genau mit diesem
Letzten Platz beendeten wir das Rennen. Der Alte hat sich gebogen vor Lachen .Auch für den Rest der Kompanie war es eine tolle Belustigung. Einige der Genossen hatten sich auf den Weg gemacht um etwas Trinkbares für die Siegesfeier zu besorgen. Das gelang ihnen auch und so wurde es doch noch ein lustiger Abend.
Die meiste Zeit verbrachten wir nun mit befohlenem Nichtstun. Wir freuten uns das es nur noch dreißig Tage waren die wir bei diesen Verein zu dienen hatten .Es galt jetzt nur noch die letzten Tage mit Anstand zu überstehen um nicht etwa noch in Schwedt zu landen. Nun stand die Umstellung der Fahrzeuge an. Dabei stellte die Feldküche das kleinere Problem dar das war in einem halben Tag erledigt. Doch dem Staber blieb natürlich nicht verborgen das alle meine Reifen abgefahren waren und er war so nett mir gleich sechs neue zu besorgen .Wir wollen doch ein Fahrzeug übergeben was in Ordnung ist. Dieser falsche Hund . Jeder der den Ural kennt weis mit welchen Mühen man einen Reifen wechselt Mus. Durch die vielen Wasserdurchfahrten waren die aus Metall bestehenden Teile ziemlich angerostet und klebten sehr gut aneinander. Selbst die reifen waren auf der Felgefestgerostet. Jetzt war guter Rat teuer. Ich versuchte alles. Ich lies die Luft ab und fuhr einige Runden über den Park. Danach weichte ich die Räder noch mit Diesel ein. Dann rückte ich die ganze Schose mit dem Vorschlaghammer zu Leibe. Es war eine üble Schinderei bei der ich sehr zur Freude des Stabsfeldwebels gehörig ins Schwitzen kam .Die restlichen Tage verbrachte ich damit mein Werkzeug wieder aufzufüllen. Das holte man bei den Genossen die noch eine Weile zu dienen hatten .Nun waren es noch 22 Tage. Es wurde ein schöner Bierabend gefeiert.
Der Sachse hatte noch 18 Tage Urlaub zu bekommen und sollte nun auch fahren dürfen. Natürlich musste er dann drei Tage vor der eigentlichen Entlassung noch einmal von Dresden nach Torgelow fahren. Das war blanke Schikane oder die Rache des Systems.
In der Zwischenzeit hatten wir unsere Technik übergeben. Pünktlich kehrte der Sachse aus dem Urlaub zurück. Am nächsten Tag war Regimentsappell. Alles stand angetreten und lauschte den Worten von Oberst Hamm. Nun wurden noch einige Leute befördert andere bekamen Sonderurlaub. Wir glaubten alle nicht richtig zu hören als auch der Name des Sachsen viel. Sicher hatte man ihn auf grund dessen das er noch Soldat war nicht zu den zu Entlassenen gerechnet. Der Alte wandte sich wütend nach hinten wo der Sachse stand. Nun musste er ihn am nächsten Tag, zwei Tage vor dem eigentlichen Termin, entlassen. Das hatte sich der Alte doch alles so schön ausgedacht mit dem Urlaub und dann so etwas.
War das ein Abschiedsfest. Mann waren wir alle Blau wie die Veilchen. Als der Sachse am nächsten Morgen seine Klamotten abgegeben Hatte begleiteten wir ihn geschlossen zu Tor.

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Zum Tor das in die Freiheit führte .Am nächsten Tag mussten wir die Klamotten abgeben. Das war vielleicht ein Durcheinander .Manches gute Stück war längst nach Hause geschickt und das musste nun geschickt getarnt werden. Aber es ging alles gut. Jetzt hatten wir unsere Zivilklamotten wieder die an so mancher Stelle drückten. Immerhin hatte ich 15 Kilo zugenommen bei der schlechten Verpflegung .Mann vergas uns nicht zu sagen das wir bis zu unserer Ankunft in den Heimatorten der Militärgerichtsbarkeit unterständen .Auf der langen Unterwäsche , die wir behalten durften , wurden Namen und Adressen notiert und sich gegenseitig versprochen von sich hören zu lassen . Immer wieder waren die Rufe zu hören wie: „ Eins zwei drei die Scheiße ist vorbei!“ Noch einmal zogen wir einen durch bis der Morgen graute .Am Morgen standen wir wieder auf dem Bahnsteig auf dem unser Sonderzug stand genau wie vor 18 Monaten nur ging es dieses mal in die Andere Richtung.
Nach Hause ! Schon auf dem Behelfsbahnsteig verlor man die ersten Kameraden aus den Augen. Der letzte Genosse den ich sah war Genosse Dräger als ich bereits in Halle an der Saale aus dem Zug stieg. Warum ich schon dort ausstieg? Ich weis es nicht. Vielleicht um endlich wieder das Gefühl der, sei sie noch so eingeschränkt, Freiheit zu spüren.
Nachwort: Das soll keine Verherrlichung des alten Systems sein. Es soll der Erinnerung an die gemeinsam ertragenen 18 Monate dienen. In dieser Zeit gab es so viel schlechtes das wir aber zum Glück vergessen haben. Übrig bleiben nur die tollen Geschichten in denen man so manches Mal das System überlisten konnte oder gar mit seinen eigenen Waffen schlug. Es ist nichts erfunden höchsten etwas Zeitlich durcheinander. Dafür verbürge ich mich!


Dezember 1999


Volker Langner
Am 22.11.2002 wurde der Standort Torgelow – Drögeheide geschlossen . Letzte Einheit war ein Pionierbattallion . Mit dem Ende dieses Standortes geht nicht nur eine Ära zu Ende sondern stirbt auch eine Region die ihr Geld seid über 50 Jahren an Soldaten verdient hat . Bleiben wird zumindest noch für einige Jahre der Schweiß und die Tränen im Boden dieses Mecklenburg vorpommerschen Boden nicht erzählte Tragödien und Gehschichten . Unzählige Ruinen .